Anschlag auf Nord-Stream-Pipelines: Klappe halten statt aufklären
2022 wurden die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee von Unbekannten gesprengt. Das Interesse scheint zu schwinden, dabei führen Spuren in die Ukraine.
Die Ermittlungen rund um die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee im Jahr 2022 seien eine nationale Aufgabe, erklärte ein Sprecher der EU-Behörde auf Anfrage der taz. Man wolle die Nachforschungen der deutschen Behörden abwarten und den Fall nicht weiter kommentieren.
Nach Recherchen von ARD, Zeit und SZ hat Generalbundesanwalt Jens Rommel im Juni einen Haftbefehl gegen eine tatverdächtige Person erwirkt. Der betroffene Ukrainer Wolodymyr Z. habe sich zuletzt in Polen aufgehalten und sei spurlos verschwunden, hieß es.
In wessen Auftrag er gehandelt haben soll, ließen diese Recherchen offen, aber eine brisante Wendung bekam der Fall vor einer Woche durch einen Bericht des Wall Street Journal in den USA. Demnach war der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj über die Planung des Attentats informiert. Auch die Bundesregierung sei gewarnt worden. Selenskyj habe das Projekt am Ende zwar nicht gutgeheißen, aber es sei dennoch ausgeführt worden.
Schweden und Dänemark haben Ermittlungen eingestellt
Die Ukraine hat den Bericht zurückgewiesen und jede Mitverantwortung von Selenskyj bestritten. Doch sollte er zutreffen, würden die Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine in einem neuen, grellen Licht erscheinen. Auch das wichtige deutsche Verhältnis zu Polen ist belastet. Denn Polens Regierungschef Donald Tusk forderte in Reaktion auf die Berichte, den Fall ruhen zu lassen.
Auf „X“ appellierte Tusk an die „Initiatoren und Förderer“ von Nord Stream, sich zu entschuldigen und die Klappe zu halten. Dies sorgt für Irritationen in Berlin. Zu Ergreifung des ukrainischen Verdächtigen sind die deutschen Behörden auf die Kooperation Polens angewiesen. Doch Tusk erweckt den Eindruck, als sei er an Aufklärung nicht interessiert.
Auch die EU legt kein großes Interesse mehr an den Tag. 2022 hatte sie noch mit Sanktionen gedroht. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur sei völlig inakzeptabel und werde „mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.
Zwei Jahre später ist davon keine Rede mehr: Man habe nie mit Sanktionen gedroht, die EU habe auch andere Druckmittel. Außerdem seien nicht nur Borrell oder die EU-Kommission gefragt, sondern alle 27 EU-Staaten gemeinsam. Von Polen ist aber wohl nichts zu erwarten.
Auch Schweden und Dänemark haben ihre Ermittlungen zu Nord Stream bereits eingestellt. Sollten nun auch die deutschen Ermittlungen im Sande verlaufen, könnte der Anschlag, der vor zwei Jahren noch überwiegend Russland zugeschrieben wurde, womöglich nie mehr aufgeklärt werden.
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