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Staatengipfel der Afrikanischen UnionAfrika streitet um Israel

Israelische Diplomatin wird aus dem AU-Staatengipfel in Äthiopien hinausgeworfen. Südafrika ist begeistert.

Die AU-Gipfelteilnehmer in der Nelson-Mandela-Halle im AU-Hauptquartier in Addis Abeba Foto: Tiksa Negeri/reuters

Berlin taz | Streit um Israel hat am Wochenende den halbjährlichen Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU) überschattet. Die israelische Diplomatin Sharon Bar-Li, die für Israels Außenministerium das Treffen beobachten sollte, wurde am Samstag morgen vom Sicherheitspersonal aus dem Saal im AU-Kommissionsgebäude in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba hinauskomplimentiert, weil sie „nicht eingeladen“ sei, wie AU-Kommissionssprecherin Ebba Kalondo hinterher erklärte.

Israel hat seit 2021 Beobach­ter­status bei der AU, ebenso wie seit 2013 Palästina in Form der PLO. Aber dieser vor zwei Jahren von AU-Kommissionschef Moussa Faki Mohamed getroffene Beschluss ist formal noch nicht in Kraft und gilt faktisch nur provisorisch, da es darüber noch kein Votum durch die 52 AU-Mitgliedstaaten gegeben hat.

In diesem Rahmen wurde nach AU-Angaben der akkreditierte israelische Botschafter bei der AU, Aleli Admasu, zum Gipfeltreffen zugelassen, aber diese Einladung gelte nur für ihn und sei nicht übertragbar, machte Kalondo am Samstag geltend. „Es ist bedauerlich, dass die fragliche Person diese Vergünstigung missbraucht hat“, so die aus Namibia stammende AU-Kommissionssprecherin weiter.

Israels Regierung widersprach und sagte, Bar-Li sei sehr wohl als Beobachterin beim AU-Gipfel akkreditiert gewesen. „Es ist traurig zu sehen, wie die Afrikanische Union zur Geisel einer kleinen Anzahl extremistischer Staaten wird“, erklärte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums und behauptete, dahinter stecke Iran.

Seit zwei Jahren ungelöst

Der Vorfall belastet die ohnehin angespannte Debatte um Israels Status bei der AU. Ein paritätisch aus Befürwortern und Gegnern Israels besetzter AU-Ausschuss berät darüber seit zwei Jahren und sollte Berichten zufolge noch im Laufe des Sonntags seine Ergebnisse dem Gipfel vorlegen und darüber abstimmen lassen.

Manche Quellen prognostizieren eine Mehrheit von 46 der 55 AU-Staaten für Israel, sollte tatsächlich ein Votum angesetzt werden. Die Ablehnerfront enthält aber die Schwergewichte Algerien, Nigeria und Südafrika. Israel hat in jüngster Zeit seine Beziehungen zu vielen afrikanischen Ländern ausgebaut, darunter auch historische Gegner wie zuletzt Marokko und Sudan.

Südafrika sei von dem Ausschluss der Israelin „ermutigt“, erklärte die südafrikanische Regierungssprecherin Mahlongi Bhongu-Motsiri am Sonntag. Israel sei ein „Apartheidstaat“, fuhr sie fort: „Nur eine Zwei-Staaten-Lösung kann den Nöten ein Ende bereiten, die die Palästinenser durch die israelischen Streitkräfte erleiden“.

Auch Südafrikas Regierungspartei ANC (Afrikanischer Nationalkongress) begrüßte den Ausschluss und bekräftigte, dass Israel ein „Apartheidstaat“ sei.

Der Israel-Streit ist nun die erste Bewährungsprobe für den neuen Inhaber des jährlich rotierenden AU-Vorsitzes: Azali Assoumani, Präsident der Komoren, eines kleinen Inselstaats im Indischen Ozean, der zur Arabischen Liga gehört und sich mit Frankreich im Entkolonisierungsstreit um die bei der Unabhängigkeit 1975 abgespaltene und unter französischer Herrschaft belassene Insel Mayotte befindet.

Der Umgang mit Israel sowie mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine überschattet nun die panafrikanische Diplomatie unter dem Vorsitz eines ehemaligen Militärputschisten, von dem eine antiwestlichere Haltung zu erwarten ist als von seinem Vorgänger, Senegals Präsidenten Macky Sall.

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17 Kommentare

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  • Ich finde die Entscheidung der Afrikanische Union, Israel aus dem Treffen rauszuwerfen für nicht richtig.



    Wie will denn die Afrikanische Union mit Israel reden über dessen fortlaufenden Verbrechen gegen die Menschenrechte, insbesondere der Palästinenser gegenüber und wie will die Afrikanischen Union mit Israel über deren völkerrechtswidrige Ausweitung des Staatsgebietes verhandeln?



    Die Südafrikanische Regierung hat sich verdient gemacht mit ihrem Einsatz für ein Freihandelsabkommen für Afrika und zählt als Schwergewicht auf dem Kontinent. Deshalb sollte Israel es nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn Südafrika feststellt: Israel sei ein „Apartheidstaat“

    Israel sollte alles tun, um endlich ohne wenn und aber die Menschenrechte und das Völkerrecht anzuerkennen. Dies wird nicht nur Israel und den Palästinensern helfen, sondern auch uns der US-Europäischen Wertegemeinschaft, der es nicht selten wegen Israel an Glaubwürdigkeit fehlt.

    • @Nico Frank:

      Sie meinen die Länder des Kontinents auf dem es weltweit mit Abstand zu den meisten Menschenrechtsverletzungen kommt, sollten sich kritischer mit Israels Politik auseinandersetzen? Expertise bei diesem Thema ist dort sicher vorhanden. Sollte die AU als Sammelbecken von Putschisten, Despoten und sonstigen Autokraten nicht lieber vor der eigenen Haustür kehren?



      Ich finde es ja eine feine Ironie der Geschichte, dass Afrikaner sich jetzt ausgerechnet von den Arabern und Russen dafür bezahlen lassen gegen "Kolonialisten" zu kämpfen.

      • @Šarru-kīnu:

        Aus Ihrer Antwort entnehme ich nur Arroganz. Die Afrikaner seien quasi noch nicht soweit, völkerrechtliche Bewertungen zu fallen. Das Sie dann auch noch Kolonialisten anführen ist reiner Hohn und verspottet die Afrikaner in Wirklichkeit.

      • @Šarru-kīnu:

        Das is typisch für postkolonial was Sie da Schreiben. Es klingt wie der Araber/Afrikaner/… hat selber Dreck am Stecken, unter weißer Verwaltung (in dem Fall durch den verlängerten Arm Israel) kann es ihm also nur besser gehen. Ich finde es sehr gut, dass sich der globale Süden dies immer weniger gefallen lässt. Bitte lesen Sie sich daher Ihren eigenen Post durch.

        • @sachmah:

          Wo bitte habe ich denn behauptet Afrikaner*Innen gehe es unter weißer Verwaltung besser? Wie kommen Sie denn außerdem darauf ausgerechnet Israel als weiß zu lesen? Kann es sein, dass Sie sich da die Lesart der Hamas von Israel als weißem Siedlerprojekt zu Eigen gemacht haben? Muss ich Ihnen als Deutscher, wie ich mal vermute, wirklich erklären was daran problematisch ist?



          Die afrikanischen Despoten der meisten Länder der AU geben einen feuchten Kehricht auf Menschenrechte. Die singen hier einfach nur das Lied des Meistbietenden. Wieso verteidigen Sie hier eigentlich die Politik nicht demokratisch legitimierter Regierungen? Sollte eigentlich ein absolutes Nogo sein wenn ausgerechnet solche Administrationen was von Menschenrechten erzählen. Wenn es aber dann so schön in das eigene Weltbild passt bitteschön.



          Ich finde es halt nur amüsant, dass ausgerechnet die Araber in Afrika Israel als Kolonisatoren darstellen. Mal einen Blick in ein Geschichtsbuch Afrikas ab dem 7. Jahrhundert geworfen? Araber sind halt die Letzten die bei dem Thema mit Fingern auf "die Weißen" zeigen sollten.

          • @Šarru-kīnu:

            Sie haben wirklich null Ahnung vom Afrikanischen Kontinent. Und was soll das Gefasel von den Arabern? Sie relativieren weißen Kolonialismus und tun so als ob die Ablehnung der ehemaligen europäischen Kolonialmächte eine Verschwörung der "Araber" ist, die Afrika unterwandert haben. Kompletter Blödsinn.

          • @Šarru-kīnu:

            Ihr Argument der Schurke dürfe einen anderen Schurken nicht kritisieren ist schon im Ansatz grundfalsch. Denken Sie mal darüber nach.

            • @Nico Frank:

              Šarru-kīnu weist auf die Doppelstandards hin, welche bei Israelkritik üblich sind.



              Denn sollte Israel ein "Schurke" sein und darf deshalb an dem Gipfel nicht teilnehmen, so müssten andere "Schurken" an dem Gipfel ebenfalls nicht teilnehmen dürfen, was ja nicht der Fall ist.

  • Südafrika wie auch das übrige Afrika hat zigfach mehr als genug unter dem Norden gelitten und tut es weiterhin, als dass irgendwer aus dem Norden afrikanischen Staaten jetzt mit erhobenem Zeigefinger vorschreiben sollte, wie sie andere Staaten und deren Aktionen einordnen. Sie dürften bspw die globale Covid-Impfstoffverteilung noch ganz gut in Erinnerung haben.

    Was Apartheid angeht, gibt es vermutlich kaum ein Land, das sich besser damit auskennt als Südafrika. Und sie haben ganz sicher nicht vergessen, dass die Beziehungen Israels zu Südafrikas Apartheidsregime ausgezeichnet waren. Da gab es noch etliche weitere angeblich zivilisierte Länder, die mit der Apartheid dort kein Problem hatten, solange die Geschäfte gut liefen, keine Frage.

  • Mayotte hat in einer demokratischen Abstimmung für einen Verbleib bei Frankreich votiert !

  • Spätestens seit Achille Mbembe kann man wissen, dass auch Afrikaner Antisemiten sein können.

    • @Suryo:

      Du kannst aber bestimmt erklären was die Ablehnung der Politik Israels im Inland & mit den Nachbarn, mit Antisemitismus zu tun hat?



      Das "übliche" Totschlag-Argument sollte langsam mal in der Mottenkiste landen.

    • @Suryo:

      "...dass auch Afrikaner Antisemiten sein können", wird auch niemand bestreiten. Aber was genau veranlasst Sie zu Ihrer Aussage jenseits ihrer Trivialität?

  • Südafrika macht ja auch auf Russlandversteher. Vielleicht sollte Israel seine ambivalente Haltung im Ukrainekrieg vor diesem Hintergrund einmal überdenken.

    • @Hans aus Jena:

      Die gemeinsame Geschichte Israels und des weißen Apartheids Regimes ist ihnen nicht geläufig? Damit hat sich Israel nicht gerade viele Freunde auf den Afrikanischen Kontinent gemacht. Mit Russland hat das nichts zu tun.

  • Ich zähle auf dem Foto 51 Personen. Darunter 2 Frauen. In der hintersten Reihe. Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen.

    • @Anidni :

      Auch Europa ist seinerseits noch weit von einer Parität entfernt!