Absturz der Riester-Rente: Rot-grüne Erblasten
Die Riester-Rente ist gescheitert, die Verträge drohen zum Zuschussgeschäft zu werden. Die Grünen sollten ihre Fehler von damals korrigieren.
J etzt ist es amtlich: Die Riester-Rente ist gescheitert. Das Bundesgesetzblatt hat gerade die Senkung des Garantiezinses in der Lebens- und privaten Rentenversicherung veröffentlicht. Ab 2022 dürfen die Versicherungsgesellschaften Kund:innen nur noch eine Verzinsung von 0,25 Prozent statt 0,9 Prozent garantieren.
Auch wenn bei Riester-Renten die Unternehmen den Erhalt des eingezahlten Kapitals zusagen müssen – angesichts der Inflation drohen die Sparverträge für Kund:innen zum Zuschussgeschäft zu werden. Schon bei höheren Zinsen müssen sie uralt werden, damit sie die Chance haben, so viel Geld zu bekommen, wie sie eingezahlt haben.
Die Riester-Rente war ein Subventionsprogramm für die Versicherungswirtschaft, die mittlerweile gar nicht mehr glücklich ist mit dem Geschenk, das die rot-grüne Bundesregierung ihr 2002 gemacht hat. Der damalige sozialdemokratische Arbeitsminister Walter Riester wollte mit der Teilprivatisierung der Ruhestandsbezüge – in deren Zuge die Ansprüche an die gesetzliche Rente erheblich gekürzt wurden – die Bürger:innen an den boomenden Kapitalmärkten beteiligen.
Das hat nicht funktioniert. Der DAX wandert von Rekordhoch zu Rekordhoch, aber die Kund:innen haben nichts davon. Die gesetzliche Rente wurde systematisch schlechtgeredet. Dabei erweist sich das – übrigens von Konrad Adenauer eingeführte – Umlagesystem gerade in Krisenzeiten wie jetzt als sehr viel stabiler als die kapitalgedeckte Konkurrenz.
Nicht nur die SPD, sondern auch die Grünen haben den Bürger:innen die Riester-Rente eingebrockt. Falls die Grünen der nächsten Bundesregierung angehören oder sie gar führen sollten, sollten sie den Fehler von damals korrigieren. Dass die Riester-Rente gescheitert ist, erkennen auch sie. Ihr Programmentwurf für die Bundestagswahl sieht vor, dass „Riester“ in einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds überführt werden soll.
Das reicht nicht. Erforderlich ist auch, die Rentenkürzungen von 2002 rückgängig zu machen und eine Mindestrente einzuführen, von der die Bezieher:innen gut leben können. Davon steht aber nichts im Programmentwurf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn