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Gegen den Ausbau der A49Abseilen für den Dannenröder Forst

Wieder seilen sich Aktivist:innen von Autobahnbrücken ab. Zuletzt kam es bei einer ähnlichen Aktion zu einem schweren Unfall.

Gegner des Ausbaus der A49 haben sich von einer Brücke über die Autobahn 5 abgeseilt Foto: Foto: Boris Roessler/dpa

Frankfurt am Main taz | „Dadurch, dass wir hängen, erzeugen wir einen künstlichen Stau und Aufmerksamkeit.“ Mit diesen Worten begründete am Montag eine der Aktivist:innen ihre Aktion, die zu einer massiven Behinderung des Berufsverkehrs im Rhein-Main-Gebiet führte.

Zeitgleich hatten sich am frühen Montagmorgen Kli­ma­schüt­zer:innen von drei Autobahnbrücken abgeseilt, aus Protest gegen den geplanten Weiterbau der A49 zwischen Gießen und Kassel und die laufenden Rodungen im Herrenwald und Dannenröder Forst. Betroffen von den Aktionen waren die A3 am Wiesbadener Kreuz, die A661 bei Offenbach und die A5 nahe dem Frankfurter Flughafen. Aus Sicherheitsgründen hatte die Polizei die betroffenen Autobahnabschnitte vorübergehend gesperrt, bis Einsatzkräfte die Aktivistinnen bergen konnten. Es bildeten sich lange Rückstaus, die sich zum Teil erst gegen Mittag wieder auflösten.

„Wald statt Asphalt – Verkehrswende jetzt!“ und „no plans – no cars“ war auf den Bannern an den betroffenen Autobahnbrücken zu lesen. Einer der Aktivisten wandte sich per Twitter an die „lieben Autofahrenden“: „Ihr steht nicht im Stau, ihr seid der Stau!“ Der Zorn der A49-Ausbaugegner richtet sich auch gegen die hessischen Grünen, die mit Tarek Al-Wazir den Verkehrsminister stellen. Neben seinem Konterfei stand auf einem der am Brückengeländer aufgespannten Tücher: „Wer hat uns verraten – grüne Bürokraten!“

Auf einer virtuellen Landesmitgliederversammlung der Grünen hatte Al-Wazir am Sonntag seinen Kurs verteidigt: „Ich ärgere mich darüber, dass ich eine Autobahn fertigbauen muss, die ich selbst nie wollte“, sagte Al-Wazir, der stets mit der Rechtslage argumentiert. Der Weiterbau sei nur mit neuen Mehrheiten im Deutschen Bundestag zu verhindern, sagte er. Ein Antrag, notfalls aus der Regierung in Hessen auszusteigen, wenn der Koalitionspartner CDU auf dem Weiterbau der A49 bestehe, fand keine Mehrheit. Greenpeace hatte ein Gutachten vorgelegt mit dem Ergebnis, dass die hessische Landesregierung wegen wasserrechtlicher Streitfragen den Weiterbau stoppen könnte.

Harsche Kritik ab Abseilaktion

Noch während die Aktionen liefen, meldeten sich Ausbaubefürworter zu Wort. Der Geschäftsführer des hessischen Industrie- und Handelskammertags HIHK, Robert Lippmann, forderte ein Ende der Autobahnblockaden. Er sagte: „Wir sehen mit Sorge, dass der Protest zunehmend in weitere Teile der Wirtschaft und des Verkehrs eingreift.“

Hessens Innenminister Peter Beuth warf den AktivistInnen eine „radikale Gesinnung“ vor: „Das hat nichts mit Umweltschutz zu tun, das sind Aktionen, die außerhalb des demokratischen Konsens stattfinden und eindeutige Straftatbestände erfüllen.“ Die CDU-Landtagsfraktionschefin, Ines Claus, erinnerte an den Verkehrsunfall, der sich vor zwei Wochen nach einer ähnlichen Aktion am Stauende auf der A3 ereignet hatte, als ein 29-jähriger Mann verletzt worden war. Aus diesem Unfall hätten die UmweltaktivistInnen nichts gelernt, schrieb Claus auf Twitter.

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD im Landtag, Marius Weiß, kommentierte: „Wenn das jetzt ein neuer Volkssport wird, sollten wir schauen, ob die bisherigen Strafen für so einen gefährlichen Irrsinn ausreichen.“

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27 Kommentare

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  • Wenn der HIHK sagt, er ”[sehe] mit Sorge, dass der Protest zunehmend in weitere Teile der Wirtschaft und des Verkehrs eingreift.“... dann machen die Aktivisten etwas richtig!

  • Hoffentlich wird auf diese Weise nicht sogar der eine oder andere zusätzliche AFD Wähler geboren.

  • Als Kletterer biegen sich bei mir die Zehennägel hoch, wenn in diesem Fall überall von einem "Abseilen" gesprochen wird. Für gewöhnlich wird ein Kletterer abseilen, sich also mit einer Seilbremse am Seil hinuntergleiten lassen, wenn er z.B. einen Felsturm bestiegen hat, den er nicht wieder durch mühsames Abklettern in Richtung Erdboden verlassen will.



    Wenn die Aktivisten sich im alpinen Wortsinne ABGESEILT hätten, dann wären sie (wohlbehalten) auf dem Erdboden angekommen.



    Dass das Abseilen von einer Autobahnbrücke bei fließendem Verkehr nicht besonders gesundheitsförderlich wäre, liegt auf der Hand...



    Die Aktivisten haben sich also nicht "abgeseilt", sondern lediglich mit einem kurzen Seilstück an das Geländer "gehängt".



    Der Begriff "abseilen" ist hier völlig fehl am Platze.

    • @Alfonso el Sabio:

      Wenn das alles ist....

  • Solche Aktionen zeigen nur mal wieder auf, in welcher eigenen kleine Welt solche Menschen leben. Nebenbei wurde übrigens auch noch die einzige Tramverbindung zwischen Offenbach und Frankfurt lahmgelegt. Pech gehabt, ihr Tramfahrer.

    Am 02.10. hatte FFF zu einer Demo



    Danni verteidigen - Frankfurt lahmlegen! aufgerufen, zu der dann 160 Menschen kamen.

    Alleine in der Altersgruppe 12-29 (Generation Greta) leben in Frankfurt mehr als 160.000 Menschen. Die Zahl der Teilnehmenden lag bei unter 0,1% in nur dieser Altersgruppe.



    In 30 Minuten per Rad oder ÖV zur Demo leben in dieser Altersgruppe mehr als 320.000 Menschen, macht also weniger als 0.05% in dieser Altersgruppe.

    Noch was zu den Grünen. Linken und die sie Wählenden.

    In Frankfurt waren die Grünen bei der Europawahl die stärkste Partei, in Marburg (15 Bahnminuten von Stadtallendorf entfernt) waren die Grünen stärker als CDU und SOPD zusammen.

    Eine Empfehlung:

    Mal eine Recherche betreiben, wie viele Menschen in einem Radius von 30 Minuten Erreichbarkeit um Dannenröder Forst und Herrenwald haben Grüne und Linke insgesamt gewählt. Und wie viele von denen beteiligen sich überhaupt nicht an den Protesten oder unterstützen die Protestierenden. Die Linke Hessen hatte sich ebenfalls gegen den Weiterbau ausgesprochen.

    Keine Angst vor Zahlen und Werten.

    Ach so, mir fällt hier in Deutschland doch immer auf, dass die Wahl einer Partei als eine Art absoluter Gehorsam zu allen Forderungen einer Partei angesehen wird.

    Ich halte es für absolut demokratiegefährdend, wenn eine extrem Minderheit einer Mehrheit ihren Willen aufzwingt. Menschen wählen u.U. dann schneller rechts, als es vorher erwartet wurde. Einfach mal in andere Länder gucken.

    Zudem, was passiert, wenn rechte Grupppen solche Aktionen bringen um gegen Geflüchtete zu demonstrieren oder Corona-Leugner?



    Gesetze sind in Deutschland allgemeine Gesetze, gelten also für alle.

    • 9G
      95692 (Profil gelöscht)
      @fibe:

      Wie kommen Sie auf die Altersstruktur von 160.000 in der Altersgruppe der 12-29 Jährigen ?



      Bitte um Quellenangabe.

      • @95692 (Profil gelöscht):

        Geben Sie bitte einfach

        Frankfurter Statistische Berichte 2019 - Stadt Frankfurt komplette ausgaben

        in die Suchmaschine Ihrer Wahl ein.

        Dann downloaden.

        Im Jahr 2018 hatte Frankfurt 747.848 Einwohner.

        Seite 3, Bevölkerungsentwicklung.

        Ebenfalls dort sind Altersgruppen aufgeteilt:

        17-17 Jahre 32%, 18-29 Jahre 16,4%, macht zusammen 19,6%.

        19,6% von 747848 sind 146.578.

        Dazu kommen noch die beiden Altersgruppen 12 und 13.

        Die lassen sich aus Grafik Seite 4 durchaus mit grob 8.000 pro Altersgruppe =16.000 (männlich, weiblich, deutsch. ausländisch) rauslesen.

        146.578 + ca. 16.000 macht locker 160.000.

        • @fibe:

          17-17 Jahre 32%, 18-29 Jahre 16,4%, macht zusammen 19,6%.

          Richtig natürlich:

          14-17 Jahre 3,2%, 18-29 Jahre 16,4%, macht zusammen 19,6%.

    • @fibe:

      Was mir noch auffällt:

      Frankfurt und noch mehr Offenbach (die Brücke über die 661 ist an der Stadtgrenze F-OF sind die Städte mit dem größten Anteil nicht - weißer Menschen in D.

      Die Aktivistis sind doch eher von ultraweißer Hautfarbe.

      Ultraweiße blockieren Nichtweiße.



      Das ist natürlich sehr linksaktivistisch.

  • Abenteuerspielplatz. Produktiv ist das jedenfalls nicht.

    • 0G
      06360 (Profil gelöscht)
      @resto:

      Wenn es nicht so tragisch wäre, genau mein Humor. Danke!

      • @06360 (Profil gelöscht):

        Mehr Humor gefällig:



        Bei der Anfahrt mit hunderten Autos zur Großdemo gegen die A49 kam es Anfang Oktober zu einem großen Stau und Parkplatzchaos durch Demo-Teilnehmer. Die Polizei empfahl via Twitter, weiter weg zu parken.

  • Der Widerspruch der Wirtschaftsvertreter*innen - hier reiht sich auch gut erkennbar die CDU mit ein ;-) - macht deutlich, dass die Aktion wichtige Wirkung entfaltet. Das typische Gezeter seitens der Kapitalfreaks um "Radikalität" & Wirtschaftsbabla soll von der eigenen kläglichen, gar schädlichen Politik ablenken - dass sie eben kaum etwas für Umwelt und Klima machen, sondern sogar entgegengesetzt schädlich handeln und an der Schaffung einer düsteren Zukunft für die nachfolgenden Generationen mitwirken.



    Innenminister Peter Beuth soll mal lieber zurücktreten, wie es die Hanauer Angehörigen der Ermordeten fordern, anstatt große Töne zu spucken.

    • @Uranus:

      ... hach, und die SPD, diese Spaßpartei. Muss mensch dazu noch etwas sagen? ;-)

  • Soweit so unreflektiert dieser Kommentar. Wo ist der Mehrwert? Weder eine kritische Einordnung der Verwantwortung der grünen, noch eine Erwähnung von Wasserschutzbedenken bürgerlicherer Aktivist*innen. Von einer kontextualisierung des handelskammer Kommentars ganz zu schweigen. Wer Aktionen des zivilen Ungehorsams als undemokratisch bezeichnet hat im besten Fall Demokratie nicht verstanden, wahrscheinlich aber autoritäre Sehnsüchte.



    Das konsequentere Aktionen wie die hier mehr Empörung hervorrufen als das grob fahrlässige Handeln nicht nur der hessischen Landesregierung ist enttäuschent. Gerade von der Taz

    • @LongDongSilver:

      Was ist denn für Sie Demokratie? Dass diejenigen entscheiden, die nicht gewählt sind? Wollen Sie freie Wahlen abschaffen? Wenn nein: Wer soll über den Autobahnbau entscheiden? Die Gewinner der Wahlen oder die Verlierer? Oder immer Aktivisten, die Ihrer Meinung sind? Oder auch mal Aktivisten, die nicht Ihrer Meinung sind?

      Und: Ist es für Sie auch ziviler Ungehorsam, wenn z. B. Autofahrer Radwege zuparken? Oder sollen die Ihrer Ansicht nach einen Strafzettel bekommen und/oder abgeschleppt werden? Wenn ja (meine Meinung: ja): Sind das dann aus Ihrer Sicht keine autoritären Sehnsüchte?

  • Die taz Autorin Alina Schwermet hat vom „Globetrotter-Schwanzvergleich“ geschrieben.

    Kann es sein dass es auch einen „Aktivisten-Schwanzvergleich“ gibt?

    • @Argonaut:

      Sorry Frau Schwermer für den Tippfehler in Ihrem Namen...

      • 0G
        06360 (Profil gelöscht)
        @Argonaut:

        Selten erlebe ich hier eine Bitte um Entschuldigung oder das Eingestehen eines Fehlers.

        Argonaut hat in beidem meine Zustimmung.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Da haben sich die Aktivisten aber schön ins gesellschaftliche Abseits begeben.



    Mit den dummen Sprüchen hinterher wurde es nicht besser.

  • Die großen Keulen gegen den sichtbare Protest, der sich gegen ein von Lobbyisten und privaten Investoren gewolltes ÖPP-Projekt richtet, welches den Umwelt- und Klimaschutzbeschlüssen zuwider läuft. Normal!

    Wen überrascht die "harsche Kritik", der Befürworter einer "Weiter so!" und "Beton und Asphalt statt Klima und Wald" Politik? An deren Prioritätensetzung hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert. Al-Wazir beklagt, was die Grünen im Bundesverkehrswegeplan 2003 mit beschlossen haben: neben Milliarden Kürzungen für die Schiene, den 6-spurigen Ausbau von 1100 km Autobahnen, "Lückenschlüssen", 300 Ortsumfahrungen... um Wachstum und Arbeitsplätze zu sichern. Der grüne Erfolg bestand darin, in diesen verkehrspolitischen Murks und Unsinn eine paar frische Adjektive "umweltgerecht", "nachhaltig" und "fair" einzubauen.

    Die Zeiten sind seit 1987 vorbei, dass die Grünen sich glaubwürdig für eine andere, für eine Schiene statt Straße Vorrangpolitik, eingesetzt haben. S21 und der geplante Tiefbahnhof in FFM haben jedoch nichts mit einer Schienenvorrangpolitik zu tun.

    Und im Übrigen: Die StVO (§3 und §4) gilt immer. Unabhängig davon, ob Werbeplakate für Verkehrssicherheit an Autobahnen die Aufmerksamkeit der AutofahrerInnen suchen, oder jemand/etwas von einer Autobahnbrücke baumelt!

  • Stau, Aufmerksamkeit und vor allem jede Menge Ablehnung.

  • „Ihr steht nicht im Stau, ihr seid der Stau!“



    Mit anderen Worten: selber schuld, warum fahrt ihr auch mit dem Auto? Wenn jemand auf ner Stammstrecke auf den Gleisen rumspringt, stehen die Fahrgäste auch nicht im Stau, sondern sind der Stau? Warum fahren die denn Bahn, denn ohne Fahrgäste würde es keine Bahn geben? Selber schuld!



    Auf dem Bild sieht das Abseilen jedenfalls nicht sehr sicher aus. Die Polizei hat somit die Pflicht, die Autobahn zu sperren, damit niemand zu Schaden kommt. Hinlänglich bekannt ist, das Stauenden sind Unfallschwerpunkte sind (hab das früher fast täglich erlebt). Somit ist das provozieren eines Staus zumindest verantwortungslos. Und sympathiefördernd sowieso nicht, da für die überwältigende Mehrheit das Auto das einzig sinnvolle und brauchbare Transportmittel ist.

  • 1A-Beispiel, wie man Sympathien und Unterstützung von der "normalen" Bevölkerung verspielt.

  • Puh. Sinn und Widersinn der Sache mal außen vor - ich hoffe sehr, daß diese Schlinge auf dem Bild einen Klettergurt oder vergleichbare Sicherung überdeckt. Weia.

  • "Einer der Aktivisten wandte sich per Twitter an die „lieben Autofahrenden“: „Ihr steht nicht im Stau, ihr seid der Stau!“

    Da werden sich die "lieben Autofahrenden" Gender-gerecht auf dem Weg zur Arbeit aber gefreut haben.

  • Abseilen für den Dannenröder Forst

    Diese Leute nehmen Verkehrsunfälle mit Verletzten in Kauf. Nicht gut!



    Hoffentlich werden sie angeklagt und verurteilt.