Prozesse gegen Trump in den USA: Michelle Obama hatte unrecht

Die Ver­tei­di­ge­r:in­nen der Demokratie suchen nach Mitteln gegen Rechtspopulismus. Überheblichkeit hilft nicht.

Eine Trump-Anhängerin mit roten Zöpfen, trägt ein T-Shirt auf dem der Name Trump steht und ein Megafon in der Hand. Hinter ihr ein Mann mit dem Schild: Die Beweise für eine Verurteilung Trumps sind erdrückend

Eine Unterstützerin von Donald Trump vor dem Gericht in Washington am 3.8.2023 Foto: Kevin Wurm/reuters

Auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten im Jahr 2016 gab Michelle Obama ihr Motto gegen Donald Trump aus: „When they go low, we go high“ – Wenn die anderen niedere Instinkte adressieren, agieren wir erst recht mit Anstand. Der Parteitag bebte in emotionaler Einigkeit, aber Hillary Clinton verlor die Wahl gegen Donald Trump. Der Impuls war damals so falsch wie heute.

Jetzt steht Trump mit seiner Erzählung von der gestohlenen Wahl und Eingriffen in dieselbe vor Gericht. 2020 bereitete seine Erzählung den Weg für den Sturm auf das Kapitol und für einen materiell werdenden Angriff auf die Demokratie. Im beginnenden Wahlkampf wird es ihm voraussichtlich nicht schaden.

Noch ohne nominiert zu sein, liegt Trump gleichauf mit dem amtierenden Präsidenten. 17 Prozent derjenigen, die ihn Joe Biden gegenüber vorziehen, unterstützen Trump sogar, obwohl sie denken, dass er genau dessen schuldig ist, was ihm die Anklage vorwirft.

Die Debatte darüber, ob es Trump nun hilft oder schadet, gleich vor mehreren Gerichten zu stehen, ist nutzlos. Die Demokratie hat keine Wahl. Sie muss sich mit demokratischen Mitteln verteidigen. Was soll sie, die Demokratie, denn sonst tun?

Doch ihre Mehrheit in der Bevölkerung erodiert, nicht nur in den USA. Der antidemokratische Populismus hat seinen jüngsten Siegeszug mit der Hyperglobalisierung und der Hyperdigitalisierung begonnen. Migrationsfeindlichkeit, Rassismus – und Hass auf die vom nationalen Level längst entkoppelten, hochgebildeten, wohlbegüterten, gendernden und Geschlechtskategorien aufhebenden Eliten – sind ihre Kennzeichen.

Mehrheiten finden sich nicht in der Elite

Und wieder suchen die Verteidiger.innen der Demokratie nach einem Rezept dagegen. Was gegen diese Bewegung nicht hilft, ist Überheblichkeit: Überheblichkeit gegenüber dem Wunsch nach homogenem Zusammenhalt in einer sich neu sortierenden Welt, gegenüber Unterprivilegierung und autoritären Charakteren.

Auch sieben Jahre später hat die progressive Elite noch keinen Umgang mit dem antidemokratischen Hass gefunden. Dieser ist weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Nur die Mehrheiten für die Demokratie findet man eben nicht in der Elite alleine.

Michelle Obamas Worte von 2016 berühren den emotionalen Kern der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Wenn man sie wörtlich nimmt, zeichnet sie das Bild eines niederen Pöbels, unmoralisch und undemokratisch. Die liberale Elite dagegen residiert als Essenz der Demokratie darüber und trägt weiße Handschuhe. Mit weißen Handschuhen werden die Verteidiger.innen der Demokratie aber 2024 möglicherweise wieder als zweite ins Ziel laufen. Die Gefahr ist real.

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taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.

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