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Selenski zum Raketeneinschlag in PolenÜbers Ziel hinaus

Kommentar von Barbara Oertel

Der ukrainische Präsident hat für den Einschlag in Polen schnell die Russen verantwortlich gemacht. Damit hat er seiner Sache keinen Gefallen getan.

Diesmal kontraproduktiv: der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Montag in Cherson Foto: Ukrainian Presidential Press Service/reuters

K aum jemand würde bestreiten, dass der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in den fast neun Monaten von Russlands Angriffskrieg gegen sein Land bislang eine gute Figur gemacht und einen kühlen Kopf bewahrt hat. Doch mit seinen Äußerungen, die beiden Raketen, die am Dienstag versehentlich in Polen eingeschlagen sind, könnten gar nicht anders denn russischer Provenienz sein, ist er über das Ziel hinausgeschossen. Zu derart vorschnellen Interpretationen haben sich auch andere hinreißen lassen. Obwohl die Faktenlage noch unklar war, glaubten sie sofort zu wissen, wo die Schuldigen zu suchen sind: Klar, die Russen waren es.

Derartige Einlassungen sind nicht nur nicht hilfreich, sondern sogar kontraproduktiv. Denn Selenskis Vorverurteilung ist Wasser auf die Mühlen all derer, die die Ukraine bezichtigen, die Nato um jeden Preis in diesen Krieg hineinziehen zu wollen. Und die Kyjiw, selbst um den Preis von sehr weitreichenden Zugeständnissen, am liebsten schon heute am Verhandlungstisch sähen. Dieses Szenario ist genauso abwegig wie die Tatsache unstrittig, wer für diesen Krieg und dessen Folgen verantwortlich ist: Russland.

Mittlerweile ist Selenski übrigens etwas zurückgerudert und hat die Beteiligung ukrainischer Spezialisten an den Ermittlungen zur Causa Polen angekündigt. Das ist richtig und macht überdies den großen Unterschied zu Russland deutlich. Da ist Kooperation bislang Mangelware. So ist die Aufklärung über den Abschuss des Jets MH17 2014 über der Ostukraine nur ein Beispiel dafür, dass Moskau nicht gewillt ist, an Ursachenforschung mitzuwirken. Das dürfte auch in Zukunft so bleiben.

Die Nato-Staaten, allen voran auch Polen, tun gut daran, sich vornehm zurückzuhalten. Dennoch muss die Frage, welche Schlüsse aus den jüngsten Ereignissen zu ziehen sind, dringend beantwortet werden. Denn in einem Krieg kommt es leider auch immer zu sogenannten Kollateralschäden – für die unbeteiligten Betroffenen und deren Angehörige, wie jetzt in Polen, sind sie eine Tragödie. Ihr könnten weitere folgen …

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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30 Kommentare

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  • Man kann Selenski keinen Vorwurf dafür machen, dass er sich öffentlich erst einmal hinter seine Streikräfte gestellt und deren Unschuldsbeteuerungen Eins zu Eins weitergegeben hat: Der Mann ist im Krieg, und die Moral seiner Truppen ist DER wesentliche Grund, dass es die Ukraine als Staat noch gibt und sie noch Chancen hat, nach dem Krieg wieder ihr ganzes Staatsgebiet zu beherrschen.

    Es ist eher überraschend, dass er höchstpersönlich zurückgerudert ist, statt irgendwen vorzuschicken und sich erst bei der nächsten, propagandistisch opportuneren Gelegenheit wieder zu zeigen. Den meisten anderen Kriegspräsidenten wäre das nie in den Sinn gekommen.

    Es gibt sowas wie "schlechte PR" bekanntlich nicht, aber das ist wirklich gute.

  • 》Denn Selenskis Vorverurteilung ist Wasser auf die Mühlen all derer, die die Ukraine bezichtigen,die Natoum jeden Preis in diesen Krieg hineinziehen zu wollen《

    Das ist hermetisch, ein Zirkelschluss, oder? Selenskyj widerspricht Biden persistent und hartnäckig in diesem Punkt - aber das Problem sollen die sein, die den naheliegenden Schluss daraus ziehen, er wolle eskalieren?

    》Und die Kyjiw, selbst um den Preis von sehr weitreichenden Zugeständnissen, am liebsten schon heute am Verhandlungstisch sähen. Dieses Szenario ist genauso abwegig [...]《 schreiben Sie weiter - der hier z.B., hat nichts verstanden?

    》Milleys unbequeme Wahrheit?:Der oberste US-Militär glaubt nicht an einen schnellen Sieg der Ukraine – und löst Ärger aus

    Der US-Generalstabschef sagt wiederholt öffentlich, was nur wenige in der US-Regierung und Kiew so explizit hören wollen. Er sieht die Zeit für Friedensverhandlungen gekommen《

    www.tagesspiegel.d...r-aus-8887591.html

    • @ke1ner:

      Selenskyi steht unter großem Druck und will einen möglicherweise fatalen eigenen Fehler nicht zugeben, der seine unersetzlichen Unterstützer getroffen hat.



      Das ist menschlich, wenn auch kein Zeichen von Größe. Und er hat auch schon angefangen zurückzurudern.

      Das Wort "hermetisch" ist vermutlich ein Insidercodewort?



      Das Wort ist außer als Zusatz für "dicht" im Deutschen eigentlich nicht üblich.

  • bei hunderten von Raketen die aus russisch besetzten Gebieten abgeschossen wurden war der Reflex das 2 übers Ziel hinaus geschossen sind recht verständlich. das es 2 Abwehrraketen der Ukrainer waren zeigt nur das russisches Militärgerät sehrwohl involviert war. Jetzt kann sich die Ukraine nur entschuldigen und die versehrten Polen kommen auf die Liste der Opfer eines unnötigen Krieges.

  • 0G
    06455 (Profil gelöscht)

    Doch, ich bestreite, dass er eine gute Figur gemscht hat.



    Der Mann ist Schauspieler und das nutzt er auch.



    Jetzt zeigt er ein anderes (wahres?) Gesicht.



    Nie wird soviel gelogen, wie in Kriegszeiten. Von beiden Seiten wohlgemerkt.



    Das sagte do ähnlich schon ein brit.Ministet, der es wissen.musd.



    Genau, der mit der Zigarre.



    Es sieht fast so aus als wolle das ukrainische Oberhaupt ein Eingreifen der Nato erzwingen.

  • Polen wurde von einer ukrainischen Rakete getroffen und dafür trägt alleine die Ukraine die Verantwortung. Im übrigen hat auch Russland bezüglich der Sprengung der Nord Stream Pipelines um Mitarbeit gebeten. Wer hat dies bis heute abgelehnt? Richtig, die westlichen Staaten.

    • @Genderer:

      Ich merke, Ihre Kenntnisse über die Sachlage gehen weit über das hinaus, was die anderen Beteiligten so wissen. Darf ich fragen, woher Sie so präzise Informationen bekommen?

      Davon ab: WENN Polen von einer ukrainischen S-300 getroffen wurde, dann handelte es sich dabei um eine ABWEHR-Rakete, deren Einsatz durch einen RUSSISCHEN Angriff auf Ziele in der Westukraine notwendig wurde. Nur Russland setzt die S-300 als Boden-Boden-Rakete ein. Außerdem stammen die ukrainischen S-300 aus russischer Produktion, und wenn bei diesem Exemplar die Selbstzerstörung versagt hat, die solche Querschläger eigentlich verhindern soll, ist das nicht notwendigerweise die Schuld des Verwenders.

      Es wäre nicht das erste Mal, dass aus Russland zwar wahnsinnig viel militärisches Gerät kommt, das aber im Einsatz nicht so arg viel taugt. Der Angriff auf Kiew hat das bewiesen - sehr zum Leidwesen der russischen Soldaten.

    • @Genderer:

      Die Russen sind verantwortlich dafuer dass die Ukrainer sich gegen ihre Bomben verteidigen muessen und auch fuer den traigschen Unfall in Polen. Wenn ein Raser auf der Autobahn einen Wagen bedraengt, der dann aus der Spur kommt und mit einem einem dritten Auto zusammenstoesst dann ist es doch auch zuallererst die Schuld des Rasers.

    • @Genderer:

      Russland hat einen Krieg begonnen und ist für die Folgen allein verantwortlich.



      Die Pipeline wird nicht mehr gebraucht.



      Wir verzichten auf russisches Gas.

  • Der Verursacher ist ja ganz schön schnell benannt worden.



    Bei dem von ukrainischen Separatisten abgeschossenen Flugzeug hat es länger gedauert.

    Für mich sind die Russen nicht raus. Wenn sie sich verschossen und über das Rote Telefon Sorry gesagt haben, dann muss man ja deeskalieren.

    • @WeisNich:

      Klar sind die Russen raus. Die S 300 fliegt max. 200 bis 300km. Im Umkreis von 300 Kilometer gibt es keinen einzigen russischen Soldaten.

      • @Genderer:

        Das ist nicht richtig. Weißrussland ist nicht so weit.



        Da gibt es genügend russisches Militär

  • Grundsätzlich ein Kommentar mit Einsichten. Aber über die Ansicht, daß Selenskyj bisher eine gute Figur gemacht und einen kühlen Kopf bewahrt hätte, kann man streiten. Genau so wie über die durch nichts bewiesene Behauptung, daß Rußland prinzipiell nicht an Aufklärungsaktionen von strittigen Vorfällen mitarbeitet. Da bin ich der Meinung, daß es sich genau anders herum verhält und Kiew keinerlei Interesse besitzt, die eigenen Vergehen aufzudecken.

  • Wer da verantwortlich sein sollte, wenn nicht der Aggressor, ist mir nicht ganz aufgegangen. Soll die Ukraine uns auch noch dadurch schützen, dass sie ihre Wohnhäuser und Schulen Raketen edel auffangen lässt, damit sie uns hier im schön Warmen und Hellen nicht belästigen? Wenn schon vollständig, dann könnte man eher von direkter russ. Verantwortung sprechen und die Zurückhaltung des Westens auch deshalb höchst angemessen finden, weil er in der charmanten Version nicht so außen vor ist. Für die einen, weil er ursächliche Schuld trage, was ausgemachter Unsinn ist. Für andere, weil er das erst verlängern würde und jeder Preis dem vorzuziehen sei. Für wiederum andere wie mich, weil der einzige Machtblock der Erde, der erstens dazu in der Lage ist und zweitens unzweifelhaft auch gefragt und gefordert wäre, noch nach bald einem Jahr der Eskalation nicht bereit ist, seinen formell auch selbst behaupteten ethischen Ansprüchen und Verpflichtungen gerecht zu werden. Und Gerechtigkeit in Europa wiederherzustellen. Mit allen Mitteln, die das verlangt. So ist es in Teilen pures Glück, dass es bisher sowenig Spillage gab, auf der anderen Seite aber die dies nahelegende Vorsicht der Russen eine Erinnerung an ihre eiskalte Kalkulation und ihr Wissen darum, wie schnell ein einmal zum Eingriff gezwungener Westen diesen Terror beenden könnte. Es bleibt zu fragen, warum er gezwungen werden müsste, wie das überhaupt aussehen könnte, und warum auch erste Tote auf dem Boden eines EU- und NATO-Landes dem nicht genügen. Das sind nun weitere Opfer, denen zwischenztl. mutmaßlich hunderte Weitere folgten, eines auch vom Westen in seiner Entstehung bereits erkannten aber nicht vereitelten russischen Angriffskriegs und dass in diesen nur per Post einzugreifen und per Dekret offenbar wenig geeignet ist, ihre Zahl signifikant zu begrenzen, dämmert nun einigen. Leider ziehen fast soviele (wieder) genau die falschen Schlüsse.

  • Bezeichnend, dass über so einen Vorfall mehr berichtet und kommentiert wird als über die 100+ Raketen, die Russland in den letzen 3 Tagen auf die zivile Infrastruktur der Ukraine gefeuert hat. Und dass in der Folge noch ein paar Millionen Ukrainer mehr im Dunkeln frieren.

    • @gyakusou:

      Ja Russland will die Ukrainer zur Kapitulation bomben oder gleich auslöschen und hier regt man sich über die Reaktion der Ukraine auf. Spätrömische Dekadenz oder so.

    • @gyakusou:

      Ja, sie haben leider recht.

    • @gyakusou:

      Der Krieg in der Ukraine ist, seit Beginn das Hauptthemain den Medien.



      Angesichts der Tatsache, dass ein Angiff auf einen Nato Staat in Frage stand und somit ein möglicher Bündnisfall und evtl. 3. Weltkrieg, ist die Berichterstattung durchaus angebracht.

  • Der Reflex "es waren die Russen" ist ja auch naheliegend und inzwischen schon fast ein Automatismus. Umso wichtiger ist es dann aber, auch ganz formal um Entschuldigung zu bitten, wenn man sich geirrt hat. Das ist letztlich das, was Größe von schierer Macht unterscheidet.

    Wenn es Raketen der ukrainischen Luftabwehr waren, die da zwei Polen getötet haben, ist das mehr als angebracht, auch wenn das keine Absicht war. Die Ausrede, dass ja die Russen schuld sind, weil sie da mit mehr als 80 Raketen Ziele in der Ukraine angegriffen haben, die man irgendwie abschießen wollte, hilft letztlich niemandem, auch wenn sie einen wahren Kern hat.

    Mit Kollateralschäden kann man angemessen oder unangemessen umgehen, aber wie man das tut, sagt mehr über einen selbst aus als man vielleicht meint.

  • Und Kollateralschäden wie dieser sind das Problem in diesem Krieg, denn die lassen sich nicht vermeiden und können das nächste Mal zu einer fatalen Ausweitung des Konflikts führen … können, nicht müssen.



    Und schnell sind dann diejenigen zur Stelle, die sagen, die Ukraine habe ein Interesse an einer Eskalation, in der die NATO möglicherweise direkt eingreifen würde (wenn der Bündnisfall gegeben wäre) … fraglich ist, ob Russland selbst ein Interesse daran haben könnte, denn einerseits könnte es so der Ukraine die Verantwortung dafür in die Schuhe schieben oder sogar eine false-flag-Aktion starten, um genau das zu provozieren, andererseits kann es Putin überhaupt nicht daran gelegen sein, dass die NATO militärisch direkt interveniert.



    Selenskyi tat deshalb gut daran, hier zurückzurudern … besser wäre es gewesen, er hätte sich so lange mit Äußerungen zurückgehalten, bis der Hintergrund für diesen Raketeneinschlag eindeutig aufgeklärt war.



    So bleibt natürlich ein “Geschmäckle” zurück, das bei passender Gelegenheit sicherlich von interessierter Seite wieder aufgewärmt wird … zum Schaden der Ukraine, zumindest im Propagandakrieg. Und die Gelegenheiten ergeben sich mit fortdauernder Länge des Krieges und je verzweifelter dir Lage für die Russen an der Front wird.

  • Tja, wie wahr, in jedem Krieg kommt es zu "Kollateralschäden". Nur verstehe ich nicht ganz, was für Schlüsse aus den im Artikel erwähnten "Kollateralschäden" gezogen werden sollen?



    Weitermachen wie bisher? Das heißt Waffenlieferung und Unterstützung der Ukraine von Seiten der Nato Staaten ? Dann werden diese Tragödien für unbeteiligte Betroffene und ihre Angehörigen wohl auch weiterhin unvermeidlich sein.



    Oder aber eine Verhandlungslösung, die natürlich einen Waffenstillstand beinahaltet? Das würde die Zahl der zivilen Opfer verringern.



    Oder Volleinsatz der Nato? Das würde dann noch ein paar mehr Opfer geben ....



    Mir ist nicht klar, was Frau Oertel sich hier als Antwort erhofft. Um in ihrer Diktion zu bleiben: Wer (vermutlich die Nato) soll über was entscheiden?

    • @zsuka:

      Frau Oertel erhofft sich sicher gar keine Antwort. Denn sonst hätte sie sicher eine Frage gestellt. Bei dem Text handelt es sich um einen Kommentar. Es ist kein Text, der Ursachenforschung betreibt oder offene Fragen beantwortet. Sie möchten mit Putin verhandeln. Andere möchten das aus guten Gründen nicht. Aber meinen Sie wirklich, ein Zeitungskommentar kann eine dermaßen komplexe Sachlage klären und offene Fragen beantworten?

    • @zsuka:

      Wie soll denn derzeit überhaupt verhandelt werden? Ich sehe da bei Russland null Bereitschaft für ehrliche(!) Verhandlungen, die nicht nur als Verschnaufpause zum Aufrüsten genutzt werden, wie schon so oft.

    • @zsuka:

      "Weitermachen wie bisher? Das heißt Waffenlieferung und Unterstützung der Ukraine von Seiten der Nato Staaten ? Dann werden diese Tragödien für unbeteiligte Betroffene und ihre Angehörigen wohl auch weiterhin unvermeidlich sein.

      Oder aber eine Verhandlungslösung, die natürlich einen Waffenstillstand beinhaltet? Das würde die Zahl der zivilen Opfer verringern."



      Wie sehr die Zahl der zivilen Opfer zurückgeht, sobald sie nicht mehr in der Kampfzone sind, haben wir in Butscha gesehen. Und an einigen anderen Orten.



      "Oder Volleinsatz der Nato? "



      Sie lassen eine weitere Option aus: die Unterstützung der Ukraine einstellen und dieselbe Russland zum Fraß vorwerfen. Oder ist das in Ihrer "Verhandlungslösung" mit drin?

      "Mir ist nicht klar, was Frau Oertel sich hier als Antwort erhofft."



      Da bin ich allerdings bei Ihnen.



      Das Problem hierbei wird vermutlich sein, dass es hier keine einfache Lösung gibt. Sonst hätten wir sie vermutlich bereits.

    • @zsuka:

      Das mit "Verhandlungen" ist deshalb problematisch, weil bisher Russland nur verhandeln will nach einer Kapitulation der Ukraine, was die die natürlich nicht will. Verständlicherweise.

      Und jede Art von Kompromiss, die die Überlassung der Krim an Russland beinhaltet, ist sehr, sehr schwierig. Und ohne das wird es Russland nicht tun, denn Russland wird die Krim nicht aufgeben. Dort leben ja auch nur noch Russen, die wollen das gar nicht.

      Weiter: Im Budapester Memorandum wird die Souveränität der Ukraine einschließlich der Krim garantiert. Garantiemächte waren die USA, GB und Russland. Russland ignoriert das, alle anderen nicht.

      Aber die USA und GB haben 2014 tatenlos zugeschaut, als Russland die Krim annektiert hat. Dahinter kommt man heute auch nur sehr schwer wieder zurück, da hätte man damals schon entschieden reagieren müssen, hat man aber nicht. Tja.

      Kurz: Für Verhandlungen ist der Abstand einfach zu groß geworden und so richtig unschuldig ist daran keiner.

      Wie immer gilt da: Große Dinge tut man am leichtesten, solange sie noch klein sind. Sie sind aber nicht mehr klein, deshalb sind sie auch nicht mehr leicht.

  • In gewissem Sinne hat der ukrainische Präsident der Wahrheit auch einen Dienst erwiesen, er erinnert uns daran, dass es in einem Krieg niemals sinnvoll ist, ohne Belege die Aussagen einer betroffenen Seite zu glauben, auch wenn es die angegriffene Seite ist. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst, und zwar auf allen Seiten. Das sollten wir nicht vergessen und uns bemühen, nicht unsererseits, so sehr wir auch innerlich beteiligt sein mögen, zu kriegsbedingter Gutgläubigkeit oder dem Willen zum Glauben hinreißen zu reißen.

    • @PolitDiscussion:

      Dieser Spruch "Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst" ist zwar eingängig, aber er ist nur die halbe Wahrheit.

      In Wahrheit gibt es nämlich immer erst dann Krieg, wenn die Wahrheit schon auf dem Sterbebett liegt. Nur deshalb stirbt sie dann als erste.

      • @Mustardman:

        Ich mag diesen Spruch aus anderem Grund nicht, es ist wohlfeil im Warmen zu philosophieren aber die ersten Opfer liegen tot auf dem Schlachtfeld, den das erste Opfer sind ganz konkrete Menschen. Im Zweiten Weltkrieg in Europa war das Franciszek Honiok der als erster starb nicht die Wahrheit.