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Enteignung von WohnungskonzernenEs darf enteignet werden

Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes fällt eindeutig aus: Die Forderung von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ ist zulässig.

Kann man der Deutschen Wohnen schön vor die Nase halten Foto: dpa

Berlin taz | Kann es wirklich rechtens sein, die Bestände der großen privaten Wohnungskonzerne Berlins zu enteignen? Die Immobilienbranche und die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus waren sich in ihrem Urteil bislang einig: Nicht verfassungskonform, hieß es einstimmig. Doch damit haben sie sich wohl getäuscht. Der Wissenschaftliche Dienst des Abgeordnetenhauses kommt in einem Gutachten zum gegenteiligen Ergebnis: Das Begehren der Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ ist rechtlich möglich.

„Eine Vergesellschaftung des Wohnungsbestandes von Immobilienunternehmen in Berlin mit mindestens 3.000 Wohnungen wäre auf der Grundlage von Art.15 GG möglich“, schreiben die von Parlamentspräsident Wolfgang Wieland beauftragten Gutachter in einem 38 Seiten langen Papier. Der Artikel 15 des Grundgesetzes sieht vor, dass unter anderem „Grund und Boden“ gegen Entschädigung in Gemeineigentum überführt werden kann – darunter fallen, so das Prüfergebnis, auch die „Bestandteile und Zubehör“ der Grundstücke, also Wohnungen.

Zwar sei der Artikel 15 in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie zur Anwendung gekommen, dennoch ist der Paragraf „geltendes Recht“. Dass es in der Berliner Verfassung keine entsprechende Norm gibt, steht der „Zuständigkeit des Landes Berlin zum Erlass eines entsprechenden Gesetzes“ nicht im Wege. Laut den Gutachtern kann trotz gewisser Bedenken die Verhältnismäßigkeit eines „Vergesellschaftungsgesetzes bejaht werden“. Ausschlaggebend hierfür sei das „weite politische Ermessen des Parlaments“.

Der Gesetzesvorschlag liegt momentan zur Prüfung bei der Innenverwaltung

Ebenso auf Zustimmung stößt die Zielstellung des Volksbegehrens, ausschließlich private Gesellschaften zu verstaatlichen. „Es erscheint sachlich gerechtfertigt, öffentliche und genossenschaftlich organisierte Wohnungsunternehmen von einer Sozialisierung auszunehmen, da die Annahme nicht willkürlich erscheint, dass bei ihnen der Schutz der Mieter vor überhöhten Mieten eher gewährleistet ist als bei privaten, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unternehmen.“

Eindeutiges Urteil

Der Sprecher von Deutsche Wohnen und Co. enteignen, Rouzbeh Taheri, spricht auf Anfrage der taz von einer „positiven Überraschung über die Eindeutigkeit des Urteils“. Momentan befinde sich der Vorschlag, für den die Initiative bereits 77.000 Unterschriften, davon etwa 60.000 gültige, gesammelt hatte, in der Prüfung der Innenverwaltung. „Spätestens mit diesem Gutachten dürfte es für den Innensenator keinen Grund mehr geben, die Überprüfung in die Länge zu ziehen“, so Taheri. Er erwarte einen „positiven Bescheid in den nächsten Wochen.“

Die Prüfung hatte Anfang Juli begonnen, eine Frist gibt es aber nicht. Bei anderen Volksbegehren dauerte eine Prüfung schon mal ein ganzes Jahr. Das Enteignungsbegehren ist aber deutlich weniger komplex. Es formuliert nämlich kein konkretes Gesetz, sondern fordert den Senat auf, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Der Landesvorstand der Linken hatte bereits vor zwei Wochen gefordert, es dürfe bei der Prüfung „keine Verzögerung“ geben.

Einen kleinen Dämpfer für die Initiative enthält das Gutachten dennoch. So sei eine Vergesellschaftung mit einer Entschädigung „deutlich unter dem Verkehrswert“ nicht angemessen. Die Initiative sprach bislang von einem Entschädigungswert von 7,3 bis 13,7 Milliarden Euro, eine interne Kostenschätzung des Senats von 28,6 bis 36 Milliarden Euro. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hatte zuletzt selbst von 20 Milliarden Euro gesprochen. Für Taheri ist die Summe ein „politischer Aushandlungsprozess“.

Die Mieterbewegung der Stadt hat sich unterdessen darauf verständigt, in der aktuellen Debatte um gesetzliche Regulierungen der Mieten selbst aktiv zu werden. Am 3. Oktober wollen die Initiativen, die im Bündnis Mietenwahnsinn Berlin zusammengeschlossen sind, erneut auf die Straßen gehen. „Richtig deckeln, dann enteignen. Rote Karte für die Spekulation“, soll das Motto lauten. Darüber haben sich bei einem Bündnistreffen am Diestagabend mehr als 70 VertreterInnen verschiedener Initiativen geeinigt.

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36 Kommentare

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  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Ein Freund von mir besucht gerade Berlin und sucht etwas glücklos eine Unterkunft und einen Job im tertiären Arbeitsmarkt. Derzeit schläft er in einem undichten Zelt.

    • @05653 (Profil gelöscht):

      Ja BLABLA - schön, dass auch Du auf diesem Wege noch einen Freund gefunden hast. Bleib dran! (;-))

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Das größte Problem in Berlin sind die Altbauwohnungen, die muss man enteignen, abreißen und mit Hochhäusern ersetzen. Wenn man einen Großteil der Bauvorschriften die nicht der Sicherheit dienen streicht und dazu noch temporär den Mindestlohn aussetzt und einige Zehntausend Bauarbeiter aus China ein-fliegt kann man in 1-2 Jahren hunderttausender neue Wohnungen bauen.

  • Tatsache ist, das die Wohnungsunternehmen mit ihrer Preispolitik massiv die Preisschraube nach oben gedreht haben und damit den sog. 'Verkehrswert' massiv manipuliert haben. Ob nun solche Spekulationsgewinne Entschädingunsfähig sind, also der derzeitige Verkehrswert, bleibt zu klären.



    Zumal deutlich Art. 14 GG 'Eigentum verpflichtet, sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen' mit dieser Art Erzeugung von Wohnungsnot ganz offensichtlich durch Überteuerung gebrochen wurde.

    • @Unvernunft:

      Die Preispolitik der Unternehmen dürfte nicht angreifbar sein, solange das erzielte Preisniveau keine Luftnummer ist, also die Objekte auch tatsächlich bewohnt und die erhöhten Mieten wirklich gezahlt werden. Das ist einfach Marktgeschehen, und bei einer, das Angbebot selbst zu höheren Mieten weit übersteigenden, Nachfrage diese höheren Mieten auch zu realisieren, ist an sich nicht verwerflich.

      Man darf eins nicht vergessen: Die Leute, die für mehr Geld mieten können und wollen, sind - zumindest rechtlich gesehen - keine schlechteren Menschen, als die, bei denen das nicht der Fall ist und die durch solche Hochpreismieter "verdrängt" werden. Und bei aller Sozialbindung ist es nicht Aufgabe der Immobilienunternehmen, auf eigene Kosten eine bestimmte Gesellschaftspolitik (Milieuschutz, arbeitsplatznahes Wohnen auch für Geringverdiener etc.) umzusetzen - im Gegenteil: Solche Entscheidungen greifen in Vertrags- und andere Freiheiten ein und bedürfen daher demokratischer Legitimation.

      Anders ausgedrückt: Der abstrakte Wert "Sozialverträglichkeit" ist politisch mit Inhalt zu füllen, und wenn der Staat im Nachhinein eine Entwicklung für NICHT sozialverträgleich erklären und unterbinden will, muss er auch den Privatleuten, die bislang an dieser Entwicklung teilgenommen haben, die Kosten und entgangenen Gewinne ersetzen, die sein Eingriff verursacht. Das ist der Preis von obrigkeitlicher Gestaltung in einem freiheitlichen System.

      • @Normalo:

        Trugschluß 1: Normales Marktgeschehen gibt es im Wohnungswesen nicht, da die bewohnbare Fläche der Erde stark beschränkt ist, daher kann es keine Konkurrenz geben. Das, was Sie meinen, wäre im übrigen auch verfassungswidrig.

        Trugschluß 2 : Die freie Wohnortwahl ist grundgesetzlich geschützt. Sie finden es also moralisch in Ordnung, die alteingesessene, in den Strukturen tief verwurzelte Bevölkerung zu vertreiben? Ich nicht.

        • @Unvernunft:

          zu 1: Wieso sollte es kein Marktgeschehen geben, nur weil eine Ressource absolut begrenzt ist? In anderen Märkten sind die Ressourcen zumindest relativ begrenzt. Genau das macht ja das Spiel von Angebot und Nachfrage aus. Der Unterschied zum Wohnungswesen ist nur, dass dort über die Zeit gesehen die Nachfrage deutlich volatiler ist als das Angebot. Aber auf die Preisfindung zum jeweiligen Zeitpunkt hat das keinen Einfluss. Da zählt nur das gegenwärtige und absehbare VERHÄLTNIS von Angebot und Nachfrage, nicht auf welcher Seite die Varianzen vornehmlich stattfinden, die dieses Verhältnis hervorbringen.

          Was Sie konkret meinen, was ich meine, was verfassungswidrig sein soll, kann ich nicht genau erkennen.

          zu 2: Die freie Wohnortwahl stößt trotzdem - WEIL eben die an jedem beliebigen Ort vorhandene Wohnfläche begrenzt ist - zwangsläufig an reale Grenzen und gehört deshalb zu den klassischen, reinen "Freiheits"rechten, die der Staat zu achten hat, ohne aber verpflichtet zu sein, ihre Realisierung für jeden Einzelnen zu garantieren. Aber DASS er diese Freiheit zu achten hat, schränkt auch seine Möglichkeiten ein, aus politischen/moralischen Erwägungen Menschen aktiv daran zu hindern, an einem bestimmten Ort zu wohnen (z. B. durch spezielle Privilegien für "Alteingesessene", die umgekehrt Zuzug beschränken). Die Medaille hat also zwei Seiten.

          Auf dieser Basis: Mir ging es gar nicht darum, ob Ziele wie Milieuschutz moralisch "richtig" oder "falsch" sind, sondern darum, dass "Moral" - außerhalb religiöser Dogmengläubigkeit - eine höchst individuelle Größe und genau deshalb ein Fall für den demokratischen Prozess ist.

      • @Normalo:

        Nein! Wenn ich in einer Hungersnot ein paar Laib Brot zu verkaufen habe, kann ich mit Sicherheit 1000 Euro pro Laib nehmen. Diejenigen, die sie dann kaufen, sind auch natürlich keine schlechteren Menschen als die, die soviel Geld nicht haben. Ich jedoch muss mich schon fragen lassen, ob ich ein zynischer Gewinnler bin. Und wenn man das alles "Marktgeschehen" nennen will, dann ist es inkonsequent, vom Staat zu verlangen, mir den entgangenen Gewinn zu ersetzen, sollte er die Brotpreise gedeckelt haben oder mich bei Enteignung der Brote mit weniger als 1000 Euro entschädigt haben...

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @BUBU:

          Falscher Vergleich aufs wohnen in Kreuzberg kann ich (dankend) verzichten auf Brot (Lebensmittel) nicht.

        • @BUBU:

          Es gibt aber keine Hungersnot. Es gibt nur bestimmte Gegenden, in den ganz viele Leute gerne wohnen möchten. Wer da nicht unterkommt - egal ob arm oder reich - ist nicht etwa obdachlos, sondern muss halt woanders wohnen. Das hat Nachteile, und die zu vermeiden, ist manchen Leuten mehr, manchen weniger Geld wert. SO kommen die Preise zustande. Der Vergleich zum Brot hinkt.

  • Bevor man enteignet, sollte man vielleicht erstmal abklären, wem überhaupt was gehört und wer sich etwas einfach nur angeeignet hatte, was ihm gar nicht zustand. Könnte mir vorstellen, dass dies vielfach die effektivere Methode ist, um Gemeineigentum dahin zurückzuführen, wo es von Rechts wegen immer schon hingehört hat.

  • Das enteignet werden darf ist doch ne Binse. Was soll das Gutachten also aussagen? Das Ding ist doch, dass die Diskussionen darum nur heiße Luft sind.

    Berlin wird nicht mal eben von heute auf morgen sein ganzes Geld auf rot setzen, hat es auch nie geplant.

    Das sind Diskussion für die „emotionale Pissrinne“ (Schramm).

    • @Rudolf Fissner:

      Wahrscheinlich regen sich deshalb auch so viele darüber immer gleich künstlich auf.

      • @Rainer B.:

        Auch das ja.

  • Aufgepasst Paketboten, Arbeitslose, Scheinselbständige, Niedriglöhner, Hartz IV und GrundsicherungsbezieherInnen: Diese Initiative will euch eure Lofts und Villen wegnehmen!

    • @Drabiniok Dieter:

      Wer will den Zugezogenen ihre leer stehenden Wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern wegnehmen?

      Die würden sich über eine Enteignung doch noch freuen! Der leerstehende Krempel ist doch eh nüscht mehr wert.

  • in den neunzigern war der berliner wohnungsmarkt vor allem durch zwei faktoren geprägt: sanierungsstau und leerstand.



    jeder wurde für verrückt erklärt, der damals anfing, wohnimmobilien zu kaufen. das war ein gigantisches risiko.



    der senat fühlte sich supererfolgreich, dass er seinen unvermieteten betonschrott an ein paar verrückte verticken konnte und man lachte diese investoren ziemlich unverholen aus.



    ganze wohnblöcke wurden abgreissen ("rückgebaut").



    das mietniveau war unfassbar niedrig - man konnte problemlos relativ guten zustand für 4 euro/qm mieten - auch deutlich billiger.



    und das in der zweitgrößten stadt europas!



    arm-aber-sexy wirkte und zog aufgrund der niedrigen mieten unmengen an menschen an, die großstadt für fast lau genießen konnten. parallel sanierten die investoren ihren bestand und machten ihn zukunftsfähig. die leerstände wurden geringer und die mieten stiegen moderat. dann setzte geradezu ein hype ein und es galt plötzlich als schick in berlin eine (zweit-)wohnung zu haben - und konnte diese sogar kaufen, für relative kleine preise (viel niedriger als in hamburg oder gar münchen).



    nicht zuletzt durch den zuzug von hundertausenden flüchtlingen und sonstigen migranten schwanden die leerstände und tatsächlich stiegen die mieten zum ersten mal signifikant. wobei sie bis heute WEIT entfernt sind von anderen europäischen großstädten.



    die investoren fahren nun ein paar jahre mal die ernte ein für die investitionen und risiken, die sie auf sich genommen haben. investoren die heute noch geld setzen, tun dies aktuell auf basis einer mietrendite, die bei 3-4 % liegt (das ist der reziproke wert der aktuell meist zum 25-30-fachen der jahresmiete gehandelten immobilien) - wer das wucher oder abzocke nennt, hat wirklich keine ahnung von nix.

  • Das Gutachten drückt deutlich aus:



    1) Die Enteignungsmöglichkeit ist geltendes Recht



    2) Es ist eine Entschädigung nahe des Verkehrswertes zu zahlen.



    (2) ist sicher ein Aushandlungsprozess, da es hierzu verschiedene Einschätzungen geben wird. Es wird jedoch deutlich über den avisierten Werten der Initiative liegen.

    Und: Durch die Enteignung wird kein neuer Wohnraum geschaffen. Mit derm Mietendeckel wäre es aber sinnvoll machbar, ohne Enteignung die Mittel in das Bauen von preisgebundenen Wohnungen zu investieren.

  • Ernsthafte Juristen (selbst jene wenigen der FDP) hatten nie Zweifel daran, dass die Enteignung selbst problemlos möglich war und ist. Wie sollte es denn auch anders sein? Ansonsten würde ja die Verfassung selbst gegen die Verfassung verstoßen. Wie soll das denn gehen?

    ABER: Nachdem nun das Ob eindeutig zugunsten der Initiative geklärt ist, sollte die Initiative den Bürgern auch endlich reinen Wein hinsichtlich des Wie einschenken:

    Mit ein Gefälligkeits(kurz)gutachten den Unterstützern zu suggerieren, eine Enteignung weit unter dem Verkehrswert - ja sogar quasi zum Nulltarif (1 €) - sei möglich, ist schlicht niederträchtig. Wo derartiges Campaigning auf der Basis von alternativen Fakten hinführt, lässt sich in Britannien derzeit sehr eindrucksvoll erleben.

    Herr Taheri sollte sich hier offen erklären, dass der Preis kein "politischer Aushandlungsprozess" sein wird, sondern ein juristischer. Und am Ende einer juristischen Preisfindung steht regelmäßig ein für alle Seiten unbefriedigendes Ergebnis.

  • Wie eine Kommune, ein Land oder der Bund überhaupt auf die Idee kommen konnten, ein nicht vermehrbares Gut wie Grund und Boden - also Teile des Staatsgebietes - an primär Gewinn orientierte Privatpersonen und private Investorengruppen zu veräußern, lag und liegt an der neoliberalen Ideologie, des "Privat vor Staat". Die Politik hat sich damit selbst enteiert. Ihre politischen Handlungs- und Gestaltungsspielräume sowie Schwerpunktsetzungen für Investitionen in die staatliche Daseinsvorsorge, dem "freien Spiel des Marktes" ausgesetzt. Und sie tut es immer noch, mit Genuss, wenn man an die Privatisierungen und Übertragungen an private Investorengruppen z.B.der Verkehrswege, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Energieversorgung, Renten- und Krankenversicherungen etc. pp. denkt.

    Die Kostenexplosionen in allen Sektoren kommen nicht überraschend, weil man eigentlich gewusst haben dürfte, dass insbesondere Inverstorengruppen alljährlich steigende Gewinne verzeichnen MÜSSEN! Gewinne die irgendjemand bezahlen muss. Entweder der/die Einzelne direkt (Miete, V-prämien, Pflegesätze,...) oder indirekt mittels Steuern, die infolge Investitionshilfen, Abschreibungen, Steuerbefreiungen/-sparmodellen, etc. ja ebenfalls den Privaten zufließen. Z.B. auch das Wohngeld, dass bei kommunalem Besitz wieder in die kommunale Kasse zurückfließen würde, und nicht auf Nimmerwiedersehen in den Taschen von Privat verschwindet.

    Es wird höchste Zeit, dieser Umverteilung von Unten nach Oben einen Riegel vorzuschieben!

    • @Drabiniok Dieter:

      Was für eine kurzsichtige Perspektive.

      Auf den Klimawandel abgebildet würde es bedeuten, der Staat als Insel die versinkt hätte zuvor nicht darauf geachtet, die Insel zu verstaatlichen, weil dann das Versinken gerechter gehandelt werden könnte.

      Berlin hat seit Jahrzehnten eine Industrie Wachstumspolitik betrieben, die Hunderttausende aus Ostdeutschland und anderswo abgezogen hat. Höhe Löhne und Wohnungsnot sind das Symptom auf der einen, Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und Wohnungsleerstand sind die Symptome auf der anderen Seite.

      Mit kalten Waschlappen/Mietdeckel als Symtombekämpfung wird man dem Problem nicht gerecht.

      • @Rudolf Fissner:

        Kommentare entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

        • @Drabiniok Dieter:

          Danke!

  • Nur weil etwas rechtlich möglich ist, ist es noch lange nicht geboten. Die Enteignung von privaten Vermietern in Berlin dürfte den privaten Neubau-, sowie Sanierungsmarkt komplett kollabieren lassen. Dann darf der Senat künftig alles selber bauen.

    Wo das Geld für die Entschädigung der Eigentümer hergenommen werden soll, darf Berlin dann bitte auch gleich noch erläutern. Denn offenkundig strebt man ja keine kostendeckenden Mieten an.

    Wenn die Stadt schon gewillt ist viel Geld in die Hand zu nehmen, dann soll sie damit gleich bauen. Das würde die Position der Mieter erheblich besser stärke, als jeder Eigentumseingriff!

  • Hört sich super an. Die Deutsche Wohnen dürfte es freuen, wenn sie "enteignet" werden. Bei solchen Spielchen zahlt der Staat meistens drauf...

    Erst verscherbelt man die Wohnungen für einen Appl und ein Ei und kauft sie dann teuer zurück. Und das ganze etikettiert man unter "sozial". Ich würde es Geldverschwendung nennen... In 15 Jahren verkauft man dann wieder an privat.

    • @Strolch:

      Ja, sehe ich alles auch so!



      Wir benötigen eine Wechsel von Mieter zu Besitzer, via Genossenschaftsanteilen, jeder nach seiner Fasson und einem Mietumlagesystem für die die es nicht packen mit einer Finanzierung. Dann passen die Bewohner besser auf die Objekte auf, alles bleibt besser in Schuss und Geldabflüsse per Dividenden an Besitzgesellschaften sind gestoppt. Erwirtschaftete Überschüsse können reinvestiert werden.



      Ob unser Staat das gewuppt bekommt? Never! gell?

      • @Tom Farmer:

        Das dürfte ihm schwerfallen - aus Gleichheitsgründen: Wie erkläre ich Jemandem, der tatsächlich mal seine Wohnung oder sein Haus für teuer Geld gekauft und sich im Zweifel jahrelang dafür Zins, Tilgung und Instandhaltung aus den Rippen geschnitten hat, dass ich jetzt hingehe und Anderen, die das nicht gewagt und geleistet haben, über die Vergenossenschaftung ihre Wohnung mehr oder minder schenke (nachdem ich den bisherigen Eigentümer teuer für die Enteignung entschädigt habe)?

        Das wäre eine glasklare Bevorzugung der jetzigen Mieter gefragter Wohnobjekte gegenüber allen Anderen - zumindest solange man nicht die Genossenschaften die Enteignung selbst zahlen lässt, sie also mit entsprechend hoher Schuldenlast in die Freiheit schickt.

    • @Strolch:

      jo, und zum halben Preis und aus Not weil man die inzwischen gestiegenen Zinsen für die Kredite für die Enteignung nicht mehr zahlen kann ...

  • Ja, das ist doch schön!



    Nur: Warum hat denn der Staat damals die Veräußerung an Privat zugelassen. Warum hat der Staat damals nicht von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht.



    Aus welchem Grund soll denn Vater Staat es jetzt schlauer geworden sein? Und es bleiben.



    Der Glaube an den wissenden Vater Staat ist mir immer wieder suspekt.



    Das was die Privaten zu gierig sind ist der Staat zu dumm. Wie ändern und zwart dauerhaft?



    In xy Jahren wird es der Vater Staat dann wieder ganz anders sehen und alles wird gegen Verlustumlage auf den Steuerzahler wieder in eine andere Richtung gelenkt. Wetten?

    • @Tom Farmer:

      "Der Staat zugelassen, dass verkauft wurde?" Es ist noch viel schlimmer : diejenigen, die gerade am lautesten nach der Enteignung schreien (Die Linke)sind ebenjene, welche die Wohnungen selbst verkauft haben.

      Zugelassen klingt so als hätte der rot-rote Senat nur einfach nichts gemacht. Tatsächlich hat ebendieser Senat das Wohnungsproblem überhaupt erst verursacht!

    • @Tom Farmer:

      Sie haben´s vielleicht nicht mitgekriegt.



      Ein Teil der Wohnungen, um die es hier geht, hat das Land Berlin erst vor wenigen Jahren an die Firmen verkauft.

  • jo, mal eben 36 Milliarden Euro im Haushalt auftreiben und dann enteignen. Das hat dann zwar keine neue Wohnung geschaffen, und es bleibt abzuwarten, ob dann die Miete in den betroffenen Wohnungen gesenkt wird. Aber immerhin toller Aktionismus.

    • @Gastnutzer 42:

      Wenn Berlin anstatt der ca 4Mrd € die ganzen 6,5 Mrd €, die Bayern jedes Jahr in den Länderfinanzausgleich einzahlt, erhält, dann ist das ja schnell abgestottert

    • @Gastnutzer 42:

      Immer wieder dasselbe zu wiederholen ist auch eine Argumentationsform.

      Keine überzeugende.

      • @tomás zerolo:

        Ich setzte mich gerne mit Argumenten auseinander. Ich lerne gerne dazu.

        Aber außer der grundsätzlichen Behauptung ich würde falsch liegen kommt selten etwas.

        Wie sorgt eine Enteignung dafür, dass Mieten sinken? Wenn gleichzeitig weiterhin mehr Leute Wohnungen suchen, als Wohnungen vorhanden sind? Erklären sie mir das doch einfach.

        • @Gastnutzer 42:

          Unter anderem z.B. dadurch, dass der Immobilienmarkt für Renditejäger weniger attraktiv wird.

          Investitionen müssen demnach eher öffentlich geschehen -- auf der anderen Seite spart die öffentliche Hand nicht zuletzt durch weniger Transferleistung (Wohngeld!), aber auch durch ein friedlicheres soziales Klima.