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Gehaltsunterschiede und „Equal Pay Day“Frauen verdienen mehr

Der Equal Pay Day markiert den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten. Frauen bekommen im Schnitt 21 Prozent weniger Lohn als Männer.

… und kriegen weniger Foto: imago/photothek

Rund drei Viertel der BundesbürgerInnen sind der Meinung, dass Frauen und Männer nicht gleichgestellt sind. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage der IG Metall. 76 Prozent der Befragten finden die Entlohnung im Geschlechtervergleich ungerecht, mehr als die Hälfte hält Frauen im Berufsleben insgesamt für benachteiligt. 35 Prozent der Erwerbstätigen geben zudem an, dass sie in ihrem Umfeld Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern wahrnehmen.

Diese Zahlen sind auch vor dem Hintergrund interessant, dass an diesem Montag der sogenannte Equal Pay Day ist – der Tag des Jahres, der symbolisch die Grenze markiert, bis zu der Frauen hierzulande umsonst arbeiten, während Männer bereits seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts verdienen Frauen im Schnitt noch immer 21 Prozent weniger als Männer.

„Gleiche Bezahlung von Frauen und Männern ist eine zentrale Stellschraube für mehr Geschlechtergerechtigkeit“, sagte Christiane Benner, Vize-Chefin der IG Metall und seit 2015 die erste Frau in der 125-jährigen Geschichte der Industriegewerkschaft in deren Führungsspitze. Das Entgelttransparenzgesetz, nach dem Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten auf Anfrage offenlegen müssen, nach welche Kriterien sie bezahlen, sei zwar ein wichtiger Schritt, so Benner. „Aber es bietet zu wenige Ins­trumente, um gleiche Bezahlung auch durchzusetzen.“

„Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern bleibt mit 21 Prozent wie in Beton gegossen – ähnlich wie die Verweigerungshaltung der Bundesregierung, hier strukturell etwas ändern zu wollen“, sagt auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Wir fordern ein wirksames Gesetz für gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit, das auch für kleinere Unternehmen gilt und ein Verbandsklagerecht enthält.“

Bisher vorhandene Instrumente

Auch Doris Achelwilm, die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, spricht sich für ein Verbandsklagerecht sowie stärkere Instrumente für Betriebsräte bei der Durchsetzung gleicher Bezahlung aus.

Nur 28 Prozent der Männer sehen Lohnunterschiede in ihrem Umfeld

Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, weist auf die Arbeit der SPD in der Bundesregierung hin. „Die Einführung des Mindestlohnes, der Ausbau der Kinderbetreuung, die Einführung der Quote, das Elterngeld Plus und das Rückkehrrecht aus Teilzeit waren wichtige Schritte, Frauen und Männern wirtschaftliche Unabhängigkeit bei gleichzeitiger aktiver Elternschaft zu garantieren. Das Entgelttransparenzgesetz hat uns erlaubt, einen Fuß in die Gehaltsgestaltung der Unternehmen zu setzen. Wir müssen jedoch anerkennen, dass bisher nur wenige Frauen ihre Möglichkeiten zur Auskunft des Gehalts nutzen.“

Laut der Forsa-Umfrage der Gewerkschaft beurteilen die Befragten die Unterschiede zwischen Männern und Frauen je nach eigenem Geschlecht, Alter und Parteienpräferenz durchaus verschieden. Nur 63 Prozent der Männer finden, dass die Geschlechter nicht gleichgestellt seien, demgegenüber bewerten das aber 81 Prozent der Frauen so. Während nur 28 Prozent der Männer angeben, dass es in ihrem Umfeld Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern gebe, sehen diese Unterschiede immerhin 43 Prozent der Frauen.

Junge Erwachsene bis zum Alter von 29 Jahren sind nur zu gut der Hälfte der Meinung, es gebe hierzulande Bereiche, in denen Frauen benachteiligt seien. Diese Einschätzung ändert sich aber offenbar im Alter. Bei der Gruppe der Befragten, die sechzig Jahre und älter sind, geben 76 Prozent an, dass Frauen nicht gleichgestellt sind.

Und während zwar die AnhängerInnen von SPD, Grünen und Linkspartei mit deutlicher Mehrheit zwischen 81 und 88 Prozent finden, dass es nach wie vor Bereiche gibt, in denen Frauen und Männer nicht gleichgestellt sind, glauben 36 beziehungsweise 48 Prozent der AnhängerInnen von FDP und AfD, dass es in Sachen Gleichstellung hierzulande keine Probleme mehr gibt.

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17 Kommentare

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  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Ach ja: Eins noch! Was ist die häufigste Begründung für das Einreichen der Scheidung durch Frauen(!) in Partnerschaften, bei denen der Mann zuhause die Kinder versorgt hat?



    "Er war mir irgendwann einfach nicht mehr männlich genug."



    Echt! Ohne Sch...! Das ist wirklich der am häufigsten genannte Grund.



    Dass der nächste Kerl dann eher dem "klassischen" Setup entspricht, DAS ist meine persönliche Spekulation.

  • Ich kann auch mit Zahlen!



    Schafft den Gender-Pay-Gap ! Es ist unfassbare Geschlechterdiskriminierung, dass die Witwerrente nur halb so hoch ist wie die Witwenrente! Und sie wird außerdem noch viel weniger lange gezahlt! Und die Männer können überhaupt nichts dafür ... SIE haben ja ausreichend eingezahlt!

  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

  • Warum wird das immer falsch dargestellt?



    Die EU Statistik zum GenderPayGap erfasst NICHT die Arbeitzeit, d.h. Teil- und Vollzeit werden gleich behandelt. Dass aber jmd. der in Teilzeit arbeitet weniger als jmd. der in Vollzeit arbeitet erhält, sollte außer Frage stehen!



    Wird die Arbeitszeit berücksichtigt, schrumpft das GenderPayGap auf 4-5%.



    Dh. der EqualPayDay markiert nicht den Zeitpunkt bis zu dem Frauen umsonst gearbeitet haben, sondern (wenn man so will und in erster Näherung) sowas wie den Tag, bis zu dem Frauen (statistisch) NICHT gearbeitet haben und deshalb auch nichts bekommen haben. Ab diesem Tag bekommen sie aber genauso viel (evtl. abszgl. der 4-5%) wie alle anderen.



    Bitte, Ihr seid Journalisten, sowas solltet Ihr wissen und richtig darstellen!

  • Es ist schlimm genug, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Daher ist es umso wichtiger, dass mit den Zahlen seriös und richtig umgegangen wird und nicht mutwillig falsch verknüpft werden.

    Solange die ominösen 21 % mit "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" in Verbindung gebracht werden, macht man es den Gegnern wirklich sehr leicht, das zu zerreden, weil der Vergleich von Äpfeln mit Birnen geradezu offensichtlich ist.

    Man sollte den "unbereinigten" Gender Pay Gap nur dann heranziehen, wenn man über die schlecht bezahlten Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden, verwenden, während der "bereinigte" Gender Pay Gap" für die Frage "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" heranzuziehen ist.

    Beides ist wichtig, aber die Differenzierung ist unabdingbar für eine sachliche Diskussion.

    • @Katharina Reichenhall:

      "...wenn man über die schlecht bezahlten Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden..."



      Der unbereinigte Wert berücksichtigt durchaus unterschiedliche Berufe. Er vergleicht das Einkommen bei gleichem Beruf und gleicher formaler Qualifikation. Lässt aber, neben der tatsächlichen geleisteten Arbeit, vor allen Dingen die Arbeitszeit unberücksichtigt. D.h. eine Teilzeit-Stelle zählt genauso viel wie eine Vollzeit stelle, verdient also von vornherein 50% weniger... und da deutlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten kommen dann eben im Schnitt 21% Unterschied raus.



      Google hat übrigens eine Untersuchung bei sich gemacht und festgestellt, dass "men were paid less money than women for doing similar work." ;-)



      Quelle: NYT, Google Finds It’s Underpaying Many Men as It Addresses Wage Equity, 04.03.2019

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Meine Frau verdient halbsoviel wie ich. Weil sie sich um die Kindererziehung gekümmert hat und wechselnde Halbtagstätigkeiten angenommen hat. Das wollte sie so - ich fand das so ab dem zehnten Geburtstag übertrieben.



    Wo ist das Problem? Wir haben ein gemeinsammes Konto und wenn wir uns trennten, würde sie die Hälfte meiner Rentenbezüge bekommen.



    Wenn ich vorher sterbe, bekommt sie meine Risikolebensversicherung ausbezahlt.

    Hätte ich sie zur Vollzeit zwingen müssen? So wie es die Grünen mit Abschaffung des Ehegattensplittings wollen?

  • Frauen müssen nicht gleich"gestellt" werden, sondern die gleichen Rechte haben. Weniger Geld zu verdienen, weil man zum Beispiel öfter in Teilzeit arbeitet oder öfter Literaturwissenschaft und seltener Informatik studiert, ist kein Ausdruck fehlender Gleichberechtigung.

    Auf Basis des unbereinigten GPG zu unterstellen, Frauen würden 21% ihrer Arbeit umsonst leisten, ist einfach dummer Populismus.

  • Ist es nicht interessanter wieso es sein kann, daß Frauen immer noch weniger verdienen als Männer (für die gleiche Arbeit wohlgemerkt) ? Frauen machen seit vielen Jahren die besseren Schul-und Uniabschlüße und trotzdem können sie sich im Wirtschaftsleben offensichtlich nicht durchsetzen. Ich vermute, daß da Gesetze alleine nicht helfen. Auch sollte allen klar sein, daß ohne fehlende Kitaplätze im Falle von Kindern der Partner mit dem geringeren Einkommen im Regelfall zu Hause bleibt, egal welches Frauen oder Gesellschaftsbild man hat. Ich bin mir aber tatsächlich nicht sicher ob es sich bei diesem Komplex um gezielte Diskriminierung handelt und kann den Betroffenen nur raten sich zu organisieren bzw. wehren

  • Das Interpretieren von statistischen Daten hängt von deren "Aufarbeitung" ab, also was wird wie berücksichtigt.



    Bei der Bewertung daraus abgeleiteter Aussagen muss man diese "Qualitäten" und ggf. Absichten der Ausarbeiter*innen erraten.

    Ein guter Artikel zur Datenhandhabung ist :



    www.faz.net/aktuel...nner-16093149.html

  • Leider ist es immer noch so dass viel mit Zahlen jongliert wird, so wie es gerade passt.



    Offensichtlicht ist es bei dem bereinigten GPG. Selbst detaillierten Statistiken reichen nicht für Objektivität:



    so wird in einem aktuellen ZEITartikel nicht davor zurückgeschreckt, einen negativen paygap als "niedrig" anzugeben.:

    "..niedrigsten mit -9% im Polizeivollzugs-..."

    obwohl es wohl korrekterweise heissen müsste, Frauen verdienen da mehr als Männer.....

  • Fairerweise sollte man anfügen, dass es bei den 21% um den "unbereinigten" Pay Gap geht, also unter Einbeziehung der Teilzeit, Altersteilzeit und 450-Euro-Jobs.

    "Der bereinigte GPG beträgt ca. 2–7 %. Dies bedeutet, dass im Durchschnitt Frauen unter der Voraussetzung vergleichbarer Tätigkeit und gleicher Qualifikation pro Stunde 2–7 % weniger als Männer verdienten."



    de.wikipedia.org/w...ter_Gender_Pay_Gap

    • @Dorian Müller:

      Neben dem öffentlichen Dienst sind auch Landwirte und Selbstständige nicht berücksichtigt. Aber das dürften allen nur Peanuts sein, im Verhältnis zu dem Einfluss den das halbe Gehalt einer Teilzeit-Stelle gegenüber dem Vollen Gehalt einer Vollzeitstelle hat.

    • @Dorian Müller:

      Nicht vergessen, dass der Öffentliche Dienst gar nicht berücksichtigt wird.

    • @Dorian Müller:

      Ja: ideologisch bereinigt.

      Es bleibt: Frauen sind "anfälliger" für Teilzeit, haben weniger Zugang zu den besser bezahlten Jobs (gelten demnach als schlechter "qualifiziert"). Sie werden nun mal schwanger, tut uns leid.

      Wenn man mal den Spiess umdreht... vor einiger Zeit arbeitete ich in einem mittelgrossen Konzern. Gleichberechtigung, sogar LGBTIQ* welcome, alles schick. Mein Abteilungsleiter (Mann!) nahm Elternzeit (ich war begeistert!).

      Als er zurückkam war er kein Abteilungsleiter mehr. Lange hat er es in der Bude auch nicht gemacht.

      So dürfte es Frauen immer gehen, wenn sie schwanger werden.

      Beim heutigen Konkurrenzdruck: wer dürfte bei einer gemischtgeschlechtlichen Partnerschaft den "besseren" Job haben? Und wer darf demnach die Kids von der Kita abholen?

      Es gibt Asymmetrien, die dazu neigen, sich selbst zu verstärken. Und diese ist eine.

      Jaja. Bereinigt. Viel zu durchsichtiger ideologischer Trick, um den Status Quo zu rechtfertigen, nichts mehr.

      • @tomás zerolo:

        "Sie werden nun mal schwanger, tut uns leid."

        Kinder zu kriegen, ist eine freie Entscheidung. Wer deshalb jahrelang aussetzt oder kürzer tritt, kann nicht erwarten, dass sich dies nicht negativ auf seinen Marktwert und seine Bezahlung auswirkt.