Virologe Hendrick Streeck ist zurück: Warum nicht auch Drogenbeauftragter?
Der Virologe Hendrik Streeck soll Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung werden. Was er von Cannabis hält, hat er bereits deutlich gemacht.

Hendrik Streeck ist Virologe und außerdem noch: Talkshow-Star, Krimi-Autor, Sachbuchschreiber und CDU-Politiker. Auch das Bundesgesundheitsministerium hätte er sich wohl zugetraut, wenn man es ihm angeboten hätte. Das Amt ist jedoch an seine Parteikollegin Nina Warken gegangen. Die schlägt Streeck jetzt als Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen vor, am Mittwoch soll er vom Kabinett berufen werden.
Streeck, 1977 in Göttingen geboren, ging nach seinem Medizinstudium in Berlin 2006 in die USA, forschte an der Harvard Medical School und an der Johns-Hopkins-Universität. Dort lernte er auch seinen Mann Paul Zubeil kennen. 2015 kehrte Streeck nach Deutschland zurück, um eine Professur an der Universität Duisburg-Essen anzunehmen. 2019 wechselte er nach Bonn, wo er die Leitung des Instituts für Virologie und des Instituts für HIV-Forschung übernahm.
Dann kam 2020 die Coronapandemie, und Streeck war plötzlich in der Öffentlichkeit. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) berief ihn in den Corona-Expertenrat. Und Streeck meldete sich immer wieder zu Wort, war häufig Gast in Talkshows, wo er mit Positionen auftrat, die denen seiner Fachkolleg*innen widersprachen. Streeck befürwortete schon früh Lockerungen der Auflagen und sprach sich, entgegen den Einschätzungen anderer Wissenschaftler*innen, oftmals gegen Lockdowns aus.
Mit der Pandemie verschwand auch Streeck aus den Talkshows. Er blieb aber als Experte im Nachfolgegremium des Corona-Rats „Gesundheit und Resilienz“. Und er schrieb Bücher.
In „Nachbeben – Die Pandemie, ihre Folgen und was wir daraus lernen können“ kritisiert er, das Credo „Folgt der Wissenschaft“ habe den freien Austausch von Ideen teilweise blockiert. Der Meinungskorridor sei unter Berufung auf „die Wissenschaft“ zu sehr eingeengt gewesen. In öffentlichen Auftritten spricht er sich auch jetzt für eine weitere Aufarbeitung der Pandemie aus. Man habe sich in der Pandemie zu sehr auf einige wenige Wissenschaftler*innen verlassen, sagte er kürzlich der Welt, und hätte mehr Kinderärzt*innen, Psycholog*innen und Soziolog*innen hören sollen, auch zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Lockdowns.
Auch im Bereich der Fiktion hat Streeck sich versucht. Im Februar erschien sein Krimi „Das Institut“: An einem Virologischen Institut in Boston stellt ein Detektiv Ungereimtheiten fest, Wissenschaftler*innen haben dort Viren manipuliert. Das Echo war mäßig: „Hendrik Streecks erster Roman darf auch gerne sein letzter bleiben“, befand zum Beispiel Rezensentin Miriam Zeh im Deutschlandfunk.
Direktmandat abgenommen
CDU-Mitglied ist Streeck seit 2017, zur Bundestagswahl 2025 trat er zum ersten Mal für ein Direktmandat an. Seinen Wahlkreis in Bonn gewann er mit neun Prozentpunkten Abstand zu den zweitplatzierten Grünen und holte ihn damit nach 37 Jahren zurück für die Union. Den Koalitionsvertrag handelte er in der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege mit aus.
Hervorstechende Qualifikationen für das Amt als Drogenbeauftragter finden sich in Streecks Lebenslauf zwar nicht. Allerdings dürfte seiner Vorgesetzten in spe, Ministerin Warken, Streecks Haltung zum Kiffen gefallen. Denn der designierte Drogenbeauftragte ist, wie die Ministerin, gegen die Legalisierung von Cannabis. „Sie schadet unserer Gesellschaft“, schreibt er auf seiner Website. Union und SPD haben zwar im Koalitionsvertrag eine „ergebnisoffene Evaluierung“ vereinbart. Streeck allerdings scheint sich bereits festgelegt zu haben.
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