Antisemitismus von Linken und Islamisten: Neue Allianzen für Judenhass

Teils finden Linke beim Antisemitismus mit Is­la­mis­t*in­nen zusammen, so ein neuer Bericht. Rechte nutzen die Situation, um Rassismus zu schüren.

Eine brennende Kerze steht vor einem Schild mit der Aufschrift «Gegen jeden Antisemitismus» bei einer Mahnwache gegen Antisemitismus nach dem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge in der Berliner Brunnenstraße.

Antisemitische Gewalt: Mahnwache nach einem versuchten Brandanschlag auf eine Berliner Synagoge im Herbst Foto: dpa

BERLIN taz | Seit dem 7. Oktober zeigt sich Antisemitismus in Deutschland so offen wie lange nicht mehr. Dabei entstehen neue Bündnisse zwischen Is­la­mis­t*in­nen auf der einen und sich als links verstehenden Gruppierungen auf der anderen Seite. Das geht aus dem Lagebild Antisemitismus hervor, das die Amadeo-Antonio Stiftung am Donnerstag vorgestellt hat. Die eindringliche Warnung: Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis der grassierende Antisemitismus zu neuer Gewalt gegen Ju­den*­Jü­din­nen führe.

Die Au­to­r*in­nen der Studie beschreiben eine „Allianz aus Islamismus und Antiimperialismus“, die beim Hass auf Israel zueinander fänden. Beide Gruppierungen demonstrierten „Seite an Seite, ihre Demosprüche fließen ineinander.“ Es biete sich dabei „eine Gelegenheit, sich über Trennendes hinweg eine gemeinsame Identität zu konstruieren.“ Besonders wichtig für die Verbreitung des israelbezogenen Antisemitismus sind demnach die sozialen Medien.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete Antisemitismus „als schmierigen Kitt zwischen ganz unterschiedlichen extremistischen Ideologien.“ Es dürfe aber keinen Unterschied machen, wer ihn vertrete. „Auch Judenfeindlichkeit, die unter dem Deckmantel eines Menschenrechtsaktivismus verbreitet wird, dürfen wir nicht akzeptieren.“

Ähnlich äußerte sich die Vorstandsvorsitzende der Amadeo-Antonio Stiftung, Tahera Ameer: „Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Palästina-Solidarität werden islamistische Parolen salonfähig gemacht und die Ächtung von Islamismus erodiert.“ Damit sei der Plan der Hamas aufgegangen: Über ihren Terror gegen israelische Zi­vi­lis­t*in­nen werde nicht mehr gesprochen, stattdessen „trendet Israelhass im Namen des Eintretens für Menschenrechte.“

Für Ju­den*­Jü­din­nen bedeute der sich weiter ausbreitende und immer offenere Antisemitismus eine konkrete physische Bedrohung. Die Au­to­r*in­nen verweisen hier unter anderem auf den Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin im Februar, bei dem dieser mehrere Knochenbrüche im Gesicht erlitt.

Ariel Elbert, Vorstand von Keshet Deutschland, einem queer-jüdischen Verein, sagte am Donnerstag: „Straßen und Orte, an denen Hamas-Slogans prangen, sind eine klare Drohung an jüdisches Leben – und sie wird verstanden.“ Viele Ju­den*­Jü­din­nen vermieden inzwischen öffentliche Orte, aus Angst, angegriffen zu werden.

Rechte Inszenierung

Das Lagebild geht aber auch darauf ein, wie rechte Gruppen seit dem 7. Oktober den Kampf gegen islamistischen Antisemitismus ausnutzen, um Rassismus gegen Mus­li­m*in­nen zu schüren. Darin zeige sich ein „instrumentelles Verhältnis zu Jüdinnen*Juden“, so die Autor*innen. Konkret genannt wird hier die AfD, deren Po­li­ti­ke­r*in­nen sich gern als Kämp­fe­r*in­nen gegen Antisemitismus inszenieren, so lange der von Mus­li­m*in­nen ausgeht, an anderen Stellen aber selbst oft Antisemitismus verbreiten bis hin zu Holocaustleugnung und Verherrlichung des NS.

Meldestellen und Sicherheitsbehörden verzeichneten zuletzt einen deutlichen Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland. Von 2022 auf 2023 verdoppelte sich die Zahl der registrierten Taten laut einer Statistik des Bundeskriminalamts auf über 5.000.

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