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Baerbocks und andere AusrutscherEgal, was die Le­ser*in­nen denken

Vorausschauen ist eine Kunst, die klappt, wenn Selbstbild und Realität nicht zu weit auseinander klaffen. Das musste auch die Außenministerin lernen.

Ausrutscher und Fettnäpfchen sind Banane Foto: jungeblodt.com

D ie Minderjährige, die zu meiner Infektionsgemeinschaft gehört, findet mich zu wenig vorausschauend. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt, denn zuweilen klaffen Selbstbild und Realität auf irritierende Weise auseinander. Jüngst etwa auf der griechischen Insel Korfu, als wir mit einem Boot zu den Höhlen und Buchten tuckerten, die nur vom Meer aus zugänglich sind.

Kaum war der Anker geworfen, schon hüpfte die taucherbebrillte Minderjährige ins Wasser. Ich hinterher, gierig nach der prächtigen Unterwasserwelt. Doch nachdem Meereshöhle und Bucht ausgiebig beschnorchelt wurden, stellte sich eine unangenehme Frage: Wie soll frau bloß zurück aufs Boot kommen?

Zum Glück entdeckten wir eine sehr schlichte Leiter zum ausklappen. Der untersten Stufe fehlte allerdings die kleine Holzplanke, hier war nur noch das nackte, rutschige Metallrohr vorhanden. Die Minderjährige schwang sich dennoch so behände aufs Boot wie Winnetou auf seinen Rappen Iltschi.

Ich dagegen, nun ja, es wurde so kafkaesk wie die Grundsatzrede von Bundeskanzler Olaf Scholz diese Woche in Prag. Es ergaben sich viele Fragen, aber keine Lösungen. Rutsch und platsch in endloser Folge, interessiert beobachtet von anderen Booten und begleitet vom unterdrückten Prusten der Minderjährigen sowie der Niederländerin, die zu unserer Reisegemeinschaft gehört.

Kurz kam der Gedanke auf, die paar Kilometer zurück zum Anleger zu schwimmen. Aber meine Begleiterinnen entschieden, es erst einmal mit schieben, ziehen und lautem „Hauruck“ zu versuchen. Trotzdem: rutsch und platsch. Den Durchbruch brachte schließlich und endlich ein Taucherschuh mit Antirutschsohle aus den Tiefen meiner Strandtasche. Mein Selbstbild ist, ähm, leicht beschädigt.

So etwas könnte Außenministerin Annalena Baerbock nie passieren. Sie sieht sich als eloquente Rednerin, die Politik herausragend erklären kann und Englisch mit nahezu muttersprachlicher Kompetenz beherrscht. Das erinnert zwar eigentlich an ein anderes Mitglied der Bundesregierung, aber egal, nichts würde Baerbock von ihrem Selbstbild abbringen.

Diese Woche also sprach sie auf dem Forum 2000 in Prag. Wohlwollend zusammengefasst sagte sie Folgendes: Gemäß ihrer Prinzipien steht sie in diesem Angriffskrieg felsenfest zur Ukraine und zu den Sanktionen gegen Russland. Putins Kalkül, Deutschland mit seinen Energiewaffen zu spalten, gehe nicht auf. Die sozialen Härten in der Energiekrise werde man abfedern statt die eigenen Prinzipien zu verraten und die Sanktionen abzuschaffen, um den Wäh­le­r*in­nen zu gefallen.

Sehr richtig und einer deutschen Außenministerin würdig. Doch es fiel auch dieser Satz: „Ich werde dieses Versprechen (die Ukraine zu unterstützen) einhalten. Egal, was meine deutschen Wähler denken.“ Sahra Wagenknecht (die Linke) und Alice Weidel (AfD) gerieten gleichermaßen in Wallung ob des Verrats am deutschen Volke. #Amtseid und #BaerbockRücktritt trendeten alsbald auf Twitter. Die grünen Scharfschützen brachten sich in Stellung und bis ins konservative Lager hinein wurden Pro-Baerbock-Tweets abgefeuert. Fake News! Desinformationskampagne!

Und es stimmt ja, dass die Baerbock-Gegner die Außenministerin bewusst missverstehen wollten. Doch zur Wahrheit gehört auch: Dieser Egal-Satz war sehr, sehr unglücklich und wenig vorausschauend formuliert. Er hätte so nicht fallen dürfen, nicht auf Englisch und auch nicht auf Deutsch. Egal, was meine Le­se­r*in­nen jetzt denken.

Der Minderjährigen ist auch sehr häufig egal, was ich denke. Ich denke zum Beispiel, dass es komisch ist, dass sie sich immer zur zweiten Pause kurz vor dem freitäglichen Sportunterricht unpässlich fühlt. Oder ich denke, dass sie eigentlich keine neue Klamotten braucht und vier Paar Sneakers ebenfalls ausreichen.

Aber ich schweige, weil ich neuerdings sehr übe, mich vorausschauend zu verhalten. Schließlich soll man auch in jungen Jahren an das Alter denken. Die meisten pflegebedürftigen Menschen werden inzwischen ja zu Hause gepflegt. Von ihren Angehörigen.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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55 Kommentare

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    Die Moderation

  • RS
    Ria Sauter

    Solange der Amtseid lautet:



    "So wahr mir Gott helfe"



    kann jede/r machen und sagen, was er/sie möchte.



    Diesen"Gott" hat noch nie jemand gesehen, bestraft hat er noch niemanden und geholfen hat er auch nicht.



    Andi Scheuer ist nicht in der Hölle gelandet und Scholz wächst keine lange Nase.



    So können sie nach dem Eid fröhlich ihren ureigensten Interessen folgen.

    • @Ria Sauter:

      "Solange der Amtseid lautet: "So wahr mir Gott helfe" kann jede/r machen und sagen, was er/sie möchte." (Frau Flieder)

      Naja, ganz sooo simpel ist das ja nun auch wieder nicht.



      Die Eidesformel ist festgelegt, der religiöse Gottesbezug aber nicht verpflichtend. Jeder kann es sich aussuchen ob er/sie die weltliche oder die religiöse Formel spricht.



      Das enthebt aber niemanden von der Verpflichtung sich entsprechend eidgetreu zu verhalten.

      • 6G
        650228 (Profil gelöscht)
        @LittleRedRooster:

        Wenn die Verfassungsrichter wollten, könnten sie das Grundgesetz durchaus so auslegen, dass ein Andy Scheuer oder ein Olaf Scholz wegen Verstoß gegen den Amtseid ihre Pensionen verlieren. (Jedenfalls wenn sie die durch sie verursachten Vermögensschäden nicht aus ihrer Privatschatulle bezahlen können.)

      • @LittleRedRooster:

        Bruch des Amtseids ist nicht strafbehaftet.

  • Baerbock leidet ein wenig unter dem Merkel-Fluch: Bis auf wenige "Ausrutscher" (die man freilich auch zu ihren wichtigsten und richtigsten Einzeläußerungen zählen kann) hat unser aller Mutti uns ein Jahrzehnt lang, wenn nicht unsere Wunschpolitik, dann doch das "empowernde" Gefühl gegeben, dass ein Meinungsumschwung in der Bevölkerung auch immer bis in ihre pragmatische Linie durchschlagen konnte. Nichts war von unerschütterlicher Überzeugung getragen, nichts war final - sei es der Ausstieg vom Atomausstieg oder irgendeine außenpolitische Line im Sand.

    2015 brach sie erstmals fundamental mit dieser Linie und gab Sprüche von sich, die auch einer Baerbock entfahren könnten ("..., dann ist das nicht mein Land." oder natürlich "Wir schaffen das."...). Das hat einen erheblichen Teil ihrer Wählerschaft so verunsichert, dass wir heute mit der AfD als sechster Kraft leben müssen.

    Aber waren diese Sprüche deshalb falsch, für eine Bundeskanzlerin zu naiv-geradeaus und daher unangemessen? Dem Souverän gegenüber illoyal? Ich finde nein. Sie haben nur Viele überrascht, die sich von einem falschen Bild von Merkel hatten einlullen lassen.

    Baerbock gibt dieses Bild gar nicht erst ab. Dass das Risiken bringt, ist klar. Aber es ist am Ende wahrscheinlich eher gut für ihre Handlungsfähigkeit, da sie sich den lähmenden Anspruch des Es-Allen-Rechtmachenwollens gar nicht erst zu eigen macht. Und es ist in diesem Fall auch ihrem Amt angemessen. Sie mag in vielen Dingen (noch) unbeholfen wirken - sie ist ja auch noch recht neu im Job. Aber dass sie die Grundpfeiler ihrer Außenpolitik da, wo es wirklich nottut, nach außen klar und verlässlich definiert, ist eigentlich nur gutes Handwerk. Nichts kann ein Land und seine Außenwirkung so schwächen wie ein Herumlavieren in Fragen, wo Verlässlichkeit Trumpf ist.

    Und Hand aufs Herz, Frau Mertins: Dass die blöde Leiter so ein Hinderneis darstellt, hätten Sie im Zweifel auch nicht geahnt, wenn Sie sie vor dem Reinspringen entdeckt hätten... ;-)

  • Was soll jetzt noch passieren, Putin kuck mir in die Augen, du bist tot!



    Nur was kommt nach dem Sieg?



    Nach dem Ruin Russlands?



    Ziehen wir dann alle nach Russland, wegen der Werte?



    Klug wäre es jetzt dem eigenen Ruin ins Auge zu schauen.



    Ein harter Winter, und wir sind ruiniert.



    Was mich tröstet, es wird warme Worte regnen, egal was der Wähler will.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Klar doch, harter Winter in Deutschland, 5 cm Schnee und minus 7 Grad über 7 Tage. Deutschland ist ruiniert und die Überlebenden überwintern 6 Monate in Mallorca. Wir fordern das 10 Euro-Ticket inclusive Hin und Rückflug. Scholz und Baerbock sind verantwortlich wenn wir im Winter bei 19 Grad im Büro arbeiten müssen und erfrieren.

      • @Pepi:

        Es ist nie falsch, darauf hinzuweisen, wie gering die FAKTISCHEN Unterschiede zu 1973-75 sind.

        Inflation, Arbeitslosigkeit, Energiepreise - alles so wie damals. Der Median der Kaufkraft der Bevölkerung ist sogar ein bisschen (roundabout 10% IIRC) höher.

        Der Unterschied ist, dass die Bevölkerung in der Ersten Ölkrise noch Vertrauen in die Regierung als Institution hatte.

        FAKTISCH betrachtet haben wir es mit etwas zu tun, was nicht neu ist, und wovon die Welt nicht untergeht.

        GEFÜHLT hingegen geht die Welt unter. Jedenfalls für die Mittelschicht. Die wirklich Armen haben seit 40 Jahren mit immer höherer Belastung zu kämpfen; zumindest die Jüngeren von ihnen kennen es gar nicht mehr anders.

  • Frau Baerbock hat das deutsche Volk verraten?

    Da kann ich nur sagen, weiter so!

  • Nun, wo ich zustimme:



    Dieser Satz hätte so nie fallen dürfen. Baerbock traut sich das Außenministerium zu. Also muss sie auch wissen, was sie in dieser Funktion von sich gibt.



    Die Grünen verstehen sich als basisdemokratisch und Frau Baerbock vertritt nach eigener Aussage eine werteorientiere Außenpolitik.



    Da ist so ein Satz.....nicht so toll.



    Wie will sie Demokratie einfordern, wenn jeder zurückgeben kann: "Wenn es Ihnen egal ist, was ihre Wähler denken, sollten sie uns nicht über Demokratie belehren.

    • @Kartöfellchen:

      Wieso, hat sich Melnyk oder ein Ukrainer beschwert? Ich kann mit der Aussage leben, schließlich ist sie ja nicht Innenministerin. Sie soll Deutschland nach außen vertreten und das macht sie gut.

    • @Kartöfellchen:

      Vielleicht sollte Frau Baerbock sich besser nicht an einer „wertegeleiteten“ Außenpolitik orientieren … dann wäre sie möglicherweise nicht zwischen die Mühlsteine verschiedener widersprüchlicher Wertevorstellungen geraten.



      In Abwandlung des bekannten neoliberalen Credos könnte sie dann sagen: it‘s geopolitical, stupid. Oder: Wertegeleitet ist das, was UNSEREN Interessen dient.

  • Das hat Frau Baerbock auf Englisch gesagt - FYI : „If I give the promise as a politician – and luckily in democracy it could be the chance that people disagree with me and they say in four years ‚Well, you didn't tell us the truth‘. But if I give the promise to people in Ukraine, ‚we stand with you as long as you need us‘, then I want to deliver. No matter what my German voters think, but I want to deliver to the people of Ukraine. And this is why for me it’s important to be always frank and clear. And this means, every measure I’m taking, I have to be clear that this holds on as long as Ukraine needs me. And this is why I think it’s so important that we have to be frank. Yes everybody wishes from us that tomorrow the war stops, but in case tomorrow it wouldn’t stop, I will be also there in two years time. “

  • Ich verstehe die Aufregung nicht.

    Jede Partei, jede Regierung hat Punkte in ihrem Programm, die nicht mehrheitsfähig sind bei der Bevölkerung. Aber die der Partei wichtig sind. Und bei denen es den Politikern eben egal ist, was die Bevölkerung mehrheitlich will.

    Die Grünen kümmert es nicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung keine/kaum noch Flüchtlinge aufnehmen will. Die FDP ignoriert den Wunsch nach einer fairen Besteuerung hoher Einkommen. Usw.

  • Vielen Dank für diesen einsichtigen Artikel, liebe Frau Mertins.



    Ja, ich wollte eine Frau Baerböck würde sich mal der Verantwortung fürs eigene Volk besser bewußt werden. Auf der Klippe zwischen Krieg und Frieden balancierend sollte Frau sich mit minderjährig wirkendem Geplapper ein wenig zurückhalten. Bislang ist sie als Außenpolitikerin eine glatte Fehlbesetzung.

    • @LittleRedRooster:

      Ich find Frau Baerbock mittlerweile gut. Sie ist berechenbar, lernfähig und glaubhaft. Das was Sie als minderjährig wirkendes Geplapper bezeichnen ist ein eindeutiges Bekenntnis. Das Geschwurbel von auf der Klippe stehen, zwischen Krieg und Frieden, zeigt eher von Angst, Unsicherheit und weg ducken. Verantwortung für das eigene Volk, der Satz könnte von Gauland und Höcke stammen.

      • @Pepi:

        Warum hat sie dann nicht gesagt, dass es in deutschem Interesse sei, die Ukraine zu unterstützen… und damit dann auch im Interesse ihrer eigenen Wähler? Auch darüber ließe sich dann immer noch strittig diskutieren.



        Aber der verhängnisvolle Satz: „No matter, what my German voters think …“ ist nun mal gefallen, da beißt keine Maus den Faden ab. Und selbst, wenn ich dieses Statement unterschreiben könnte … Wasser auf die Mühlen von Rechts- und Linkspopulisten. Das werden wir in den nächsten Monaten noch bitter zu spüren bekommen. Und genau deshalb halte ich Frau Baerbock nicht für dieses politisches Amt geeignet, nicht wegen ihrer persönlichen Überzeugung … aber sie ist nun mal Repräsentantin unseres deutschen Staates nach außen.

      • @Pepi:

        Der Satz "Verantwortung für das eigene Volk" könnte aus dem Diensteid stammen, den Frau Baerbock geschworen hat.



        „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

        • @Kartöfellchen:

          Verantwortung und Wohl macht schon einen Unterschied.

        • @Kartöfellchen:

          Ich sehe nicht wieso sie diesem Diensteid wiedersprochen hat, nur weil sie nicht jedem Wählerverlangen hinterherrennt.



          Es ist völlig normal das der Durchschnittsbürger nicht über jedes Thema gut informiert sein kann, deswegen brauch man auch nicht davon ausgehen das die Wähler immer Recht mit ihren Forderungen haben. Es ist sogar sehr normal das Leute Wünsche haben die politisch nicht durchsetzbar oder nicht vorrausschauen sind.



          Es ist nicht selten das die Politiker eine Situation besser übersehen und einschätzen können als die Wähler. Politiker haben das schließlich als Beruf, haben Zugang zu mehr Informationen und haben Berater. Ob sie dann die richtige Entscheidung treffen ist eine andere Frage, aber immer nur machen was der Wählerwillen gerade sagt, ist dumm. Deswegen mögen das ja auch die rote Rechte Wagenknecht und die rechtsextreme Weidel so sehr, reiner Populismus für den eigenen Machtgewinn, unter dem Deckmental den "Willen des Volkes" zu hören.

          • @Rahl:

            Tja, die Wähler:innen, der dumme Pöbel. Sehen Sie das so? Und die Politiker:innen, die nicht unbedingt irgendwelche Erfahrungen aufweisen, übersehenn die Situation besser? Warum soll das dumme "Volk" dann überhaupt noch wählen?

  • Frau Baerbock wollte wahrscheinlich irgendwie sowas sagen: "Ich stehe zu meiner Unterstützung der Ukraine, aiuch wenn es mich in vier Jahren meinen Job kosten wird". Oder so ähnlich. Aaaah. diese Nibelungentreue, Treue bis in den (politischen) Tod. So ähnlich hatte der erste Weltkrieg angefangen. Und Frau Baerbock vergisst hier natürlich auch wer sie bezahlt und wem sie zu dienen hat, nämlich dem deutschen Volk. Und nicht der Ukraine. Sie sieht ihren Posten anscheinend als so eine Art Selbstverwirklichungsworkshop an, einmal reingehievt geht es nur noch um sich selbst.

    • @Gerald Müller:

      Dem deutschen Volk zu dienen, bedeutet nicht, jeden Meinungsumschwung mitzumachen, sondern als Außenministerin international zuverlässig und bündnistreu zu sein.

      Bei dem Kontext dieser Bemerkung geht es Baerbock nun bestimmt nicht um sie selbst.

      • @rero:

        Nun, Sanktionen, die uns härter Treffen als Russland beibehalten zu wollen, weil man der Ukraine das versprochen hat...



        das ist nicht dem Volk dienen, sorry.

        • @Kartöfellchen:

          Warum nicht, wenn das Volk es will. Natürlich wenn man in den letzten 50 Jahren keinen Hunger, keine Not, keinen Krieg kennt und von der Wiege bis zur Bahre gewohnt ist, dass der Staat allein für die Rundumversorgung zuständig ist, dann ist mir die Not der Anderen egal. Ich will Gas, Ich will Gas, Ich will Spaß 19 Grad und Verzicht geht garnicht.

        • @Kartöfellchen:

          Es ist eindeutig falsch das wir härter getroffen werden als Russland von den Sanktionen. Wer sich tatsächlich mit den Zahlen und glaubhaften Berichten aus Russland auseinandersetzt, würde das wissen. Aber Ihre Kommentare unter dieser Kolumne geben den Eindruck Sie sitzen den Falschmeldungen auf, die nachweislich in einer riesigen Medienoffensive von Russland aktuell gestreut werden.

      • @rero:

        Als Aussenministerin hat sie die Interessen Deustchlands primär zu vertreten. Bündnistreue gehört dazu, aber welchem Bündnis gehört die Ukraine denn nochmal an? Weder der NATO noch der EU. Baerbock hat in erwähntem Video auch gesagt dass ihre Solidarität sowohl Deutschland als auch der Ukraine gilt, was meine Einschätzung bestätigt, Beide sind in ihren Augen anscheinend gleich wichtig was wiederum die Frage aufwirft warum wir sie überhaupt bezahlen. Was das "international zuverlässug" angeht, wer definiert das erstens und zweitens sobald die "internationale Zuverlässigkeit" den Interessen der deutschen Bürger entgegenläuft dann muss da etwas getan werden. Ich sehe bei Baerbock nur den Wunsch die Ukraine mit allen möglichen Mitteln zu unterstützen, auch wenn das gegen die Interessen und sogar die Existenz sehr vieler Deutscher geht. Das deutet doch sehr wohl darazf hin dass sie auf einem Ego-Trip ist und ihre Position dafür ausnutzt. Und Scholz ist schwach, er schaut nur zu.

        • @Gerald Müller:

          "Als Aussenministerin hat sie die Interessen Deutschlands primär zu vertreten." (Gerald Müller)



          Exakt das ist es! Und: Frau Baerbock hat sich von diesen Interessen dezidiert abgewandt. Mehr noch: Sie verhöhnt auch noch ausdrücklich Ihre eigenen WählerInnen.



          Wenn die WählerInnen der Grünen sich so einen Affront gefallen lassen, dann mag das ihr Bier sein - aber von einer Außenministerin wäre doch wohl ein gerüttelt Maß mehr an diplomatischen Fähigkeiten einzufordern.

  • Schön zu lesen, dass es nicht nur Claqueure in der TAZ gibt, wenngleich die sehr sanfte Kritik in einem längeren Artikel gut versteckt ist. :)



    Noch ein Punkt ist wichtig:



    Frau Baerbock (oder Miss Military wie sie nun oft genannt wird) ist die oberste dt. Diplomatin.



    Ihr Gebaren und ihr Auftreten läßt jedoch wenig diplomatisches Geschick erkennen. Das ist schade.



    Und:



    Wäre es nicht gar ihre Aufgabe sich mit Ihren Leuten diplomatische Lösungen auszudenken anstatt dies widerwärtigen Autokraten wie beim Getreideabkommen zu überlassen?



    Aber man kann mit Putin ja nicht verhandeln sagt sie.



    Tja wie wird dann am Ende des Krieges eine Verhandlungslösung herbeigeführt?

    • @Peter Klein:

      "Miss Military wie sie nun oft genannt wird"

      Ich finde keine Quellen dazu.

    • @Peter Klein:

      Sehr richtig.



      Man bedenke die Aussage, dass Taiwan und China Nachbarn sind, was jemand aus dem Völkerrecht wohl wissen sollte, so nicht stimmt.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "Und das ist genau der Grund, warum erfahrene Politiker irgendwann einfach gar nichts Konkretes mehr sagen. Je weniger man sagt, desto besser."



    Sie haben recht. Und genau das ist auch der Argument dafür, daß Abgeordnete nicht mehr als 2 Wahlperioden ununterbrochen kandidieren dürfen. Danach gerne wieder, aber neu geerdet. Der Vorschlag der Ur-Grünen einer halbierten Legislatur, war in sofern zum Scheitern verurteilt, weil die Gewählten in der Zeit nur sicher wußten, wo finde ich eine Toilette.

  • Was jetzt? Beleidigte Wählerinnen und Wähler spielen, den Amtseid strapazieren, von Verrat am Deutschen Volk faseln? Wegen dieses Satzes? Das ist doch lächerlich.



    Zur Erinnerung Frau Baerbock ist Aussenministerin, nicht von ihren Wählern in dieses Amt gewählt, sondern vom Kanzler berufen. Als Regierugsmitglied darf sie sich nicht vom Denken ihrer Wähler leiten lassen, sondern muss sich an der Politik der Regierung, den Weisungen des Bundeskanzlers, der EU, den USA, ect., etc. orientieren: Für Deutschland, die EU, die Nato und die Welt, nicht für die Grünen-Wähler. Diese waren übrigens bisher nicht DAS VOLK, das waren andere.

    • @ecox lucius:

      "Frau Baerbock ist Aussenministerin, nicht von ihren Wählern in dieses Amt gewählt, sondern vom Kanzler berufen. Als Regierugsmitglied darf sie sich nicht vom Denken ihrer Wähler leiten lassen (...)" (Ecox Lucius)



      Sorry, aber möchten Sie sich nicht doch noch mal das selber durchlesen, was Sie da geschrieben haben - und noch mal durch den Kopf gehen lassen?



      Einen eindringlicheren Abgesang auf demokratische Willensbildung, Wahlen und die Demokratie schlechthin könnte ich mir kaum noch vorstellen. Ich kann einfach (noch) nicht glauben dass das Ihr Ernst ist.

      • @LittleRedRooster:

        Dann haben Sie nicht verstanden was Demokratie bedeutet!

    • @ecox lucius:

      Im Übrigen: Ja, die Wähler haben Baerbock abgestraft. Von allen drei Kanzleraspiranten das schlechteste Ergebnis.



      Laschet ist jetzt Abgeordneter.



      Aber Baerbock wurde dafür das Außenministerium gegeben.

    • @ecox lucius:

      Also, sie ist der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers unterworfen, das stimmt.



      ABER in Deutschland geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Wir sind eine Demokratie.



      Und wer meint, dass ein Versprechen gegenüber einem Land, das nicht EU oder NATO ist wichtiger ist, als die Wähler....kritisch.

    • @ecox lucius:

      ... das Mindeste , längst überfälligiste was wir von unserer Außenministerin erwarten dürfen, wäre das sie uns einmal die Verfassung der Ukraine näher bringt, damit wir entscheiden können - was wir da zu leisten bereit wären...

      • @Alex_der_Wunderer:

        Wir leben in einer parlamentarichen Demokratie.

        Da entscheiden Sie nach der Wahl nicht mehr.

        • @rero:

          ... leider vollkommen richtig ! Aber stellen Sie sich einmal folgendes vor , die Agenda, die es in den nächsten 10 Jahren umzusetzen gilt , steht fest. Meinen Sie es spielt eine große Rolle wen die Wähler in die Ampel wählen und wen in die Opposition ?

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @ecox lucius:

      Da können Sie rumeiern wie Sie wollen. Frau Baerboch hat gesagt "Ich ... alles andere ist ihr egal". Sie hat nicht gesagt "Die Regierung der Republick Deutschland und in großer Mehrheit deren Bürger stehen zu usw. usw. Sie hat diesen unerträglichen Satz gesagt. Im Kontext. Aus dem Kontext gerissen, ist von der Aussage her egal. Und daß sich die die Gegner unserer Gesellschaftsordnung auf so einen Riesenlapsus stürzen, kann man denen vorwerfen. Und nu?

      • @82286 (Profil gelöscht):

        Ja, vor allem können sie das uns vorhalten. Oder denken sie mal an China, Putin, den Iran etc. : "Frau Baerbock, vielleicht sollten sie mal lieber darauf hören, was ihre Wähler wollen statt uns über Demokratie zu belehren".



        Die werden diesen Satz lieben.

  • Man könnte natürlich auch mal einen Moment über die Alternative zu Baerbocks Position nachdenken, die darauf hinausliefe, die Ukraine gerade so lange zu unterstützen wie es in Meinungsumfragen eine Mehrheit dazu gibt und wenn das nicht mehr der Fall ist, gibt man die Ukraine eben verloren und schaut der russischen Eroberung tatenlos zu oder nimmt gleich wieder Geschäftsbeziehungen mit Putin auf. Und wenn dann die russische Armee in Moldau, Finnland oder im Baltikum einmarschiert treibt man das gleich Spiel eben erneut; Sanktionen solange die erste Empörung anhält und Prinzipienlosigkeit sobald die Gewöhnung einsetzt und man beginnt selbst die Folgen des Krieges zu spüren.



    Allerdings stellte sich bei einem solchen Modus auch die Frage wozu es überhaupt noch ein Parlement braucht, wenn doch forsa, Allensbach und co. viel unmittelbarer den Finger am Willen der Wähler*innen haben. Dann würde man beispielsweise gerade jetzt Abermilliarden in Bewegung setzen um eine ganze Flotte an neuen AKWs zu errichten und würde sie unter Garantie noch im Bau während der nächsten 15-20 Jahre wieder abreißen weil es sich die Mehrheit wieder anders überlegt und doch auf Erneuerbare setzt.

    • @Ingo Bernable:

      Man könnte als Alternative formulieren, ernsthafte Verhandlungen zu machen. Es war ja schon im April fast so weit. Neutralität der Ukraine. Autonomie für den Donbas (was die Ukraine schon in Minsk I versprochen hat, aber nie umsetzen wollte).



      Man könnte auch aufhören, Gruselgeschichten zu verbreiten.



      Erinnern Sie sich noch daran, dass auch Deutschland am Hindukusch verteidigt wurde? Oder dass nach Vietnam wie in einem Domino ganz Südostasien an die Kommunisten fallen muss?

    • @Ingo Bernable:

      Letzten Endes gibt es in unserer Post-Demokratie noch immer das Instrument der Wahl; und wenn dem Wähler diese Politik zu sehr aufstoßen sollte, dann wird Frau Baerbock am Ende des Tages einfach abgewählt.

      • @Herbert Eisenbeiß:

        nun, eigentlich wurde sie abgewählt, miserables Ergebnis. Laschet ist Abgeordneter. Aber Baerbock kriegt dafür das Außenministerium.

        • @Kartöfellchen:

          Ihrer Meinung nach muss also jeder Minister beim Bewerben um den Kanzlerposten gut abgeschnitten haben? Oder irgendwelche anderen regionalen Posten?



          Wie genau soll das funktionieren? Sie wissen schon das wir Parteien wählen in diesem Land und nicht Einzelpersonen?

      • @Herbert Eisenbeiß:

        Sie meinen bei den nächsten Kabinettswahlen?

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "So etwas könnte Außenministerin Annalena Baerbock nie passieren. Sie sieht sich als eloquente Rednerin, die Politik herausragend erklären kann und Englisch mit nahezu muttersprachlicher Kompetenz beherrscht. Das erinnert zwar eigentlich an ein anderes Mitglied der Bundesregierung, aber egal, nichts würde Baerbock von ihrem Selbstbild abbringen."



    Das lese ich mal als knallharte Kritik am baerbaumschen "Ich". Spricht sie als Aussenmisterin der BRD, als Grüne, als Privatperson?

    • @82286 (Profil gelöscht):

      Ich sehe das eher so als feudale Haltung. ICH habe mein Wort gegeben.

  • Man wollte sie bewußt mißverstehen? Nein, man hat sie nur so verstanden, wie sie regiert. Es wurde etwas entstellt? Wenig bis gar nichts, und schon gar nicht über den heute üblichen Standards: Kann sich noch jemand erinnern, wie der mitten im Satz abgeschnittene Varoufakis am Stinckefinger wochenlang durch die Nachrichten gezerrt worden ist? Oder was ist mit Putins Aussagen in Ungarn, vor dem Krieg, die von allen Deutschen Sendern (mit Ausnahme Phönix) und allen Zeitungen nur verstümmelt wiedergegeben wurde? Auch da wurde viel rigoroser abgeschnitten, und der gesendete Rest ergab überhaupt keinen Sinn. Oder man denke daran, was passiert, wenn man beim O-Ton sammeln von Journalisten die falsche Antwort gibt (zum Beispiel bei Bahnstreiks: Sind Sie sauer auf die streikenden Bahnmitarbeiter? Nein, ich bin sauer auf den Bahnvorstand): Dann gibt's einen enttäuschten Blick, das Mikro ist gleich wieder weg und es werden Passanten gesucht, die die richtige Antwort geben.



    Normaaal.

    Aber wenn eine Deutsche Außenminsiterin und aktivste Transatlantische Dienerseele in Schwierigkeiten kommt, dann geht es plötzlich um aktives Mißverstehenwollen. Dabei wurde durch die Weglassung nichts entstellt; vollständig ist es doch noch schlimmer. Sie muß sich halt überlegen, wem sie welche Versprechungen macht und ob die nicht vielleicht doch kollidieren.



    Peinlich, dieses Geheule. Was da so für Faktenchecker aus den Löchern gekrochen kommen. Wo waren die denn bei Varoufakis? Wo waren die denn in den 8 Jahren Donbass-Krieg? Wo waren die denn, wenn Putinzitate verzerrt wurden?

    Bei Annalena kann man lange Listen mit fragwürdigen Aussagen bauen, die einer obersten Diplomatin oder einfach nur einem Menschen mit minimalem Geschichtswissen völlig unwürdig sind.

  • 0G
    06792 (Profil gelöscht)

    Und das ist genau der Grund, warum erfahrene Politiker irgendwann einfach gar nichts Konkretes mehr sagen. Je weniger man sagt, desto besser.

    Schlimmer noch: Wenn man sich konkret festlegt, könnte es sogar so weit kommen, dass man eine Position nachträglich ändern muss. Oh je.

    Sie positioniert sich klar. Das finde ich sehr hilfreich. Ich würde jederzeit wieder für sie stimmen.

    • @06792 (Profil gelöscht):

      Und noch besser ist das dies nur die Haltung verstärkt, das man nur das tut und sagt, was einem die Wiederwahl ermöglicht, anstatt zum Beispiel langfristige aber notwendige Projekte in Angriff zu nehmen.



      Etwas gegen den Klimawandel zu tun hat ja auch unter anderem deshalb kaum einer gemacht und das obwohl es notwendig war.



      Und überhaupt hat Frau Baerbock es ja auch verstanden, im Gegensatz zu den meisten die sie jetzt überzogen kritisieren. Deutschland ist eine Republik, eine repräsentative Demokratie. Das wählt man jemanden oder eine Partei, die machen was sie für richtig halten und wenn man das nicht gemocht hat, wählt man sie nicht wider. Zwischendurch ständig seine Meinung ändern funktioniert nicht. Außerdem schätzen nachgewiesenermaßen Wähler es tatsächlich überhaupt nicht, wenn Politiker ihre Positionen häufiger ändern, selbst wenn es Sinn machen würde.

    • @06792 (Profil gelöscht):

      Noch schlimmer: Ich habe nicht für sie gestimmt, täte es aber jetzt vermutlich.

      Die Linke hat meine Stimme verloren, dank Wagenknecht, Ernst und Co.