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Zu lahme Klimaschutz-KampagneWo bleibt die Gehirnwäsche?

Für den Rechtsstaat oder für Mittel gegen Nagelpilz: Heutzutage wird für alles geworben. Warum nicht mal ähnlich aggressiv für die Energiewende?

Werben Sie hier! Wie wäre es mit einem Klima-Porno, um auf die Dringlichkeit hinzuweisen? Foto: S. Steinach/imago

E s hat seine Vorteile, ein alter weißer Mann zu sein. Während in der S-Bahn alle anderen per Gesetz verpflichtet sind, auf ihre Smartphones zu starren, wundere ich mich manchmal einfach nur über die Reklameplakate draußen. Da wirbt zum Beispiel die Bundesregierung für den Rechtsstaat.

Diese schön fotografierten Plakate haben mich überzeugt: Pressefreiheit, eine unabhängige Justiz oder Religionsfreiheit sind eigentlich ganz cool. Beworben wird auch die Rente, also die Idee, dass ich als ganz alter weißer Mann nach Jahrzehnten der Arbeit irgendwann Geld fürs Nichtstun bekomme.

Nur mal so: Müssen wir tatsächlich für die Gewaltenteilung oder die Rente Reklame machen wie für das beste Mittel gegen Nagelpilz? Muss man auch regelmäßiges Atmen, Urlaub, Gesundheit und guten Sex anpreisen?

Das zumindest dachte sich vor Jahren auch mal das Umweltministerium, das mit einem Sexvideo den Klimaschutz voranbringen wollte. So einen Aufreger sucht man heute vergeblich. Dafür bräuchte es ja auch eine Regierung, die Energiewende, Klimaschutz und Nachhaltigkeitsziele nicht nur propagiert, wenn gerade niemand zuhört.

Berliner Stadtreinigung: “We kehr for you“

Sondern mit Lust und Laune und laut und deutlich ihren SteuerzahlerInnen mal erklärt, warum wir diesen ganzen Zirkus rund um Kohleausstieg und Windanlagen eigentlich machen. Das könnte so schön sein. Statt des ewigen Gemeckers über Abstandsregeln, CO2-Preis und Tagebau-Stilllegungen hätten wir dann witzige Plakate, freche Sprüche und Kichern for Future.

Wenn sogar die Berliner Stadtreinigung („We kehr for you“) und die Berliner Verkehrsbetriebe („… is mir egal“) hippe Slogans unters Volk bringen können, sollten das doch auch Kampagnen für mehr Klimaschutz bringen: Vielleicht der durchgeknallte Ökospießer, der alle nervt. Oder eine Kampagne, die die dümmsten Gegenargumente („Wo ist die Erderwärmung, wenn man sie mal braucht?“) mal so richtig ernst nimmt.

Die Regierung müsste dafür diesen Spaß sehr ernst nehmen. Wenn in der Groko Klima und Zukunft wenigstens so wichtig wären wie das beste Mittel gegen Nagelpilz, würde sie uns auf allen Kanälen einer ernsthaften Öko-Gehirnwäsche unterziehen. Nach diesem Bombardement mit Informationen und Gefühlen, mit Blut, Schweiß und Tränen wären wir Wachs in den Händen der Nachhaltigkeitspolitik. Als willenlose Umweltzombies würden wir sofort alle unsere Urlaubsflüge stornieren.

Offenbar ist die Regierung schon viel weiter, als ich dachte. Sie hat anscheinend eine superclevere Werbeagentur engagiert, um ihren Kohleausstieg populär zu machen. Weiß auf blauem Grund steht jetzt überall der Slogan der Groko zur Kohle: „Aufhören, ohne aufzuhören!“

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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13 Kommentare

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  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wenn also alle Werberelevanten Gruppen auf das Smartphone starren, was bringen da Plakate?



    Wie wäre es mal als Journalist nach Lösungen zu recherchieren, wie wir aus dem Schlamassel herauskommen?



    Zum Beispiel, wie wir Energie nach 2050 versorgungssicher und CO2 neutral erzeugen können, ohne noch mehr die Natur zu zerstören.



    Das geht sicher, nur müssen wir wissen, wie.



    Ca. 60% der erneuerbaren Energien heute basieren auf Biomasse, dieser Teil ist im höchsten Maße naturschädlich und muss neben Kohle, Öl und Gas ersetzt werden.



    Denn man kann nicht für Biolebensmittel und "Bioenergie" gleichzeitig werben. Weil, die Fläche haben wir nicht.



    Komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen, erwarte ich von der taz und nicht eine Mobilisierung der Massen durch Propaganda.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Einen ganz kleine Möglichkeit, für besseres Klima zu sorgen, wäre dann, wenn ich Ihnen logisch folge, wenn Sie auf Ihre Posts verzichteten, denn dann sparen Sie ja Strom, weniger Emssionen und so. Habe ich das jetzt richtig so verstanden?

  • Klasse Idee. - Ausser das reaktionäre Energiepolitik massenweise Geld in kleptokratische politische Systeme transferiert, die nichts besseres damit zu tun haben, als ihre Langeweile in luxuriös aufgeblasenen Egoprotesen zur Schau zu stellen und mangelnde Männlichkeit durch entnervende geopolitische Strategiespielchen zu manövrieren, verhindert die Trägheit der Bürokratie den größten technologischen Aufbruch des neuen Jahrtausends.

  • "Beworben wird auch die Rente, also die Idee, dass ich als ganz alter weißer Mann nach Jahrzehnten der Arbeit irgendwann Geld fürs Nichtstun bekomme."



    Man kann die arbeitsfreie Zeit durchaus( noch ) für sinn-oder unsinnige Tätigkeiten +Unternehmungen verwenden.

  • Direkt im ersten satz den alten weissen Mann unterbringen. Chapeau

  • Sie halten Werbung für Gehirnwäsche?



    Ich auch.



    Sind sie denn auch für ein Verbot?



    Das Geld könnte doch prima im Klima- und Umweltschutz investiert werden.

  • Für das Klima und die Umwelt wäre ein komplettes Werbeverbot für Konsumgüter nützlicher! Allein die Energieersparnis für den Herstellungsprozess der Werbung (Konzeption, Kampagnenplanung) und erst recht die Produktion der Plakate, Tafeln, Clips, off- und online Anzeigen, Werbeblättchen ... würde mehr CO2 einsparen, als zusätzlich Plakate für Klimaschutz.

    Wer nicht weiß, welchen Käse er sich auf das Brot legen, in welchen Joghurt er seinen Löffel stecken, in welches Würstchen er beißen soll, oder mit welchem Auto er seine Minderwertigkeitskomplexe überwinden kann, dem könnte eine neues Hintergrundmotiv für ein Selfie nützlich sein.

    • @Drabiniok Dieter:

      Finde ich gut. Werbung erzeugt nur künstliche Bedürfnisse, die man ohne sie nicht hätte.



      Gilt das auch fürs Klima ?

      • @Alterchen:

        Das Klima ist kein 'künstliches' Bedürfnis, es ist eine existentielle Bedingung für das Leben wie wir es heute kennen. Als Toter von 2050 weiß ich, dass meine Tochter dann nicht einmal so alt ist wie es heute bin, und meine Enkelin, nicht einmal so alt sein wird, wie meine Tochter heute ist; aber dann ebenfalls ein Kind haben könnte.

        Werbung für die Notwenigkeit von regelmäßigem Stuhlgang zu machen, wäre genau auf dem Niveau, wie zusätzliche Plakate für die Notwendigkeit von Klimaschutz. Womöglich werden diese noch gesponsert von einem E-Mobil Hersteller oder einem Streaming Dienst.

  • wie wäre es mit einem allgemeinen werbeverbot für klimaschädliche waren?

  • Sehr schöne Idee. Anstelle des typisch deutschen bierernsten Protests- und Weltuntergangsmodus wäre ein wenig Humor natürlich prima. Wird aber nicht passieren, da der Durchschnitssdeutsche nun mal so getrickt ist, daß wenn eine Sache mit Homor bearbeitet wird, sie der oder die Deutsche nicht mehr ernstnimmt. Ob links oder rechts, wenn gelacht wird, "ist das nicht mehr enstzunehmen". So sind wir nun mal. Wir schauen gerne neidisch auf die coole Lässigkeit im Ausland, kriegen es aber selber nicht hin.

  • DIE WELT LEIDET AN DEINER DUMMHEIT UND AN DEINEM MÜLL.



    sie wird sich rächen.

  • Warum sollte man für etwas werben für das schon ein breiter Konsens besteht?



    Die letzten Zweifler wird auch ein 18/1 Plakat nicht überzeugen.