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Grünen-Niederlage im OstenEs kann besser werden

In Sachsen und Thüringen haben die Grünen einiges richtig gemacht und trotzdem katastrophal verloren. Aus dem Ergebnis lassen sich aber Lehren ziehen.

Fast nichts zu feiern: Parteichefin Ricarda Lang am Sonntag auf der Wahlparty der sächsischen Grünen in Dresden Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Als Ricarda Lang und der Grünen-Vorstand in der vergangenen Woche zum Wahlkampf nach Dresden kamen, machten sie eine seltsame Begegnung. Die Grünen hatten Gratis-Eis dabei, damit wollten sie Pas­san­t*in­nen locken und in Gespräche verwickeln. Das klappte auch in vielen Fällen, es sind ja nicht alle schlecht in Sachsen, aber zumindest ein Herr erfüllte dann doch das Klischee.

Am Rande des grünen Eiswagens schrie er sich in Rage: Er arbeite und zahle Steuern und wenn er ein Eis essen wolle, dann bezahle er mit seinem eigenen Geld dafür. Ricarda Lang könne ihm mit ihrem Gratis-Eis gestohlen bleiben, das Gratis-Eis sei ein mieser Trick, das Gratis-Eis, das esse er nicht – pfui!

Das passt zu den Wahlergebnissen, die die Grünen am Sonntag in Sachsen und in Thüringen eingefahren haben: Es scheint fast, als könnte die Partei machen, was sie will – am Ende steht sie doch mies da. So schlecht war eigentlich nicht, was sie den Wäh­le­r*in­nen in beiden Bundesländern angeboten hat. Viele Fehler, die man Grünen bei anderen Gelegenheiten vorwerfen kann, haben sie hier vermieden.

Eine West-Partei? Das Spitzenpersonal kam vorwiegend aus dem Osten. Eine Großstadt-Partei? Leute wie die sächsische Fraktionschefin Franziska Schubert sind der personifizierte ländliche Raum. Politik nur für Gutverdienende? Der thüringische Umweltminister Bernhard Stengele erzählte im Wahlkampf bei jeder Gelegenheit von seinem Windkraftbeteiligungsgesetz, dank dem alle an Windrädern verdienen können und nicht nur die Windradbetreiber. „Die soziale Komponente ist hier viel wichtiger“, sagte er im taz-Interview über die Energiewende in Thüringen.

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Und trotzdem ist das Wahlergebnis ein Desaster. In Sachsen sind die Grünen gerade noch so mit sieben Leuten im Landtag, in Thüringen sind sie mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1999 raus. Die traditionelle Schwäche der Partei im Osten traf auf die miese Ampel-Performance im Bund und den neuartigen Drang aller möglichen Akteure, die Öko-Partei für alles Mögliche verantwortlich zu machen. Viel mehr war da für sie gar nicht zu holen. Und doch gibt es ein paar Umfragedaten vom Wahltag, aus denen die Grünen Lehren ableiten könnten.

1. Demokratie retten funktioniert nicht

Demokratie retten, AfD bekämpfen: Die Bundespartei machte das schon in ihrer Kampagne zur Europawahl zum zentralen Thema. Das floppte zwar, trotzdem versuchten die Landesverbände in Sachsen und Thüringen das Gleiche noch mal. Verständlich, denn erstens ist die Demokratie wirklich in Gefahr und zweitens funktioniert das Motiv bei der Anwerbung und Mobilisierung von Mitgliedern ausgezeichnet. Warum klappt es nur bei Wahlen nicht?

Unter anderem, weil das Alleinstellungsmerkmal fehlt. Wer die Demokratie verteidigen wollte, konnte auch SPD und Linke wählen – oder sogar die CDU. Die Union selbst warb bei progressiven Wäh­le­r*in­nen darum, taktisch zu wählen, für stabile Verhältnisse zu sorgen und die Konservativen zumindest in Sachsen vor die AfD zu schieben. Damit hatte sie offenbar Erfolg: In beiden Ländern verloren die Grünen laut Daten von Infratest Dimap am stärksten an die Union und in beiden sagte eine Mehrheit der CDU-Wähler*innen, es sei ihnen nur darum gegangen, dass die AfD nicht zu viel Einfluss erhält. Vielleicht hat das Thema „Demokratie retten“ für die Grünen zu gut funktioniert. Ihre Wäh­le­r*in­nen sind zur Wahl gegangen, haben aber nicht grün gewählt.

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2. Das Klima hat es schwerer

Eine stärkere Rolle als bei der Europawahl spielte in beiden Kampagnen der Grünen das Klima. Das Problem: Ansonsten kam es im Wahlkampf kaum vor. In der Spitzenrunde des MDR für Thüringen fehlten Fragen zum Thema. Grüne in beiden Ländern berichteten, dass es bei vielen Podiumsdiskussionen ähnlich lief. Wäre es anders gewesen, wäre zwar auch das für die Grünen-Kandidat*innen kein Vergnügen gewesen. Von allen Seiten wäre ihnen einmal mehr Robert Habecks Heizungsgesetz vorgehalten worden, ein rotes Tuch gerade im Osten, wo viele unvermögende Ei­gen­heim­be­sit­ze­r*in­nen leben. Aber gar nicht für das eigene Kernthema argumentieren zu dürfen – das macht es auch nicht besser.

Die mediale Setzung korrespondiert mit dem Bedeutungsverlust, den das Thema seit der letzten Wahl in der Bevölkerung hingelegt hat. 2019 brachte Fridays for Future Millionen auf die Straßen, heute steckt die Klimabewegung selbst in der Krise. Infratest Dimap fragte damals und zu dieser Wahl, wie vielen Menschen in Thüringen der Klimawandel große Sorgen bereitet – der Wert sank um 11 Prozentpunkte. Immerhin: Er liegt immer noch bei 54. Er beschäftigt viele immer noch. Es haben sich aber neue Sorgen davor geschoben.

3. Ausländer, Islam und Sicherheit

Drei der vier größten Ängste der Befragten: Dass zu viele Fremde nach Deutschland kämen, der Islam zu viel Einfluss bekomme (mit einem Plus von 21 Prozentpunkten) und die Kriminalität zunehme. Das sind heftige Rahmenbedingungen für eine Mitte-Links-Partei, bei der Antirassismus gerade für viele jüngere Mitglieder identitätsstiftend ist.

Auf den ersten Blick liefern die Zahlen Argumente für diejenigen Grünen, die auch der eigenen Partei eine härtere Migrationspolitik aufdrücken wollen. Robert Habeck zum Beispiel, der in der Koalition als Reaktion auf den Anschlag von Solingen zustimmte, Dublin-Flüchtlingen das Geld zu streichen. Die Entscheidung drei Tage vor den Wahlen hat den Grünen in Thüringen und Sachsen nicht sichtbar geschadet: Anders als noch bei der Europawahl deuten keine Zahlen darauf hin, dass sich viele linke Grünen-Wähler*innen abgewendet haben.

Allerdings: In den vergangenen 12 Monaten haben die Grünen wiederholt Asylrechtsverschärfungen mitgetragen. Die Rufe von rechts nach weiteren Verschärfungen hörten trotzdem nicht auf und die Wäh­le­r*in­nen in Sachsen und Thüringen schreiben den Grünen weiterhin keine Kompetenz in der Flüchtlingspolitik zu (Infratest Dimap zufolge sogar noch weniger als 2019). Zu gewinnen hat die Partei hier nicht viel.

4. Mal wieder ein bisschen Frieden

Vor die Klima-Sorge haben sich der Umfrage zufolge zwei weitere Ängste geschoben, die die Grünen stattdessen angehen könnten – und die weniger Potenzial haben, die Partei zu spalten. 77 Prozent der Thü­rin­ge­r*in­nen treibt demnach um, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. Die Grünen waren in Thüringen und Sachsen die einzige Partei, die eindeutig zu ihrer Ukraine-Solidarität stand. Ihre Wahl­kämp­fe­r*in­nen wurden dafür besonders häufig angefeindet. Am Sonntag verloren die Grünen nicht massiv, aber doch zählbar, an das russlandfreundliche BSW.

Ein inhaltlicher Kurswechsel ist von den Grünen in der Frage nicht zu erwarten. Bei aller Flexibilität in anderen Themenfeldern – hier stehen sie felsenfest. Sie dringen aber einfach nicht mit ihrer Argumentation durch, dass nur massive Waffenlieferungen am Ende zu einem echten Frieden führen könnten.

Vielleicht würde es der Glaubwürdigkeit dienen, wenn die Grünen dafür in anderen Bereichen, jenseits der Ukraine, mal wieder genuin friedenspolitisch auftreten. Die Frage der US-Mittelstreckenraketen für Deutschland zum Beispiel bewegt gerade im Osten viele Menschen. In Fachkreisen wird sie ebenfalls kontrovers diskutiert. Mit Aufrüstungsdynamiken und Abrüstungsgesprächen kannten sich die Grünen einmal aus – in der aktuellen Debatte könnten sie die Kompetenzen mal wieder auspacken.

5. Wie sozial muss es sein?

Und dann sind da noch diese Zahlen: In Thüringen zählt zu den größten Sorgen auch, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können (ein Plus von 26 Prozentpunkten). In Sachsen wurde am häufigsten die soziale Sicherheit als wahlentscheidendes Thema genannt (20 Prozent). Bei der Frage, welcher Partei die Leute dabei am meisten zutrauen, tauchen die Grünen noch nicht mal auf. Und verloren haben sie am Sonntag auch signifikant an die SPD.

Linke Grüne verweisen wie schon nach der Europawahl am liebsten auf solche Daten, wenn es um Konsequenzen aus den Wahlniederlagen geht. Das ist einerseits schlüssig. Andererseits: Es war der Erfolg des linken Flügels, in der Partei eine Sozialpolitik im Sinne höherer Transferleistungen an die Ärmsten durchzusetzen. Kindergrundsicherung und Bürgergeld sind nicht zuletzt grüne Ampel-Projekte – und verschaffen der Partei doch viel weniger sozialpolitische Glaubwürdigkeit als erhofft. Das Verhetzungspotenzial beider Reformen wurde unterschätzt.

Auch dieses Problem zeigt sich im Osten verstärkt: Überdurchschnittlich viele Menschen arbeiten dort für geringe Löhne. Bekommen Menschen ohne Arbeit plötzlich ein bisschen mehr Geld, sorgt das für Reibung. In einer perfekten Welt ließe sich dem entgegenwirken: Dort könnten auch der Mindestlohn steigen und die Mittel für die soziale Infrastruktur (Jugendzentren, Krankenhäuser, Wohnungen …) erhöht werden. Vielleicht wäre danach sogar noch etwas für das Klimageld übrig. Eine Koalition, in der der Wille und die Finanzen für all das reichen, ist für die Grünen aber nicht in Sicht. Es läuft auf ein Entweder-Oder hinaus.

In den nächsten Monaten müssen die Grünen ihr Wahlprogramm für den Bundestagswahlkampf schreiben. Auch die Diskussion darüber, für welche Sozialpolitik sie dann stehen wollen, könnte hart werden – das zeichnet sich jetzt schon ab. Aber das ist nicht die schlechteste Aussicht: Es hieße zumindest, dass sie für eine Sozialpolitik stehen wollen.

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41 Kommentare

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  • Die Grünen haben immer noch die besten Lösungen für die Probleme der Zukunft.

    Nur bei der Umsetzung der Lösungen hapert es ganz gewaltig. Mal snd Sie zu langsam, mal snd sie zu schnell und oft agieren Sie wie der Elefant im Porzellanladen.

    Politiker ist en Beruf wie jeder andere und das Handwerk sollte man auch beherrschen und wenn nicht, vorsichtig bei der Umsetzung sein.

    Es braucht mehr Kretschmanns

  • Der Niedergang der Grünen ist eng verbunden mit ökologischen bzw. Klimathemen. Der Niedergang dieser Themen begann mit der Letzten Generation und der Behinderung von Rettungswagen und setzte sich fort in jahrelangen fast täglichen Debatten über die Zulässigkeit von Nötigungen der Bürger.

    Was gut mit FFF begann wurde völlig durch die LG zertrampelt. Hierzu haben die Grünen sich politisch denkbar ungünstig positioniert.

  • Wenigstens ist klar das Herr Habeck Kanzlerkandidat der Grünen wird.

  • Genau genommen sind die Grünen nur auf ungefähr das Niveau herabgefallen, was sie vor 2019 immer hatten. Die 8,6% damals waren ein Vertrauensvorschuss, den die Partei nicht halten konnte. Das Kernklientel in Sachsen ist nicht viel größer.



    CDU, SPD und vor Allem die Linke hat in den letzten Jahren bedeutend mehr Stimmen verloren. Die 3 hatten vor 10 Jahren noch relgelmäßig zusammen 70%. Heute sinds rund 30% der Gesamtstimmen weniger.

  • Die Grünen haben nur drei Antworten auf so gut wie alle Fragen. Mehr Geld, mehr Regelung, mehr Verwaltung.



    Bei Menschen, die eng am Staatsdienst stehen, mag das attraktiv wirken.



    Bei vielen Anderen dämmert es offensichtlich, dass man damit gar nix löst, sondern staatliche Obrigkeitsstrukturen schafft und festigt.

    • @Enno Strömer:

      Ja. Viele wollen einfach arbeiten und dafür Geld bekommen. Durch zig soziale Programme nimmt man den Menschen das Geld und steckt es Ihnen wieder an anderer Stelle zu. Zumindest wenn man alle Anträge korrekt und dreifach ausgefüllt hat.

  • Unaufgeregte Analyse, danke.

    Klimaschutz und Energiewende sind ja sozial. Dass man mit Nettigkeit kurzfristig mehr Stimmen holt, ist das eine, dass man bei einer passiv-aggressiven FDP auch mal anders spielen muss als lieb, das andere.

    • @Janix:

      "Passiv-Aggressiv" könnte ein Bumerangvorwurf sein. Oder wie würden Sie das Gejammer der Grünen, dass die AfD in Thüringen und Sachsen nur deshalb so stark ist, weil Merz im Bund und Söder in München nicht netter zu ihnen ist, sonst bezeichnen?

  • Es rächt sich, das SPD und Grüne mentalnoch irgendwo in den Zehnerjahren hängenbeglieben sind und meinen, mit Politik für arbeitslose Menschen in einer Ellbogen-Zeit Mehrheiten zu gewinnen.

    • @Nordischbynature:

      Och. Arbeitslose erhalten Mindestlohn? Was man hier so alles lernt ...

      • @Kaboom:

        Der Mindestlohn betrifft doch nicht so viele Menschen. Ein VW (Mit-)Arbeiter in Sachsen wäre klassischer SPD Wähler. Was hat die SPD hier getan?! Es bleibt daher vor allem das Bürgergeld im Gedächtnis und der VW Arbeiter fragt sich, ob er das bezahlt…

  • "2019 brachte Fridays for Future Millionen auf die Straßen, heute steckt die Klimabewegung selbst in der Krise."

    Destruktivität, Vorschläge, die gegen die Menschen gerichtet sind, Nötigungen im öffentlichen Raum, Solidarität mit Antisemiten. Huch, die Menschen wenden sich ab.

    • @Ansgar Reb:

      Hmm, du meinst also, dass man "den Menschen" das Abwenden der Klimakatastrophe schmackhaft servieren muss, sonst verbrennen sie trotzig die Welt?



      Dann soll es wohl so sein.

      • @Marc Schlichting:

        Natürlich muss man schmerzhafte Einschnitte schmackhaft verpacken. Was denn auch sonst?

        Soll der Bürger über Wohlstandsverlust und Abstiegsängste auch noch jubilieren?

  • "Bekommen Menschen ohne Arbeit plötzlich ein bisschen mehr Geld, sorgt das für Reibung."

    --> So ist es. Die Abstiegsängste der unteren Mittelschicht bekämpft man nicht dadurch, dass man der Unterschicht mehr Geld gibt. Im Gegenteil. Man verstärkt sie dadurch, weil sich alle aus der Mittelschicht denken, "Jetzt sollen wir auch noch das bezahlen und die arbeiten ja nicht mal".

    Die zusätzlichen Sozialleistungen verursachen aber bei der Mittelschicht keinerlei Sicherheitsgefühl, denn die Mittelschicht geht ja davon aus, die Leistungen nie in Anspruch nehmen zu müssen.

    Flüchtlingspolitik und "Zu gewinnen hat die Partei hier nicht viel.": Zu gewinnen vielleicht nichts aber eben alles zu verlieren. Wer - wie insbesondere die grüne Jugend - jede Initiative zur Durchsetzung geltenden Rechts (Dublin III, Abschiebung von Straftätern und Menschen ohne Bleibeperspektive) mit der Rassismuskarte kontert, muss sich nicht wundern, wenn ihm jede Kompetenz bei der Einhaltung des Flüchtlingsrechts abgesprochen wird. Auch den Asylverschärfungen stimmten die Grünen nur unter großem Palaver zu.

    • @Kriebs:

      Es ist schon interessant. Anstatt höhere Löhne und damit einen faireren Anteil am erwirtschafteten Wohlstand zu fordern und damit einen größeren Abstand zu „nicht arbeiten gehen“ zu erzeugen, tritt man in der Mittelschicht lieber nach unten und gönnt den Bedürftigen und Abgehängten nicht mal das bisschen Bürgergeld. Irgendwie scheint aber niemand mit den arbeitslosen Bürgergeldempfängern tauschen zu wollen, um es sich in der angeblichen „sozialen Hängematte“ bequem zu machen - Arbeitslosigkeit fürchten die Menschen offenbar doch noch sehr.

      • @Bussard:

        Ja, so sind die Menschen. Sie schauen nach sich selbst. Und „gönnen“ hat ja auch was damit zu tun, ob man derjenige ist, der es bezahlen soll…

      • @Bussard:

        Wo schrieb ich denn bitte soziale Hängematte?

        Es geht ja gerade darum, dass niemand aus der Mittelschicht ins Bürgergeld abrutschen will. Genau deshalb hat die Erhöhung des Bürgergelds nicht zu mehr Stimmen für SPD und Grüne geführt. Denn Bürgergeldempfänger wählen statistisch gesehen fast gar nicht, also auch nicht SPD und Grüne und der Mittelschicht bringt die Erhöhung nichts, weil man ja gerade nicht ins Bürgergeld will.

        Deswegen war dieses offensichtliche Wahlgeschenk zur Bewältigung des alten SPD Traumas Agenda 2010 - jedenfalls wahlpolitisch und ganz machiavellistisch gesehen - ein Schuß in den Ofen. Es hat der SPD eine Kritikflanke für Merz und Linnemann dankbar eröffnet und keine einzige Stimme mehr gebracht. Die Begünstigen wählen nicht und alle anderen lehnen die Erhöhung mittlerweile ab.

        Dieser Befund scheint aber beim SPD Spitzenpersonal noch nicht angekommen zu sein, Kühnert, Esken, Klingbeil und Heil betonen bei jeder Gelegenheit, dass man ja das Bürgergeld erhöht habe. Scheinbar ohne zu ahnen, dass das mehr schadet als nützt.

        Gut. Ist halt so, müssen die wissen was die machen. Aber aus der Partei der Arbeiter ist (pointiert) die Partei der Arbeitslosen geworden.

      • @Bussard:

        Das ist aber doch ein Kreislauf, wie wir bei der SPD sehen.



        Bei der einen Wahl wird eine Bürgergelderhöhung versprochen.



        Bei der nächsten Wahl eine Erhöhung des Mindestlohn



        Dann wieder das Bürgergeld woraufhin der Mindestlohn steigt

        Ein Teufelskreis, der zwar immer ein Wahlkampfthema bietet, aber halt immer weniger zieht.

        Es bräuchte eine starke Mindestlohnerhöhung, ganz ohne im Anschluss das Bürgergeld zu erhöhen, sonst steigt der Abstand ja nicht, sondern bleibt nur mit immer größeren Zahlen.

        Die Menschen wollen diesen Kreislauf nicht mehr. Überall wird von Arbeitskräftemangel gesprochen, da verstehe ich die Sicht der unteren Mittelschicht, welche die Arbeitslosen nicht weiter alimentieren wollen.

        Keine Linke Position, aber so ist die Realität!

  • Bei Ansicht der Wählerwanderungen und nach Befragung des ZDF wird klar, dass sich wohl sämtliche Verluste der Grünen aus taktischen Stimmabgaben für die CDU erklären lassen.



    Ob sowas klug ist, mag man bezweifeln, die min. "konservativen" Verbände der sächsischen und thüringischen CDU werden wohl kaum liberaler werden, um diese Stimmen zu halten, sondern weiter die AfD soweit wie möglich kopieren, um für deren Wähler anschlussfähig zu werden.

    • @BommelDrommel:

      "dass sich wohl sämtliche Verluste der Grünen aus taktischen Stimmabgaben für die CDU erklären lassen."

      --> Die Erklärungen bzw. Erklärungsversuche für die Schlappe der Grünen nimmt immer abenteuerliche Formen an. Das Spitzenpersonal der Grünen macht die CDU für die schlechten Wahlergebnisse der Grünen verantwortlich, zu beobachten gestern in jedem Interview.

      Die Sympathisanten bei der taz hingegen machen wahltaktische Erwägungen verantwortlich. Auf die Idee, dass die Grünen wegen der Grünenpolitik nicht mehr gewählt werden, kommt keiner. Auch die billige Kampagne einfach "gegen Rechts" zu sein und sonst keine (aktuellen) Themen zu besetzen hat die Wähler offensichtlich nicht überzeugt.

      Und selbst wenn die Analyse "Union ist Schuld und taktisches Wählerverhalten" stimmen würde, müssten sich die Grünen doch mal fragen, warum es externen Faktoren gelingt, so viele Wähler von ihnen abzuziehen. Offenbar haben die Grünen noch keine so verfestigte Parteibasis, dass man sie als Volkspartei bezeichnen kann. Die Grünen sind scheinbar weiterhin eine Klientelpartei von verbeamteten Besserverdienern, die singulär von Sondereffekten profitieren (Fukushima, FFF, etc.).

  • Schwierige Zeiten. Dass allerdings die Leute aufgebracht sind, wenn es jeden Tag Berichte über schwere Verbrechen (Vergewaltigungen, Morde etc.) von Flüchtlingen gibt, sollte eigentlich niemanden wundern.



    Wichtig ist IMHO, dass die Gesetze, die wir haben endlich auch durchgesetzt werden (es ist nun wirklich lächerlich, nach strengeren Gesetzen zu schreien, die dann auch wieder nicht durchgesetzt werden). Sonst ist das Wahlergebnis von gestern nur ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Und das heißt, die Fehler, die z.B. im Kontext des Täters von Solingen gemacht wurden, abzustellen. Und es schadet sicher nicht, bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, von wem die Ampel den absolut desaströsen Status Quo geerbt hat.

    • @Kaboom:

      Ja von der CDU, aber eben AUCH von FDP und vor allem SPD, die zwei werden gerne vergessen. Ich bin etwas zu jung um zu wissen wie sich die Grünen mit dem unsozialstem Kanzler aller Zeiten geschlagen haben.

  • Dieser Kommentar vernachlässigt leider völlig die Verantwortung der Grünen für das Abschneiden der AfD unter jungen Menschen in beiden Bundesländern. Vormals hielten sich die Grünen noch für das Sprachrohr der jungen Menschen - heute wählen die jungen Menschen stramm rechts. Daran tragen die Grünen eine Mitschuld. Warum konnten sie den jungen Menschen kein Angebot machen? Warum wurden die Ängste der jungen Menschen nicht wahrgenommen? Die Klimapolitik interessiert die jungen Menschen nicht. Wichtiger scheint zu sein, ob sie ohne körperliche Verletzung in der Regionalbahn von A nach B fahren können, oder das Freizeitbad mit der Familie ohne Belästigung besuchen können....warum waren die Grünen so blind? Weil sie immer nur in ihrer Großstadtblase gelebt haben?

    • @casio:

      Also in Thüringen und Sachsen in der Regionalbahn zu fahren ist in der Regel für Ausländer gefährlicher als für alle anderen, oder wenn rund um ein Fußballspiel Randale ist.

      Dass die Wahrnehmung eine andere ist, das steht auf einem anderen Blatt. Meine Großmutter traute sich auch nicht mehr in die Stadt, wegen der vielen Diebe. Ihrer gleich alten Nachbarin ist aber nie was passiert, obwohl die dauernd da war. Die las aber auch nicht das Anzeigenblättchen, das dauernd am Skandalisieren war.

      Und da muss irgendwie schon die Frage auf's Tapet, wie man mit all den Falschbehauptungen und Hetzbotschaften im Internet umgeht. Es spricht ja Bände, dass gerade die Jugend so offen für rechte Gedanken ist – wenn man in den letzten Jahren die Augen im Internet offen hatte, dann ist auch ziemlich klar, dass Propaganda wirkt: Vertrauen in seriöse Medien wird zerstört, Wahrheit so lange verdreht, bis einem schwindlig wird.

      • @Helmut Fuchs:

        Angesichts der Tatsache, dass die Gewaltkriminalität laut Statistik so hoch wie seit 15 Jahren nicht ist, sollte man die Sorgen der Menschen vor steigender Kriminalität schon ernst nehmen.

      • @Helmut Fuchs:

        Indem man Debatten nicht zu unterdrücken versucht, sondern aktiv mitdebattiert.



        Eine Fähigkeit die Linke heutzutage verloren haben und jede Debatte mit „Rechts“, „Faschistsisch“, „Nazi“ etc. Wegtabuisieren will.

        Linke sollten lernen hier aktiv einzusteigen in die Debatte und für ihre Positionen zu werben und sich in der Debatte auch Input zu holen.



        Denn momentan macht die Politische Linke gar kein Angebot, außer Skandalisierung. Und auch keine Selbstreflexion wenn man zb die Grünen heute hört, die bei allem außer sich selber den Fehler suchen oder einem Kühnert der seit 2 Jahren verkündet man müsse nur besser erklären.

      • @Helmut Fuchs:

        Ich glaube der Zug ist abgefahren....sprichwörtlich. Sie scheinen wenig in Thüringen Bahn zu fahren. Waren Sie schon auf der Strecke nach Suhl unterwegs?

    • @casio:

      Ersetzen Sie das letzte Fragezeichen durch ein Ausrufezeichen, und schon haben Sie die Antwort.

  • Dieser Artikel ist typisch für die selbszentrierte Sichtweise vieler Grünen. Aus dem Ergebnis lassen sich aber Lehren ziehen.

    Beispiel:



    "Der thüringische Umweltminister Bernhard Stengele erzählte im Wahlkampf bei jeder Gelegenheit von seinem Windkraftbeteiligungsgesetz, dank dem alle an Windrädern verdienen können und nicht nur die Windradbetreiber. "



    Solche Aussagen setzen doch ersteinmal voraus, dass die Bürger auch für Windkraft sind oder auch für die ganz anderen energetischen "Neuerungen".

    Vielleicht ist dem aber doch nicht so? Vielleicht gibt es einfach andere Meinungen. Und die Träger sind deswegen nicht automatisch "schlecht" (wie es der Autor formuliert)



    Die grosse Hybris der Grünen ist doch, ernsthaft zu denken, man alleine sei im Besitz der richtigen Meinung. Und dies ist ebenfalls sehr tödlich für eine Demokratie.

    • @Werner2:

      Denkt das nicht jede Partei, die sich ein Programm gibt?

  • Die Grünen sind besser als ihr Ruf? Irgendwie zieht diese Selbstmitleid - Nummer nicht wirklich. Das Spitzenpersonal wirkt überfordert und inkompetent. Das wir dann noch gepaart mit einer oberlehrerhaften Attitüde und Worthülsen. Sie ist und bleibt eine elitäre Partei für Besserverdienende und hat den Kontakt zur Bevölkerung verloren. Das mag in Sachsen anders sein, aber auch in einer Landeswahl spielt eben Bundespolitik eine große Rolle. Und da ist diese Partei inzwischen für viele Menschen unwählbar

  • Ich fürchte, dass den Grünen seit dem irgendwie komplett misslungenen GEG und der Hybris des leidigen Staatssekretärs Graichen der ja auch nicht völlig unberechtigte Vorwurf einer Klimapolitik für Besserverdienende noch für sehr lange Zeit anhängen wird. Das verbreitete Gefühl, dass "die Politik" der Mehrzahl der Wähler/innen vor allem Belastungen und Zumutungen auferlegt, ohne dass viele der bestehenden Alltagsproblem gelöst werden, hat sich im Kontext des Dauergezänks der politisch viel zu heterogenen Ampel, zu einem chronischen Verdruss gegen einen als dysfunktional erlebten Staat verdichtet, der sich gegen alle Ampelparteien, vor allem aber gegen die "elitären" Grünen richtet. Der Traum, aus dem Käfig der Milieupartei auszubrechen und zur Volkspartei zu werden, dürfte damit auf längere Sicht ausgeträumt sein.

    • @O sancta simplicitas:

      Na immerhin sagt mal einer GEG statt "Heizungsgesetz"! Aber komplett misslungen ist die total falsche Ausdrucksweise. Es ist die Novelle eines bestehenden Gesetzes, deren Änderungen in dieser Form in etwa zu erwarten waren. Und es hat eine ziemlich verantwortungsvolle Intension: es wir die Entwicklung im Gebäudebereich für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben, das gibt allen Beteiligten Sicherheit. Mag sein, dass die Bündnisgrünen nicht vordergründig Sozialpolitik machen, aber bei der Förderung für energetische Sanierungen gibt es aktuell Zuschüsse von bis zu 70% für Geringverdiener.



      Nebenbei bemerkt sind die bildungsbürgerlichen Wähler der Grünen nicht automatisch Besserverdienende, ganz und gar nicht.

      • @Tüte:

        Kommen Sie hier doch nicht mit Fakten, das verwirrt nur, wo Grünen-bashing doch gerade so in ist.

        Entscheidend ist ja nicht, was faktisch wahr ist, sondern was die gefühlte Realität ist.

        • @Bussard:

          Fakten? Gern. Ich bin Thüringer, habe die Wende miterlebt, finde die AFD abstoßend und wähle die Grünen, weil die sich als einzige noch um Klimapolitik kümmern. Übrigens bin ich auch Besitzers eines Häusschen und nicht einkommenstechnisch nicht allzuweit vom Mindestlohn entfernt.

          Das ständige Selbstmitleid der Extremwähler kotzt mich an..

    • @O sancta simplicitas:

      Man wird halt nur Volkspartei, wenn man alle Themen abdeckt und nicht bereits das Reden über bestehende Probleme versucht zu tabuisieren.



      Das Problem der Grünen lässt sich tatsächlich sehr leicht ändern, nur der Wille ist halt bei den Grünen nicht vorhanden, weil man dafür den eigenen Blick auf die Welt ändern müsste und einen anderen Fokus setzen müsste.

  • Wenn man nicht immer weitere Asylrechtsverschärfungen und andere "einfache Antworten" mitmachen will, sollten die Grünen in der Regierung andere Lösungen für die Probleme anbieten, die mit Migration einhergehen.

    Die Sorgen der Bürger vor mehr Kriminalität und einer Überlastung durch zu viel Migration sind ja nicht von der Hand zu weisen. Die Schulen sind am Limit, zumindest teilweise bedingt durch immer mehr Schüler mit Migrationshintergrund, die einen hohen Förderbedarf haben. Die langfristige Trend von fallenden Kriminalitätszahlen hat sich umgekehrt und die Gewaltkriminalität ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht. Usw.

    Löst diese Probleme, dann sind Asylrechtsverschärfungen, Abschottung usw. auch nicht notwendig.

  • Die Grünen könnten zB sich in der Klima-, Umwelt- und Landwirtschaftpolitik profilieren und endlich einige Versprechen einlösen.



    Dazu müsste man evtl einige MinisterInnen austauschen und durch gestaltungswillige Personen ersetzen. Ich dachte da an die Ressorts Landwirtschaft, Umwelt, Klimaschutz und Außenpolitik.



    Dann würden wenigstens Teile der StammwählerInnen zurückkehren, derer Hr Habeck sich ja so sicher wähnte.

    • @hsqmyp:

      Die Stammwähler sind überhaupt nicht das Problem, sondern die wankelmütige „Mitte“, die zwar Klima- und Umweltschutz möchte, aber ohne Kosten und ohne jegliche Veränderung. Die geht halt jetzt wieder Klimaschutz abwählen, weil das Problem ja erledigt ist, „wenn die doofen Grünen nichts mehr verbieten können“… oh, Moment…

  • "Das Verhetzungspotenzial beider Reformen wurde unterschätzt."

    Das hätte direkt aus der Parteizentrale kommen können und man scheint sich auf einen Neusprech zwecks Beschönigung geeinigt zu haben.

    Dabei ist nicht das angebliche "Verhetzungspotenzial das Problem, sondern die Performance des Personals.

    Noch können sich die Grünen darauf berufen, dass es ja "nur" die EU-Wahl und nur ein paar Ost-Landtagswahlen waren, nur wird es um Bund im kommenden Jahr nicht viel besser aussehen, ein paar City-Blasen vielleicht ausgenommen.

    Statt Eis in Dresden gibt's dann kostenlosen Bunble-Tee in X-Berg.