+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 10 Millionen Menschen auf der Flucht

Die Zahl der geflüchteten Ukrai­ne­r:in­nen in Deutschland steigt auf 218.000. Wirtschaftsminister Habeck vereinbart mit Katar eine „langfristige Energiepartnerschaft“.

Ukrai­ne­r:in­nen an der Anlaufstelle der BVG am Hauptbahnhof Foto: dpa

Über 900 Festnahmen bei Protesten in Russland

Bei erneuten Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine sind am Sonntag in Russland nach Angaben von Bürgerrechtlern fast Tausend Menschen festgenommen worden. Bis zum Nachmittag wurden mindestens 937 Menschen in 38 Städten festgenommen, wie die Organisation OWD-Info mitteilt. Proteste gab es demnach unter anderem in Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg, Nischni Nowgorod und Wladiwostok.

Die russischen Behörden gehen immer wieder hart gegen kremlkritische Demonstranten vor. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar gab es laut OWD-Info mehr als 15.000 Festnahmen auf Demonstrationen gegen den Krieg. Einige Demonstranten seien bereits mehrfach festgenommen worden, schreibt die Organisation in ihrem Telegram-Kanal. Es komme zum Teil zu Geldstrafen und Verhaftungen. Den Angaben nach wurde eine strafrechtliche Verfolgungskampagne gegen Kriegsgegner und Oppositionelle eingeleitet. Mindestens 37 Fälle gegen 43 Menschen würden verfolgt. (dpa)

🐾 Kriegsschäden in der Ukraine: Verbrannte Erde

Im Krieg schert sich niemand um die Umwelt. Die Zerstörung in der Ukraine wird aber noch jahrelange Folgen für die Menschen vor Ort haben, schreibt unser Autor Jonas Waack. Den ganzen Text lesen Sie hier. (taz)

Ukraine: Frontlinie „praktisch eingefroren“

Die Frontlinien zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften sind nach ukrainischen Angaben „praktisch eingefroren“. Russland verfüge nicht über genügend Kampfkraft, um weiter vorzurücken, sagt der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch in einer Videoansprache.

Die Ukraine gibt die Anzahl der bisherigen Verluste Russlands mit 14.700 Personen und 476 Panzern an. Diese Zahlen bezögen sich auf russische Verluste in den Kämpfen seit Beginn der Invasion am 24. Februar, teilt das ukrainische Militär mit. Russland selbst hatte zuletzt am 2. März Zahlen zu eigenen Verlusten genannt und von fast 500 gefallenen Soldaten gesprochen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. (rtr)

UNHCR: Bereits zehn Millionen Menschen durch Ukrainekrieg in Flucht getrieben

Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sind nach UN-Angaben inzwischen bereits rund zehn Millionen Menschen in die Flucht getrieben worden. Das ist fast ein Viertel aller in dem Land lebenden Menschen. Die Ukraine hatte vor Kriegsbeginn rund 44 Millionen Einwohner:innen.

Die Menschen seien entweder an andere Orte innerhalb der Ukraine oder außerhalb des Landes geflüchtet, schrieb der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, am Sonntag auf Twitter.

Rund zwei Drittel der Menschen sind nach Angaben des UNHCR innerhalb des Landes an andere Orte gezogen. Knapp 3,4 Millionen haben das Land verlassen.

Die höchste Zahl an Flüchtlingen aus der Ukraine hat bisher Polen aufgenommen. Dort sind gut 2 Millionen Menschen eingetroffen. Nach Rumänien kamen gut 500.000 Menschen, in die kleine Republik Moldau 360.000. Allerdings sind nicht alle Geflüchteten noch in diesen Ländern, viele sind bereits in andere Staaten weitergezogen. (afp/taz)

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Mehr als 218.000 Menschen in Deutschland angekommen

In Deutschland sind mittlerweile deutlich mehr als 200.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Das Bundesinnenministerium gab die Zahl der von der Bundespolizei registrierten Menschen am Sonntag mit 218.301 an. Die tatsächliche Zahl kann höher sein, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt. Im früheren Berliner Flughafen Tegel nahm ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge seinen Betrieb auf. Derweil kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verstärkte Polizeipräsenz an Bahnhöfen an, um Ukrainerinnen vor Sexualstraftätern zu schützen.

Im Ankunftszentrum im früheren Flughafen Tegel können laut Berliner Senatsverwaltung täglich bis zu 10.000 Vertriebene versorgt, registriert und weitergeleitet werden. Berlin ist derzeit einer der Hauptankunftsorte für Flüchtlinge aus der Ukraine. Der Bund unterstützt dabei, die Menschen im Bundesgebiet zu verteilen, weil die Kapazitäten insbesondere in den Großstädten an ihre Grenzen kommen.

Zu Gefahren für Frauen aus der Ukraine an den Bahnhöfen sagte Innenministerin Faeser der Bild am Sonntag: „Jeder, der es versucht, die Not der Geflüchteten auszunutzen, sollte wissen: Auf solche Taten reagieren wir mit aller Härte des Gesetzes.“ Niemand dürfe das Leid der Flüchtlinge missbrauchen.

Es gebe daher massive Polizeipräsenz an den Bahnhöfen, in Uniform und in Zivil, erklärte Faeser: „Alle sind sensibilisiert, jede Gefährdung sofort zu melden und einzuschreiten.“ Die Bundespolizei erteilte laut Bild am Sonntag bereits mehrere Platzverweise, unter den verdächtigen Männern waren demnach auch vorbestrafte Sexualtäter. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) bat derweil eindringlich darum, geflüchtete Kinder und Jugendliche beim Jugendamt zu registrieren, um dem Kindeswohl gerecht werden zu können und auch eine Information an zurückgebliebene Familien zu ermöglichen. (epd)

🐾 Wie sich der Krieg auf Städtepartnerschaften auswirkt

Das niedersächsische Celle unterhält Städtepartnerschaften nach Russland und in die Ukraine. Eine blüht gerade auf, die andere gerät unter Druck. Die Reportage von Jan-Paul Koopmann lesen Sie hier.

Habeck: Langfristige Energiepartnerschaft mit Katar fest vereinbart

Deutschland und Katar haben nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart. Dies ist ein Schritt auf dem Weg, angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine weniger abhängig von russischem Gas zu werden. Habeck sagte am Sonntag in Doha nach einem Treffen mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, es sei „großartigerweise“ fest vereinbart worden, eine langfristige Energiepartnerschaft einzugehen.

„Der Tag hat eine starke Dynamik bekommen“, sagte Habeck (Grüne). Die Unterstützung des Emirs sei über die Maßen stark gewesen und stärker als erwartet.

Die Unternehmen, die mit nach Katar gekommen seien, würden nun mit der katarischen Seite tief in Vertragsverhandlungen einsteigen. Habeck wollte keine Angaben zu vereinbarten Mengen machen. Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssigerdgas (LNG). Vor der Reise hatte er gesagt, es gehe zum einen um kurzfristige als auch um langfristige Lieferungen. Habeck will den Bau von LNG-Terminals in Deutschland vorantreiben.

Der Minister sagte, die vereinbarte Partnerschaft mit Katar umfasse nicht nur LNG-Lieferungen, sondern auch den Ausbau von erneuerbaren Energien sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz. In diesen Bereichen könnten deutsche Firmen viel anbieten. (dpa)

Türkischer Außenminister: Ukraine und Russland nähern sich in kritischen Punkten an

Die Ukraine und Russland nähern sich der Türkei zufolge bei kritischen Punkten an. Bei einigen Themen gebe es fast eine Einigung, sagt der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu der Tageszeitung Hürriyet. Er hoffe auf eine Waffenruhe, sofern es bei den Gesprächen zwischen den beiden Ländern keinen Rückschritt gebe und die erzielten Fortschritte damit zunichtegemacht würden.

🐾 Damit niemand leer ausgeht

In Berlin gibt es viel Leerstand, eine Petition möchte sie nun für Geflüchtete zur Verfügung stellen. Doch viele Wohnungen sind verwahrlost. Den ganzen Bericht aus der Reihe „Petition der Woche“ lesen Sie hier. (taz)

Selenskyj legt alle ukrainischen Fernsehsender zusammen

Präsident Wolodymyr Selenskyj legt alle ukrainischen Fernsehsender zusammen. Selenskyj habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, teilt sein Büro mit. In Kriegszeiten sei es wichtig, eine einheitliche Informationspolitik zu haben, heißt es zur Begründung. Ab wann das Dekret in Kraft tritt, ist unklar. (rtr)

Moskau: Erneut Hyperschallrakete im Einsatz

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben Moskaus erneut Hyperschallraketen in der Ukraine eingesetzt. Mit Raketen des Typs Kinschal (Dolch) sei ein Lager für Treib- und Schmierstoffe der ukrainischen Streitkräfte in der Region Mykolajiw zerstört worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag. Das neuartige Waffensystem war laut Moskau am Freitag erstmals zum Einsatz gekommen.

Die Kinschal-Raketen gehören zu einem Arsenal von Hyperschallraketen, die Russland als erstes Land der Welt entwickelt hat. Die Flugkörper können bei extremer Geschwindigkeit die Höhe und die Richtung ändern und somit gegnerische Luftabwehrsysteme überwinden.

Die Raketen für den Angriff auf das Lager bei Mykolajiw seien vom Luftraum über der Krimhalbinsel abgefeuert worden, erklärte das Ministerium. Zusätzlich seien auch Marschflugkörper des Typs Kalibr vom Kaspischen Meer aus abgefeuert worden. Zum Zeitpunkt des Angriffs machte Moskau keine Angaben.

Am Freitag war laut dem Ministerium erstmals eine Kinschal-Rakete abgefeuert und dabei ein unterirdisches Waffenlager der ukrainischen Luftwaffe zerstört worden. Das Lager befand sich demnach im westukrainischen Dorf Deljatyn, das rund hundert Kilometer von der Grenze zum Nato-Mitgliedstaat Rumänien entfernt liegt. Es war nach Einschätzung von Militärexperten das erste Mal, dass Russland diese Waffen in einem bewaffneten Konflikt einsetzte. (afp)

🐾 Immerhin schreibe ich Tagebuch

Unsere Autorin Polina Fedorenko und ihre Familie wollten eigentlich in Kyiv bleiben. Dann schlägt eine russische Rakete nebenan ein. Ihren Bericht für die taz am Wochenende lesen Sie hier. (taz)

Tausende Menschen entkommen über Fluchtkorridore

Die Kämpfe an den Frontabschnitten in der Ukraine sind auch in der Nacht zum Sonntag fortgesetzt worden. Am Samstag haben sich mehr als 6.600 Menschen über Fluchtkorridore vor den Kämpfen in Sicherheit bringen können. Nach Angaben der Behörden konnten 4.128 Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol fliehen. Weitere 1.820 Menschen verließen die Hauptstadt Kiew über Fluchtkorridore.

In Kiew heulten am Samstagabend erneut die Sirenen, wie Bewohner in Online-Netzwerken mitteilten. Auch die Stadt Charkiw im Nordwesten wurde am Samstag weiter bombardiert, dabei wurden nach Angaben der örtlichen Behörden ein Mann und ein neunjähriges Kind getötet. Insgesamt starben in der russischsprachigen Großstadt seit Kriegsbeginn den örtlichen Behörden zufolge mindestens 500 Menschen.

In Mariupol wurde nach ukrainischen Angaben eine große Stahlfabrik schwer beschädigt. Die Abgeordnete Lesja Wasilenko veröffentlichte am Sonntag ein Video, das ihr zufolge eine Explosion im Werk der Asowstal-Gruppe zeigt und warnte vor schweren Umweltschäden. Ihr Kollege Serhij Taruta schrieb auf Facebook, die russischen Streitkräfte „haben die Fabrik praktisch zerstört“. Der Generaldirektor von Asowstal, Enver Zkitischwili, erklärte es seien im Voraus Maßnahmen ergriffen worden, um die Umweltschäden im Falle eines Angriffs zu verringern.

Im Norden des Landes schilderte der Bürgermeister von Tschernihiw, Wladislaw Atroschenko, eine „absolute humanitäre Katastrophe“ in seiner Stadt. „Das wahllose Artilleriefeuer in den Wohnvierteln geht weiter, Dutzende Zivilisten werden getötet, Kinder und Frauen“, sagte er im Fernsehen. „Es gibt keinen Strom, keine Heizung und keine Wasserversorgung, die Infrastruktur der Stadt ist völlig zerstört“. In einem bombardierten Krankenhaus „liegen die operierten Patienten bei einer Temperatur von 10 Grad in den Korridoren“. (afp)

Menschen schieben Lebensmittel in einem Einkaifswagen

Eine belagerte Stadt: Die ukrainische Stadt Mariupol am 19.03.2022 Foto: reuters

Kunstschule in Mariupol bombardiert

Das russische Militär soll in der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol eine Kunstschule bombardiert haben, in der etwa 400 Menschen Schutz suchten. Die lokalen Behörden in Mariupol teilten am Sonntag mit, das Schulgebäude sei zerstört worden, möglicherweise befänden sich die Menschen unter den Trümmern. Opferzahlen lagen zunächst nicht vor.

Russische Streitkräfte hatten am Mittwoch in der Stadt ein Theater bombardiert, in dem ebenfalls Zivilisten Schutz gesucht hatten. Den ukrainischen Angaben zufolge wurden 130 Menschen gerettet, es könnten sich jedoch viele weitere unter den Trümmern befinden, hieß es.

Die strategisch wichtige Hafenstadt am Asowschen Meer ist von russischen Truppen eingekreist. Sie ist von der Energie-, Nahrungsmittel- und Wasserversorgung abgeschnitten und einem unerbittlichen Bombardement ausgesetzt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in seiner nächtlichen Videoansprache an die Nation gesagt, die Belagerung Mariupols werde wegen Kriegsverbrechen der russischen Truppen in die Geschichte eingehen. (ap)

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