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Deutsche AsylpolitikDie Hölle der anderen

Gastkommentar von Ibrahim Quraishi und Oliver Baurhenn

Deutschland erschafft sich seine eigenen Täter. Denn nicht der Migrant ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt.

Sammelunterkunft, offiziell „Gemeinschaftsunterkunft“ Foto: Gustavo Alabiso/imago

I m deutschen Asylrecht ist es nicht vorgesehen, den Bundesländern Vorschriften zur Unterbringung von Asylsuchenden zu machen. Doch eines haben dennoch alle gemeinsam: die Sammelunterkunft, offiziell Gemeinschaftsunterkunft. Diese Bezeichnung ist interessant, da hier nur selten Gemeinschaften gebildet werden, wie aus verschiedenen Berichten von Pro Asyl, internationalen Menschenrechtsorganisationen und UN hervorgeht.

Das Gegenteil ist der Fall: Es treffen an diesen eher von Lagern inspirierten Orten verschiedene Fluchthintergründe und -geschichten, kulturelle Kontexte, religiöse Anschauungen und Traumata schonungslos aufeinander.

Aufgrund von Einsparungen der Länder und des Bundes sind in diesen Unterkünften meist zu viele Menschen auf zu engem Raum untergebracht, ohne ausreichende Betreuung und häufig unter der Leitung privater Betreiber ohne staatliche Kontrolle. Die Idee, die sich in den 1990er Jahren mit der „Überforderung“ durch die vielen Geflüchteten des Jugoslawienkrieges durchgesetzt hat, ist, dass man auch hier vor Ort abschrecken müsse. Es darf den Menschen nicht zu bequem gemacht werden beim Warten auf Asyl, Abschiebung oder Duldung. Doch eine solche Strategie ist ähnlich wirksam wie Atomwaffen zum Schutz vor Krieg. Sie setzt nicht nur Menschenrechte außer Kraft, sondern verweigert Asylsuchenden schlicht Respekt.

Studien von Organisationen wie dem Flüchtlingsrat Niedersachsen und Pro Asyl zeigen, dass Geflüchtete oft entmündigt werden. Dieses Entmenschlichen geschieht sowohl innerhalb des Unterbringungssystems als auch in der Gesellschaft, wo ihre Unterkünfte als Orte der Hoffnungslosigkeit und in ihrer Überfüllung als Symbol für eine vermeintliche Migrationskrise stehen. Hier – da können wir uns sicher sein – entstehen allein Solidarisierungen aufgrund des fremden, meist geschmacklosen Großküchenessens, denn selber darf nicht gekocht werden. Durch schlechtes Essen, Lärm, fehlende Hygiene und begrenzte Freizeitmöglichkeiten entsteht Frustration. Unterschiedliche religiöse Überzeugungen und kulturelle Werte sowie Enge, Gängelung und Trostlosigkeit führen zusätzlich zu Spannungen, wodurch eine konfliktreiche Dynamik entsteht, die Aggressionen begünstigt.

Wenn ein syrischer Mann in Solingen auf 11 Menschen einsticht, ist das vielleicht ein hausgemachtes Problem

Der Aufenthalt schafft keine bessere Zukunft – weder für die Be­woh­ne­r*in­nen noch für die Gesellschaft, deren deutsche Lebensrealität kaum in die dysfunktionalen Gemeinschaftsunterkünfte vordringt. Dies ist meist eh nicht gewollt und so erscheint im besten Fall ein fades Abbild der Wirklichkeit, im schlimmsten Fall das einer feindseligen Außenwelt – einer Gesellschaft ohne Empathie, die nur als das gefahrvolle „andere“ wahrgenommen werden kann, als ein Monster, dass einem an den wenigen Berührungspunkten, die entstehen, meist feindlich gesinnt ist.

Deutsche können sich die Zustände nicht vorstellen

Die ursprünglich auf sechs Monate begrenzte Aufenthaltsdauer in den Heimen hat sich aufgrund von Wohnraummangel, überlasteten Behörden und Gerichten sowie fehlendem politischem Willen stark verlängert. Die Annahme, dass das Dublin-II-Abkommen Migration nach Deutschland reduzieren würde, hat sich längst als falsch erwiesen.

Viele Deutsche können sich die Zustände in Sammelunterkünften schwer vorstellen. Es gibt die Erfahrung und es herrscht die Erwartung, der Staat werde sich um alles kümmern – warum nicht auch um Migrant*innen? Gleichzeitig gibt es Stimmen, die den Geflüchteten die Verantwortung für ihre Situation zuschieben. Sie hätten doch ihre Scholle selber retten können, jetzt kommen sie als Asyltouristen und Sozialschmarotzer!

In Deutschland herrscht Angst! Ganz klar besonders vor männlichen Migranten, weil die ihre Libido nicht im Griff haben – eine Erzählung, die spätestens seit den „Nafris“ in Köln 2015 herumschwirrt. Die Vorstellung dahinter scheint der heißblütige Mann aus dem Süden zu sein, der auf brutale Art sich Nachwuchs erschleicht, seiner Frau eine Burka überwirft und sie ins Haus an den Herd sperrt. Da ist es wieder, das Monster!

Psychose statt Ideologie

Kurzum, wenn also ein syrischer Mann in Solingen bei einem Stadtfest auf 11 Menschen mit einem Messer einsticht und 3 der Opfer sterben, dann ist das vielleicht auch ein hausgemachtes Problem, dem wir als Gesellschaft gegenüberstehen, ausgelöst durch eine Traumatisierung von Migrant*innen.

Diese Traumata sind eng mit gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnissen verbunden. Viele der Betroffenen entwickeln zusätzlich Psychosen, die potenziell zu psychotischen Handlungen führen können. Häufig wird dies nicht ausreichend wahrgenommen oder als ideologisch motivierte Reaktion, etwa als religiöse Indoktrination, dargestellt.

Seien wir also ehrlich: Diese Zustände haben wir selbst geschaffen.

Zur Verdeutlichung ein Rückgriff auf Sartres Theaterstück „Geschlossene Gesellschaft“, in dem sich drei Personen nach ihrem Tod in der Vorhölle wiederfinden. Dort stellen sie fest, dass ihr Leben eine Qual war, insbesondere durch die Unmöglichkeit, authentisch zu leben. Die Lehre daraus ist, wenn wir uns der eigenen Freiheit und Verantwortung nicht stellen können, weil wir ständig im Urteil der anderen gefangen sind, dann sind die Hölle die anderen. Indem wir Menschen, wenn wir über sie denken, sprechen oder schreiben, in ihrer Würde auf ein Minimum reduzieren, schaffen wir diese Hölle, aus der frustrierte Männer und Frauen fluten, die in ihrem Drang nach Selbstermächtigung zu extremen Taten greifen.

Die Schuld? Sie liegt nicht beim Islamischen Staat, sondern bei uns. Wir, unsere Gesellschaft, unsere Ängste und auch Gier, schaffen diese „autonomen Zonen“, in denen sich Psychosen entwickeln, die zu Gewalt führen. Oder, um es mit Rosa von Praunheim zu sagen: Nicht der Migrant ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt.

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29 Kommentare

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  • Wenn wir eine Ausrede haben für Unrecht, legitimieren wir das Unrecht in Wirklichkeit nur.

  • Wir sind schuld, weil wir mit unserem Wohlstand nicht die Welt retten können. Lieber eine ganze Sache, als eine gescheiterte halbe Sache

  • Grundsätzlich stimme ich zu.



    Aber der Satz "der islamische Staat ist nicht schuld sondern wir" ist natürlich quatsch und zumindest ungünstig formuliert. Denn klar ist der IS schuld, er beeinflusst Menschen die sowieso in Ausnahmesituationen stecken und bekämpft aktiv unserer Gesellschaft.

  • Also, das ist schon ein starkes Stück. Keine Frage - solche Unterkünfte zu mehreren in einem Raum, mit unbestimmter Perspektive zu Dauer und Zukunft etc ist belastend. Nicht anders zum Beispiel in den sogenannten “Obdachlosenhotels”, wo neben Geflüchteten auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft in ähnlichen Verhältnissen klarkommende müssen. Wobei es vermutlich immer noch weniger belastend ist, dort eine Zeit lang leben zu müssen als im Krieg, auf der Flucht oder auf der Straße. Und es ginge in einer idealen Welt sicher auch besser.

    Aber: Stimmt es überhaupt, dass dadurch Psychosen ausgelöst werden? Ängste, Depressionen, PTSD werden zweifellos durch diese Umstände nicht besser, aber gerade Psychosen sind eher hirnorganisch als psychologisch bedingt (wobei auch hier Stress evtl. einen akuten Schub triggern kann).

    Aber, und das ärgert mich am meisten hier, wo ausgerechnet der Mörder von Solingen als Beispiel fürs angebliche Versagen der Gesellschaft herangezogen wird: Am Tag vor dem Attentat hatte die Hamas für den Freitag die Muslime in aller Welt dazu aufgerufen, sich gegen Juden, Israelis und andere “zu erheben”. Ist das nicht mindestens ebenso plausibel als Grund?

  • Die Gleichung der Autoren, die Zustände in den Unterkünften mit dem Anstieg der Gewaltdelikte zu verknüpfen geht nicht auf. Zeigen schon die Erfahrungen aus dem, auch im Artikel erwähnten, Jugoslawienkrieg. Ähnliche Zustände haben damals nicht zu einer Zunahme solcher Delikte geführt.

    Auch die These von hausgemachten Problemen halte ich für sehr gewagt. Fakt dürfte sein, dass viele Flüchtlinge schon traumatisiert in Deutschland ankommen. Wenn aber die Kapazitäten zur Betreuung fehlen, da der Arbeitsmarkt es nicht hergibt Psychologen, Pädagogen etc zu beschäftigen, ist das kein hausgemachtes Problem sondern spricht dafür, dass die Auslastung die Leistungsfähigkeit des Aufnahmelandes übersteigt.

    Deshalb macht es Sinn, Massnahmen für eine bessere Steuerung der Zuzüge und Verteilung der Flüchtlinge zu ergreifen, um u.a hiesigen Flüchtlingen bessere Strukturen bieten zu können und um gleichzeitig freie Kapazitäten zu haben, um die strukturellen Schwachstellen im System beseitigen zu können.

    Über die Maßnahmen seitens der Politik, um diese Zustände abzuschaffen, braucht man an dieser Stelle kein Wort verlieren, da diese rein restrektiv und nicht integrativ ausgerichtet sind.

    • @Sam Spade:

      Damals war es eine ganz andere Zeit mit anderem gesellschaftlichen Klima. Weniger Isolation und "Bubbles" die heute durchs Absinken ins Smartphone entstehen. Mehr Anbindung an Menschen und Gesellschaft. Weniger Anfälligkeit für Psychosen.

      Ich möchte nicht allen Tätern ihre Schuld absprechen, aber dass das, was hier Zulande passiert, eine gesellschaftliche Dimension birgt, ist - wie der Autor hier vielleicht etwas pointiert sagt - richtig!

  • In den Aufnahmeeinrichtungen ist sicherlich nicht alles optimal und wunschgemäß. Aber das Agieren überforderter Kommunen als absichtsvolles Handeln umzudeuten?



    Außerdem erwarte ich von jedem Menschen, der einen alles entscheidenden neuen Lebensabschnitt betritt, den Willen und die äußerste eigene Anstrengung zum Gelingen einer Integration.



    Und: Wenn ein "syrischer Mann in Solingen auf 11 Menschen einsticht" und sie tötet, ist das kein "hausgemachtes Problem", sondern ein von diesem syrischen Mann verübtes Verbrechen, für das er allein verantwortlich ist. Durch gewisse äußere Umstände, die erwartbar schwierig sind und auch an die Belastungsgrenze führen können, und dem Entschluss zum absichtsvollen verbrecherischen Tun ist ein gewaltiger Unterschied.

  • Ein insgesamt ärgerliche, offensichtlich ideologisch getriebener Artikel. Steile These, dass wir als die aufnehmende Gesellschaft schuld sein sollen an den Attentaten vermeintlich Schutzsuchender. Ja, in einer idealen Welt hätten wir mehr und bessere Mittel die Aufnahme zu Gestalten; in der realen Welt ist der Staat bereits an seiner Belastungsgrenze oder darüber hinaus. Es ist doch nicht so, dass eine Unterbringung in Wohnungen allein aufgrund mangelndes politischen Willens nicht geschieht; es herrschst schlicht Wohnungsmangel in diesem Land; zumindest in den Ballungsgebieten. Von dem Mangel an anderen wie Kitaplätzen, Lehrern und Psychologen ganz zu schweigen. Woher sollen nach Meinung der Autoren diese Ressourcen den kommen? Artikel wie dieser scheinen mir nicht geschaffen um mehr Verständnis für Migranten zu schaffen. Und ja, eine aufnehmende oder zumindest temporär schutzbietende Aufnahmegesellschaft darf auch Erwartungen an die Flüchtenden stellen; dass mindeste ist, dass hiesige Regeln akzeptiert werden.

  • "Wenn ein syrischer Mann in Solingen auf 11 Menschen einsticht, ist das vielleicht ein hausgemachtes Problem."

    Es macht mich richtig sauer, wenn ein Terroranschlag hier so billig relativiert und pathologisiert wird.



    Entwertet für mich den Artikel, auch wenn viele angesprochene Missstände sicherlich existieren.



    Aber wenn jemand loszieht um 11 Menschen zu ermorden, dann trägt dieser Mensch die Verantwortung dafür und sonst niemand. Kein Erleben, keine Demütigung und kein Trauma rechtfertigt eine solche Tat. Hier wird ein Täter zum Opfer fabuliert. Die Angehörigen haben sicher viel Verständnis...

    • @Kassenclown:

      Das ist keine Entschuldigung für begangene Taten. Aber man sollte sich trotzdem Gedanken machen ob diese Art der Unterbringung gut ist für Menschen die teilweise Traumatisiert sind. Syrien war kein Kindergeburtstag.

  • Leider mal wieder ein Artikel der nur kritisiert und sich in Schuldzuweisung übt ohne konkrete Vorschläge zu machen wie man es denn besser machen könnte. Und mit konkret meine ich wirklich konkret und vor allem umsetzbar!



    Mal wieder lässt jemand auf diese Weise Dampf ab zu einem verständlicherweise emotionalen Thema, ignoriert dabei aber alles was nicht zu seinem Standpunkt passt, tut den zahlreichen Leuten unrecht die sich engagieren und organisieren, zB in kleinen Gemeinden die durch die Wohnheime einen enormen Zuwachs an Menschen bekommen und trotz problemen versuchen damit umzugehen. Des weiteren macht man sich meiner Meinung nach unglaubwürdig wenn man die Schuld für Gewalttaten komplett von den Schultern des Täters nehmen und sie "der Gesellschaft" zuschreiben will.



    Ja, die Zustände in Sammelunterkünften werden ihren Teil dazu beitragen dass es zu solchen Taten kommt, aber da wäre es doch angebracht zu konkretisieren: Wer soll was besser machen?



    Derart einseitige Meinungäußerungen befeuern meiner Meinung nach nur die Argumente derer die in die andere Richtung einseitig argumentieren und richten daher mehr Schaden an als Nutzen.

  • Nicht WIR müssen Flüchtlinge integrieren, sondern Flüchtlinge müssen sich bei uns integrieren, auch wenn manchen wehtut. Man kann nur unterstützen. Wer aber nicht zu unserer freiheitlichen Gesellschaft passt der dürfte Probleme haben. Da hilft auch kein Integrationskurs.

    • @Der Cleo Patra:

      Ach, wer Probleme mit der Integration hat passt nicht " zu unserer freiheitlichen Gesellschaft". Ist also selbst Schuld. Schon eine sehr einseitige Schuldzuweisung. Eine gute Integration benötigt auch eine dafür offene Gesellschaft von der wir uns immer weiter weg bewegen. In einem zunehmend rassistischen Klima wird es immer schwerer sich zu integrieren. Nicht nur die Flüchtlinge sondern auch die Gesellschaft muss sich am Integrationsprozess beteiligen.

  • Ich war vor kurzem in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Hannover. Dort sind ca. 1000 Menschen in einer riesigen Messehalle untergebracht. Unterteilt ist die Halle mit nach oben hin offen Stellwänden. Männer, Frauen und Kinder aus Afrika, Südamerika und dem Nahen Osten. Wirklich Ruhe gibt es bei so vielen Menschen auf engsten Raum nicht. Die Halle steht am abgelegensten Teil des Messegeländes im Nirgendwo. In der unmittelbaren Umgebung gibt es nichts außer außer Messegebäude und einem Park wo man zumindest Sport treiben kann. Zur nächsten Haltestelle für die Öffis muss man 20 Minuten laufen. Im Winter hocken alle drinnen weil es draußen zu kalt ist. Einige sind schon dort seit über einem Jahr. Für kurze Zeit mag das ja ok sein, aber auf Dauer würde ich da durchdrehen. Die meisten sind jung, freundlich und motiviert sich hier ein Leben aufzubauen und wollen arbeiten und sich in die Gesellschaft einbringen. Aber zu lange in dieser Halle zu leben ist eher demotivierend und geht auf die Psyche.

    • @Andreas J:

      Ein Blick auf den Wohnungsmarkt genügt.

      Katastrophal mit utopischen Mieten.

      • @shantivanille:

        Ändert aber nix daran das diese Art von Massenunterkunft für Flüchtlinge auf Dauer keine Lösung sein kann.

  • Guter Artikel. Vielen Dank für die Gedanken zu dem Thema.

  • Man möchte dem Artikel in weiten Teilen zustimmen, was die Zustände und Hürden betrifft, welche in vielen Fällen eine gute Integration verhindern und die man schon lange hätte abschaffen können.



    Aber die Schlussfolgerung, dass die Gesellschaft hierzulande an islamistischen Anschlägen Schuld sei ist falsch. Es ist wohl kein Zufall, dass ausländische Behörden einige der Terroristen/-verdächtigen schon im Blick hatten, denn diese hingen schon vorher ihrer menschenfeindlichen Ideologie an. Auch die vermeintlich vorhandenen psychologischen Probleme der Terroristen ändern nichts daran, der Täter in Hanau war auch ein Rechtsterrorist, kein armer Kranker.



    Wo das abstreiten von Problemen hinführen soll weiß ich nicht: Man wird niemanden überzeugen sich für Migranten einzusetzen wenn man ihm gleichzeitig die Schuld für die Verbrechen von Terroristen zuschiebt, die sich unter denen befanden. Man hilft auch nicht dem großteil der Migranten, die genau diese Ideologien und Gewalt hinter sich lassen wollten.

  • Eine wichtige Intervention in einer entmenschlichenden Debatte. Sie machen einer Zeitung, die sich der Gegenöffentlichkeit verpflichtet hatte, aller Ehren.

  • Die beengten und unangenehmen Behausungen sind ohne Zweifel nicht gut, aber in der realen Welt bei der Masse der migrierenden Menschen wohl kaum anders zu machen.



    Den Bezug zu den islamistischen Attentaten finde ich allerdings irrsinnig: Syrer reist nach Deutschland ein und ermordet hier viele Menschen im Auftrag einer Terrororganisation, aber Schuld ist die deutsche Gesellschaft, weil es dem Killer hier nicht behagt hat? Geht es noch? Genau wegen solcher Aussagen wird es in Deutschland und ganz Europa immer schwieriger für Migranten! Aus eigener Erfahrung weiss ich dass Migration ein schwieriger und komplexer Prozess ist. Dabei ist die Integration vor allem durch die Migranten zu leisten, wenn das nicht gewollt ist, bleibt nur die Ausreise. Es gibt genug Menschen, nicht zuletzt aus Syrien und Afghanistan, die in Deutschland sehr gut zurechtkommen. Die Problemkandidaten hingegen ruinieren das gesellschaftliche Klima grundlegend und machen es anderen Migranten sehr schwer.

  • Der Artikel ist ein echter Schlag in die Magengrube. Weniger ob der geschilderten Zustände, die letztlich den Tatsachen geschuldet sind, dass Personen, die keinen valablen Anspruch auf Asyl haben, nicht abgeschoben werden und keinerlei Ressourcen zur Verfügung stehen, um eine 24h-Betreung zu vermitteln. Was mich wirklich kränkt, ist diese fundamentale Täter-Opfer-Umkehr. Schuld hat nicht der IS, nicht die Herkunftsgesellschaft und schon gar nicht der Täter selbst, nein, es sind wir, die wir so blöd sind, diese Menschen auch noch aufzunehmen. Mit dieser Argumentation lässt sich jeder auch jeder Nazi freisprechen, schliesslich sind die meisten schwersttraumatisiert aus dem 1. WK gekommen etc. etc.

  • "Wenn ein syrischer Mann in Solingen auf 11 Menschen einsticht, ist das vielleicht ein hausgemachtes Problem"

    Eine bodenlose Frechheit und ein Schlag ins Gesicht für Hinterbliebene und Opfer. Ich selbst habe das volle Programm mitgemacht. Sammelunterkunft, dann migrantisch geprägter Stadtteil (woanders war es schwer einen Wohnung zu bekommen) Ablehnung, Vorurteile geschmacklose Witze etc.



    Die Herren Autoren auch?

    Dies ist einfach Täter-Opfer Umkehr in diesem Artikel. Und das Beispiel mit Köln ist äußerst geschmacklos. Als wäre die Gesellschaft schuld, dass dort hunderte Frauen sexuell belästigt wurden. Ich empfehle jedem der es ertragen kann sich diese Bilder noch einmal anzuschauen. Wer dann noch Empathie mit den Tätern hat statt den Frauen, hat einen fragwürdigen moralischen Kompass.

    Ja, das Leben ist kein Ponyhoff. Erst recht nicht als Flüchtling. Und es gäbe viel Raum für Verbesserungen. Aber jeder Mensch kann sich selbst entscheiden welchen Weg er einschlägt.

    Es gibt so viele aufrechte Migranten. Den "faulen Äpfeln" jetzt aber die Verantwortung abzusprechen, ist ebenso beleidigend wie für die diese Migranten wie für die Opfer dieser Menschen.

  • Denkt man das alles zu Ende, dann bliebe aus humanitärer Sicht nur die Möglichkeit, diese Unterkünfte aufzulösen, alle Betroffenen in Wohnungen unterzubringen, sie sozialarbeiterisch und in notwendigen Fällen psychologisch zu betreuen und ihre Integration so schnell und gut wie möglich in die Wege zu leiten.

    Das wäre vielleicht möglich in einer Welt, die nicht diese ist. Und eine Herausforderung, zu der kein Land der Welt in der Lage oder bereit wäre.

    Mal ganz abgesehen davon, dass ein Gutteil, der dort untergebrachten Geflüchteten sowieso kein endgültiges Bleiberecht bekommen wird. Aber dennoch bleibt. Weil ja so gut wie alle bleiben, die es hierher geschafft haben.

    Müsste man nicht über eine Lösung nachdenken, die jenseits der oben geschilderten humanitären Träumerei und natürlich jenseits autoritärer Abschottungsfantasien stattfinden könnte?

    • @Jim Hawkins:

      Stimme Herrn Hawkins zu.



      Eine Idee zur Lösung, ganz ins Unreine gesprochen:



      Überlegen, w e r "reich" ist in Deutschland. Einen Soli einführen. Den Flüchtlingssoli.



      Einkommen, Vermögen und - ganz heikel- Wohnraum einbeziehen.



      So schultert nicht einfach "das reiche D" die Aufgabe, sondern man teilt nach Maßgabe dessen, was man hat. St. Martin war Offizier und gut bezahlt.

    • @Jim Hawkins:

      Wie dem Artikel zu entnemen, braucht es keine "humanitäre Träumereien". Es würde reichen, wenn man die Menschen nicht mit Argwohn begegnet. Es eben nicht unangenehm macht. Die Unterkünfte sind okay, wenn man sie menschenwürdig aufbaute. Das passiert aber nicht, das Gegenteil ist der Fall. Und wie beschrieben, fördert das die Problematiken, die dann zu Symbolpolitik alá AFD "Abschiebungen" führt. Grenzte man die Gefküchteten nicht aus, böte man ihnen mehr, gäbe es mehr Kontrollen der privaten Betreiber, wäre das alles schon ganz anders.



      Dass das alles an der Sache vorbei geht, sehen wir spätestens an den "Bezahlkarten". Wie bei dem künstlich erzeugten unangenehmen Aufenthalt in den Unterkünften, soll das abschrecken. Da frage ich mich, ob jemand, der aus einem Krieg flüchtet überlegt, ob er hier eine Bezahlkarte erhält und deswegen woanders hingeht. Völlig realitätfern, reine Symbolpolitik für die dumme Masse da drausen.

    • @Jim Hawkins:

      Das wäre tatsächlich notwendig, aber eine solche Diskussion liefe darauf hinaus das Deutschland seine Grenzen schließt und humanitäre Kontingente aufnimmt die man einfliegt und dann gut betreut. Das wäre die einzige Lösung die gut funktioniert und den begrenzten Ressourcenfaktor genüge trägt. Aber wer so etwas vorschlägt gilt gleich als rechts. Die Linken werden den Kampf ums Asyl verlieren weil sie lieber perfekten Lösungen nachtrauern die illusorisch sind als was zu machen das funktioniert und das die Bevölkerung mitträgt.

      Der Traum vom Perfekten ist der Feind vom Guten.

    • @Jim Hawkins:

      Ihr in vermeintlichem Realismus begründeter Pessimismus hält einem Vergleich mit der Behandlung ukrainischer Flüchtlinge nicht stand.

      • @Ibrahimo:

        Wieso nicht?

  • "Seien wir also ehrlich: Diese Zustände haben wir selbst geschaffen."

    Dieser Artikel ist in Teilen gut, aber er ignoriert Aspekte die außerhalb staatlicher Verfügungsgewalt liegen. Antifeminismus und Femizide passieren in allen Staaten und natürlich haben Menschen die nicht hier sozialisiert sind zum Teil anders ausgeprägte frauenfeindliche Einstellungen als es jene sind die hier sozialisiert sind. Auf beides muss eingegangen werden, aber unterschiedlich.

    Auch ist die Situation definitiv schlecht, aber es ist sehr unrealistisch, dass es Alternativen dazu gibt die durchgesetzt werden. Dementsprechend stellt sich die Frage nicht nur nach wie könnte eine Einbindung in Gesellschaft geschehen, welche Menschen mit Traumata erdet, sondern auch wie gehen wir damit um, wenn dieser Zustand schlicht nicht geändert wird?

    Im Rahmen schwuler Emanzipation gab es laizistische Selbstorganisation, diese hat es bei den Geflüchteten auch vor 10 Jahren gegeben. Übrig blieb gesellschaftlich wenig davon. Dort kann Zivilgesellschaft eher unterstützen, sogar direkt und jetzt.