Zum Tod von Prinz Philip: Für jedes Fettnäpfchen gut
Queen Elizabeths Ehemann war uneitel und fleißig. Gleichzeitig hat er auf so mancher Auslandsreise durch rassistische Äußerungen Aufsehen erregt.
Im letzten Jahr feierten die Queen und er den 73. Hochzeitstag im Lockdown auf Schloss Windsor. Als die beiden 1947 heirateten, gab es in England viele lange Gesichter. Philip von Griechenland, der auf Korfu geboren worden war, besaß weder einen Titel noch Ländereien, er stammte aus dem ärmsten Königshaus Europas und hatte obendrein eine Reihe peinlicher deutscher Verwandter, die auf Seiten der Nazis standen und deshalb aus Philips Biografie herausgestrichen wurden.
Philip selbst hat auf so mancher Auslandsreise durch rassistische Zitate Aufsehen erregt. Von allen Mitgliedern der Königsfamilie war Philip der treffsicherste, wenn es um Fettnäpfchen geht. Der langnasige Zyniker, als der er in der satirischen Fernsehserie „Spitting Image“ dargestellt wurde, hatte offenbar weder den Untergang des britischen Weltreiches noch die Vercartoonisierung der Windsors mitbekommen.
Auf einer Chinareise 1980 wunderte er sich über die vielen „Schlitzaugen“. Auch die Schotten wurden Opfer seines differenzierten Weltbilds. Im Hochland fragte er einen Fahrlehrer: „Wie halten Sie die Eingeborenen nur so lange vom Schnaps fern, dass sie die Fahrprüfung bestehen?“ Und auf den Caymaninseln fragte er: „Stammt ihr nicht alle von Piraten ab?“
Prinz Charles hielt nicht viel von seinem Vater Philip
Einmal wollte er die Steuerfreiheit für Wohltätigkeitsorganisationen abschaffen lassen, weil „Armut inzwischen ein relativer Begriff“ geworden sei. Und er mischte sich in die Unterhausdebatte über das Verbot von Handfeuerwaffen ein. Das Thema war auf die Tagesordnung gekommen, weil ein Verrückter im schottischen Dunblane sechzehn Schulkinder und ihre Lehrerin erschossen hatte.
Der Queengemahl tönte, Schusswaffen seien keinen Deut gefährlicher als Cricketschläger und Hobbyschützen genauso harmlos wie Golfspieler. „Das sind doch vollkommen vernünftige Leute“, sagte der königliche Einfaltspinsel. „Wenn ein Cricketspieler sich dazu entschließt, eine Schule zu stürmen und ein paar Leute mit seiner Cricketkelle zu erschlagen, was ja ziemlich einfach wäre, würden Menschen dann dafür plädieren, Cricket zu verbieten?“
Prinz Charles hielt nicht viel von seinem Vater. In der Charles-Biographie von Jonathan Dimbleby, die mit Hilfe des Thronfolgers zustande gekommen war, hieß es über Philip, er sei stets „kalt und abweisend“ gewesen. Er habe Charles gegen dessen Willen zur Ehe mit Diana gezwungen, die „er nie geliebt hat“. Nach seiner Reaktion auf die Angriffe seines Ältesten befragt, konnte sich Philip nur mühsam beherrschen. „Ich habe in den vergangenen 40 Jahren keinen Kommentar über irgendein Mitglied meiner Familie abgegeben“, bellte er, „und gedenke nicht, damit jetzt anzufangen.“
Von all dem wird in den Nachrufen aber keine Rede sein. Stattdessen wird man seine Rolle im Königshaus herausstellen. Wichtige Entscheidungen wie die Einwilligung der Königin, Steuern zu zahlen oder ihre Yacht abzuschaffen, wurden nicht ohne seine Einwilligung getroffen. Und er war fleißig. Kein anderes Mitglied, außer der Königin, hatte einen solch prall gefüllten Terminkalender mit öffentlichen Aufgaben. 1961 wurde er zum Beispiel Präsident der britischen Sektion des World Wildlife Fund (WWF). Im selben Jahr erlegte er in Indien einen zweieinhalb Meter langen Tiger.
Und eins muss man ihm lassen: Er war nie langweilig. Wenn er in der Nähe war, konnte man danach immer mit einer Geschichte in den Medien rechnen. Besonders eitel war er auch nicht. Über sich selbst hatte er einmal gesagt, er sei ein „diskreditierter Balkan-Prinz ohne besonderen Verdienst oder Bedeutung“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke