Petition der Woche: Damit niemand leer ausgeht

In Berlin gibt es viel Leerstand, eine Petition möchte ihn nun für Geflüchtete zur Verfügung stellen. Doch zahlreiche Wohnungen sind verwahrlost.

Helfer verteilen Lebensmittel an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine

Anlaufstelle am Berliner Hauptbahnhof für ukrainische Geflüchtete Foto: Carsten Koall/dpa

Jeden Tag kommen sie am Berliner Hauptbahnhof an, Hunderte, Tausende geflüchtete Menschen aus der Ukraine, seit mehr als drei Wochen schon. Privatpersonen und Hilfsorganisationen kümmern sich um sie und versuchen auch, sie unterzubringen. Doch diese Kapazitäten sind endlich.

Nun fordert die Onlinepetition „Leerstand enteignen: Wohnraum für Geflüchtete jetzt!“ eine „schnelle, effektive und menschenwürdige unbürokratische Unterbringung“: Geflüchtete sollen in ungenutzten Berliner Gebäuden eine erste Bleibe finden. Die Petition, gestartet von Larissa Hesse, richtet sich an Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und ihre Stell­ver­te­te­r:in­nen Bettina Jarasch (Grüne) und Klaus Lederer (Die Linke).

Im Petitionstext wird Giffey selbst zitiert: „Wir richten uns auf mindestens 20.000 Menschen ein, die wir hier in Berlin unterbringen müssen.“ Für diese Herausforderung erscheinen Hesse die Berliner Leerstände als eine geeignete Lösung, zumindest vorübergehend.

Laut leerstandsmelder.de soll es im Zentrum Berlins 686 unbewohnte Wohnungen und Häuser geben, den Umkreis wie Potsdam, Teltow und Hohen-Neuendorf eingerechnet sind es sogar 778. Diese könnten temporär in Notunterkünfte umgewidmet werden. „Es ist einfach absurd, dass Wohnungen während einer humanitären Notlage leer stehen“, erklärt Hesse.

Hilflos ohne helfende Hände

Die 29-jährige Grundschullehrerin hat zusätzlich zu ihrer Petition auch eine Hilfsschicht am Berliner Hauptbahnhof übernommen und kurzzeitig ihre private Wohnung komplett für Geflüchtete zur Verfügung gestellt. Sie kritisiert, dass die Arbeit insbesondere von Ehrenamtlichen getragen wird. „Ich finde es toll, wie offen die Menschen jetzt aus der Ukraine empfangen werden“, sagt Larissa Hesse, aber auch: „Gleichzeitig sieht man, dass es überall an der Infrastruktur hapert. Unsere Schichten am Hauptbahnhof waren auch mega unkoordiniert. Das wurde anfangs hauptsächlich von Ehrenamtlichen aus dem Boden gestampft.“

Die privaten Unterbringungen sieht Hesse skeptisch. Sie verlangt, dass die Sicherheit der Geflüchteten oberste Priorität haben muss. Es sei wichtig, dass Geflüchtete einen Ort ganz für sich haben. „Man weiß einfach nicht, was das für Leute sind, die da Menschen unterbringen möchten. Man ist darauf angewiesen, dass sie gute Absichten haben, und das ist auf die Schnelle halt schwer festzustellen.“

Damit spielt Hesse auf Hinweise der Polizei an, die vor dubiosen Hel­fe­r:in­nen gewarnt hatte. Es habe am Berliner Hauptbahnhof Fälle gegeben, bei denen Personen Geld geboten hätten, um speziell Frauen oder Jugendliche bei sich unterkommen zu lassen.

Allerdings ist fraglich, ob die Berliner und Brandenburger Leerstände tatsächlich eine geeignete Heimstatt für Geflüchtete sind. Viele solcher Wohnungen stehen seit mehreren Monaten oder Jahren leer und sind entsprechend verwahrlost. Die Strom- und Wasserversorgung ist ebenfalls ungeklärt. Bevor Leerstände temporäre Notunterkünfte werden können, müssten sie geprüft und gegebenenfalls saniert werden. Larissa Hesse sieht hier den Senat in Verantwortung: „Der Senat hat dann die Entscheidungsbefugnis zu sagen, wir richten das jetzt her“, betont sie. „Das liegt viel am politischen Willen.“

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