+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Lambrecht widerspricht Lauterbach
Bundesverteidigungsministerin Lambrecht sieht Deutschland nicht als Kriegspartei. Die russische Duma will die Annexion ukrainischer Gebiete ratifizieren.
Lambrecht widerspricht Lauterbach in Kriegspartei-Frage
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat ihrem Kabinetts- und Parteikollegen Karl Lauterbach in Bezug auf Deutschlands Rolle im Ukraine-Krieg widersprochen. „Es ist ganz klar – sowohl für die deutsche Bundesregierung als auch für die gesamte Nato: Wir werden keine Kriegspartei“, sagte Lambrecht am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte zuvor auf Twitter geschrieben: „Wir sind im Krieg mit Putin“.
Der SPD-Politiker bezog sich mit seinem Tweet am Samstag auf Äußerungen des Schriftstellers Richard David Precht. Dieser hatte gefordert, einzelne Nato-Staaten sollten Russland garantieren, dass die Ukraine nicht in das Bündnis aufgenommen werde.
„Mal ehrlich: Was sollen denn jetzt Kniefälle vor Putin bringen?“, schrieb Lauterbach dazu. „Wir sind im Krieg mit Putin und nicht seine Psychotherapeuten. Es muss weiter konsequent der Sieg in Form der Befreiung der Ukraine verfolgt werden.“ Ob die „Psyche“ des russischen Präsidenten Waldimir Putin das verkrafte, „ist egal“.
Lambrecht betonte hingegen in der ARD, das Prinzip, nicht Kriegspartei zu werden, „hat uns von Anfang an geleitet. Und daran hat sich auch nichts geändert.“ (afp)
Duma beschäftigt sich Montag mit Ratifizierung der Annexion
Das russische Parlament wird sich einem Medienbericht zufolge ab Montag mit der Ratifizierung der Verträge und Gesetze für die Annexion von vier ukrainischen Regionen beschäftigen.
Die Nachrichtenagentur RIA beruft sich auf den Sprecher des Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin. Unterdessen bestätigt das russische Verfassungsgericht die Zulässigkeit der Verträge für den Anschluss der Regionen. Die Übergangsfrist für die Eingliederung soll bis zum 1. Januar 2026 dauern. (rtr)
Russland mit hohen Verlusten in Lyman
Beim Rückzug aus der strategisch wichtigen ostukrainischen Stadt Lyman haben die Russen nach Einschätzung britischer Geheimdienste hohe Verluste erlitten. Die Stadt im östlichen Gebiet Donezk sei zuvor mutmaßlich von unterbesetzten russischen Einheiten sowie Reservisten verteidigt worden, hieß es am Sonntag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Beim Rückzug über die einzige Straße aus der Stadt, die noch unter russischer Kontrolle sei, seien wohl viele Soldaten gefallen.
Russland hatte am Samstag – einen Tag nach der völkerrechtswidrigen Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete – in einer herben Niederlage gegen die ukrainische Armee die Stadt Lyman aufgegeben. Die Streitkräfte sind nach Angaben des russischen Militärs wegen der Gefahr einer Einkesselung abgezogen worden. Zuvor hatten ukrainische Behörden von rund 5000 eingekesselten russischen Soldaten gesprochen. Über die Anzahl der Gefallenen und Gefangenen gab es jedoch bislang keine konkreten Angaben. (dpa)
Lambrecht verspricht Ukraine modernes Luftabwehrsystem
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat der Ukraine zugesagt, das hochmoderne Luftabwehrsystem Iris-T SLM innerhalb weniger Tage zu liefern. Sie habe „live erlebt, wie sehr die Ukraine darunter leidet, dass (mit) Raketen, dass mit Drohnen die Bevölkerung ja gequält wird“, sagte die SPD-Politikerin am Samstagabend bei ihrem Besuch in der ukrainischen Schwarzmeer-Stadt Odessa den ARD-“Tagesthemen“. Am Nachmittag musste Lambrecht selbst wegen eines Luftalarms zeitweise in einen Bunker.
Es sei wichtig, die ukrainische Luftverteidigung „weiter zu unterstützen mit Iris-T, diesem hochmodernen neuen System. Aber auch mit Drohnenabwehr“, sagte Lambrecht. Sie ergänzte: „Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um die Bevölkerung hier auch zu entlasten.“
Lambrecht hatte bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Olexij Resnikow angekündigt, das System solle in wenigen Tagen für den Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland eintreffen. Die Ministerin war am Samstagmittag zu einem aus Sicherheitsgründen bis zum Abend geheim gehaltenen ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut sieben Monaten eingetroffen. (dpa)
Russland zieht sich aus Lyman zurück
Nach dem russischen Rückzug aus Lyman hat der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski die Rückeroberung weiterer von Russland kontrollierter Gebiete angekündigt. „Im Laufe der Woche wehten neue ukrainische Flaggen über dem Donbass“, sagte Selenski am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. „In der kommenden Woche werden es noch mehr werden“. Ukrainische Streitkräfte hatten zuvor einen Vorstoß in der strategisch wichtigen Stadt in der Ostukraine gemeldet, die seit dem Frühjahr von russischen Truppen besetzt war.
Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte bei Twitter ein Video von Soldaten, die eine ukrainische Flagge neben einem Schild mit dem Namen der Stadt hochhalten.
Moskau bestätigte kurz darauf den Rückzug seiner Truppen aus der Stadt wegen der „Gefahr“ einer Einkesselung. Zuvor hatten ukrainische Armeesprecher gemeldet, tausende Soldaten in der Nähe von Lyman eingekesselt zu haben.
Lyman liegt in der ostukrainischen Region Donezk, für die Russland am Freitag – ebenso wie für die drei weiteren von Moskau kontrollierten Regionen Luhansk, Saporischschja und Cherson – die Annexion durch die Unterzeichnung von Abkommen besiegelt hatte. (afp)
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