Streit über Rentenpaket: So oder so für viele zu wenig
Eine Stabilisierung der gesetzlichen Rente reicht nicht. Es braucht höhere Mindestlöhne. Außerdem sollten Vermögende zur Kasse gebeten werden.
W as für die FDP die Schuldenbremse ist, ist für die SPD das Rentenpaket II – der Heilige Gral. Die Sozialdemokraten wollen es auf jeden Fall durchboxen und machen es zur Basis (sprich Bedingung) der Ampelkoalition. Aus ihrer Sicht ist das völlig nachvollziehbar, schließlich sind die über 60-Jährigen mittlerweile ihre größte und treuste Wähler:innengruppe, wie die Landtagswahl in Brandenburg zeigte. Der Kampf um die Rente ist auch ein Kampf um die Wähler:innen.
Aber ist es der richtige Kampf? Wenn SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil betont, dass die gesetzliche Rente die wichtigste Sicherheit im Alter sei und für viele sogar die einzige, dann hat er völlig recht. Allerdings schützt das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent des letzten Durchschnittsverdienstes nicht vor Armut. Schon heute sind 660.000 Menschen auf zusätzliche Grundsicherung im Alter angewiesen. Das Problem dürfte sich in den kommenden Jahren verschärfen.
Der jährliche Brief der Rentenversicherung liest sich für viele Arbeitnehmer:innen wie eine Drohung: Wenn du dich weiterhin für so wenig Geld abstrampelst, dann landest du in der Altersarmut. Der Ansatz der FDP, die Lücke mit Aktiendepots zu schließen, ist gerade für Geringverdiener:innen keine Option. Sie brauchen das Geld für die Miete und die täglichen Ausgaben und haben nichts übrig, womit sie am Kapitalmarkt spekulieren könnten.
Nötig wäre also eine Stärkung der gesetzlichen Rente und eine Anhebung des Rentenniveaus. Eine wichtige Voraussetzung für armutsfeste Renten sind höhere Löhne, ergo auch ein höherer gesetzlicher Mindestlohn. Nötig sind aber auch zusätzliche Mittel für die Rentenkasse, etwa über Steuern und Änderungen im System. Denn in Zukunft werden immer weniger Arbeitnehmer:innen immer mehr Rentner:innen finanzieren müssen.
Alternde Gesellschaft
Derzeit kommen auf 100 Menschen im Erwerbsalter 37 Ruheständler:innen, im Jahr 2060 rechnet die Deutsche Rentenversicherung mit einem Verhältnis von 100 zu 45. Statt sich auf eine Stabilisierung des bisherigen Niedrigniveaus zu fokussieren, sollte die SPD hier mutig sein, ihre eigenen Überlegungen ernst nehmen und dafür streiten.
Etwa für die Forderung, auch Beamte und Beamtinnen zu verpflichten, in die gesetzliche Kasse einzuzahlen, und den Einkommensdeckel von 7.500 Euro, die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze, aufzuheben. So ließe sich die Basis der Einzahlenden solidarisch ausweiten. Auch Geld aus einer Vermögensteuer, wie sie die SPD seit Langem fordert, kann mit dazu dienen, die gesetzliche Rente armutsfest zu machen. Ein Neustart in der Rentenpolitik ist nötig. Ein Bruch der Ampel könnte auch ein Aufbruch sein.
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