Diskussion in Bundestagsfraktionen: Ringen um den AfD-Verbotsantrag
Eine Gruppe um CDU-Mann Marco Wanderwitz will im Bundestag ein AfD-Verbot beantragen. Doch der Widerstand in den Fraktionen wächst.
Berlin taz | Es ist eines der strittigsten Themen im Bundestag momentan: ein AfD-Verbotsantrag. Schon seit Monaten wirbt eine überfraktionelle Gruppe um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz, einst Ostbeauftragter der Bundesregierung, für einen solchen Gruppenantrag und will ihn schnellstmöglich in den Bundestag einbringen. Doch nun wächst der Widerstand.
Die FDP- und BSW-Fraktion waren von Beginn an gegen das Vorhaben. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach vom „dümmsten Antrag des Jahres“. Man könne einen unliebsamen Konkurrenten nicht mit der Verbotskeule erledigen.
Auch in der Union ist der Widerstand groß. Ursprünglich war dort geplant, das Thema am Dienstag in der Fraktion zu besprechen – doch der Tagesordnungspunkt wurde um eine Woche verschoben. Laut dem Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei stehen nur 7 der 196 Unions-Abgeordneten hinter dem Antrag – einer von ihnen ist Wanderwitz. In der Fraktion herrsche „maximale Zurückhaltung“, sagte Frei am Dienstag. Im Laufe der Woche solle es ein Gespräch der sieben Abgeordneten mit Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz geben. Er gehe nicht davon aus, dass die Zustimmung über die Siebener-Gruppe hinausgehe, so Frei.
Merz und Frei haben sich bereits mehrfach gegen den Verbotsantrag ausgesprochen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte am Dienstag, er gehe davon aus, dass es unter den CSU-Abgeordneten gar keine Unterstützung für den Antrag gibt. Er habe zwar keine Zweifel, dass es in der AfD radikale und extremistische Kräfte gebe. Doch die Partei müsse politisch bekämpft werden, so Dobrindt. „Man muss die AfD wegregieren.“ Ein Verbotsantrag sei „vollkommen falsch und kontraproduktiv“. Alle „Gedankenspiele“ eines gemeinsamen Antrags von Ampel-Abgeordneten und der Union könne er „eine klare Absage erteilen“, so Dobrindt – Wanderwitz und die anderen sechs Christdemokraten ließ er dabei unter den Tisch fallen. Merz pflichtete dem CSU-Mann am Dienstag bei: Er sehe es ganz genau so.
Grüne zeigen sich ambivalent
Ambivalent äußerte sich auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Am Dienstagnachmittag wollte ihre Fraktion über den Antrag beraten. „Wir Grünen sagen ganz klar, die AfD ist eine brandgefährliche Partei“, sagte Dröge zwar. Überall da, wo sie Einfluss bekomme, nutze sie diesen „um die Demokratie in Frage zu stellen, den Parlamentarismus zu zerstören und das freiheitliche Leben in diesem Land zu gefährden“. Das habe sich in Thüringen gerade eindrucksvoll gezeigt. „Die AfD ist so gefährlich, dass man ein AfD-Verbotsverfahren prüfen muss“, sagte Dröge.
Prüfen aber ist etwas anderes, als ein AfD-Verbot zu beantragen, wie es der Antrag vorsieht. Und Dröge forderte erstmal die Innen- und Justizminister von Bund und Ländern auf, „endlich“ eine Beweissammlung zu erstellen, auf deren Grundlage der Bundestag eine „fundierte Entscheidung“ treffen könne.
Und Dröge gab zu bedenken, dass ein Antrag im Bundestag nun einmal eine Mehrheit brauche, mit Blick auf die ablehnende Haltung der Union. An deren Fraktion richte sich nun die Frage, ob es „eine Möglichkeit gebe, dass die demokratischen Fraktionen zusammenkommen und einen gemeinsamen Weg beschreiten“. Das soll wohl heißen: Lieber noch eine Runde mit der CDU hinter verschlossenen Türen verhandeln als schnell einen Antrag einbringen.
Wanderwitz-Gruppe bleibt „zuversichtlich“
Doch die Gruppe um Wanderwitz gibt sich weiter entschlossen. Sie umfasst inzwischen rund 50 Abgeordnete von CDU, SPD, Grünen und der Linken. Für die Einbringung des Antrags im Bundestag braucht es 37 Parlamentarier*innen, 5 Prozent des Parlaments. Schon im Juni hatte Wanderwitz der taz gesagt, dass er diese Zahl beisammen hat.
Am Dienstag sagte Wanderwitz, dass es momentan „viel Bewegung und Diskussionen“ in den Fraktionen in Sachen Verbotsantrag gebe. Aber: „Wir sind weiter zuversichtlich, von unserem Vorhaben überzeugt und entschlossen, den Antrag im Bundestag einzubringen“, so Wanderwitz zur taz. „Die Gefahr der AfD für diese Demokratie ist akut, eine baldige Verbotsprüfung durch das Bundesverfassungsgericht dringend.“
So sieht das auch Befürworterin Martina Renner (Linke). „Wir brauchen jetzt Klarheit und zügig eine Einbringung des AfD-Verbotsantrag in den Bundestag.“ Eine in den Fraktionen diskutierte Abschwächung des Antrags, ein Verbot nur zu prüfen, lehnt sie ab. „Wir können da keine Lightvariante machen. Die verfassungsfeindlichen Ziele der AfD sind unbestreitbar“, sagte sie der taz. „Es braucht jetzt eine zeitnahe Prüfung des Bundesverfassungsgerichts.“
Auch die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge betonte, die AfD sei „keine Partei, die ein bisschen rechts steht“. „Das sind Verfassungsfeinde, das sind Feinde der Demokratie. Wir erleben es jeden Tag in den Parlamenten und den sozialen Medien.“ Das Grundgesetz biete aus gutem Grund die Möglichkeit, die Verfassungswidrigkeit von Parteien prüfen zu lassen, so Wegge zur taz.
Wann es konkret zur Einbringung des Antrags kommt, hängt nun von der Unions-Fraktionssitzung am Dienstag ab. Kommt es tatsächlich zu einer Abstimmung im Bundestag, bräuchte der Antrag eine einfache Mehrheit für einen Erfolg. Es wird mit vielen Enthaltungen gerechnet. In dem Antrag wird ersatzweise auch ein Verbot einzelner Landesverbände gefordert oder ein Entzug der Parteienfinanzierung.
Leser*innenkommentare
Hannah Remark
Wer A sagt, muss auch B sagen. Die KPD wurde zurecht verboten. Eine faschistische Partei muss dann auch verboten werden und zwar umgehend! Dieses Land hat aus seiner Geschichte das Wesentliche ganz offensichtlich nicht gelernt, wenn kein Verbot der AfD erfolgt!
Martin Sauer
@Hannah Remark Das KPD Verbot war vor 78 Jahren. seitdem hat sich die Welt geändert. Es gibt Zb. die Europäische Menschenrechtskonventionen, Artikel 12 Vereinigungsfreiheit. Und darauf beruft sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wenn er Parteiverbote untersagt.
Im 2. NPD Verbotsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht auf den Gerichtshof hingewiesen
www.lto.de/recht/h...nd-vergisst-europa
NPD-Verbot
Deutschland vergisst Europa
Normalo
@Hannah Remark Entgegen der ganzen politisch gehaltenen Diskussionsbeiträge ist die Frage des Parteienverbots zuoberst eine juristische: Liegen genug Beweise vor, um die (grundsätzlich "verbotsskeptischen") Rotroben in Karlsruhe zu überzeugen, dass die AfD als Ganzes(!) kämpferisch verfassungsfeindliche Ziele verfolgt?
Das ist hartes Brot: "Rechtsextremer Verdachtsfall" oder "gesichert rechtsextremer" Landesverband reichen z. B. nicht - zum Einen, weil nichts davon die Gesamtpartei trifft, zum Anderen, weil "rechtsextrem" eine politische und keine verfassungsrechtliche Wertung ist. Da zählt auch nicht, wenn eine Mehrheit die Partei für faschistisch hält. Auch die EU verlassen oder mit einem Landtag Schlitten fahren zu wollen, dürfte das (noch) nicht erfüllen, Opposition gegen den aktuellen Geltungsbereich einzelner Grundrechte (Gleichheit, Asyl...) im Zweifel auch nicht.
Der wahre Grund für die ablehnende Haltung der - wohl - Mehrheit der Parlamentarier dürfte daher sein, dass man nicht glaubt, diese Beweise schon zusammen zu haben, und keine, bei der Größe der AfD Gefolgschaft potenziell verheerende, Bauchlandung riskieren will. Nur will man sich nicht die Blöße geben das einzugestehen.
Martin Sauer
@Normalo Es reicht wohl nicht aus wenn man der AfD verfasungswidrige Ziele nachweist. Laut Rechtssprechung des Europäischer Gerichtshof muss eine Partei auch in der Lage sein die Verfassung zu stürzen. Und bei einem Verbot wird die AfD vor den Gerichtshof ziehen,
Normalo
@Martin Sauer Ich denke schon, unsere Koryphäen in Karlsruhe wären nicht so doof, ein etwaiges Verbotsurteil so zu begründen, dass dieses Kriterium außen vor bleibt. Außerdem hat das BVerfG sich auch in "Solange II" immer noch einen Restmaß an Vorrang vor den europäischen Gerichten vorbehalten, den es im Rahmen des Wesensschutzes der FDGO, zu dem die Möglichkeit des Parteiverbots m. E. gehört, sicher auch beanspruchen würde.
Sam Spade
@Normalo Die Frage ist letztendlich was man durch ein Verbot wirklich erreicht. Ein solches hätte ja nicht nur eine rechtliche sondern auch eine symbolische Wirkung.
Die Folgen auf der symbolischen Ebene würde ich derzeit sogar noch als gravierender erachten. Eine Verbotsentscheidung würde bei einem nicht unbeachtlichen Anteil der Bevölkerung zu einer weiteren Diskreditierung der Demokratie führen. Denn der Aufstieg der rechtspopulistische Parteien ist ja offenkundig eine Reaktion auf ein Repräsentationsdefizit, weil sich viele Bürger mit ihren Anliegen von den etablierten Parteien nicht vertreten fühlen. Dieses Defizit lässt sich ja nicht durch ein Verbot beheben, eher dürfte das Gegenteil der Fall sein.
Und dann gäbe es noch die Rolle des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg zu beachten. An diesen würde sich die AfD im Falle eines Verbots wenden.
Normalo
@Sam Spade Ich denke schon, dass ein Verbot, WENN es denn einigermaßen zügig ausgesprochen würde, durchaus auch positive Effekte hätte. Der einmalige Totalverlust an organisatorischem Unterbau und die Notwendigkeit, sich inhaltlich und im zweifel auch personell merklich anders aufzustellen, dürften vor allem den gefährlicheren Tendenzen innerhalb der AfD schon nachhaltig Momentum nehmen. Davon müssten sich die "Entorganisierten" erstmal erholen (die DKP war und ist z. B. ein Schatten dessen, was aus der KPD zu werden drohte).
Auch ideell denke ich, dass ein Verbot nicht nur nach hinten losgehen würde. Die leibhaftige "Rote Karte" aus Karlsruhe - wohlgemerkt: NICHT bloß von den "Kartellparteien" - zu bekommen, dürfte auch für hartgesottene Wutbürger ein ordentlicher Dämpfer sein. "Demokrat" möchte man sich ja schon noch schimpfen dürfen. Deshalb denke ich, dass sich das mit den "Jetzt erst recht!"-Effekten, die bei den nachhaltig demokratiefeindlichen Faschos in der Anhängerschaft unvermeidlich wären, eher (mindestens) die Waage hielte.
Dass der EGMR dem BVerfG in die Parade fiele, sehe ich eher nicht. Die Hürden, die wir für ein Parteiverbot haben, sollten auch ihm hoch genug sein.
Bartleby208
Alles was die CDU dieses Jahr geleistet hat, war die AfD weiter zu legitimieren siehe Hetze gegen Flüchtlinge und Bürgergeldempfänger. Und da soll man denen abkaufen die könnten diese verfassungsfeindlichen Partei mit "guter Politik" schlagen? Die Strategie, die da verfochten wird, funktioniert schon seit 10 Jahren nicht. Die Möglichkeit eines Verbotsverfahrens ist nicht nur ein nettes optionales Feature zum Schutz unserer Demokratie. Wenn eine Partei so offensichtlich verfassungsfeindlich ist, ist es Pflicht dieses einzusetzen
Monomi
Kann es sein, daß man in Bayern Sorge hat, die Aiwanger Jünger könnten ihren Guru wechseln und zum Höcke Kult überlaufen?
Und es bliebe für die CSU kein akzeptabler rechter Mehrheitsbeschaffer übrig?
Bolzkopf
Die Frage wäre, was dem Verfassungsschutz da so an belastbaren Erkenntnissen vorliegen.
Ich glaube das wäre ein entscheidendes Kriterium.
Bambus05
„Man muss die Partei wegregieren“, also ist natürlich wieder mal (alleine) die Ampel schuld. Die Union mit ihrer 1a-Oppositionspolitik also keineswegs.
Unfassbar, dass man die Verfassungsfeinde weiter gewähren lassen will, absolut fahrlässig. Es geht gerade nicht darum, wie Wagenknecht behauptet, einen unliebsamen Konkurrenten loszuwerden, sondern um eine faschistische, sich immer weiter radikalisierende Partei, die die Axt an den liberalen Rechtsstaat legen wird, wenn sie kann.
Insbesondere die Linke, die Grünen, auch die SPD müssten geschlossen hinter dem Antrag stehen. Die Verweigerung der Antrags wäre ein massives Staatsversagen. Spätere Schäden für die Demokratie, die die AfD anrichtet, wären den anderen Parteien anzulasten.
Jalella
"Merz und Frei haben sich bereits mehrfach gegen den Verbotsantrag ausgesprochen."
Das ist eigentlich schon das Zünglein an der Waage. Wenn diese beiden Rechtspopulisten dagegen sind, sollte man dafür sein. Sie wollen sich nur nicht ihre in der spätestens übernächsten Legislaturperiode anstehende Koalition mit der AfD verbauen.
"Spaß" beiseite. Natürlich kann man den Rechtsextremismus mit einem Verbot nicht wegbekommen. Aber die AfD dekonstruiert inzwischen den Rechtsstaat; das sollten alleine die Vorkommnisse in Thüringen gezeigt haben. Darum muss man sie verbieten.
Leider tut keine der etablierten Parteien etwas gegen die Gründe des anwachsenden Rechtsextremismus, besonders im Osten. Es gibt dazu inzwischen reichlich Studien und Bücher, aber lesen ist offenbar keine Kernkompetenz im Bundestag.
Martin Rees
Bei bundesverfassungsgericht.de steht.
"Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.
Zunächst prüft das Bundesverfassungsgericht in einem Vorverfahren, ob das Hauptverfahren eröffnet wird oder der Antrag als unzulässig bzw. als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen ist. Hierfür wird eine vorläufige Bewertung der Erfolgsaussichten nach Aktenlage vorgenommen.
Erweist sich der Antrag im Hauptverfahren als begründet, stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die politische Partei verfassungswidrig ist, erklärt die Auflösung der Partei und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen."
So die Theorie...
PeerTuba
Es braucht nicht alle CDU Stimmen. SPD, Grüne, Linke und eben ein paar CDUler noch reichen aus.
Was soll das Gehampel?
drafi
@PeerTuba Die genannten Parteien sind aber auch in Mehrheit skeptisch bis ablehnend.
denkenmachtschön
Dobrindt: „Man muss die AfD wegregieren.“
Jaja. "In zwei Monaten haben wir die afd in die Ecke regiert, dass sie quietscht"
Was für ein feiges, rückgratloses Spektakel. Dass es aber immer noch keinen Antrag auf Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nach Art. 21 Abs. 3 GG gibt, grenzt an Arbeitsverweigerung und macht die diesem Antrag nicht klar zustimmenden Damen und Herren Abgeordneten bei der nächsten Bundestagswahlerstimmenabgabe unwählbar.
"Seit der Neuregelung des Art. 21 Abs. 3 GG im Jahr 2017 besteht zudem die Möglichkeit, Parteien von der staatlichen Finanzierung auszuschließen...
Anders als das Parteiverbot setzt der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nicht voraus, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele potentiell auch erreichen kann."
www.bundesverfassu...erfahren_node.html
Erfahrungssammler
@denkenmachtschön Die AfD wurde doch durch die aktuelle Politik, und zwar nicht nur durch die der letzten 3 Jahre, erst
hochregiert - gerade Dobrindt sollte das wissen!
Das Problem liegt aber nicht nur in der Politik, sondern auch an den Veränderungen in der Mentalität der Bürger und deren Empfänglichkeit für Hetze und Fake-News in der seichten Oberflächlichkeit der Medien, hauptsächlich der "Siewissenschon".
Sam Spade
@denkenmachtschön Beim Ausschluss von der staatlichen Finanzierung wie auch im Verbotsverfahren gelten die gleichen Anforderungen (abgesehen von der Potenzialität) an die materielle Verfassungsfeindlichkeit der Partei.
Der Art. 21 Abs. 3 GG wurde aufgrund der Erfahrungen im NPD Verfahren eingeführt, um die rechtlich Grundlage zu schaffen, auch kleinere Parteien die nur eine geringe Potenzialität aufweisen von der Parteienfinanzierung auszuschließen, wie es zuletzt bei "Der Heimat" geschehen ist.
Für Grossparteien ist dieser Artikel im Grundgesetz eigentlich nicht von Belang, da bei solchen Parteien ausreichend Potenzialität vorhanden ist. In einem solchen Fall würde gleich ein Parteiverbot erfolgen.
denkenmachtschön
@Sam Spade Aber viele Abgeordnete haben doch offensichtlich Angst, dass das BVerfG die Potentialität nicht erkennen würde. Und warum wird dann "In dem Antrag ... ersatzweise ... ein Entzug der Parteienfinanzierung" gefordert, wenn das "nicht von Belang" ist ?
Sam Spade
@denkenmachtschön Ein Verbotsantrag muss nicht zwangsläufig auf ein komplettes Parteiverbot ausgerichtet sein. Je nach Ausarbeitung kann der Antrag auch auf das Verbot einzelner Landesverbände oder auch eben um das Entziehen staatlicher Finanzierung zielen. Kriterium ist dabei die Erfolgsaussicht, die die Rechtsexperten sehen. Also welche Maßnahme hat die Aussicht in Karlsruhe am ehesten Anklang zu finden. Hat aber nichts mit den Anforderungen zu tun, die bleiben im wesentlichen gleich.
Arne Babenhauserheide
Frei gehört mit Merz und Linnemann zur extremen Trinität der CDU ☹
⇒ wichtige Einordnung.
Kohlrabi
1998 wurde in der Türkei die islamistische Wohlfahrtspartei verboten. Deren Mitglieder gründeten daraufhin die Tugendpartei, welche drei Jahre später auch verboten wurde. Wiederum wurde eine neue Partei gegründet: die AKP. Diese regiert die Türkei seit mittlerweile 20 Jahren.
Allein das sollte den Befürwortern eines AfD-Verbotsverfahrens doch arg zu denken geben.
Und Bismarcks polizeistaatliches Vorgehen gegen die SPD war seinerzeit ja auch nicht so der Bringer.
Axel Schäfer
@Kohlrabi Die haben daraufhin den Staat unterwandert und komplett umgekrempelt, so dass jetzt dort eine nationalistisch-islamisch verbrämte Familieclique herrscht. Das kann ja jetzt kein Vorbild sein.
Der Vergleich mit den Sozialistengesetzen läuft auch ins Leere, man hat damals versucht Demokratie und Fortschritt aufzuhalten, die Opposition hatte damals konstruktive Pläne für Staat und Gesellschaft. Das Programm der AgD ist eine Art Morgenthauplan gegen Deutschland und ein Weg in einen antidemokratischen Vasallenstaat von Autokratens Gnaden.
Sam Spade
@Kohlrabi Die Gerichtsurteile zum Verbot der türkischen Wohlfahrtspartei sind ein viel zitiertes Beispiel dafür, wie es nach einem erfolgten AfD Verbot durch das Bundesverfassungsgericht auch verlaufen könnte.
Die Verbote der Ersatzorganisationen der türkischen Wohlfahrtspartei wurden jedesmal nach der Prüfung der Angessenheitsentscheidung durch den Europäischen Gerichtshofs (EGMR) für Menschenrechte in Straßburg einkassiert.
Zu einer derartigen Prüfung ist auch das Bundesverfassungsgericht nach Art 21 Abs 2 GG nicht verpflichtet. Daher wäre es im Bereich des möglichen, dass der EGMR bei einer Prüfung die Rechtsfolgen gemäß § 32 Parteiengesetz (Verbot von Ersatzorganisationen) als zu hart empfindet und Ersatzorganisationen zulässt.
Zangler
@Sam Spade Es ist doch absurd, die türkischen Verfahren mit dem deutschen zu vergleichen (von Bismarck 2024 mal ganz zu schweigen). Das türkische Recht kennt kein Verbotsverfahren durch das Verfassungsgericht, sondern durch einfaches Parlamentsgesetz. Natürlich musste man da korrigierend eingreifen!
Das Problem ist das von 1932: Die Konservativen wollen erstmal die Rechtsradikalen benutzen, um die Sozialdemokraten und Liberalen aus der Regierung zu entfernen, weshalb ein Verbot zu Zeiten der Ampel nicht kommen wird, da Merz und Co. machtgeil und verantwortungslos sind.
Sam Spade
@Zangler Es ist für eine Klage gegen ein Parteiverbot vor dem EGMR in Straßburg unerheblich wer das Verbot verfügt hat. Es liegt im Rahmen der nationalen Gesetzgebung souveräner Staaten diese Zuständigkeit zu regeln.
Der EGMR hat auch hinsichtlich eines Parteienverbots lediglich feststellenden Charakter und das betrifft die Rechtsfolgen die ein Verbot nachsichzieht, nicht aber das Verbot an sich. Zu diesen Rechtsfolgen gehören in Deutschland und der Türkei neben dem Mandatsverlust auch die Verbote zur Gründung einer Ersatzorganisation.
Der EGMR prüft (Angemessenheitsentscheidung), ob die Rechtsfolgen im Zuge des Verbotes den EGMR Konventionen entsprechen oder aber zu hart ausgefallen sind. In diesem Fall kann er die Nationalstaaten darauf verpflichten die Verletzung der Konvention abzustellen.
Zu einer solchen Prüfung sind weder das türkische Parlament noch das deutsche Bundesverfassungsgericht per nationaler Gesetzgebung verpflichtet. Hier herrscht die Sichtweise vor, dass nach einem Verbot die Partei schlicht nicht mehr existiert und es daher auch keine Prüfung der rechtlichen Folgen bedarf.
Mouse
Ich hoffe doch sehr, dass man noch einmal nachdenkt. Es ist ein unsinniger Antrag mit der Aussicht nicht erfolgreich zu sein. Macht liebet gute Politik, der beste Weg die AfD klein zu halten.
Encantado
@Mouse " Es ist ein unsinniger Antrag mit der Aussicht nicht erfolgreich zu sein."
Ich kontere mit einem anderen Spruch von einem theoretischen AfD-Wähler:
'Wenn die AfD so schlimm wäre, würde man sie doch zu verbieten suchen.'
"Macht lieber gute Politik..."
Darum geht es doch eigentlich nur am Rande. Die AfD will keine 'gute Politik', sondern eine andere Gesellschaft.
Zangler
@Mouse Ernsthaft? Dobrindt und gute Politik? Ihren Glauben möchte ich haben!
Monomi
@Mouse Es ist ja nicht mal so, dass sooo grottenschlechte Politik gemacht würde - wenn man mal von der FDP absieht, die dafür ja auch abgestraft wird.
AfD mit "guter Politik" klein halten setzt voraus, dass die Leute, die's betrifft Fakten wahrnehmen. Dem ist aber nicht so. Man kann der AfD-Klientel jeden Mist erzählen (Höcke macht es vor) - die Leute jubeln und wählen. Es funzt wie jener Milliardär, der sich als Advokat der kleinen Leute darstellt...
Gerald Müller
Wanderwitz und die anderen scheinen nicht begreifen zu können dass sie (1) keine Chancen haben und (2) der AfD nutzen und nicht schaden, Soviel media coverage können die garnicht kaufen. Aber, macht einfach so weiter...
Monomi
@Gerald Müller Vielleicht kämpfen wir mit Gegenargumenten zum Verbotsantrag ja gegen Windmühlen....: Was, wenn es genau das Ziel ist: der AfD vom Verfassungsgericht den Persilschein ausstellen zu lassen, damit man mit den so normalisierten auch Zusammenarbeit und Koalitionen machen kann - eben weil die Mediencoverage für einen weiteren Push gesorgt hat. Weil die CDUCSU inzwischen heimlich lieber mit den Rechtsaußen als den achso verhaßten Grünen rummachen möchte. ...?
Tino Winkler
Die afd mit ihren absurden Anträgen, Behauptungen, Lügen und künftig unmenschlichen Vorgehensweisen gehört verboten.