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Aiwanger und die FolgenEine Zukunft, vor der mir graut

Geschichtsrevisionismus hat das Land fest im Griff. Von Aiwanger und Söder bis zur AfD wird die Nazivergangenheit als gar nicht so schlimm entsorgt.

Söder grinst von seinem Wahlplakat, das muss reichen Foto: Heike Feiner/picture alliance

D er Herbst bricht langsam an, jedenfalls in Bayern, wo ich die letzte Woche war. Grauen Himmel und graue Gesichter gab es hier auf Plakaten für die Landtagswahl Anfang Oktober. Vor dem Hotel, in dem ich untergebracht war, hing an einer Laterne ein AfD-Plakat, nicht weit davon machten die Freien Wähler für sich Werbung und Markus Söder grinste irgendwo auch noch sein Grinch-Lächeln. Normal eben. Mir hat sich trotzdem innerlich etwas zugeschnürt. Gut, ich war krank. Fiebrig, Halsweh. Aber das Engegefühl lag weiter unten, in der Brust.

Zu Bayern hatte ich schon immer ein ambivalentes Verhältnis. Seit der Affäre um Hubert Aiwanger jedoch brauche ich Abstand zu diesem Bundesland, das ist mir nach dem letzten Besuch klar geworden. Mit welchem Selbstbewusstsein Bayerns Vize die Vorwürfe gegen ihn abgebügelt hat, mit welcher Überzeugung er in der Lage war, all das als Kampagne gegen ihn zu verkaufen, wie er diese Erzählung auch jetzt noch weiterträgt und, wie kürzlich, kritische Fragen in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen nachträglich streichen lassen möchte, befremdet mich zutiefst.

Seit Ministerpräsident Söder „Schwamm drüber“ verkündet hat, präsentiert Aiwanger gefühlt stündlich auf X neue Umfrageergebnisse, die ihn in seiner Arroganz und Uneinsichtigkeit bestätigen. Wenn an diesem Sonntag gewählt würde, kämen die Freien Wähler laut BayernTrend auf 17 Prozent! Sie liegen damit vor den Grünen, ein Höchstwert für die FW. In Deutschland kann man mit Hitlergruß-Vorwürfen und NS-verharmlosenden Flugblättern davonkommen – und die Wähler jubeln einem noch zu.

Aiwanger hat ein erinnerungspolitisches Schlachtfeld hinterlassen. Eines, das der AfD ganz gelegen kommt, deren Po­li­ti­ke­r ja regelmäßig den geschichtspolitischen Grundkonsens infrage stellen, ganz bewusst.

Oma und Opa

Alexander Gauland, der die NS-Zeit als „nur ein Vogelschiss“ in 1.000 Jahren deutscher Geschichte bezeichnete; ebenfalls Gauland, der 2017 argumentierte, man müsse sich die Nazizeit nicht mehr „vorhalten“ lassen; Björn Höckes „Denkmal der Schande“-Rede im Januar 2017; Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl, der in einem TikTok-Video „unsere Vorfahren“ von Verbrechen freisprach und die jungen Zu­schaue­r aufforderte, herauszufinden, „was Oma und Opa, Uroma und Uropa gemacht haben, was sie gekämpft und gelitten haben“. Und AfD-Chefin Alice Weidel, mit deren Aussage jüngst im ARD-Som­mer­interview, dass sie – anders als ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla – im Mai nicht an einem Empfang in der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs teilgenommen habe, da sie die „Niederlage des eigenen Landes“ nicht „mit einer ehemaligen Besatzungsmacht“ habe feiern wollen, ein neuer Höhepunkt erreicht ist.

2017 veröffentlichte der neurechte Ideologe und Chefredakteur seiner Zeitschrift Sezession, Götz Kubitschek, den Text „Selbstverharmlosung“. Er spricht darin Empfehlungen für die AfD aus, um die „emotionale Barriere“ der Wählermassen zu beseitigen. Und er plädiert darin auch für die „Schaffung neuer Gewohnheiten“. Politiker der AfD versuchen immer wieder, Grenzen zu verschieben, „in Grenzbereichen des gerade noch Sagbaren und Machbaren provozierend vorzustoßen“, wie es Kubitschek in seinem Text formuliert. Parteivertreter betreiben Schuldumkehr, zeigen offen, dass sie nicht bereit sind, sich mit den Verbrechen des NS-Regimes auseinanderzusetzen, diese überhaupt anzuerkennen und sich von ihnen abzugrenzen.

Bricht also eine neue Zeit an? Eine Zeit der „neuen Gewohnheiten“? Ich will nichts überdramatisieren. Doch Geschichtsrevisionismus sitzt in Gestalt einer parlamentarischen Vertretung in Landtagen und im Bundestag. An neue Gewohnheiten gewöhnt man sich meist schneller als gedacht. Das ist es, was ich fürchte.

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Erica Zingher
Autorin und Kolumnistin
Beschäftigt sich mit Antisemitismus, jüdischem Leben, postsowjetischer Migration sowie Osteuropa und Israel. Kolumnistin der "Grauzone" bei tazzwei. Beobachtet antidemokratische Bewegungen beim Verein democ. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.
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33 Kommentare

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  • Auch heute ist er fruchtbar noch,



    der Schoß, aus dem das kroch.

  • 9G
    93042 (Profil gelöscht)

    Um es mal Aiwanger-Kurz zu beschreiben: Die Freien Wähler verdanken ihr Hoch einen hochgradig rassistischen und antisemitischen Flugblatt. Da kann einem tatsächlich Angst werden.

  • Die CSU kehrt einfach zurück in die 60er, 70er und 80er Jahre. Da wurde auch immer so geredet und gehandelt. War nur zwischendurch irgendwie etwas unter der Decke.

  • Wer Aiwanger wählt hat nichts verstanden. Aiwanger ist falsch und verschlagen und nicht in der Lage für seine Verfehlungen in der Vergangenheit einzustehen. Da sind alle anderen Schuld und seine zweifelhafte Vergangenheit wird schnell unter den Teppich des Schweigens gekehrt. Aiwanger ist für mich unten durch.

    • @Rainer Gropp:

      “Aiwanger ist falsch und verschlagen …”.



      Na, ich weiß ja nicht. Ist es wirklich zielführend, sich dermaßen an der Person bzw. der Personalie Aiwanger abzuarbeiten. Ich meine, es wäre jetzt höchste Zeit, sich einmal die hinter der Affäre stehenden Strukturen und Traditionen genauer anzuschauen. Denn der Aiwangers gibt es gar viele, in prominenten und weniger prominenten Positionen.



      Was war das für eine Zeit, eine Atmosphäre, in der solche Pamphlete kursierten? Und wie steht es heute damit? Wieso können die derart skandalgeschüttelten FW in Bayern ihre Umfragewerte sogar noch steigern?



      Ich fürchte, die Antworten auf diese Fragen sind noch weitaus beunruhigender als die bisherigen Antworten oder das Schweigen eines Hubert Aiwanger auf Fragen der Augsburger Allgemeinen.

  • "Aiwanger hat ein erinnerungspolitisches Schlachtfeld hinterlassen."



    Aiwanger hat gar nichts. Aiwanger kann gar nichts - nicht mal ein Interview geben - außer im Bierzelt populistische Sprüche klopfen - vor bierselig Gleichgesinnten.



    Und die Schlacht um die NS-Erinnerung ist schon lange verloren.



    Ich sehe nur einen Weg die rechtsradikalen Typen so darzustellen wie sie sind: blank, wenn es um Realpolitik geht, und zwar auf allen Gebieten.



    Und ehrlich: dieses Gerangel, wer sich am entrüsteten zeigt, geht mir auf den Senkel. Schon lange. Weil keine Konsequenzen folgen.



    " ... „in Grenzbereichen des gerade noch Sagbaren und Machbaren provozierend vorzustoßen“.



    Und wehe, die haben das Sagen, dann gibt es überhaupt keine Grenzen mehr.

    Siehe den Beitrag von Hedele, gestern 10.09: taz.de/Umgang-der-...-der-AfD/!5960447/

    • @LeKikerikrit:

      "... Weil keine Konsequenzen folgen."



      Lasst die Faschos doch in ihrem eigenen Saft schmoren.



      Betritt ein Redner der AfD das Rednerpult, egal auf welcher *Ebene, verlassen die demokratischen Kräfte den Saal. Einschließlich der öffentlich-rechtlichen "Lügen"-Presse, da sowieso unerwünscht.



      Änderung der Sprache: Wir leben (noch) in einer Demokratie. Organisiert die AfD eine Demo, ist nicht die die Gegen-Demo, die für Demokratie einsteht, sondern die AfD ist die Gegen-Demo.



      Demos der AfD unterwandern. Einfach hingehen, und wenn z.B. der Oberfaschist Höcke seine Sülze rauskotzt, umdrehen und Ohren zuhalten.



      *Am wirkungsvollsten wäre das natürlich im Bundestag: man stelle sich vor Frau von Storch (ist ja eh ein besonderes Kaliber) redet vor einem fast leeren Plenarsaal. Und die Presse, da sie sowie lügt, ist auch nicht da. Beschlussfähig ist das Plenum natürlich auch nicht (bekannte Taktik der AfD die Festzstellung der Beschlussfähigkeit).



      Na ja, kreativ sein, dagegen halten und nicht über jedes Stöckchen springen, das die Faschos uns hinhalten ...

  • Schön, dass sich etwas bewegt. Eben saßen die neuen alten Nazis noch aussschließlich im Osten. Jetzt zeigt sich, dass es doch etwas tiefer geht und dass es Kontinuitäten gibt.

    Hier sollte man weiter ansetzen, wenn man etwas verändern möchte. Es reicht augenscheinlich nicht, nur "Nazi" und "Alerta, alerta" zu brüllen. Das verhallt.

    Die Totalitarismusthese war ein Ansatz, der sich verbreitet und nationalsozialistischen Ansätzen wieder mehr Raum gegeben hat. Das hätte man bei weniger ideologiegetriebener Arbeit wissen können. Das ist aber auch nur ein Aspekt einer ganzen Reihe von Ursachen für die Rechtswende, die sich insgesamt abzeichnet.

  • Noch in den 70ern war das Wort "Kommunist" ein schlimmeres Schimpfwort als "Nazi". Zeiten ändern sich nun mal und damit auch das Sagbare.

    • @SeppW:

      Ja, und es gab auch schon Zeiten in denen das Wort Kommunist ein Todesurteil war und ich würde es doch schon als Fortschritt sehen, dass man diese Zeiten hinter sich gelassen hat, statt schulterzuckend und wertfrei zu konstatieren, dass sich die Zeiten nunmal ändern.

  • Wer das Volk nicht ernst nimmt , muss sich nicht Wundern.

    Ein Kanzler der Rentner auslacht und darüber noch Witze macht,den soll man als Rentner mit Begeisterung wählen oder wie?......

    Ich persönlich mache schon seit Merkel Mania meinen Wahlzettel ungültig.

    • @ulf hansen:

      // Ich persönlich mache schon seit Merkel Mania meinen Wahlzettel ungültig.

      Dann schlage ich vor gar nicht zur Wahl zu gehen. Ein ungültiger Stimmzettel gilt eben als ungültig und geht nicht mal in die Stastik ein.

    • @ulf hansen:

      "Das Volk" gibt es eben nicht in der Realität, sondern nur in den Wunschträumen der Völkischen. In der Realität haben wir eine heterogene und pluralistische Bevölkerung mit sehr verschiedenen Ansprüchen und Erwartungen die es irgendwie unter einen Hut zu bringen gilt und das geht eben idR nur mit Abstrichen und Kompromissen. Wenn man diese dann aber mit der irrigen Idee eines vermeintlich homogenen Volkswillen, der in Wahrheit lediglich die Projektion der eigenen Interessen ist, kontrastiert und die daraus resultierende Differenz zum Anlass nimmt das System Demokratie als ganzes zu verwerfen, wird das kaum dazu führen, dass die Dinge wirklich besser werden.

  • Wenn man Aiwanger nicht mag - persönlich oder politisch, gibt es dafür genügend Gründe und Politik lebt davon, dass Menschen auch ihre politischen Gedanken oder auch nur Gefühle aussprechen. Das ist ok und gut.

    Aiwanger in Nazi-Nähe zu rücken ist aber glaube ich kontraproduktiv. Politik, die man ablehnt, auch sehr tief ablehnt, die Menschen erschüttert, benachteiligt, was auch immer, muss nichts mit Nazis zu tun haben. Es ist nicht gut das zu vermischen, man vermeidet die Nazis nicht dadurch, möglichst früh alles in diese Nähe zu rücken.

    Das erschwert eher das weite Feld der "normalen Politik", das schwierig genug ist und auch schon genügend Unheil produziert. Und Nazis werden dadurch zu etwas Alltäglichem, Banalem, weil man sie an jeder Ecke findet - der alte Freund, der Lehrer, viele Journalisten, Politiker, Professoren usw., usf. Zum Einen werden dann viele Leute Nazis als etwas ohnehin überall vorhandenes und normales akzeptieren - so wie bei Aiwanger der Nazivorwurf die einen zwar aktiviert, an vielen aber einfach abprallt. Man schaut gar nicht mehr hin. Zum Anderen werden die Nazi zu einer dauerpräsenten, universell-omnipotenten Antithese, so dass jeder, der irgendwas gegen den Staat oder die Gesellschaft hat, versucht ist mit Naziauftritten zu kokketieren - einfach weil's der größte, immer funktionierende Schocker ist.

    Beides ist nicht gut. Damit, dass die Gesellschaft auch ohne Nazis genügend Potenzial für politische Abwege hat, wird man sich ohne Nazibezüge auseinandersetzen müssen - denke ich.

  • Eine Gesellschaft kann auf Aiwangers und Höckes verzichten, ohne *irgendeinen* Schaden zu erleiden. Im Gegenteil - es wäre alles viel friedlicher, es würden mehr Dinge gelingen und angepackt werden, statt im Gezänk zu versanden.

    Sobald eine Gesellschaft aber auf die Zinghers[*] verzichtet, verfällt sie in der Einöde ihrer geistigen Monokultur; entweder sie verfällt einfach nur still vor sich hin, oder sie verfällt ihrem erstbesten endogenen Wahn:



    Circumvāllātus est mūrīs ipsa cōnstrūxit, et nēmō te clāmitāre percipiet. Nihildum fuerit nisi imāgo vōcis propria.



    Oder so was in der Art halt.

    [*] Als "repräsentatives" Beispiel einer multiplen Minderheit, die viel und Interessantes zu sagen hat, und von der die Aufmerksamen stets viel lernen.

  • Deutschland ewig Naziland.

  • Sehr geehrte Frau Zingher,



    mit einem gewissen Neid kann ich Ihre Möglichkeit Bayern zu meiden wahrnehmen.



    Ich versuchen es in meiner Erimitage in München zu verarbeiten.



    Bei gelegentlichen gängen vor der Tür habe ich allerdings kein einziges hängendes oder stehendes Wahlplakat der FWG wahrnehmen können. Diese scheinen hier nur zusammengefaltet auf dem Boden übriggeblieben zu sein.



    Es bleibt die Möglichkeit dass der Wähler als Souverän der C-Partei einen neuen Tiefstand zugesteht und der Nachfolger des MP erkennt dass man eine Koalition mit dem kleinstmöglichen Partner macht um mehr Posten selbst besetzen zu können. Vielleicht kommt Hofreiter dann nach Bayern.

  • Ja, da haben Sie vollkommen recht, Angst zu haben. Wenn die stramm Rechten dort ca. 65 % in der Wahl erzielen werden, ängstigt das absolut.

    Und ich befürchte, daß es in einigen anderen Bundesländern ähnlich aussieht.

    Eine Hilfe wäre es jetzt, wenn die aktuelle Bundesregierung stringente Politik machen würde ... was aber mit FDP und SPDKomparsen kaum stattfinden wird.

    Sind absolut gefährliche Zeiten und die Menschen sind genau so doof und beeinflußbar von rechts, wie sie es immer schon waren. Die Tünche ist fast weg.

  • Was für ein quatsch.



    Das eigentliche Problem ist, daß in Deutschland wichtige Probleme nicht mehr sachlich diskutiert werden, weil die linke Pressedominanz sofort die Nazikeule schwingt. Hätten wir bereits nach der Flüchtlingskrise 2015/2016 das Migrationsproblem offen diskutiert und Lösungen, auch unschöne, umgesetzt, wäre die AfD nie so stark geworden.



    Alle Links-Grünen Ideologen müssen endlich einsehen, daß die große Mehrheit der Menschen in Deutschland und Europa die Massenmigration über das Asylrecht ablehnt. Ohne eine nachhaltige Lösung des Migrationsproblema werden immer größere Teile der Bevölkerung zur AfD abwandern und diese sehr bald auch alleine in einzelnen Bundesländern Mehrheiten erzielen. Spätestens dann ist die Verschiebung des sagberen unser kleinstes Problem.

    • @Schneemann70:

      Was für ein Quatsch.



      Zunächst gibt es in Deutschland keine "linke Pressedominanz".

      Unschönen Umgang mit Geflüchteten gab es auch schon seit 2015 und davor. Dieser unschöne Umgang sah so aus, dass tausende Menschen im Mittelmeer ertranken oder in der Sahara verdurstet sind. Da saß die AfD noch nicht in allen Parlamenten. Außerdem wissen wir seit den 90ern, dass diese "unschönen Lösungen" erst dazu führen, dass diese Leute Wasser auf ihre Mühlen bekamen.



      Zumal ich mich frage, wie diese Lösungen aussehen sollen. Und wie eine Linke die mittragen soll, ohne ihre grundsätzlichen Werte komplett über Bord zu werfen.

    • @Schneemann70:

      Linke Pressedominanz? Wann und wo bitte?



      BILD, WELT, FAZ und NZZ fallen mir ein, der Focus dazu, die doch mehr als ein Gegen-, wenn nicht gar Übergewicht bilden. Ich halte nix von diesen billigen Narrativen.



      Aiwanger hätte sich wenigstens ordentlich entschuldigen sollen. Als Märtyrer taugt er einfach nicht.



      Was den Rechtsruck angeht: der hat bereits vor Jahren stattgefunden.

    • @Schneemann70:

      Ich würde da noch einen Gedanken ergänzen: es ist auch nicht so, dass die einzige Mutter aller Probleme die irreguläre Migration ist. Ich denke, es gibt generell nicht "DAS" funktionierende Gesellschaftsmodell mit "DEN" richtigen Regeln. An vielen Stellen führen Veränderungen immer wieder zu Spannungen, die irgendwie aufgelöst werden müssen - ohne klare Vorgaben, wie das jeweils zu geschehen hat. Auch wenn die Rechten verschwänden, wir die Gesellschaft komplett für Migration öffneten und das auch alle Menschen wollten, wäre das keine problemfreie Gesellschaft. Es gibt weder "die" Migranten als in sich funktionierende, widerspruchsfreie Gruppe (weit weg davon), noch gibt es "die" Altgesellschaft mit universell-ewigen Regeln, die (bis auf Rechte) für alle Menschen immer funktionieren.

      Gesellschaft ist einfach prinzipiell eine schwierige Aufgabe - mit vielem, was möglich ist, und sehr vielem, was sicher nicht funktionieren wird.

    • @Schneemann70:

      "Das eigentliche Problem ist, daß in Deutschland wichtige Probleme nicht mehr sachlich diskutiert werden, weil die linke Pressedominanz sofort die Nazikeule schwingt."

      Es gibt keine linke Pressedominanz. Es gibt nur eine mittlerweile schlecht funktionierende Nazikeule, deren ramponierter Zustand es ermöglicht, eine vermeintlich "linke Pressedominanz" als Kampfbegriff zu nutzen. Die Nazikeule funktioniert umso schlechter, je weniger Konsequenzen drohen. Das war ja mal anders.



      Wenn Sie eine linke Pressedominanz behaupten, stilisieren Sie sich als Opfer. Es ist Ihnen sicherlich nicht bewusst, aber das ist typische Rhetorik in Nazikreisen, um die eigene Agenda durchzusetzen, weil darauf gebaut wird, dass normal fühlende Menschen Mitgefühl für andere haben, denen Unrecht angetan wurde. Wenn Sie diese Rhetorik anwenden, verletzen sie die Regeln der Fairness.



      Habe ich jetzt die Nazikeule angewand?



      Nein, das war nur zur Information. Vielleicht denken Sie mal drüber nach. Sie fordern schließlich, dass ein miteinander reden



      möglich sein sollte. Einfach bei sich selbst mal anfangen.

      "Alle Links-Grünen Ideologen müssen endlich einsehen, daß die große Mehrheit der Menschen in Deutschland und Europa die Massenmigration über das Asylrecht ablehnt."

      Die "große Mehrheit" muss endlich einsehen, dass sie für den Schaden aufkommen muss, den wirtschaftliche Ausbeutung hinterlässt, ob als Klimawandel oder Einwanderung.



      Sie stellt es sich zu einfach vor. Grenzen zu und alles wird gut. Lächerlich dumm.



      Wir leben in einer verflochtenen Welt. Mit dieser Lösung geht es wirtschaftlich einfach nur abwärts....das sagen Sie ja auch selbst.

  • Es gibt hier in Deutschland ganz viele Aiwangers!



    Die meisten sind noch in der CDU, weil sie sich bisher nicht wagten, für die AfD zu sein. Könnte ja schlecht fürs Geschäft sein wenn man seine braune Gesinnung offen zeigt.



    Tja, dann erfindet man sich neurechts in "freien Bürgern" oder ähnlichen Gruppierungen.



    Ist aber eigentlich nix Neues.



    Ein Großteil der Nazilumpen haben sich kurz vor Kriegsende in die wunderschönen Berge des Landes Bayern zurückgezogen um auf die "neue Zeit" zu warten. Unterstützung gab es dort genug und nun geht die Saat auf.

  • Verantwortung



    Ich teile die Besorgnis der Autorin.



    Es gibt viele Arten, die Vergangenheit zu relativieren.



    Sprache ist eine davon.



    Obwohl selbst Vegetarier, fand ich Begriffe wie



    " Hühner KZs " stets völlig unpassend.



    Ebenfalls empfinde ich die Vergleiche im derzeitigen Russisch - Ukrainischen Krieg als verharmlosend.



    Auch wenn ein völkerrechtswidrig geführter Angriffskrieg von Seiten Russlands gegen die Ukraine geführt wird, auch wenn Menschenrechtsverletzungen stattfinden, mit dem Grauen des dritten Reiches hat dies nichts gemein.



    Es mag im Interesse der Beschrebenden liegen, hier auf ein Unrecht aufmerksam machen zu wollen.



    Aber Putin ist nicht Hitler und es findet derzeit keine industrielle Menschenvernichtung statt.



    Auch wenn irgendwie "ein guter Wille" dahinter stehen mag, derartige Vergleiche zu ziehen, es handelt sich um Geschichtsrevisionismus.



    Die Kriegsführung im dritten Reich und die Konzentrationslager sind in Ihrer Ausformung eine einzigartige Schande unserer Geschichte.



    Schon in der Vergangenheit wurde versucht, beispielsweise Stalins Verbrechen gegen die Menschlichkeit ins Verhältnis zu Hitlers Massenmord zu setzten. Das war schon völlig verfehlt.



    Im Gegensatz zu Putin war Stalin im hohen Maße für Deportation und Morde verantwortlich.



    Das dritte Reich ist in seiner Menschenverachtung allerdings derart maßlos gewesen, dass sich jegliche Vergleiche verbieten.



    Wer heutzutage Irgendetwas mit dem dritten Reich vergleicht betreibt Geschichtsklitterung.



    Er/Sie relativiert damit wissentlich oder ungewollt die Schande des Nationalsozialismus, den wir als Deutsche zu tragen haben.



    Zufällig fiel mein Blick auf den nächsten Artikel:



    eine Beschreibung über Badende in einem arabischen Land.



    Die Rede ist hier von " Ermächtigung".



    Wer, der ein wenig Geschichtsbewusstsein hat, denkt bei diesem Begriff nicht spontan an das "Ermächtigungsgesetz" , das das Ende der Weimarer Republik und den Beginn des " dritten Reiches" zeitigte?



    Manche Worte wiegen schwer.

  • Willkommen in der Realität.



    Wer jetzt nicht in diesem Land groß geworden ist, oder den Vorteil genießt, inkognito dem Volksmund zuzuhören, der sollte Broder, Tenenbom oder Ralph Giordano lesen.

    Die Geschichte eines Landes, das bis zum Ende April 45 treu zum F. stand und bis zur zweiten Bundestagswahl, (denn bei der ersten, wachten noch die Alliierten) sich nur an einen Zustand der Innerer Emigration, Unwissenheit, und schlimmsten Falls des Befehlsnotstandes erinnern konnten.



    In dem Verfahren gegen Täter nur gegen den erbitterten Widerstand der Gesellschaft und auch nur äußerst selten, geführt werden konnten. Denn es war gesellschaftlicher Konsens, dass die Verbrechen nur in "deutschem Namen" geführt worden waren.



    Diese Relativierung wird von Rechts, wie Links betrieben, wir haben heute ja auch keine Probleme mit Bandera Anhängern.

    Bei dieser Politik der Relativierung, des nicht-wahr-haben Wollens, können wir froh sein, dass es so geringfügig ausfällt.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Ich will nichts überdramatisieren.""



    ==



    Nachdem sich die CDU Thüringen mit Unterstützung durch Merz & Linnemann, zusammen mit der FDP, mit Absprache sich der AFD durch eine gemeinmsame Abstimmung im Landtag an den Hals geworfen haben und so den Auftrieb des Faschisten Höcke entscheidende Schubkraft verliehen -- kann von Übertreibung keine Rede mehr sein.

    Nach Söders Umgang mit Aiwanger und der Absprache von Mario Voigt/CDU mit der AFD in Thüringen fragt man sich, wo die vielbeschworene Brandmauer der CSU, CDU und FDP gegen Rechtsradikale und Faschisten eigentlich sein soll.

    Nach Aussagen des Chefs der Staatskanzlei Thüringen, Benjamin-Immanuel Hoff, (siehe Berliner Tagesspiegel) gibt es Hinweise auf konkrete Absprachen der Parteien CDU, FDP mit der AfD. Sie haben sich am Donnerstag gezielt abgestimmt", sagte er. O-Ton : "Es wurden parallel eigene Punkte von der Tagesordnung genommen, um dann die Grunderwerbsteuer behandeln zu können. Alle drei haben gemeinsam die Beschlussempfehlung im Haushaltsausschuss abgegeben. Die AfD hat im Vorfeld öffentlich klargestellt, dass sie das Vorhaben unterstützen wird." Hoff fügte hinzu: "Es gibt seit geraumer Zeit Absprachen, die augenfällig sind."

    Es sieht eher gegenwärtig danach aus als das CDU und FDP den Überblick über faschistische Umtriebe in der Bundesrepublik verloren haben und ihne eine Haltung dazu während der Morgentoilette abhanden gekommen ist.

    Schon merkwürdig, das CDU und FDP nichts davon berichten, das ihre Brandmauer im Klo versunken ist. Muß doch gewaltig geraucht und gescheppert haben .....

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Klar, alles deutet auf Absprache hin.



      Und die CDU wird einen Verbotsantrag gegen die AfD nicht mehr unterstützen können.



      Wobei man sich fragt, warum ein solcher Antrag gestellt werden muss, wenn relativ eindeutige Hinweise auf Verfassungswidrigkeit vorliegen. Dann sollte ein Verbotsverfahren ein Muss sein und nicht im parteipolitischen Kalkül steckenbleiben!

  • Danke!

  • Das kommt davon, weil man die Nazis nur halbherzig nach dem Krieg und folgenden Jahrzehnten verfolgt und bestraft hat. Alle hatten plötzlich wichtige Aufgaben im Nachkriegsdeutschland, da konnte man schon mal die kackbraune Gesinnung übersehen. Dass diese Herrschaften aber ihre Denke weiterverbreitet haben, ihre Familien infiziert haben, sehen wir nun allzu deutlich. Es ist zum speien und mit nichts zu entschuldigen.

  • Musste man früher noch zurückrudern, wenn man sich etwas zu weit vorgewagt hatte, ist das heute nicht mehr nötig. Au contraire. Wie man bei Aiwanger sieht, kann man damit sogar punkten.

    Und die echten Nazis sagen Nazisachen und der Skandal ist überschaubar. Das lässt für die Zukunft nichts Gutes hoffen.

    Leider gibt es zu wenige Journalistinnen und Moderatoren, die in der Lage sind, das mit Schärfe herauszuarbeiten und klar zu benennen und zu beweisen, was diese Aussagen sind:

    Nazi-Gedanken in Nazi-Sprache ausgesprochen.

    • @Jim Hawkins:

      In der Tat geht das alles im allgemeinen Wischi-Waschi unter.



      Ist alles nicht mehr so schlimm, anscheinend. Schlimm sind halt die Migranten. Gefühlt.

      Insgesamt leben wir anscheinend nicht in Zeiten, in denen vielen Menschen für Menschenrechte auf die Straße gehen, obwohl es vielen Leuten materiell durchaus schon schlechter ging.

      Der vom globalen Kapitalismus gehypte Hyperindividualismus hat gewonnen.

      Er führt in Totalitarismus.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Ich stimme Ihrer Einschätzung in Bezug auf das Versagen von Medienprofis mit großem Bedauern zu und frage mich verstört, was mit denen los – oder eben leider nicht los ist.



      Ich denke, dass die Verschiebung von Grenzen durch Geschichtsrevisionismus auch die Zielrichtung hat, sich auch hinsichtlich anderer kultureller, gesellschaftlicher und politischer Angelegenheiten künftig gegen die demokratische und menschenrechtliche Verpflichtung der Verfassung aus der Verantwortung ziehen zu können. Hier droht ein allgemeiner politischer "Klima"kollaps. Angestrebt werden Verhältnisse eines zur Autokratie neigenden und strebenden autokratischen Parlamentarismus, der für sich beansprucht, allein durch Mehrheit schon Demokratie zu sein. Eine rechte, faschistische "Volksdemokratie".