Anschlagsplan Rheinmetall-Chef Papperger: „Brutale russische Aggression“

Ein Bericht über einen Anschlagsplan auf Rheinmetall-Boss Papperger sorgt für Empörung. Politiker warnen vor einem hybriden Krieg Russlands.

Porträtbild des Rheinmetall-Vorsitzenden Armin Papperger

Steht offenbar im Visier Moskaus: Rheinmetall-Vorstandsvorsitzender Armin Papperger Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

BERLIN taz | Der mögliche russische Anschlagsplan auf Armin Papperger, Vorsitzender des Rüstungskonzerns Rheinmetall, sorgt für Entrüstung. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte dazu, Russland führe einen „hybriden Angriffskrieg“, mit Sabotageaktionen, Cyberattacken und auch Angriffen auf Menschen auf europäischem Boden.

Dagegen müsse sich Europa „bestmöglich schützen“ und dürfe „nicht naiv“ sein. Eine Sprecherin von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, die Bundesregierung werde sich „durch die russischen Bedrohungen nicht einschüchtern lassen“. Man werde „weiter alles daran setzen, um mögliche Bedrohungen in Deutschland zu unterbinden“.

Auch Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Kontrollgremiums der Geheimdienste im Bundestag, sagte der taz: „Sollten sich die im Raum stehenden Vorwürfe bewahrheiten, vervollständigt sich das Bild der brutalen russischen Aggression.“ Die Sicherheitsbehörden müssten „jetzt ganz genau und aufmerksam hinschauen, um Anschläge zu verhindern“, so von Notz. „Aktuell, aber auch in der Vergangenheit, um gegebenenfalls bestehende Zusammenhänge zu erkennen und aufzuklären.“

Zuvor hatte CNN berichtet, dass US-Geheimdienste bereits im Frühjahr einen russischen Anschlagsplan auf Papperger aufgedeckt hätten. Der 61-Jährige habe wegen der Rüstungslieferungen von Rheinmetall in die Ukraine im Visier gestanden. Auch weitere Verantwortliche von Rüstungskonzernen in Europa, welche die Ukraine unterstützen, stünden im Fokus Russlands.

Die Anschlagspläne gegen Papperger aber seien am weitesten fortgeschritten gewesen. Deutsche Sicherheitsbehörden seien darüber informiert worden, sie hätten darauf Sicherheitsmaßnahmen für Papperger getroffen. Der Sender beruft sich auf fünf Quellen, die mit den Vorgängen vertraut seien.

Deutsche Sicherheitsbehörden und das Innenministerium wollten den Bericht nicht kommentieren. Nach taz-Informationen sollen die Behörden aber tatsächlich dem Verdacht von Anschlagsplänen gegen Papperger nachgegangen sein, eine akute Gefahr aber bestand offenbar nicht.

Mehrere Verdächtige im Visier

Auch Rheinmetall wollte den Bericht nicht kommentieren. Zu Fragen der Konzernsicherheit äußere man sich grundsätzlich nicht, erklärte ein Sprecher. „In regelmäßiger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden werden stets die erforderlichen Maßnahmen getroffen.“

Tatsächlich aber erhält Papperger, der Rheinmetall seit 2013 führt und offensiv für Waffenlieferungen in die Ukraine eintritt, schon länger Personenschutz. Laut Spiegel sollen deutsche Sicherheitsbehörden im Mai einen Hinweis von US-Diensten bekommen haben, dass es einen russischen Anschlagsplan auf Papperger gebe.

Eine handvoll Verdächtiger aus verschiedenen Ländern der ehemaligen Sowjetunion soll danach ins Visier genommen worden sein. Sie hätten sich teils schon im Schengenraum befunden, andere eine Einreise geplant. Einige sollen sich in der Nähe der Düsseldorfer Konzernzentrale von Rheinmetall oder an Reisezielen von Papperger im Ausland aufgehalten haben.

Zuletzt soll der Anschlagsplan aber nicht mehr weiter verfolgt worden sein. Tatsächlich gab es bis heute auch keine Festnahmen in dem Fall. Ein ausreichender Tatverdacht gegen die Verdächtigen ließ sich bisher also nicht nachweisen.

Bedrohung wird „sehr ernst genommen“

Eine Sprecherin von Innenministerin Faeser betonte aber, die Bundesregierung nehme „die Bedrohungen durch das russische Regime sehr ernst“. Russland ziele darauf, die Unterstützung Deutschlands und anderer Länder für die Ukraine „zu unterminieren“. Das Land setze dabei auf „Cyberangriffe, Desinformation, Spionage und Sabotage“. Die Sicherheitsbehörden seien hier „sehr wachsam“ und handelten zusammen mit internationalen Partnern.

Rheinmetall steht schon länger im Visier Russlands. Der Rüstungskonzern produziert Artillerie für die Ukraine, gilt als größter Einzellieferant für Rüstung in das Land. Demnächst will Rheinmetall auch ein Werk für den Schützenpanzer Lynx in der Ukraine errichten.

Papperger selbst reiste auch direkt nach Kiew und traf dort den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. „Wir sind bereit dazu, der Ukraine dabei zu helfen, bei der militärischen Ausrüstung auf ein Niveau zu kommen, das allerhöchsten westlichen Standards in nichts nachsteht und sogar neue Maßstäbe setzt“, betonte Papperger dort.

Auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz traf sich der 61-Jährige wiederholt. Im Februar vollzogen beide etwa einen ersten Spatenstich für ein neues Rheinmetall-Werk in Niedersachsen. Zuletzt sorgte auch für Aufsehen, dass Rheinmetall neuer Sponsor des Fußballvereins Borussia Dortmund wird.

Brandanschlag auf Gartenhaus

Papperger selbst stand zuletzt auch anderweitig schon im Visier. Im April verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf sein Gartenhaus im niedersächsischen Hermannsburg. Größere Schäden entstanden nicht. In einem Bekennerschreiben auf dem linken Onlineportal Indymedia bekannte sich eine Gruppe „Switch Off Rheinmetall“ zu der Tat. Diese sei Teil eines „Kampf gegen Krieg, Militär und Rüstungsindustrie“.

Die deutsche Regierung warnt schon länger vor hybriden Angriffen Russlands hierzulande. Bereits 2019 war ein Georgier im Berliner Tiergarten erschossen worden. Der Auftrag dafür soll von russischen Stellen gekommen sein.

In diesem April dann hatte die Bundesanwaltschaft zwei Deutschrussen in Bayreuth festnehmen lassen, die für Russland den US-Militärstützpunkt Grafenwöhr und deutsche Transportwege für Waffenlieferungen ausgespäht haben sollen. Zuletzt gab es weitere Festnahmen von drei Männern aus Russland, Armenien und der Ukraine in Frankfurt/Main, die dort einen Ukrainer verfolgt haben sollen.

Im Mai war es zudem zu einem Großbrand beim Technologiekonzern Diehl in Berlin gekommen, der auch eine Rüstungssparte hat, die das Luftabwehrsystem Iris-T produziert, das in der Ukraine zum Einsatz kommt. Hier gehen Ermittler aber bisher nicht von Sabotage, sondern von einem technischen Defekt aus.

Der Grüne Konstantin von Notz betonte, in ganz Europa würden seit Monaten Menschen unter Sabotageverdacht festgenommen, es gebe zahlreiche Verdachtsfälle bereits erfolgter Anschläge. Von Notz forderte die „volle politische Unterstützung“ für die Sicherheitsbehörden.

Die „ernste Lage“ müsse für die Behörden zudem im Haushalt „ausreichend abgedeckt“ sein. Im Haushaltsentwurf für 2025 ist ein Anstieg der Gelder für die Sicherheitsbehörden vorgesehen – die Grünen hätten sich hier aber noch mehr gewünscht.

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