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Abbas' Holocaust-VergleichUnfähigkeit und Sprachlosigkeit

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Kanzler Scholz steht mit seinem Fehlverhalten nicht allein. Wenn es um die Relativierung des Holocaust geht, hört man in Deutschland zu oft nur Schweigen.

Bundeskanzler Scholz mit angespanntem Blick auf den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Foto: Wolfgang Kumm/dpa

E in Staatsgast hat bei seinem Besuch in Deutschland den Holocaust relativiert. Es gebe „50 Holocausts“ von Seiten Israel gegen Menschen in palästinensischen Städten und Dörfern, erklärte Mahmud Abbas, Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Anschließend rief der Mann zum Frieden mit Israel auf. Danach ein kurzer Händedruck zwischen Abbas und Scholz. Und Abgang. Keine Reaktion auf deutscher Seite. Kein Wort des Kanzlers zu der unerhörten Behauptung – die Antwort folgt mit ungehöriger Verspätung.

Scholz' langes, viel zu langes Schweigen war falsch, und das hat er vermutlich inzwischen selbst eingesehen. Doch es geht hier nicht um einen Fauxpas des Kanzlers. Wenn es eine gemeinsame grundsätzliche Überzeugung der politisch Verantwortlichen in diesem Land gibt, dann ist es die Einsicht, dass der Massenmord an Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten eben kein Ereignis war, das sich mit anderen vergleichen ließe oder gar in eine Reihe gestellt werden könnte.

Diese Auffassung ist wohlbegründet: Deutsche haben vor 80 Jahren mit industriellen Methoden versucht, ein ganzes Volk ohne Ausnahme auszurotten. Sie sind dabei sehr weit gekommen. Jeder Vergleich mit anderen Taten relativiert diese Tatsache, aus der sich historische Verpflichtungen ergeben.

Der Kanzler steht mit seinem Fehlverhalten nicht allein, und es ist billig, daraus kurzfristig politisches Kapital schlagen zu wollen, so wie es Oppositionsführer Friedrich Merz von der CDU tut. Denn in Deutschland hat sich ein seltsamer Zwiespalt entwickelt. Da sind einerseits die wohlgewählten Worte bei Gedenkfeiern, wo immer wieder versichert wird, dass man die damaligen Geschehnisse nicht vergessen dürfe, der Judenhass bekämpft werden müsse und die Existenz jüdischen Lebens in Deutschland ein Bereicherung darstellt. Und da ist andererseits die Unfähigkeit, die richtigen Worte zu finden, wenn genau diese Grundsätze in Frage gestellt werden.

Als der Attentäter von Halle versucht hatte, die Besucherinnen und Besucher einer Synagoge zu ermorden, hieß es unisono, dass man sich nicht habe vorstellen können, dass solch ein Verbrechen im Jahr 2019 möglich sein kann. Einzig die hier lebenden Jüdinnen und Juden waren nicht überrascht, denn sie wussten um die Gefahr durch Neonazis, Antisemiten und Rassisten.

Eine Reihe des Fehlverhaltens

Wenn anlässlich des 50. Jahrestags des Massakers bei den Münchner Olympischen Spielen im nächsten Monat eine Gedenkfeier geplant wird, dann lädt man gerne die Hinterbliebenen der damals ermordeten israelischen Sportler und Trainer ein. Aber die Bereitschaft zur Offenlegung von Dokumenten, zum Eingeständnis politischen und polizeilichen Versagens und zur finanziellen Entschädigung hält sich in gewissen Grenzen.

Gerne versichert die Bundesrepublik ihre Solidarität mit Israel. Aber wenn in palästinensischen Schulbüchern stereotype und menschenverachtende Bilder von Jüdinnen und Juden erscheinen, dann ist das kein Anlass darüber nachzudenken, ob die finanzielle Förderung der Autonomiebehörde einer Überprüfung bedarf.

Olaf Scholz hat sich mit seinem Schweigen in diese Reihe politischen Fehlverhaltens eingereiht. Er wird darauf hoffen können, dass die Empörung darüber eine vorübergehende Erscheinung bleiben wird. Die hehren Worte zum Gedenken und die Versprechungen werden bleiben – so wie die Sprachlosigkeit, wenn es darum geht, heute und aktuell dem Unsagbaren zu widersprechen.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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48 Kommentare

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    Die Moderation

  • Es dürfte sich allmählich herumgesprochen haben, dass es dem Kanzler aus technischen Gründen nicht möglich war, auf Abbas Bemerkung zu antworten.



    Olaf Scholz in die rechte Ecke zu stellen entbehrt jeder Grundlage.



    Wie ich auch als Kommentar zu einem anderen Artikel geschrieben habe, finde ich es schon verwunderlich, dass Abbas mit seinem Holocaust Vergleich derart angegriffen wird, Selenskys Vergleich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine jedoch scheinbar salonfähig war.



    Wo war da der Protest?



    Jegliche Holocaustvergleiche sind abzulehnen.



    Da sollte auch nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.



    Das gilt im Übrigen auch für den " Tierschutzbegriff"



    "Hühner KZ"!

    • @Philippo1000:

      Der Krieg von Russland auf die Ukraine ist ein Angriffskrieg. Diese Feststellung hat nichts mit einem Holocaustvergleich zu tun.

      Daher ist insoweit bitte unbedingt mit zweierlei Maß zu messen, den echte Holocaustvergleiche sind bitte unbedingt zu unterlassen.

      • @DiMa:

        Herr Selensky hat in diesem Zusammenhang den Begriff "Holocaust" benutzt.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Philippo1000:

      Selensky ist da ja nicht allein, auch in Deutschland sind Gleichsetzungen (nicht Vergleiche) von NS-Staat und Russland scheinbar legitim geworden.



      Ein Vokabular ist an der Tagesordnung, das vorher für das Naziregime und den Holocaust reserviert war. "Zivilisationsbruch" und "Vernichtungskrieg" stehen für den Holocaust, "Überfall" war für den Angriff Deutschlands auf Polen 1939 reserviert. Von "Völkermord" ist die Rede, obwohl etwa zwei Millionen Ukrainer:innen nach Russland geflohen sind (fliehen mussten) und dort die übliche Einmalzahlung für Migrant:innen bekommen haben - während der deutsche Völkermord an den Herero und Nama immer noch nicht offiziell anerkannt ist und man in Bezug auf die Türkei und die Kurden aus strategischem.Kalkül noch nicht einmal von ethnischer Säuberung sprechen will.

  • bleibt die frage übrig: wer darf - noch - holocaust sagen?

    • @christine rölke-sommer:

      Sie z.B.

      • @Elena Levi:

        warum ich? weilsch deutsche bin?

        • @christine rölke-sommer:

          eigentlich sollte man das nicht kommentieren müssen, weil's ne rhetorische Figur ist; ich mach's trotzdem.



          Der Holocaust ist nicht "irgendein" Völkermord, sondern der [Zitat Wikipedia] "staatlich organisierte Völkermord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland während des Zweiten Weltkriegs".

          Sie dürfen so oft Holocaust sagen, wie sie Lust dazu haben, weil das Wort weder zivil- noch strafrechtlich verboten ist, das wäre ja auch absurd.



          Wer den Holocaust [den systematischen Mord durch uns Deutsche (!) an 6 Millionen Juden] öffentlich oder in einer Versammlung leugnet, verharmlost oder billigt, stört aber nach Paragraf 130 („Volksverhetzung“) StGB den öffentlichen Frieden, was in Deutschland strafbar ist.

          Es geht also nicht darum, nicht "Holocaust" sagen zu dürfen. Sondern es nicht in einem offensichtlich verfälschenden, der Schwere dieses deutschen Verbrechens aus Unwissen oder vorsätzlich nicht gerecht werdenden und höchstens aus der Rolle der tatsächlich in vieler Hinsicht bedrängten Palästinenser heraus irgendwie verständlichen Äußerung zu sagen. Abbas meint das ja vermutlich als Vergleich, dass auch seinem Volk Unrecht getan wird, und mit Blick auf die Landkarte von 1948 und gewissen rechten appeasement-Tendenzen bei der Siedlungspolitik ist das ja auch nicht von der Hand zu weisen. Aber nein, in Deutschland ist das so zu sagen einfach keine rhetorisch clevere Methode.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Wann lernt man in Deutschland den Unterschied zwischen Vergleichen und Gleichsetzen?



    Was Abbas sagte, war kein Vergleich, sondern eine Gleichsetzung.



    Zu einem Vergleich gehören Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Wenn man Israel und Nazideutschland wirklich vergleichen würde, müsste man weit mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten feststellen. Den propagandistischen Zweck würde das ad absurdum führen.

  • Scholz hätte deutlich widersprechen müssen , der Holocost wird in unserer Gesellschaft schon oft genug relativiert !



    (siehe den Umgang mit dem BDS, dem El Quds-Tag mit den entspechenden Paraloen,den Äüßerungen von AI).Scholz hätte sofort auf die Singularität des Holocaust hinweisen müssen.Es ist ein bleibt ein deutsches Verbrechen.

  • Relativierungen des Holocausts halte ich für nicht akzeptabel.

    Leider scheint es sich eingebürgert zu haben, dass es gute und schlechte Relativierungen gibt. Je nach politischer Einstellung gelten z.B. Judensterne auf Demonstrationen als legitim und akzeptabel. Auf der anderen Seite wird der Begriff "Nazi" inflationär für rechte oder konservative Menschen genutzt. Das sind nur zwei Beispiele in dem Relativierungen des Holocaust für politische Zwecke mißbraucht werden.

    Wichtig ist es, dass wir jederzeit und an jedem Ort uns gegen Relativierungen aussprechen. Aber nicht nur das. Am besten fangen wir an uns an die eigene Nase zu fassen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „..darüber nachzudenken, ob die finanzielle Förderung der Autonomiebehörde einer Überprüfung bedarf.“ […] „Olaf Scholz hat sich mit seinem Schweigen in diese Reihe politischen Fehlverhaltens eingereiht. Er wird darauf hoffen können, dass die Empörung darüber eine vorübergehende Erscheinung bleiben wird.“ Herr Klaus Hillenbrand weiß also, was Olaf Scholz hoffen darf? Das ist wohlfeiler Konjunktiv-Journalismus.



    Was außerdem bereits abgehalfterte und zukünftige Ex-Partei-Vorsitzende der CDU und Journalisten so zwitschern, gehört in die selbe Kategorie. Diplomatie findet nicht auf der Aschenbahn und nicht im Boxring statt. „Er hat nicht sofort gekontert…“ „Er hat nicht schnell genug reagiert….“ usw. usw. In welcher Fernsehshow befinden wir uns eigentlich? Mir ist ein Schlump[f]-Schütze lieber als ein als ein Wyatt Earp. OK, Lucky Luke lasse ich jetzt mal außen vor.

    • RS
      Ria Sauter
      @95820 (Profil gelöscht):

      Meine Gedanken gingen in die gleiche Richtung.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Unbenommen der schlimmen Äußerung Abbas`:

      Stimme dem Kommentar zu.

      Und: Erfüllt sich die Ankündigung der Überschrift im Artikel? In Bezug auf "Unfähigekeit" nein. Weil: Gerade weil die Äußerung von Abbas sehr schlimm ist, kann es da nicht sein, dass es da einem im medialen Sprechen geübten Profipolitiker, der oft "Maske" trägt, nicht auch mal und erstmal die Sprache verschlägt? Zuletzt ist hinter der Maske auch nur ein Mensch. Nicht vergessen. Nein, ich mag die erste (Nicht-)Reaktion von Scholz nicht "hochhängen".

      p.s. und "by the way": Klaro, Lucky Luke bleibt außen vor im ansonsten passenden Vergleich.

  • " Wenn es eine gemeinsame grundsätzliche Überzeugung der politisch Verantwortlichen in diesem Land gibt, dann ist es die Einsicht, dass der Massenmord an Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten eben kein Ereignis war, dass sich mit anderen vergleichen ließe oder gar in eine Reihe gestellt werden könnte."

    Abbas' Holocaust - Vergleich war genauso inakzeptabel wie der Holocaust -Vergleich des ukrainischen Präsidenten vor der Knesset!

    www.zdf.de/nachric...-russland-100.html



    www.fr.de/politik/...s-zr-91425400.html



    www.faz.net/aktuel...iche-17894450.html

  • Mal eine Führung machen im Stammlager von Ausschwitz oder Birkenau, der Herr Abbas. Und Scholz gleich mit, dann wird man auch etwas fixer in der Birne bei derlei Vergleichen!



    Un-säg-lich!



    Was hinzu kommt ist dieser gleichermaßen ausbalancierte und ins Blut übergegangen Diplomatensprech; immer am abwägen was kann und darf ich wem wie sagen? Ich wünschte mir demokratische Politiker, die autokratischen Ätzern oder geschichtlich vergessenen Bös-Schwätzern lieber undiplomatisch eine zuviel als eine zuwenig mit auf den Weg geben. Peinliches Zögern wird doch nur als Schwäche ausgelegt, was es nat. faktisch auch ist. Aber dass Scholz schwach ist, naja, wo sind denn da neuen Erkenntnisse?

  • Verstehe ich jetzt nicht-wenn ich sowas höre sagt ich sofort das das antisemitischer Schwachsinn ist und gut ist. Dafür muss man nicht schnell im Kopf sein, nur ein gerader Rücken wird gebraucht. Aber was tut er nicht alles für Wählerstimmen, ob es Bänker oder Zugereiste sind

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @Maik Voss:

      Er braucht länger. Ist nicht unbedingt ein Nachteil: Im Ahrtal hat er nicht gelacht.

  • Olaf Scholz hat gerechnet.

    Es gibt nur etwa 180.000 Juden und Jüdinnen hier in Deutschland.

    Denen eine zigfache Menge an Menschen gegenübersteht, deren Vertretungen antizionistisch und antisemitisch denken.

    Es geht um Wählerstimmen, und da ist Scholz genau so ein kühler Rechner wie seine Vorgänger*innen.

    Danke für den Artikel. Doch machen wir uns nichts vor.

    Das "Nie wieder!" ist längst Fake.

    Deutschland ist längst ein internationaler Hotspot für Antisemitismus.

    Abbas weiß genau was er sagt und warum. Er ist bekannt dafür. Ist ja nicht das erste Mal. Viele werden es mit Wohlwollen aufgenommen haben.

    Und Scholz kleine Twitter-Message einen Tag später nach der offiziellen Pressekonferenz ist nur ein zusätzlicher Hohn.

    • @shantivanille:

      Schmerzhafte Erkenntniss. Deutschland als Hotspot für Antisemitismus! DAS muss man sich mal auf der Zunge und im. Gehirn zergehen lassen!

  • Der Kanzler war betroffen, sprachlos. Ja manche finden in so einer Situation keine Worte.

    Deswegen den Kanzler kritisieren finde ich nicht angebracht.

    In der Medienlandschaft macht der Kanzler alles falsch, ich hätte mir bei der Kanzlerin Merkel manchmal mehr Kritik erwünscht, da schwiegen aber die Medien.

  • "Deutsche haben vor 80 Jahren mit industriellen Methoden versucht, ein ganzes Volk ohne Ausnahme auszurotten."

    Es waren, wie wir mittlerweile durch die entsprechende Forschung wissen, eben nicht nur irgendwelche "Deutsche", sondern ebenfalls ein ganzes Volk, allerdings mit Ausnahmen.

    • @Heinrich Ebbers:

      Ich war's nicht, Adolf Hitler ist es gewesen. Diese Denkweise gilt seit 1945. Es hat sich trotz hierzulande alljährlicher Holocaust-Gedenkfeiern nichts geändert. Dass Scholz nichts gesagt hat, als Abbas diesen unsäglichen Vergleich auf deutschem Boden anstellte, ist für deutsche Juden und Jüdinnen schier unerträglich. Sich erst ein Tag später dazu zu äußern und den Empörten zu spielen, kann es nicht geraderücken.

    • @Heinrich Ebbers:

      Richtig.

    • @Heinrich Ebbers:

      Die Aussage kann ich so nicht hinnehmen.



      Das die Deutschen vermutlich mehrheitlich antisemitisch waren - ja, vermutlich.



      Aber das sichere Wissen über die industrielle Vernichtung war sicherlich nicht Allgemeingut.

  • Bärendienst



    Mit seinen dummen Äußerung eines angeblichen Holocaust Israels an den Palästinensern hat Präsident Mahmud Abbas seinem Volk einen Bärendienst erweisen.

    Einem "Staatsmann" wie Scholz hätte das nicht stehen lassen dürfen, sondern sofort deutliche Kritik an der Aussage üben müssen.

    So aber wird man es wieder uns Deutschen anlasten, dass er Scholz nicht sofort gekontert hat.

  • Klare Worte waren noch nie die Stärke des Bundeskanzlers. Eine Reaktion muss doch erst mal mit dem Presseteam abgestimmt werden.

  • "ob die finanzielle Förderung der Autonomiebehörde einer Überprüfung bedarf"



    Nun kann man lange darüber diskutieren, warum man in Deutschland eine fragwürdig formulierte Kritik an der israelischen Besatzungspolitik für verwerflicher hält als die Besatzung selbst, aber von solchen Feinheiten einmal abgesehen: ein finanzieller Zusammenbruch der palästinensischen Autonomiebehörde wäre nicht einmal in Israels Interesse, weil es dann die besetzten Gebiete wieder vollständig direkt regieren müsste. Wie bei allen politischen Forderungen ist es auch hier wichtig, die langfristigen Folgen zu bedenken, statt sich am punktuellen medialen Zuspruch zu orientieren.

    • @O.F.:

      "warum man in Deutschland eine fragwürdig formulierte Kritik an der israelischen Besatzungspolitik für verwerflicher hält als die Besatzung selbst"

      Übersetzung: Die Besetzung als Holocaust zu bezeichnen ist weniger schlimm, als die Besetzung selbst.

      Jetzt mal Butter bei die Fische: Was würde ihrer Meinung nach passieren, würde Israel die Besetzung des Westjordanlands beenden?

      Gäbe es dann blühende Landschaften?

      • @Jim Hawkins:

        "Jetzt mal Butter bei die Fische: Was würde ihrer Meinung nach passieren, würde Israel die Besetzung des Westjordanlands beenden?"

        Es gäbe dann noch eine Front gegen Israel. Israel wäre in der Zange. Es würde dasselbe geschehen wie damals, als die Besetzung Gazas aufgegeben wurde. Solange Islamischer Dschihad, Hamas und Hisbollah sowie Länder wie der Iran die Fäden ziehen, wird der Nahostkonflikt unlösbar bleiben.

        • @Elena Levi:

          Die Besetzung des Gazastreifens würde nicht aufgegeben. Israel kontrolliert nach wie vor den Luftraum und den Zugang zum Meer.

        • @Elena Levi:

          Ich sehe das genauso wie Sie.

          Diese Frage stelle ich immer wieder Foristen, die der Meinung sind, dass die Besetzung des Westjordanlands beendet werdet muss.

          Ich habe noch nie eine Antwort bekommen.

          Was ja auch eine Antwort ist.

          • @Jim Hawkins:

            Sind Sie ernsthaft der Meinung, dass es legitim ist ein Land auf Dauer zu besetzen? Wie ist das mit den Menschenrechten, wie mit der Gleichberechtigung der Menschen vereinbar?

            • @Francesco:

              Auch das ist keine Antwort auf meine Frage.

              • @Jim Hawkins:

                Nein, das war eine Gegenfrage, die den Sinn Ihrer Frage in Frage stellen sollte.

              • @Jim Hawkins:

                Richtig erkannt. Das war eine Gegenfrage.

              • @Jim Hawkins:

                Sie wissen doch selber, dass 70 Jahre Vertreibung, Besetzung und Annexionen keinen Frieden gebracht haben. Brauchen Sie noch weitere 70 Jahre um dann festzustellen, dass es immer noch keinen Frieden gibt?

                Ihre Frage was sich durch Aufgabe von aggressiven Nationalismus ergibt ist daher einigermaßen absurd.

                Und selbst eine Besetzung erfordert keine Vertreibung von Dorfbewohnern, Kinder, Alte, Frauen, Familien.

                Nationalismus im Gewandt von Sicherheit das ist wie des Kaisers neue Kleider.

                • @Rudolf Fissner:

                  Dann sagen Sie doch mal, wie der Konflikt ihrer Meinung nach gelöst werden könnte.

      • @Jim Hawkins:

        Da erinnere mich an Berichte aus der Zeit nach dem Abzug aus Gaza. Die Israelis haben seinerzeit z.B. ausgedehnte Gewächshausanlagen ziemlich intakt hinterlassen, in denen sie vorher im großen Stil für den Export Lebensmittel produziert hatten. Anstatt die Anlagen weiter zu betreiben, wurden sie, da ja jüdisch kontaminiert, anscheinend kaputtgeschlagen. So wie wahrscheinlich alle anderen Hinterlassenschaften auch.

        • @Matthias:

          Nach etwas Internet-Recherche habe ich den folgenden Deutschlandfunk-Beitrag gefunden: www.deutschlandfun...-in-israel-100.htm

          Daraus:



          "Doch die Israelis weigerten sich ihren Abzug mit den Palästinensern zu koordinieren. Der sogenannte „Trennungsplan“ war ausdrücklich ein einseitiger Plan, ohne Absprache und ohne Zusammenarbeit mit der palästinensischen Autonomiebehörde, die bis zu den Wahlen von 2006 noch von Fatah dominiert war. Nur mit Mühe gelang es dem damaligen Sondergesandten des Nahostquartetts, James Wolfensohn, die zurückgelassenen Gewächshäuser des Gush Katif für die Palästinenser zu retten. Er setzte dafür sogar sein Privatvermögen ein.



          „Viele der Gewächshäuser werden heute noch genutzt. Aber viele stehen auch leer, weil die Bauern, die sie gepachtet haben, sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht nutzen können. Es lohnt sich für sie nicht, denn sie können nichts exportieren. Die Gewächshäuser nutzen wir nur für den Gemüseanbau; auf dem freien Land betreiben wir Obstanbau, hauptsächlich Mango, Zitronen und verschiedenes anderes Obst.“"



          Das klingt dann doch ein bisschen anders.

        • @Matthias:

          Und? Hat man die palästinensisches Erntehelfer wie hier in DE die rumänischen nur als billigste Arbeiter verwendet, statt im Gaza in Fortbildung im Bereich Gärtnern seitens Israel zu investieren?

          Selbst in Israel ist die Bildung für arabische Istaelis ja schon mieser, wie sie dann wohl unter der israelischen Besatzung ausgesehen hat: de.wikipedia.org/w...=224713434#Bildung

        • @Matthias:

          Zu Ihrer Behauptung habe ich ein bisschen recherchiert und den folgenden Artikel des Deutschlandfunks gefunden: www.deutschlandfun...in-israel-100.html

          Daraus:



          "Doch die Israelis weigerten sich ihren Abzug mit den Palästinensern zu koordinieren. Der sogenannte „Trennungsplan“ war ausdrücklich ein einseitiger Plan, ohne Absprache und ohne Zusammenarbeit mit der palästinensischen Autonomiebehörde, die bis zu den Wahlen von 2006 noch von Fatah dominiert war. Nur mit Mühe gelang es dem damaligen Sondergesandten des Nahostquartetts, James Wolfensohn, die zurückgelassenen Gewächshäuser des Gush Katif für die Palästinenser zu retten. Er setzte dafür sogar sein Privatvermögen ein.



          „Viele der Gewächshäuser werden heute noch genutzt. Aber viele stehen auch leer, weil die Bauern, die sie gepachtet haben, sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht nutzen können. Es lohnt sich für sie nicht, denn sie können nichts exportieren. Die Gewächshäuser nutzen wir nur für den Gemüseanbau; auf dem freien Land betreiben wir Obstanbau, hauptsächlich Mango, Zitronen und verschiedenes anderes Obst.“"

          Das klingt ein bisschen anders.

          • @Francesco:

            Ich schrieb ja, das ich mich an Berichte über solche Zerstörungsaktionen erinnerte, das sie stattgefunden haben, bezweifele ich nach wie vor nicht. Wenn das nicht so umfassend war, wie es damals klang, freut mich das. Warum der Anbau damals mit israelischen Siedlern hervorragend klappte, heute anscheinend aber eher nicht, hat ja eventuell auch was mit den Herrschenden in Gaza zu tun und damit, wie sie die ja nicht unerheblichen Summen ausgeben, die sie unter anderem aus Europa kassieren. Müllabfuhr, Wasserversorgung, Infrastruktur, medizinische Versorgung, kurz, der langweilige profane Alltag, scheinen mir auf der Prioritätenliste der Hamas nicht unbedingt sehr weit oben zu stehen. Paläste, Luxushotels (ja, man kann schön Urlaub machen im Gefängnis Gaza, wenn man Kohle hat), Moscheen schon eher. Und natürlich Raketen (selbstgebastelt, wie gern geschrieben wird), die sind natürlich am wichtigsten. Solange bei den - eher seltenen - Wahlen in der arabischen Welt regelmäßig solche Leute gewählt werden, gibt's vor Ort wohl leider wenig Hoffnung auf Verbesserung.

        • @Matthias:

          Das Problem für die Palästinenser sind nicht die nicht mehr existierenden Gewächshäuser, sondern die geschlossenen Grenzen. Sie dürfen ja nicht mal in die Westbank exportieren.



          Andersherum: Die Israelis haben ihre geräumten Siedlungen komplett abgerissen. Vielleicht hätten die Palästinenser diese gerne genutzt?

          • @Francesco:

            „Die Israelis haben ihre geräumten Siedlungen komplett abgerissen.“

            Wegen mir hätten die Israelis auch diese gern intakt zurücklassen können. Es geht aber nun mal um das, was tatsächlich stehen geblieben ist.

            Und (anderer Beitrag) was die geschlossenen Grenzen angeht: Meines Wissens hat der Gazastreifen auch eine Grenze zu Ägypten. Schon merkwürdig, das die praktisch genau so dicht ist wie die nach Israel.