Ukraine-Kurs nach SPD-Niederlage: Wahlpleite mit Friedensplakat

Die Inszenierung von Kanzler Olaf Scholz als ruhiger Pol zwischen lauter Hitzköpfen ist gescheitert. Was heißt das für die künftige Ukraine-Politik?

Bundeskanzler Olaf Scholz hinter einer spiegelnden Scheibe seiner Limousine

Wo die Reise für Olaf Scholz hingeht ist unklar Foto: Michael Kappeler/dpa

Bei der Frage, ob Berlin überhaupt Waffen an Kyjiw liefern soll, klafft zwischen der politischen Klasse und dem Volk ein tiefer Graben. Die staatstragenden Parteien sind alle dafür, eine knappe, aber stabile Mehrheit der Deutschen ist komplett dagegen.

Die SPD und Olaf Scholz wollten mit dem Slogan „Frieden und Sicherheit“ ein Angebot für beide Gruppen machen. Der Kanzler inszeniert sich gern als ruhender Pol, in Abgrenzung zu den Brauseköpfen von FDP und Grünen, die alles sofort liefern würden. Scholz hätte jeden Tag eine Dankes­karte an Hof­reiter, Merz und Strack-­Zimmermann schicken können, die ihm Zögerlichkeit vorwerfen. Denn jenseits der Berliner Politblase klingt Zaudern nicht nach Unentschiedenheit, sondern nach dem beruhigenden Versprechen, dass der Kanzler die Eskalationsgefahren im Blick und im Griff hat.

Die Strategie, den abwägenden Kanzler ins Zentrum der Europawahl zu rücken, ist gescheitert. Die SPD hat massiv an BSW und AfD verloren. Besonnenheit übersetzen viele offenbar mit Selbstwiderspruch. Man kann zwar erklären, dass man Frieden will und den Einsatz deutscher Waffen auf russischem Gebiet durchwinken kann. Etwa mit dem Hinweis, dass dieser Einsatz nur für die Grenze zu Charkiw gilt, nicht für Russland insgesamt. Aber wer in Wahlkämpfen etwas erklären muss, hat meist schon verloren.

Die SPD sollte ihren Kurs ändern oder besser: variieren. Mehr Mützenich, weniger Pistorius. Die Friedensfreunde, die ihr Kreuz beim BSW gemacht haben, mögen fahrlässig den aggressiven Charakter von Putins Imperialismus verkennen. In einem aber haben sie recht. Wo bleibt die von Deutschland angestoßene Verhandlungsinitiative? Die Ukraine-Konferenz in der Schweiz ist dafür kein Ersatz.

Es stimmt: Putin hat angesichts der Kriegsverlaufs kaum Interessen an Verhandlungen. Trotzdem lohnt es, Moskau einen diplomatischen Vorschlag zu machen. Auch um zu zeigen, was Berlin will: ein Ende des Krieges zu akzeptablen Bedingungen, nicht dessen endlose Fortsetzung.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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