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Klamottenberge mit „Störstoffen“Altkleidersammlung in Deutschland mit massiven Problemen

Seit aussortierte Textilien nicht mehr in den Müll dürfen, quellen die Kleidungscontainer über. Die Betreiber schlagen Alarm.

Müll neben dem Altkleidercontainer – aber immer mehr auch darin. „Störstoffe“ machen das Textil-Recycling schwer Foto: Martin Schutt/dpa

Osnabrück/Berlin afp/taz | In den Müll dürfen alte Textilien nicht mehr, aber die Container sind überfrachtet: Die Altkleidersammlung in Deutschland ist nach Angaben der Gemeinschaft für textile Zukunft (GftZ) „akut bedroht“. Wie der Verband in Osnabrück am Montag mitteilte, ist die „flächendeckende Sammlung“ in vielen Regionen „bereits nicht mehr gewährleistet“. Gründe dafür sind unter anderem hohe Kosten und eine schlechtere Qualität der gesammelten Kleidung. Das hänge auch mit einer neuen EU-Richtlinie zusammen.

Seit Beginn des Jahres wird laut GftZ vermehrt minderwertige Ware „mit hohem Anteil an Störstoffen“ wie etwa Restabfällen in Altkleidersammlungen gefunden. Die Sammel- und Sortierbetriebe seien überfordert, immer mehr dieser Betriebe im gemeinnützigen und privaten Bereich „sehen sich gezwungen, ihre langfristig etablierten Strukturen aufzugeben“.

Seit Januar gilt eine neue EU-Richtlinie, wonach alte Kleidung und andere Textilien nicht mehr im Hausmüll entsorgt werden dürfen. Die Getrenntsammlungspflicht für Textilabfälle in der EU wurde eingeführt, damit mehr Textilien wiederverwendet oder recycelt werden. Allerdings gilt das laut Verbraucherschutzverbänden nicht für verschlissene oder besonders schmutzige Kleidung – sie landet nun offenbar vermehrt in den Sammelcontainern.

Der Verband forderte die Politik auf, sofort mit der Umsetzung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien zu beginnen: Hersteller sollen dazu verpflichtet werden, die Abfallsammlung und -behandlung mitzufinanzieren. Altkleidersammler müssten „endlich angemessen entlohnt werden“. Die Öffentlichkeit müsse „intensiver“ aufgeklärt werden, um Fehlwürfe und Missbrauch zu verhindern.

Derweil erwerben Menschen in der Europäischen Union so viele neue Textilien wie noch nie. 19 Kilogramm kaufte ein EU-Bürger im Schnitt im Jahr 2022, schrieb die Europäische Umweltagentur EAA im März in einem Bericht. Im Jahr 2019 waren es noch zwei Kilogramm weniger. Der Aufwuchs liegt unter anderem an den niedrigen Preisen der fast-Fashion-Anbieter. Fast Fashion bezeichnet das Geschäftsmodell, aktuelle Modetrends schnell, billig und in geringer Qualität zu produzieren.

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29 Kommentare

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  • Die gestrige Sendung der "Anstalt" nimmt sich des Themas teils an, Kleidungsschwemme, Kunstsstoffe, ...

  • Wenig kaufen, viel auftragen, womöglich stopfen und flicken (lassen), vor allem aber wenig kaufen, wenig horten. Dafür kein Einmalzeugs wie die Socken von 'PriEuro' (oder so ähnlich).



    Der Kragen ist ein wenig verblichen? Durch Argumentestärke davon ablenken oder oder.



    Wer aufs Äußre schaut, ist als Freund/in evtl. ohnehin mindergeeignet.

  • Unser Wohlstand ist bedroht! Es fehlen Kleider- und Müllcontainer!

  • Man könnte doch einfach getrennt sammeln. Einerseits noch brauchbare Kleidung, andererseits Textilabfälle für das Recycling.

  • Ich werde sicherlich keine Textilien in die Container werfen die ich nicht auch selber noch tragen würde. Der Rest kommt in den Restmüll und Punkt.



    Mittlerweile stellt sich bei mir vor Ort die Frage eh nicht mehr. Bis vor einigen Monaten gab es noch 10 Sammelcontainer hier vor Ort. Nachdem der größte Sammler seiner 7 Container abgebaut hat, sind die restlichen Sammler (einer mit 2 und einer mit 1 Container) massiv überlastet gewesen. Die haben dann auch einen Monat später ihre Container abgebaut.



    Jetzt gibt es die Möglichkeit zum nächsten Recylinghof zu fahren (ca. 10 Minuten mit dem Auto), weil da noch ein Sammler Container hat oder alles im Restmüll zu entsorgen. Die Kleiderkammer der örtlichen Kirche nimmt natürlich noch gute und gewaschene Markenklamotten aber alles unter Zustand sehr gut wird (zurecht) gar nicht erst angenommen.

    • @FalscherProphet:

      Manche Containeraufsteller so, andere so.

      Statt Restmüll dann vielleicht einfach Putzlappen für die Radkette etc. daraus machen? Textilreste, die nicht Mischplastik sind, wären ansonsten zu schade für Restmüll, denn auch Lumpen können eigentlich etwa für Papier genutzt werden.

    • @FalscherProphet:

      Textilien gehören nicht in den Restmüll, wo sie verbrannt werden, sondern recyclt.

      • @Francesco:

        Nicht mehr nutzbare Textilien werden genauso der thermischen Verwertung zugeführt wie vorher, nur das man die jetzt noch sinnlos aussortieren muss.

      • @Francesco:

        Sie haben recht.



        Aber in Deutschland ist die Verbrennung auch eine Form des Recycelns, die energetische Wiederverwendung.



        Vieles Gesammelte lässt sich nicht wirtschaftluch verwerten und wird deshalb verbrannt.



        PVC zum Beispiel aber auch Teile des Biomülls.

  • Altkleider in Afrika verkauft zerstören die dortige Kleidungsindustrie durch Dumpingpreise.



    Alte Klamotten werden bei mir erst zu Putzlappen, dann kommen sie in den Restmüll.

    • @So,so:

      Ja ist eines der vielen Mechanismen mit denen sie klein gehalten werden, ich bin da auch ziemlich kritisch bezüglich Kleidersammlung.

      Hab auch direkt den nächsten Vorschlag was man noch bekämpfen könnte. Zweites brennendes Thema diesbezüglich wären die Schlachtabfälle, wir schicken da ja alles hin was Europäer nicht essen wollen...

  • Wir werden hochinteressant vielen Bereichen die Etablierung von „Pfandsystemen“ und automatisierten Rücknahmeprozessen erleben (müssen). Letztlich funktioniert es in einem marktbasiertem System massenhaft auch nur so. Zuckerbrot und Peitsche mit individueller Einflussnahme durch eigenen Aktivitätsgrad. Wichtig ist, dass das finanzielle und organisatorische Risiko letztlich beim Inverkehrbringer verbleibt. Nur dann werden die, die von der Entwicklung über die Produktion bis zum Kunden die entsprechenden Kontakte und Einflussnahmen haben, auch die notwendigen Stellschrauben immer weiter optimieren. Der Staat sollte sich da nicht zu sehr zum Erfüllungsgehilfen berufen fühlen.

  • Manche fordern eine Rücknahmepflicht in den Verkaufsstellen. Das ist kompletter Irrsinn. Bei Temu bestellt aber dann zerfetzt und/oder verdreckt bei Aldi an der Kasse abgeben!?

    Ebenso Quatsch ist eine Gewährleistungspflicht. Wie soll der Nachweis gebracht werden, dass die Naht schlecht genäht war und nicht eher der zu große Bauchumfang Schuld daran war? Und extra stabile Kleidung führt dann wie bei Autos zu extra teurer "SUV-Kleidung".

    Wer schon mal eine Haushaltsauflösung gemacht hat, kennt das Problem: Berge von Kleidung, Bettwäsche, Handtücher, usw. Wohin damit? Ist es verwertbarer Rohstoff oder doch nur Futter für die Müllverbrennung? Und wozu es vorher waschen, wenn es zum großen Teil doch nur verbrannt wird? Für Verbraucher ist das nicht eindeutig erkennbar.

    Nun macht man sich als Verbraucher strafbar, wenn man offensichtlichen Kleidungsmüll in die graue Tonne wirft anstatt sie der Altkleiderverwertung zuzuführen. Und wenn es keine Container in erreichbarer Nähe gibt? Oder diese ständig überfüllt sind? Das ist mal wieder ein bürokratisches Glanzstück der EU ohne vorher einen Realitätscheck durchlaufen zu haben.

    • @Mopsfidel:

      Das Problem liegt beim deutschen Gesetzgeber, der die EU-Vorschrift nicht umgesetzt hat, sondern die Aufgabe auf die Altkleidersammlungen abgewälzt hat, statt für das Recycling von entsorgten Textilien zu sorgen.

  • Klar ist, dass diese Regelung schwachsinnig ist. Altkleider sollen in einem Zustand sein, dass sie verwertet werden können. Fetzen und Schrott gehören da nicht rein, sondern sind Restmüll. Der wird verbrannt. Und wenn so etwas im Altkleidercontainer landet, wird es letztendlich auch verbrannt.

    • @Pico :

      Nein, Fetzen gehören ins Textilrecycling. Und Schrott ins Metallrecycling.

      • @Francesco:

        Es gibt noch keine Textilrecycling Systeme die für Verbraucher*innen hierzulande bereit stehen ... Sagt der Artikel und empfiehlt selbst das neue Gesetz zu ignorieren (Restmüll) bis Abgabestellen für Defekte Kleidung geschaffen sind ...

        Ihre über korrekte Maßregelung ist nicht so ganz von dieser Welt und entspricht einer Abwälzung von Verantwortung an die Individuen, wo doch eigentlich staatliches Versäumnis zu beklagen ist ...

  • Finde ich ehrlich gesagt nicht schlimm, wenn Altkleidercontainer zur Müllkippe werden.

    Ja, Müll ist immer kacke und schadet der Umwelt. Aber es ist in mitten von Beton und Asphalt. Und sollten es Flüchtlinge gewesen sein, wie der rechte Depp gerne unterstellen will, so haben diese stets mit gutem Gewissen gehandelt: Ablegen, eine andere Familie könnte es dringender gebrauchen, z.B. alte Kinderwägen oder alte Möbel.

    Außerdem sollten wir uns mal lieber über Fast Fashion unterhalten. Alle drei Monate soll Hinz und Kunz zum Bekleidungsgeschäft gehen? Weil die Mode out sei oder kaputt? Kein Wunder, warum Altkleidercontainer so überquellen, bei soviel Müll, wie der reiche Konsument der ersten Welt wegwirft.....



    Kein Fast Fashion, weniger Müll.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Richtig - ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass hierzulande im Durchschnitt sechzig (!) Kleidungsstücke pro Jahr (!) gekauft werden...

    • @Troll Eulenspiegel:

      Viele Hilfsorganisationen haben Altkleider gesammelt, das beste Material als Hilfeleistung z.B. in Rumänien, verwendet und den Rest gegen kleines Entgelt abgegeben. Damit wurde Ausbildung für den KatSchutz, Fahrzeugunterhalt, Ausstattung, etc. mitfinanziert. Wenn es nach Ihrer Meinung OK ist Altkleidercontainer zu vermüllen, ist es dann auch Ok, wenn die Hilfsorganisationen nicht mehr zu finanzierende Hilfeleistungen einstellen? Fahren Sie dann ins nächste Ahrtal und kochen dort 500 Portionen pro Mahlzeit für die Bevölkerung?



      Viele Organisationen schaffen die Container genau wegen der neuen EU-Vorschrift jetzt ab und fragen die Öffentliche Hand nach Mitteln zum Unterhalt für den KatSchutz, weil es ihnen unmöglich gemacht wird Einnahmen zu generieren. Die Zeche zahlen wir alle über höhere Müllgebühren, mehr kommunale Abgaben und höhere Eintrittspreise, denn die SanEinheiten, die SanDienst bei Veranstaltungen machen, werden auch ihre Preise erhöhen müssen, um den KatSchutz zu finanzieren, werden auch ihre Preise erhöhen müssen.



      Insgesamt ist der Katschutz sowieso unterfinanziert und funktioniert nach dem Motto Danke für die Hilfe, bring bitte dein Material selbstfinanziert mit.

    • @Troll Eulenspiegel:

      "...stets mit gutem Gewissen gehandelt: Ablegen, eine andere Familie könnte es dringender gebrauchen, z.B. alte Kinderwägen oder alte Möbel." Sachen, die andere noch "gebrauchen" können, sind in aller Regel noch Geld wert und gut im Internet zu verticken. Bei fast allem anderen, was (meist in Nacht und Nebel) auf den Gehweg gestellt wird, handelt es sich um Elektoschrott, Sperrmüll etc. Mit dem zynischen Zettel "Zu verschenken" versehen, werden hier persönliche Kosten "vergesellschaftet", denn irgend jemand muss es dann doch entgeltlich entsorgen. Im Normalfall handelt es sich bei den inkriminierten Personen um Wohlstandsbürger, aber stets ohne Gewissen.

  • Richtig, die Hersteller / Händler sollten in die Pflicht genommen werden, die verdienen schließlich vorher am Verkauf. Warum nicht eine Rücknahmepflicht wie bei Elektrogeräten? Das Verursacherprinzip ist eines der fairsten.



    -



    Die Kleidersammler beschweren sich jetzt, aber können sie die Abfälle nicht auch verkaufen, so dass sie etwas davon haben? Wurden sie beim Gesetzentwurf nicht einbezogen?

    • @Ciro:

      Die Kleidersammler wurden nicht mit einbezogen. Neben ein paar privaten sind es in D zb Rotes Kreuz etc. Die haben es gemacht, weil sich damit Geld verdienen ließ. In D funktioniert das System ganz ok.



      Aber es ist eine EU Verordnung, weil es anderswo nicht so funktioniert. Nur möchten die Kommunen hier natürlich nicht ein zweites System aufbauen und so ist im Moment keiner zufrieden.



      Pauschalvorschläge, wie Verbraucheraufklärung und mehr Geld verdienen helfen da nicht. Zumal sicher nicht die Hersteller, sondern die Auftraggeber und In-Verkehr-Bringer gemeint sind.

    • @Ciro:

      Das Altkleidergeschäft ist nicht wirklich rentabel. Die in den letzten Jahren aufkommenden Billigstprodukte, die eigentlich nur Abfall sind, machen der Branche noch zusätzlich zu schaffen. Für niemanden ist diese Ware interessant, sie bedeutet nur Aufwand und Kosten.



      Die Absicht der EU mag gut gewesen sein, die Umsetzung ist es aber keinesfalls. Hier hat auch die Deutsche Regierung schlecht bzw. gar nicht reagiert. Einfach mal Gese

      Das eigentliche Problem ist aber sowieso der masslose Konsum von Kleidern. Produktion und Entsorgung sind zu einem echten Problem für Menschen und Umwelt geworden.

    • @Ciro:

      Wesentlich sinnvoller wäre es, Gewährleistungen auch auf Kleidungsstücke richtig durchzusetzen.



      Aber momentan scheint niemand mehr ein Interesse daran zu haben, dass eine Hose länger als zwei Jahre hält.



      Und Abfälle, die nicht vernünftig sortiert sind, lassen sich schlicht nicht zu Geld machen. Im Gegenteil. Der Restmüll im Altkleidercontainer zerstört noch die wenigen brauchbaren Altkleider, die darunter liegen.

    • @Ciro:

      Richtig, aber dann am besten mit einem einheitlichen System, an dem möglichst viele Anbieter beteiligt sind. Ansonsten sind Verbraucher zu faul, das eine verschlissene Kleid zu Zara und das andere zu H&M zu bringen. Es müsste also - wie jetzt - Container für alle geben, und zwar im Laden. Wenn die Anbieter es richtig anstellen, können sie sogar noch profitieren, denn wer schon mal im Laden ist, kauft gern auch noch etwas Neues.

      • @Suryo:

        ...oder sucht sich direkt in den Läden, aus den Containern etwas Feines für den Abend heraus 😉

  • Klassisch EU halt. Ein System funktioniert in Deutschland trotz aller Kritik irgendwie halbwegs, die EU erlässt eine Richtlinie und schon klappt es nicht mehr. Und anstatt die Änderung der Richtlinie zu verlangen soll es den Bürger am Ende nur mehr kosten.

    Well done!

  • Gibt es noch keine Rücknahmeverpflichtung in den Bekleidungsgeschäften?