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Analyse zum WM-Aus des DFB-TeamsZurück in die Zukunft

Nach dem erneuten WM-Vorrundenaus bräuchte das DFB-Team wieder einen Neuanfang. Zu befürchten ist aber eine Niederlagenaufarbeitungskommission.

Entsetzt: DFB-Spieler Antonio Rüdiger nach dem Spielende und WM-Aus Foto: Christian Charisius/dpa

Manchmal entwickelt der Fußball eine infernalische Kraft. Er schleift Gewissheiten, scheint die alte Welt aus den Angeln zu heben und eine neue Ordnung zu schaffen, von der keiner wusste, dass sie in dieser Form existiert. Auch Bundestrainer Hansi Flick war diese Parallelwelt nur aus Erzählungen bekannt, bis er vom großen Scharfrichter Fußball bitter lernen musste, dass Deutschland keine Turniermannschaft mehr ist und auch kein Team, das automatisch in die K.-o.-Runde einer WM einzieht. Warum? Weil es eben so ist.

Der Automatismus ist nun schon zum zweiten Mal gebrochen. Deutschland hat sein letztes Gruppenspiel gegen Costa Rica gewonnen, aber es reicht nicht zum Weiterkommen.

Wo das DFB-Team sein Refugium hatte, da tummeln sich jetzt Teams aus Japan und Marokko. „Diversity wins“ – so gesehen. Der Slogan steht am Flieger der DFB-Truppe. Er war anders gedacht und erweist sich nun als Bekenntniskitsch. Wie so vieles in den vergangenen zwei, drei Wochen.

Der Fußball scheint die allzu Selbstsicheren auf den Boden der Tatsachen zu führen: lustvoll, höchst unterhaltsam und für die Betroffenen mit einer großen Gnadenlosigkeit. Fast könnte man denken, hier seien unsichtbare Lehrmeister einer moralischen Anstalt am Werke, die jene mit hypertrophem Selbstbewusstsein oder allzu schiefem Selbstbild in die Wirklichkeit des Sports zurückholen, wo dann Bilder entstehen vom Elend der Nationalspieler: konsterniert auf dem Feld, gelähmt auf der Bank, manche mit Tränen in den Augen. Erstarrte Salzsäulen der Fassungslosigkeit.

Gewogen und für zu leicht befunden

Der Kontrast ist riesig: Eben noch auf den WM-Pokal schielend, nun Prüflinge, gewogen und für zu leicht befunden. Das Hyänenrudel der Experten fletscht die Zähne. Die Presse, eben noch bereit, die größte Nebensächlichkeit aus dem Lager der Deutschen als wichtige Nachricht unters Volk zu bringen, schwenkt um in den Modus der Verurteilung.

Häufchen Elend: die deutschen Nationalspieler sind nach dem WM-Aus sichtlich angefasst Foto: Federico Gambarini/dpa

Es ist nicht so, dass die Berufsopportunisten lange suchen müssten. Sie werden schnell fündig. Dass es sich beim nun multiplen Scheitern der Deutschen um Zufall, Pech gar, handeln könnte, fällt aus. Das Versagen ist systemisch, so viel steht fest. Es hat eine innere Logik, deren Formeln aber durchaus kompliziert sind.

Man muss ein bisschen ausholen, zurückgehen ins Jahr 2006, als nicht nur die Welt, sondern auch die Nationalmannschaft eine andere war. Der deutsche Fußball hatte gerade die größte Transformation seiner Geschichte hinter sich. Die Kicker konnten plötzlich Tiki-Taka und sie konnten kreativ sein, jedenfalls häufiger als früher.

Geburt der „Internationalmannschaft“

Die Nationalmannschaft wurde zum Labor für Veränderung, durchaus in Abgrenzung und Opposition zum verkrusteten DFB in Frankfurt am Main. Die Nati-Crew, Hansi Flick war damals schon dabei, entwickelte einen Korpsgeist, der inspirierend wirkte, frisch und modern. Sie bot eine Identifizierungsplattform. Fans konnten mit denen etwas anfangen, sie erzählten sich Sommermärchen.

Die Truppe zeigte damals schon Anzeichen von Hybris, allen voran Vermarktungsoffizier Oliver Bierhoff, der sich nicht entblödete, als Markenbotschafter der Schweizer Uhrenmarke IWC die Nationalspieler zu einem Workshop in eben jene Firma zu schleifen, was viel über sein Verständnis von Führung sagte.

Aber das ging unter. Das Image der Macher dominierte. Bundestrainer Jogi Löw und sein Assistent Flick wirkten sympathisch, unprätentiös. Sie erklärten ihren Fußball ruhig und geduldig. Deutschland hörte ihnen zu. Und es ging ja auch wirklich voran. Nach der Überraschungs-WM 2006 überzeugte die Nationalmannschaft in Südafrika vor allem spielerisch. Von der „Internationalmannschaft“ wurde geschrieben, von der Unbeschwertheit der „jungen Wilden“.

Alles schien möglich. Und tatsächlich: Der WM-Titel folgte vier Jahre später. Das Team konnte vor Kraft und innerer Überzeugung kaum laufen. Demütigte die Gastgeber. „So geh’n die Gauchos“, sangen sie auf der Berliner Fanmeile, aufgepumpt vom Erfolg – und weniger tugendhaft als heute.

In solchen Momenten denkt man, es könnte ewig so weitergehen. Man hat ja bewiesen, dass das Modell erfolgreich war. Warum etwas verändern? Die Nati-Crew aber hatte sich zu Tode gesiegt. Sie hatte mittlerweile ja auch den DFB erobert. Was sollte jetzt noch kommen? Die Uefa, die Fifa? Hansi Flick wurde Sportdirektor im DFB, Oliver Bierhoff DFB-Direktor mit großen Kompetenzen. Sie hatten den Laden übernommen oder zumindest nach ihren Interessen ausgerichtet.

Bierhoff etablierte 2015 die Marke „Die Mannschaft“, aber die Mannschaft, angeblich Solitär im deutschen Teamsport, wuppte ab da nichts mehr. Ein Prozess der Entfremdung setzte ein. Die Fans distanzierten sich zunehmend; in Doha blieben sie blass, zersplittert, leise. Die Mannschaft wurde zum Scheinriesen, zur Markenhülle. Löw blieb so lange auf seinem Posten kleben, bis es peinlich wurde. Erst das Aus bei der WM in Russland belehrte ihn eines Besseren.

Saturiertheit der allzu Erfolgreichen

Und Flick? Hat als Bundestrainer seine Leichtigkeit verloren. Er ist vom Fußballerklärer zum Funktionär geworden. Die Saturiertheit der allzu Erfolgreichen hat auch ihn eingeholt. Bei den klimatischen Bedingungen im DFB ist das kein Wunder. Am Stadtwald in Frankfurt, dem Sitz des DFB, sind noch ganz andere gescheitert: zuletzt der Freiburger Fritz Keller als Präsident, dabei schien er doch wie gemacht für den Posten. Der Verband klammerte sich in seiner Hilf- und Richtungslosigkeit zunehmend ans Nationalteam, und als aus dem auch ein unsicherer Kantonist zu werden drohte, verkumpelte sich der Verband mit dem Juste Milieu.

Dafür ist nun der ehemalige SPD-Lokalpolitiker Bernd Neuendorf, der neue Präsident, zuständig, der sich in Opposition zur Fifa und zu Katar sieht. Eingeigelt ins Luxusresort im Norden Katars, über 120 Kilometer von Doha entfernt, erschien das Lager der Deutschen als das Epizentrum des ethisch vollendeten Fußballsports. So angemessen die Anliegen der Deutschen gewesen sein mögen, die Politisierung war der Leistung offensichtlich abträglich.

Auch diese Lehre hätten sie aus der Katastrophen-WM in Russland ziehen können. Seinerzeit waberten die Diskussionen ums „Deutschsein“ von Mesut Özil durch die Mannschaft und die Öffentlichkeit, jetzt galt es, dem katarischen Gesellschaftsmodell den Stempel der Rückständigkeit zu verpassen – mit moralinsaurer Symbolpolitik, der One-Love-Binde und der Mund-zu-Geste.

Entrückt in einer schönen heilen Welt

Wie entrückt der DFB-Tross in seiner schönen, bis Donnerstag noch heilen Welt lebte, illustriert eine Szene, die vorm Spiel gegen Spanien datiert: Da erschien Bundestrainer Hansi Flick vor den Medien im Pressezentrum. Allein. Normalerweise hätte er in Begleitung eines Spielers auf dem Podium sitzen müssen, aber diese lange Fahrt sei seinen Schützlingen nicht zuzumuten, „vor so einem wichtigen Spiel“. Und außerdem könnte doch die versammelte Weltpresse zu den Deutschen kommen; man habe ein schönes Medienzentrum im Norden Katars eingerichtet. Die Fifa sanktionierte den selbstherrlichen DFB mit 10.000 Euro.

So geht es für die deutsche Nationalmannschaft zurück in die Zukunft, vielleicht sogar ins Jahr 2000, dem letzten großen Tiefpunkt. Unter Erich Ribbeck vergeigte der DFB-Tross die Europameisterschaft, verlor gegen Portugal und England, konnte jahrelang nicht gegen „die Großen“ gewinnen. Dann reagierte man. Mit Nachwuchszentren, professioneller Trainerarbeit, mit Risikokapital. Vor so einem Umbruch scheint der deutsche Fußball nun wieder zu stehen. Bundestrainer Flick, der wohl die längste Zeit Bundestrainer gewesen sein dürfte, bemängelte nach dem spektakulären Aus die Qualität der deutschen Defensivkräfte.

Es gebe zu wenig gute Abwehrspieler in Deutschland. Und die wenigen guten, so ließe sich ergänzen, machen zum Teil haarsträubende Fehler. Beim 4:2 gegen Costa Rica patzte sogar der hoch gelobte Antonio Rüdiger. Auch Nico Schlotterbeck, Niklas Süle und David Raum standen bisweilen neben sich. Flick fand nie seine Stammabwehr, testete und rotierte. Weiter vorn setzte er auf einen kompakten Bayern-Block, weil ihm das als ehemaligem Bayern-Coach irgendwie logisch erschien. Wenig fruchtete, Chancen wurden im Dutzend vergeben. Siechtum auf hohem Niveau.

Es braucht, nun ja, einen Neuanfang. Die Alten, Bierhoff, Flick und Co, mehr oder weniger seit 16 Jahren im Amt, müssen den Laden übergeben an Fußballfachleute, die nicht nur mit der Verwaltung alter Erfolge beschäftigt sind. Der Marsch der 2006er-Crew durch die Institutionen ist zu Ende.

Das Nationalteam muss in einen Prozess der Revitalisierung gehen. Das ist schwierig in einem Umfeld von Inflation und Irritation, klar. Es bräuchte dennoch so etwas wie einen Anarcho-Trupp, der den DFB aufmischt, unangepasst und mutig. Aber wir ahnen schon, was kommt: die Niederlagenaufarbeitungskommission, die NAK. Und die Besserer-Fußball-Task-Force, die BFTF – unter Einbindung von Politik, Kirche und NGOs.

Und könnte Bundeskanzler Olaf Scholz nicht mit einem Triple-Wumms helfen?

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34 Kommentare

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  • Das Ganze ist Viel Einfacher und im Prinzip Unproblematischer

    Es ist leicht nach diesem Scheitern des deutschen Fußballs sich über die Akteure herzumachen. Und für manche ist die Versuchung doch zu groß, sie nicht auch noch mit besserwisserischer Ironie und hämischen Sarkasmus runterzumachen. Markus Völker sieht vieles richtig, sein Urteil trieft aber leider von schadenfreudiger Genugtuung. Der deutsche Fußball liegt nicht am Boden zerstört. Er ist aber zum zweiten Mal unnötig gestolpert, weil manchen Entscheidungsträgern die Durchsicht und Weitsicht fehlt. Er wird sich aber wieder aufrappeln.

  • Mir ist diese Bewertung zu oberflächlich. Hansi Flick hat sich zwar nicht als der Knipser erwiesen, der Gegner an analysiert und die Mannschaft jeweils optimal abstimmt. Trotzdem hat er sich bewährt. Auch Oliver Bierhoff gehört zu den positiven Faktoren der Mannschaft. Eher an Auswechslung sollte man den DFB-Präsidenten wechseln oder seinem Stellvertreter. Da strahlt der Manager wesentlich mehr Kompetenz aus.

    Doch das eigentliche Problem spricht im live-blog der ehemalige Kotzbrocken Stefan Effenberg an. Thomas Müller hat seinen Rücktritt bereits angekündigt. Doch das Turnier wurde vielmehr von einem lustlosen Manuel Neuer entschieden. Bei allen Gegentoren hat er kein gute Bild abgegeben. Vielleicht war er auch zu verärgert über die Verhältnisse in Qatar, doch diese Lustlosigkeit war schon in früheren Spielen der Nationalmannschaft zu bemerken. Insbesondere als Kapitän hätte er die Aufgabe, die Mannschaft anzutreiben, fehlenden Biss von Flick auszugleichen. Marc-André ter Stegen konnte da ehe überzeugen oder auch Kevin Trapp. Neuer wagt es nicht, von sich aus zurückzutreten, Flick wagt es nicht, auf den Bayernspieler zu verzichten. Da wäre der Ansatzpunkt, statt über einen Trainerwechsel zu reden.

  • Wenn der deutsche Michel nicht gerade den Spaniern die Schuld gibt (so heißt es bei SPON "Spanien, wie kannst Du nur?"), dann liegt es an den Kritikern, die versuchen "dem katarischen Gesellschaftsmodell den Stempel der Rückständigkeit zu verpassen". Dieses Gesellschaftsmodell ist aber nun mal rückständig und das darf man dann auch ansprechen, was jawohl keineswegs heißt, dass damit den westlichen Gesellschaften Absolution erteilt würde. Wenn der Autor die Anliegen selbst für angemessen befindet, warum sollten sie dann nicht geäußert werden?



    Zudem gab es solche Diskurse nicht nur in Deutschland. Wenn die Politisierung "der Leistung offensichtlich abträglich" war, stellt sich die Frage, weshalb es andere europäische Nationalmannschaften gab, die nicht derart vergeigt haben.



    Die Kritiker galten schon immer als das spaltende Element in der eigentlich so harmonischen deutschen (Volks-)Gemeinschaft. Da ist der Sport halt nur die Projektionsfläche für die kollektivnarzisstische Deutschtümelei.

  • Sehr treffsicherer Artikel den man höchstwarscheinlich in 15 Jahren , nur mit anderen Protagonisten ( ausser Bierhoff) , wohl genau so schreiben wird....

  • So eine NAK ist doch eine gute Idee. Man sollte sie gleich mit gutem Etat und unbefristeten Stellen ausstatten - die neue DFB-Abteilung wird sicher länger gebraucht.



    Wie wir sind raus? Ach was! Wir sind mittendrin im Vergnügen und können endlich entspannt guten Fußball gucken. Und die armen Fußballmillionäre dürfen sich endlich mal ein wenig ausruhen. Win win!

  • Wer glaubt denn, dass Bierhoff oder Flick freiwillig zurücktreten? Die Altherrenmannschaft ohne Abwehr ist doch ein Marketing Erfolg, oder? Nur Musiala und Gündogan tun mir leid.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "bis er vom großen Scharfrichter Fußball bitter lernen musste, "



    Was lernt er? Der Ball ist rund - der Kopf auch, aber der Ball rollt besser.



    (Aus Schaden wird man klug? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel?)



    www.youtube.com/watch?v=ipr14fWy9bw

  • Sponsoren werden sich vielleicht ärgern, dafür werden sich die Spielerfrauen freuen, dass ihre Göttergatten ihnen jetzt bei der Weihnachtsbäckerei zu Hand gehen können.



    Man muss auch die positiven Aspekte des Ausscheidens würdigen.

    • @Drabiniok Dieter:

      .... und Zeit haben um teure Geschenke für die Liebste zu kaufen.... !

  • Der erste Spieltag war entscheidend: Spaniens hoher Sieg und Deutschlands Niederlage gegen Japan. Vielleicht hätte sich die deutsche Mannschaft auf den Sport konzentrieren sollen, statt zu politisieren.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @coyote:

      Brilliante Analyse. -



      Ein Sieg der deutschen Fußballer gegen Spanien wäre allerdings auch hilfreich gewesen. ⚽ ⚽ ⚽

  • Jetzt spricht wieder der Stammtisch. Gegen Costa Rica gewonnen und darauf verlassen, dass Spanien das machen sollte, was gegen Japan unsererseits nicht geklappt hat. Die NM wäre doch in höchsten Tönen gelobt worden, wenn sie weiter gekommen wären, trotz Niederlage gegen Japan, trotz Unentschieden mit Spanien und trotz Sieg gegen Costa Rica. Für ein Spiel gibt´s maximal 3 Punkte, gegen Costa Rica hat die NM die geholt, gegen Japan NULL und gegen Spanien nur einen Punkt. Und nur daran lag es.

  • "Eingeigelt ins Luxusresort im Norden Katars, über 120 Kilometer von Doha entfernt, erschien das Lager der Deutschen als das Epizentrum des ethisch vollendeten Fußballsports."

    Schrieben Sie nicht weiter oben etwas von Berufsoportunisten, Herr Völker? Sorry, dass mir das da in den Sinn kommt. Erst wird die One-Love-Binde zum Symbol für Wasweißichwas hochgejazzt, auch in der taz, und man bekommt das Gefühl, dass allein die Kapitänsbinde die WM noch retten kann. Und jetzt ist das eine Verbrüderung mit dem "Juste Milieu"?



    Da kann man als Sportler bei dieser WM eigentlich nur alles falsch machen.

    Außerdem: Wenn das Japan-Spiel nicht verloren gegangen wäre, würden wir über Vieles nicht nur jetzt, sondern nie reden. Vielmehr würden wir bemerken, dass die Mannschaft sogar Fortschritte gemacht hat. Und dass wir uns eben auf dem Niveau bewegen, dass wir im Moment können.

    Weltmeister-Niveau ist das sicherlich nicht. Aber irgendwo in der (grauen) Mitte. Und vielleicht ist da der relevanteste Kritikpunkt: Es fehlt an einer realistischen Einschätzung der eigenen Qualität.

    • @Libuzzi:

      Kommentar gefällt mir

  • Vielleicht bekommen wir genau das, was wir verdienen, denn wie heißt es in der Satzung des DFB: "Der DFB bekennt sich zur Achtung aller international anerkannten Menschen-



    rechte und setzt sich für die Achtung dieser Rechte ein "

    Russland und Katar schienen da einfach nicht der richtige Ort für sportlichen Erfolg zu sein.

    Fußball ist Ausbeutung mit System. Katar ist da nur der Höhepunkt. Was hierzulande mit den jungen Talenten gemacht wird, weil jeder Verein, jeder Berater, jeder Sponsor, teilweise die Eltern Kapital aus dem nächsten Weltstar schlagen möchten, ist menschenverachtend.

    Wäre doch schön, wenn wir uns mehr damit beschäftigten als mit der Frage, wieso wir sportlich nicht jedes Mal erfolgreich sind.

  • Das Problem ist viel ausufernder, als dass man es auf den Verbandsbeton beschränken sollte. Vor einiger Zeit las ich in der "11Freunde" über den belgischen Weg (Okay, die sind auch raus...) und wie dort Talente gefördert wurden, vor allem auch die Jüngeren eines Jahrgangs, die es naturgemäß schwerer haben, weil ein halbes Jahr Altersunterschied dort noch einiges ausmachen kann. Es ging aber auch darum, nicht immer die besten Spieler ins Zentrum zu ziehen. Und grundsätzlich: Die in den NLZ ausgebildeten Spieler haben großartige Moves und Fähigkeiten, was ihnen aber offensichtlich abtrainiert wurde, sind Intuition, Anarchie und ehrliche Freude. Es sieht alles nach Dienst nach Vorschrift aus. Läuft es, ist es gut, läuft es nicht, dann naja.

    Und dann sind da noch diese Berater (besser: Makler), weitere Totengräber des Fußballs. "Du setzt dich da nicht durch? Ich bringe ich dich woanders unter! (Und kriege von all deinen Einnahmen satte Anteile!)" So lernt man nicht, sich auch unter Druck mal durchzusetzen.

    • @Tenderloin:

      Früher war alles besser. Man erinnere sich nur an solche Fußballgötter wie Andreas Brehme oder Lothar Matthäus. Reinste Filigrantechniker mindestens vom Niveau eines Messi. Dagegen sind unsere heutigen Jungs reinste Rumpelfussballer.

      Vielleicht ist es einfach nur so, dass die anderen Länder gegenüber den "großen" Fußballnationen aufgeholt haben. Man denke nur an Argentiniens Niederlage gegen Saudi-Arabien, an das Aussscheiden der Belgier, daran, dass sich Brasilien im ersten Spiel schwer tat, an Englands 0:0 gegen die USA und auch Spaniens Niederlage gegen Japan usw. Zunehmende Leistungsdichte aufgrund einer zunehmenden Professionalisierung auch in Ländern, die bisher in der zweiten und dritten Reihe standen.

    • @Tenderloin:

      Früher sagten die Spielerberater, Dich mache ich zum Nationalspieler, heute sagen sie, Dich mache ich zum Millionär, warum wohl?

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @Tenderloin:

      Stichwort Talentförderung: Sie wissen aber schon, dass die deutsche U 21-Nationalmannschaft mehrfach Europameister wurde, zuletzt im vergangenen Jahr?

  • Immerhin gehört D noch zu den besten 32 Manschaften der Welt!!!



    Die Blut, Schweiß und Tränen WM von Qatar ist für unsere Multimillionäre vorbei.



    Auch gut.

  • Wenn es beim DFB Team schlecht läuft, kann man nur gratulieren und sagen: "Weiter so!". Endlich wieder Ruhe vor dem nationalen Taumel, vor unnötigen Autokorsos und der Abwertung der Anderen.



    Der Fußball hat 2006 dazu beigetragen, das deutsche Fahnenschwenken wieder akzeptabel zu machen. Wenn er jetzt dazu beiträgt, dass sich Leute wieder dafür schämen, ist das gut so.

    • @Piratenpunk:

      Das Autokorsos generell unnötig sind, sei es bei einer WM oder einer Hochzeitsfeier dürfte klar sein.



      Warum sollten sich aber Leute dafür schämen Fahnen zuschwenken nachdem D ausgeschieden ist? Da schämt sich keiner, die Leute schwenken halt einfach keine mehr weil es keinen Sinn macht.



      Und das man andere Nationen abwertet indem man gewinnt, das müssen Sie bitte erklären. Ist beim Sport eigentlich oberstes Ziel zu gewinnen. Sonst könnte man den Titel auch auslosen.

    • @Piratenpunk:

      Warum soll man bei und nicht wie in anderen Ländern gang und gebe bei sportlichen Events die Nationalflaggen schwenken? Warum sollen wir darauf verzichten, welchen dummen Grund soll es dafür geben? Ihr Ansatz ist kleinkariert, verbohrt, besserwissend. Deutsch eben.

      • @maestroblanco:

        In anderen Ländern ist das Schwenken der Nationalflagge auch peinlich.



        In Deutschland ist es besonders peinlich.

        Stolz auf das eigene Land ist billig, dezent daneben und obendrein auch gefährlich.



        Um Mal Schopenhauer heranzuziehen:



        Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu Dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen.

        • @Piratenpunk:

          Wenn Schopi Recht hätte, würden aus Kriegsgebieten fliehende Heimatvertriebene nicht vorzugsweise in Deutschland eine zweite Heimat suchen, worauf Deutsche gerne stolz sein dürfen. Der Gegensatz zwischen Einzelwesen (Individuum) und Gesellschafts(un)wesen ist eine pseudo-philosophische Erfindung und schon lange wissenschaftlich überholt. Das Einzelwesen ist ein Produkt der Gesellschaft, und die beste Gesellschaft setzt sich aus der Vielheit einzigartiger Einzelwesen zusammen. Beide gehören als organische Einheit zusammen und sind die zwei Seiten derselben Medaille. Es gibt keinen Grund, das Individuum gegen die Gesellschaft zu verklären. Deutschland hat Grundrechte, nach denen sich Menschen anderer Länder sehnen. Eine Made im Speck würde sich nie über ihre fettige Umgebung beschweren. Zumindest sie weiß ihre Privilegien (Grundrechte) zu schätzen.

        • @Piratenpunk:

          Wer bei einem Fußballspiel die Fahne schwenkt ist nicht notwendigerweise ein tumber Nationalist ohne Bewusstsein für die Fehler seiner eigenen Nation. Aus der Nationalflagge etwas prinzipiell "Gefährliches" zu machen ist mir zu undifferenziert und vor allem zu hysterisch.

        • @Piratenpunk:

          In welchen denn? Mir fällt da gerade keins ein...

          Und nur weil ein Zitat von Schopenhauer ist, ist es nicht unbedingt richtig.

  • Japan baut mittlerweile die besseren Autos... spielen sie jetzt auch den besseren Fußball... Deutschland ist in vielem nur noch drittklassig... ist nicht schlimm... nur wenn man es sich nicht eingesteht...

  • Flick gestern auf einen Rücktritt angesprochen im TV: Nein, mir macht mein Job Spaß.



    Verantwortung zu tragen ist halt weniger wichtig als Spaß zu haben.



    Man kann sich über das überheblich Deutschland nur noch wundern. Egal wo derzeit was nicht gut läuft ist doch immer als stets richtig gemacht worden.

    • @Tom Farmer:

      Bei dem Gehalt würde ich auch Spass haben ...

    • @Tom Farmer:

      sehr treffend bemerkt ...

  • Toller Artikel!

    Die Politisierung des Sports geht mir auch auf die Nerven, so wichtig die Anliegen auch sein mögen. Besonders steht sie in extremen Kontrast mit den wirklich unethischen Vorgängen bei FIFA, DFB und co. Das schmeckt für mich nach Heuchelei und virtue signaling.



    Mehr Integrität, weniger Funktionäre und weniger moralische Feigenblätter, und ich würde auch wieder Fußball gucken.

  • Och Kinder, ist doch nur n Spiel!

    • @Suryo:

      Schön wär's.



      Die Zeiten, als Fußball nur ein Spiel war sind leider lange vorbei.