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Abitur in der PandemieWertloses Abi?

Die Abischnitte wurden trotz Pandemie besser. Ein Skandal ist das nicht. Problematisch sind die unterschiedlichen Anforderungen in den Bundesländern.

Abi 2020 in der Fichtenberg-Oberschule in Berlin-Steglitz Foto: Karsten Thielker

Pandemie und Schule, das weckt keine guten Erinnerungen. Über Monate lernten Jugendliche in geteilten Klassen oder zu Hause im Kinderzimmer. Wenn sie Glück hatten, waren ihre Leh­re­r:in­nen auf Zack und bekamen so eine Art digitalen Unterricht hin. Oft genug sah der so aus: Arbeitsblätter ausdrucken und bearbeiten. Heute ist gut dokumentiert, wie groß die Lernrückstände wegen Corona sind und wie schlecht junge Menschen die soziale Isolation ertragen. Nie wieder Homeschooling, beten die Bil­dungs­min­s­te­r:in­nen deshalb bei jeder Gelegenheit rauf und runter.

Den Ab­itu­ri­en­t:in­nen scheint die ganze Misere jedoch nicht geschadet zu haben. Zumindest auf dem Papier. Obwohl sie die ganze Oberstufenzeit unter Pandemiebedingungen abgeleistet haben, schneiden sie im Abi besser ab als frühere Jahrgänge. Deutlich besser, wie nun zwei Regionalzeitungen bemerken. Die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung haben sich die Notenstatistik der Länder genauer angeguckt und mit den Vorjahren abgeglichen.

Ihr Fazit fällt so aus, wie man es normalerweise nur von den ewig besorgten Lehrerverbänden kennt: „Eine Eins im Abi ist nichts Besonderes mehr, erst recht nicht seit Corona“, lamentiert der Artikel. Die Autorin beobachtet eine regelrechte „Einser-Inflation beim Abitur“. Eine Formulierung, die – das nur am Rande – so regelmäßig verwendet wird, dass auch sie ziemlich entwertet ist. Was aber stimmt: Die Zahl der Einser-Abis im Jahr 2022 hat sich im Vergleich zu 2019 in fast allen Bundesländern mehr oder weniger verdoppelt. Und in Thüringen und Sachsen hat mittlerweile fast je­de:r Zweite eine eins vor dem Komma.

Beides ist wenig überraschend. So what?! Die Ministerien haben seit Beginn der Pandemie klar gemacht, dass den Schü­le­r:in­nen wegen des ganzen Hin und Hers keine Nachteile entstehen dürfen. Viele Länder haben die Prüfungen nach hinten verschoben, damit die angehenden Ab­itu­ri­en­t:in­nen mehr Zeit für die Vorbereitung haben, und andere Klausuren auf dem Weg zum Abi gestrichen.

Ob es dazu noch einen „Coronabonus“ gegeben hat oder nicht: Es wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln, dass dieser Jahrgang Strapazen ausgesetzt war wie keiner je zuvor. Das zu honorieren ist das Mindeste. Die Zeit war für die Schü­le­r:in­nen ohnehin schon – pardon – scheiße genug. Da muss man ihnen jetzt nicht noch die Zukunft verbauen. Zumal das Problem ganz woanders liegt als in der mutmaßlichen Einser­schwemme.

Ungerechte Unterschiede

Der wahre Skandal ist nicht, dass Schü­le­r:in­nen heute (angeblich) ihr Abi nachgeschmissen bekämen, sondern dass die Anforderungen an das Abi immer noch so unterschiedlich sind. Seit Jahren wollen die Länder die Standards angleichen. Viel passiert ist noch nicht, mehr als ein – optionaler! – gemeinsamer Aufgabenpool für ein paar Abiturfächer ist bisher nicht dabei herausgekommen. Die Folge: Seit Jahren erzielen Ab­itu­ri­en­t:in­nen aus Thüringen die mit Abstand besten Schnitte. Auch 2022 lag der Freistaat mit seinem Spitzenschnitt von 2,0 fast eine halbe Schulnote besser als Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz. Und das ist doppelt ungerecht.

Schließlich entscheidet der Abischnitt bis heute auch, wer Arzt oder Psychologe wird. Und nicht nur bei den prestigereichen Berufen sind die Abi­noten wichtig. Zum aktuellen Wintersemester war bundesweit fast jeder zweite Studiengang zulassungsbeschränkt. Da reicht es nicht, dass die Hochschulen mittlerweile auch weitere Kriterien bei der Studienplatzvergabe berücksichtigen. Die Abinote ist nach wie vor das Maß aller Dinge.

Wenn das so sein soll, dann müssen die Länder endlich verbindlich werden – und gemeinsame Aufgaben nicht nur anbieten, sondern vorschreiben. Wenn dann immer noch überdurchschnittliche viele Einser rauskommen, dann wenigstens nicht nur in Thüringen und Sachsen.

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39 Kommentare

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  • Die Spirale der Einsen ist sicherlich diskussionswürdig. Verkennt aber auch, den Ehrgeiz vieler Schüler mit vielen Schritten dahin zu kommen. Teils besessen wird für jede Note geeifert.

    Erfolg durch eine Notengabe ist selbstverständlich für Ehrgeizige. Jeden Tag. Und es gibt viele Schüler, die so denken.

    • @Zuversicht:

      Ist auch notwendig. Soweit ich informiert bin sind mehr als ein Drittel der IT Kräfte von Bosch aus Indien. Nichts dagegen. Aber es gibt einfach nicht eine ausreichende Anzahl gut qualifizierter Fachkräfte aus Deutschland. Die Welt ist nicht so lahmarschig wie noch vor vierzig Jahren. Sehr gut wenn Schüler es erkannt haben.

  • „Eine Eins im Abi ist nichts Besonderes mehr, erst recht nicht seit Corona“ "Einser-Inflation"

    diese Jammereien lassen mich immer ratlos zurück. Geht es um die Abbildung von Leistung mittels einer Notenskala oder um sadistische Machtfantasien, von Menschen, die selbst nichts mehr zu befürchten haben?



    Noten haben doch keinen eigenen Wert. Eine Note sollte lediglich auf einer Skala abbilden, ob und in welchem Umfang eine Prüfungsanforderung erfüllt wurde. Die Anzahl der Einsen in einem Jahrgang sollte keine praktische Relevanz haben. (In einer idealen gerechten Welt)



    Da es aber anscheinend doch eine Relevanz hat, wenn nicht genügend Schüler schlechte Noten schreiben, zeigt dies nur, wie unsinnig dieses System ist. Es geht anscheinend allein ums Aussieben und nicht um Abbilden von Wissen und Können.

    Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn möglichst viele eine Eins haben, weil sie das Thema verstanden haben und das auch praktisch präsentieren konnten. Und nicht darüber jammern, das die Prüfung nicht hart genug war...

  • Was für völliger Humbug hier teilweise steht.



    Also: Sinn der Schulnoten ist während der Schulzeit, ein Feedback zu geben. Mehr nicht. Manche verfallen hierüber schon in Hysterie wenn man ihnen sagt war nichts. Das Abi ist dann eine fokussierte Prüfungssituation, wie sie einem am Hochschulen zumindest in ernstzunehmenden Fächern immer wieder begegnet. Daher Hochschulreife. Und mal ganz ehrlich als einer der Fraktion der Prüfer gehört: die Leistung an den Hochschulen hängt natürlich nicht zwangsläufig von denen an der Schule ab. Dennoch: wer im Bereich eins aus dem Abi kommt hat einen deutlichen Startvorteil, denn er oder sie hat lernen gelernt. Das sehe ich wenn mir Zeugnisse vorgelegt werden allzu oft. Und die Noten an Hochschulen werden vergeben, ohne!! das irgendein Prof auch nur eine einzige Information über das Abi hätte. Klar darf man sich weder darauf ausruhen noch ist jeder zum Scheitern verdammt, der einen schlechten Abischnitt hat. Zur Orientierung reicht es aber allemal.



    Diskriminierung, soziale Benachteiligung, das steht wie einer richtig schrieb auf einem anderen Blatt. Dessen muss man sich annehmen, Stichworte Menschenrechte und Fachkräftemangel. Ein Stück weit muss man doofe Lehrer und Mitschüler aber lernen auszuhalten, auch im Leben draußen gibt es viele Alöcher.



    Gruß aus MINT.

  • Ich finde, dass ein Abitur ein hohen Wert hat. Fragwürdig ist lediglich, ob einsen im Abi wirklich viel über einen Menschen aussagen, oder ob es um Anpassung und Gefälligkeit in der Oberstufe geht?



    Und nicht alles wird in der Oberstufe unterrichtet, nicht überall ist das Angebot gut. Was m.M. immer gut ist, dass ist die Fundierung von Bildung und bestimmten Wissensformen. Andererseits beklagen Professoren gerne die 'Dummheit' ihrer Studenten, angeblich hat das Abi als Zugang und Ausgangspunkt für ein Studium nicht genug Aussagekraft, die 1stsemer können zu wenig, die Universität muss zu viel ausgleichen etc. Die Klage über den Verfall des Abis sind unsäglich und alt.



    In den USA müssen die Schüler Test machen und bestehen, um auf ein College aufgenommen zu werden. Am wichtigsten dort, wie viel Geld hat jemand zur Verfügung? Da finde ich unser System ziemlich gut. Auch wenn es sinnlose Diskussionen drum herum gibt.

  • Ja, ein Skandal ist das nicht. Man muss rund um Bildung ja auch nicht alles skandalisieren.



    Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind das eine, aber das andere ist die intergenerative Gerechtigkeit. Durch Corona sollte niemand Nachteile bekommen (JA!), aber auch keine Vorteile. So bekommen nun viele Leute besseren Zugang zu NC-Fächern, weil sie z.B. 2021 Abi gemacht haben, während die von 2019 blöd in die Röhre schauen mit ihren schlechteren Noten. Interessant, dass sich so bewusst oder unbewusst auch Akzeptanz der Corona-Maßnahmen mit guten Noten "erkauft" worden zu sein scheint. Befriedung durch viele guten Noten.

  • Die Länder könnten der Forderung natürlich nachkommen, nur hätten wir dann ein unmittelbares Bildungbarometer mit "guten" und "schlechten" Ländern. Länder mit Leistungsorientierung würden dann besser abschneiden als Länder mit Sozialorientierung. Also wird das Ziel so wohl nie umgesetzt werden.

    Daher ist die Forderung auch falsch. Richtigerweise müsste die Bildungskompetenz auf den Bund übertragen und die Leistungsorientierung überall gleichermaßen durchgesetzt werden. Nur so kommen wir zu gleichen Leistungsstandards. Dann dürfte die eins in einigen Bundesländern auf eine gewisse Dauer eine Ausnahmeerscheinung werden.

  • Schafft einfach die Schulnoten ab und führt standardisierte Tests an den Universitäten bei der Studienplatzvergabe ein. Mehr Gerechtigkeit ist sowieso unrealistisch.

  • Die vielen Kommentare zeigen, wie nah es doch diese Bewertung in der Schule geht. Die absurde Hoffnung nach der richtigen Bewertung, die es mal gab, geben könnte...? Wegen meines 3er-Abis konnte ich meinen Berufswunsch nur auf Umwegen erreichen. Bin aber nicht traurig drum. Aber wer schon mal mit einem/einer PsychologIn, ÄrztIn, etc. gesprochen hat, der/die Abi und Studium mit eins gemacht hat ohne Pause, ohne andere Jobs, immer erfolgreich....wird merken, dass da oft was fehlt. Das geradlinige in den Einser-Lebensläufen ist meistens nicht sehr zuträglich für die spätere Arbeit ...... Deshalb: Damals wie heute... Das Abi sollte nicht so viel wert sein.

  • Es ging und geht beim Abi nur um Stallgeruch.



    Studienplatzbewerber "aus gutem Hause" haben immer schon Mittel und Wege gefunden auch bei Verpassen des NC attraktive Studienplätze zu bekommen.

    Was meinen Sie, warum die Verteilungsquote der Grunsdschulabgänger auf die weiterführenden Schulen eines der bestgehütesten Geheimnisse ist ?

    Nicht, weil einige Grundschulen um ihre Anmeldezahlen fürchten sondern weil sonst gar ruchbar wird, dass die Quote entschiedend vom Einkommen und dem sozialen Stand der Eltern abhängig ist.

    • @Bolzkopf:

      Ja, angehende Studenten "aus gutem Haus" können den NC gehen indem sie für die Bildung bezahlen (lassen) - und ganz ehrlich: Ich halte Bildung für eine der besten Investitionen mit gesellschaftlichen Mehrwert, von daher kann ich da jetzt grundsätzlich nichts verwerfliches dran finden.

      Die Verteilungsquote der Grundschulabgänger ist ein Geheimnis? Ernsthaft? In den allermeisten Bundesländern ist die Schulempfehlung genau das: Eine Empfehlung - Die Eltern entscheiden darüber auf welche weiterführende Schule ihr Kind geht und nicht irgendwelche "konspirativen Akademikerlogen mit Regalwänden voller Ahnentafeln".



      Wenn die Verteilung eines der bestgehütetsten Geheimnisse in unserem Land ist, dann brauche ich mir an de Front keine Sorgen mehr machen.

      Wie Goodfella schon ausführt: Bildungsnahe Elternhäuser zu haben hat einen Vorteil, weil die Eltern ihren Kindern besser helfen können: Sie kennen im Mittel das System besser, die ganz praktischen Probleme des Studiums und wissen eher worauf zu achten ist. Das hilft sicherlich und wäre auch mir sehr willkommen gewesen.

      Meine Eltern sind keine Akademiker gewesen und konnten mich bei Problemen im Studium nicht derart begleiten wie es vielleicht Akademiker-Eltern hätten können. Ich hätte es sicherlich leichter haben können. Allerdings sitze ich mit meinem Studium schon ein Stückweit im Elfenbeinturm und ich mag mir gar nicht ausmalen wie mein Leben aussähe wenn meine Eltern da auch wohnen würden. Statt Akademiker-Eltern-Unterstützung im Studium haben sie mir eine sehr praxisnahe, pragmatische und lösungsorientierte Perspektive mitgegeben. Und die bereichert mein Leben deutlich mehr als es ein etwas einfacheres Studium getan hätte.

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @Questor:

        sie reden hier einer "Meritokratie" das Wort, die in der Realität schon lange zum Nepotismus mutiert ist. Dass sie "bildungsnah" und "bildungsfern" ganz klassisch klassistisch benutzen, spricht Enzyklopädie-Bände.

      • @Questor:

        Hmm rätselrat...rätselrat...

        Das liest sich ja geradezu so, als ob Sie eine Korrelation von "bildungsfern" oder "bildungsnah" mit dem sozialen Stand vermuten. Denn ich habe ja die Bildungsnähe nicht in den Raum geworfen.

        Zudem gibt es valide Studien die bei Lehrern einen Bias zu Gunsten wohlhabender Eltern nachgewiesen haben.

    • @Bolzkopf:

      Dass es beim Abi um "Stallgeruch" geht wage ich zu bezweifeln. Es handelt sich ja nicht um einen hoch exklusiven Bildungsabschluss einer verschworenen Gemeinschaft.

      Natürlich kamen während meiner Studienzeit die Kommilitoninnen und Kommilitonen meist aus Elternhäusern die selbst studiert hatten. Das war und ist in erster Linie ein Resultat der Vermittlung von Bildungswerten im Elternhaus und hat nichts mit Geld oder Status zu tun.

      • @Goodfella:

        Ein weiterer Aspekt ist, dass Intelligenz zu einem gewissen Grad genetisch bedingt und erblich ist.



        Insofern profitieren Akademikerkinder gleich doppelt durch ihre Eltern. Einerseits durch das Erbgut und anderseits durch die bessere außerschulische Förderung.

        • @stefschu:

          "Ein weiterer Aspekt ist, dass Intelligenz zu einem gewissen Grad genetisch bedingt und erblich ist."



          Das hat als Argument ein ziemlich schwaches Fundament:



          www.deutschlandfun...ue-kinder-100.html



          Und ist unfair Kindern gegenüber; sowohl den selbsterkorenen eigenen Wunderbildungsbürgerkindern als auch den "bildungsfernen" Kindern gegenüber.

  • Wenn zwischen 25 und 50 % der Abiturienten einen Einser-Schnitt haben, ist der Wert der Note schlicht gleich null.

    • @Kaboom:

      eien Note hat doch keinen Wert. Eine Note sollte ein Skala abbilden, ob und in welchem Umfang eine Prüfung erfüllt wurde. Die Anzahl der Einsen sollte keine praktische Relevanz haben.



      Da es aber anscheinend doch eine Relevanz hat, zeigt dies nur, wie unsinnig dieses System ist. Es geht ums Aussieben und nicht um Abbilden von Wissen und Können.



      Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn möglichst viele eine Eins haben, weil sie das Thema verstanden haben und es praktisch präsentieren konnten und nicht darüber jammern, das die Prüfung nicht hart genug war...

  • Eigentlich! Ja eigentlich ist 1914 zum Abi schon alles gesagt worden! Woll.

    Abschaffen. Es sei ein Unding - daß Jugendliche in der Zeit ihrer größten Lern&Aufnahmebereitschaft - statt ständig bis Ende der Schulzeit NEUES zu lernen - die letzten drei Jahre alten Stoff wiederkäuten! Nur um ihn an zwei Tagen wieder von sich zu geben! o.s.ä.

    Ja der Mann mit der 👅 - Albert Einstein



    ( Über die Unendlichkeit der Dummheit - too!;)

  • 17.02.2023

    Hallo – da bin ich wieder mal perplex.







    Mein eigenes Abitur fand Ende der sechziger Jahre statt; das Gymnasium hatte alle Jahre hindurch den Grundsatz betont, eine vollständig zufriedenstellende Arbeit werde mit der Note „2“ benotet, für die Note „1“ bedürfe es jedoch einer Leistung, welche über das in der Aufgabe geforderte Maß hinausgehe. Entsprechend waren die Notendurchschnitte.

    Der für heutige Zeitgenossen befremdliche Nebeneffekt mag sein, daß ich mich mit meinem Abschluß jeder Anforderung in vielen Berufen ( nicht: „Jobs“ ) gewachsen fühlte und prinzipiell noch fühle ... sorry ...



    Man mag seine Schlüsse daraus ziehen.

    Achselzuckender Gruß,



    Thomas Dräger, D-67098

    • @Thomas Dräger:

      anschließe mich - paar Monde früher:



      Klein Neumann - Chemie - Oberprima:



      “…Ich geb dir aber keine zwei mehr!“



      “Ja dann lassen’s doch bleiben! Wirsing“

      So geht das ©️ Kurt Vonnegut

  • Der NC war noch nie für irgendwas anderes da, als dafür die verfügbaren Studienplätze mit den Bewerbern abzugleichen. Zu viele Bewerber? NC hoch! Zu wenig? NC runter!

    Und für "Ungerechtigkeiten" brauche ich nicht das Bundesland zu wechseln - wenn beim NC für ein Sportwissenschaft-Studium ein Sport-Abi mit einem sagen wir Geo gleich gesetzt wird.

  • "Der wahre Skandal ist (...) das Abi immer noch so unterschiedlich sind."

    Ja, absolut. Eine echte Schande.

    • @CallmeIshmael:

      Naja, eine Schande finde ich ganz andere Sachen. Auch eine Note am Ende eines Studiums ist sehr unterschiedlich. Auch die Bewertung von Arbeitsleistungen durch Arbeitgeber kann sehr unterschiedlich sein

  • Also ich hab mein Abi nicht hubterhergeschmissen bekommen. Ich komme aus Hamburg und habe ganze zwei Tage gelernt!

  • gäbe es nur eine überraschungsfrage im abi ...

    wer im lande ist der höchste vertreter des staates und wer der zweithöchste ?

    ... würde die hälfte durchfallen.

  • ja ja das niveau der jugend sinkt kontinuierlich, seit der zeit der alten griechen... schlimmm das gar nicht mehr ausgesiebt wird...



    und noch eins ist sicher, das klagen der alten, dass sie damals noch viiiiel mehr leisten mußten.... und latein lernt auch niemand mehr, also so richtig, so dass man sich mit dem papst unterhalten könnte. aber bayern, das hält wenigstens noch die fahne hoch....

    • @nutzer:

      anschließe mich - diese Angriffe auf meine Bauchmuskeln - hat schon Körperverletzungsqualität!

      Besuchte ja einst den Ascheimerzug & wir durften uns von ollen Nazipaukern - die „bei Adolf“ wenig gelernt hatten - als Abschaum titulieren lassen!



      Beim 25. Abi “hab ja immer gesagt - daß aus dem …Blablabla!“ Hatte den nie!



      & Däh!



      “»Erinnern Sie sich noch … ?« – »Können Sie sich noch auf den … besinnen? Der Kerl hatte immer so schmutzige Hände und sagte wunderschön vor.« Alle Mitschüler kamen wieder, alle Lehrer, …



      Und als wir alle durchgehechelt hatten: die Professoren, den Direktor, den Kastellan und die ganzen Klassen über und unter uns – da hatte ich einen bittern Geschmack im Munde. Denn das Kind hatte mit seiner leisen Stimme gesagt: »Denken Sie doch nur … schade um all die verlorenen Jahre!« Es war das Todesurteil über die deutsche Schule, viel, viel härter und radikaler, als es die lauteste politische Versammlung aussprechen kann.

      Die verlorenen Jahre … Ich erinnerte mich an Dinge, an die ich jahrzehntelang nicht mehr gedacht hatte – und jetzt waren sie auf einmal wieder da. Nein, gehauen hat man uns nicht. Es war auch nicht romantisch gewesen, niemand schoß sich tot, wenn er sitzen blieb, und von Frühlings Erwachen war gar keine Rede. Das erwachte eben bei jedem sachte vor sich hin und wurde so oder so wieder zur Ruhe gebettet. Einen Zögling Törleß hatten wir auch nicht unter uns. Aber um unsre Zeit haben sie uns bestohlen, das Schulgeld war verloren, die Jahre auch.

      Langweilige Pedanten gab es überall. Unzulänglichkeiten der Lehrer, viele Fehler, wir waren auch nicht die Besten. Aber was hat man uns denn gelehrt –? Was hat man uns beigebracht –?

      Nichts. Nicht einmal richtig denken, nicht einmal richtig sehen, richtig gehen, richtig arbeiten – nichts, nichts, nichts. Wir sind keine guten Humanisten geworden und keine guten Praktiker – nichts.“



      Danke Tucho -



      www.textlog.de/tuc...-aus-meiner-klasse

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Abinote wertlos? Stimmt und stimmt wieder nicht: Besinnt man sich auf die Bedeutung als "Hochschulreife" zurück, ist das Abi genau das. Nachweis der Studierfähigkeit.

    Den "Skandal" findet man einige Zeilen tiefer im Artikel: Obwohl hinlänglich belegt ist, dass Faktoren wie Geschlecht, Sozioökonomischer Status und kulturelle Zuschreibungen wie "Migrationshintergrund" die Noten verzerren und verfälschen, sieben sie hundertausende Studierfähige eines jeden Jahrgangs aus, lange bevor sie den Wunschstudiengang überhaupt erwägen können: Der Numerus Clausus, verlängerter Arm der Gatekeeper:innen der "Bildungsnahen Schichten".

    Wertlos im Sinne eines Messinstrumentes sind die Noten insoweit, als dass sie mehr die grundsätzliche Einstellung der Lehrer:innen dem Schüler* gegenüber wiedergeben, als das tatsächliche Vermögen dieser Schüler*. Lange bekannt, lange erforscht, juckt nur keinen.

    • @04405 (Profil gelöscht):

      Das stimmt nicht, in vielen Schulfächern (in fast allen) sind die Tests und Klausuren objektive Erfassungsinstrumente von Leistungen. Wenn das Ergebnis und der Lösungsweg richtig oder gar hervorragend sind, bekommt jeder der es vorzuweisen hat die Punkte und die entsprechende Note.

      Insofern ist ihre Behauptung grob neben den Sachverhalten.

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @JK83:

        Hier steht Ihr Wort gegen vielfach bestätigte Ergebnisse: Männliche Schüler erzielen bei gleicher Leistung schlechtere Noten als weibliche, Deutsch-Klausuren mit dem Namen "Mustafa" werden bei gleichem Inhalt schlechter bewertet als solche mit Namen "Max", in besonders männlich konnotierten Fächern wie Mathematik entmutigen Lehrer ihre Schülerinnen usw.

        Bitte besuchen Sie die einschlägigen Portale wie Google Scholar, PubMed oder Science Direct, um ihre Einschätzung mit der Realität abzugleichen.

        • @04405 (Profil gelöscht):

          Mathematik



          Physik



          Chemie



          Sport in vielen Übungen



          Deutsch und Englisch in vielen schriftlichen Testübungen



          Faktenabfragen in Geschichte



          usw. sind alle objektivierbar



          Lesen sie genau, ich rede nicht von einem Aufsatz. Ich rede nicht von Kunst, nicht von Vorsingen, nicht von Vorlesen, nicht von englischer Konversation.

          Aber es bleibt sehr viel objektivierbares übrig und man könnte diesen objektivierbaren Kern stärken, um den Bias zurückzudrängen.

          Da es in der Diskussion aber um die Frage ging, ob Berwertungen obsolet sind weil sie notwendig falsch -> ungerecht sind, oder nicht, habe ich eine klare begründete Antwort gegeben: Bewertungen sind nicht obsolet und sie können Unterschiede messen die es gibt.

          PS: Btw. kann man auch in Aufsätzen Qualitätsunterschiede feststellen, es ist nur aufwändiger und im Bereich ähnlicher Qualität wirklich schwer zuverlässig zu unterscheiden.

  • Ich (Abi 2000) bekam für die 1 vorm Komma vom Direktor einst einen Büchergutschein im Wert von 20 Mark. Nach dem Zeugnis hat mich danach nie wieder jemand gefragt...

  • Mir fehlt hier die Gegenprüfung, ob die Schulklassen in Thüringen vielleicht wirklich überdurchschnittlich gut sind.

    Dass das nicht so ist, ist hier eine unbelegte Annahme.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Das beste was sie kriegen sind Pisa-Tests, aber die helfen zur Beantwortung nur etwas. Sie deuten zumindest darauf hin, dass der Anteil der sehr guten und wissenden nicht die deutsche Spitze ist - davor sind v.a. Sachsen und Bayern.

  • Ok Ok - als einer - bei dem der Nc nasciturus mal grad einen (Medizin) interessierte (“Waas ne drei in Mathe? wg Medizin?! Na gut. So gut biste aber nicht!“;)) & dem Noten komplett wumpe waren (wollte Olympiasieger Rudern werden)! Sag ich euch Erbsenzählern & möglichst Einheitsabi - eine Schimäre - ein Wahn! Zitier mal meinen Jünsten - Montessori Aken - “Mensch. Dafür werd ich dir ewig dankbar sein! Daß du mir immer gesagt hast “Scheiß auf die Noten! Mach dein Abi. Der Rest findet sich!“ & genau so läufts: erfolgreicher ArchitekturStudi •



    & nochens



    Paßt doch wie Arsch auf 🪣 - daß sich ausgerechnet die Spätzles aufkropfen!



    Die mit den Bayern - noch heute am liebsten nur ihr Abi anerkennen würden!



    (Wie ich konkret weiß - bis hin in die Einstellungspraxis - von Querübernahmen mal ganz ab!

    kurz - Was ihr hier beweihräuchert ist nichts anderes als billiger Provinzialisimus & nicht nur BerufsPersetter Kretsche wird‘s freuen!



    Glückwunsch! Gellewelle - 🙀🥳 -

  • Das Abitur ist als aussagekräftige Abschlussprüfung wertlos geworden. Man sollte ganz auf dieses Ritual verzichten. Dadurch hätten die Schüler ein ganzes Halbjahr (13/2) für den Unterricht gewonnen. Die Lehrer würden von zeitraubenden Korrekturen und Zweitkorrekturen erlöst.

  • Es dreht sich nicht nur um gemeinsame (sprich) dieselben Aufgaben in der Abi-Prüfung. Es dreht sich auch um folgende Fragen: Welche Leistungsfachkombinationen können in den letzten 2 Jahren gewählt werden? Was für eine Anzahl von Leistungsfächern ist verpflichtend? Wie werden Basisfachkurse angerechnet? Gibt es Basisfächer, die verpflichtend in die mündliche Prüfung gehen müssen? (Beispiel: Wenn man in Ba-Wü nicht Mathe und Deutsch als Leistungsfach hat, müssen diese beiden Fächer verpflichtend mündlich abgeprüft werden). Und nicht zuletzt: Die Bildungspläne müssen angeglichen werden. Da gibt es enorme Unterschiede zwischen den Bundesländern.



    Das sind große Aufgaben, die nur in Ansätzen angegangen werden.

  • Solange man die Abi Durchschnitte als Maßstab für irgendwas rannimmt, ist es sehr wohl ein Problem, dass die Notenschnitte schon seit einigen Jahren immer bessere werden, die Abiturienten aber immer weniger können. Das wird dir jeder Ausbilder und jeder Uni Dozent, der Kontakt zu Erstsemestern hat, bestätigen. Jemand der vor 10 oder 20 Jahren Abitur gemacht hat, muss trotzdem in manchen Fällen mit den inflationären 1er Abis von heute konkurrieren. Dass damals eine 1 oder selbst eine 2 deutlich schwieriger zu holen war als heute die 1, ist dann sehr wohl ein Problem.