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Boxerin Imane KhelifDer beargwöhnte Fight

Die intersexuelle Boxerin Imane Khelif hat Olympiagold gewonnen. Ihr glatter Durchmarsch durchs Turniers befeuert eine ohnehin schon unsachliche Debatte.

Moment der Gewissheit: Imane Khelif (l.) wird Olympiasiegerin gegen die Chinesin Yang Liu Foto: AP/John Locher

D ie intersexuelle Boxerin Imane Khelif hat sehr erfolgreich bei diesen Spielen gekämpft. Das ist die Nachricht. Das heißt: Das hätte die Nachricht sein können, aber die Faustkämpfe der 25-jährigen Algerierin sind seit Tagen zu einem Politikum geworden, zu einer Causa. Und diese Causa Khelif illustriert pars pro toto eines: Eine wieder mal dysfunktionale Debattenkultur, die zum erbitterten Streit der Lager ausartet.

Der Kern des Problems wird zwischen den Mahlsteinen der Extreme zerrieben, und so wird schon längst nicht mehr darüber diskutiert, wie denn nun die Chancengleichheit im Frauenboxen aufrecht erhalten werden kann, wenn zwar aufs Gramm genau das Körpergewicht gemessen wird, aber nicht der chromosomale und hormonelle Status einer Athletin, nein, in fetten Lettern wird von der einen Seite geplärrt: „Mann verprügelt Frauen!“

Auf der anderen Seite werden kritische IOC-Beobachter schon mal zu Parteigängern des Olympiakomitees, weil sie deren Position gut und progressiv finden: Eine Frau ist dann eine Frau, wenn das so im Pass steht, sagt das IOC. Wer das unterkomplex und dem Niveau der bisherigen Debatte in Sachen DSD (Disorder of Sex Development) unwürdig findet, dem wird zu verstehen gegeben, dass er oder sie damit nicht nur rassistisch sein und LGBTQ-Rechte verletzen könnte, der macht sich irgendwie auch mit dem sinistren Umar Nasarowitsch Kremlew gemein, seines Zeichens Präsident des skandal­trächtigen internationalen Boxverbands IBA.

Der wurde vom IOC suspendiert, die olympischen Boxkämpfe stehen unter der Hoheit des Olympiakomitees. Die IBA, das hat sie auch auf einer in Paris abgehaltenen Pressekonferenz verdeutlicht, hätte Imane Khelif nicht zugelassen, weil in Laboruntersuchungen das Y-Chromosom nachgewiesen worden sein soll – wie wohl auch bei der taiwanesischen Boxerin Lin-Yu Ting, die das Finale in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm erreicht hat.

Verschwörungstheorien sprießen

Mittlerweile sind die Fronten derart verhärtet und die Protagonisten so stur auf ihrem Pfad unterwegs, dass diverse Verschwörungstheorien die Runde machen. Das IOC des Thomas Bach sieht sich systematisch von russischer Seite attackiert, das Pro-Khelif-Lager schwurbelt von einer „zionistischen“ Weltverschwörung, in rechten Kreisen wittert man einen woken Coup.

Alle rhetorischen Waffen aus dem Arsenal der Vernebelung werden gezückt: Whataboutism (Aber sie hat ja schon verloren!), Derailing (Im Sport gibt es doch immer Stärkere und Schwächere!) oder Bagatellisierung (So hart sind die Schläge nicht!). Mit jedem Tag, den der Fall köchelt, wird die Position des Sprechers wichtiger. Das Ringen um Inhalte und Lösungsansätze degeneriert indessen, die empathische Zugewandtheit sowieso. Nun gilt: Kremlev oder Bach. Dass dieser Thomas Bach bald statutenwidrig eine neue Amtszeit anstrebt, dabei vom algerischen Olympiakomitee unterstützt wird und sich früher gern mit Wladimir Putin zeigte? Offenbar unwichtig.

Inmitten dieses übersteigerten Kulturkampfs ist man froh, wenn sich eine Stimme wie die von Sebastian Coe erhebt, Präsident des internationalen Leichtathletikverbands World Athletic. „It’s simple: have a policy“, gibt er dem IOC mit auf den Weg: Es ist ganz einfach, findet eine vernünftige Regelung für den Fall der Integration intersexueller Athletinnen. Auch Coe weiß, dass der Umgang mit DSD-Athletinnen schwierig bleibt, egal ob man nun der Fairness und dem Schutz des Frauensports das Primat gibt – oder der Eingliederung von inter­sexuel­len Sportlerinnen.

Man könnte den Testosteronlevel messen. Es ist das Mittel der Wahl. Ein Testosteronmonitoring hätte zumindest ein bisschen Klarheit in dieser Sache gebracht. Warum das nicht gemacht worden ist, bleibt ein großes Rätsel; unter dem Laissez-faire des IOC hat Imane Khelif seit den Tokio-Spielen im Jahr 2021 sechs Kilo Muskelmasse zulegen können und startet nun, sichtlich androgenisiert, in einer höheren Gewichtsklasse, nämlich der bis 66 Kilo.

Diese durchaus gelungenen Olympischen Sommerspiele von Paris hätten Funktionäre verdient gehabt, die wissen, wovon sie in diesem Fall reden. So ist das IOC nicht unschuldig an der Eskalation der Ereignisse, an der Verunsachlichung der Debatte.

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43 Kommentare

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  • Bin ich der Einzige der bei der Erkenntnis, dass die Aussagen "Wenn es mit einer Vagina geboren wurde ist es weiblich und mit einem Penis männlich!" und "Es gibt soviele unterschiedliche Konstellation von Chromosomen, Testosteronwerten, Phänotypen, etc., da müssen wir schon genau hinschauen!" scheinbar über Nacht die politischen Lager gewechselt haben, nur noch kräftig den Kopf auf den Tisch schlagen will?

    • @Winternight:

      Was Sie beschreiben, ist kein Wechsel der "politischen Lager"; die Forderung, "genau hinzuschauen", beruht schlicht auf wissenschaftlich fundierter Differenzierung. Und mir ist nicht bekannt, dass diejenigen, die schon immer sagten, dass Menschen mit Penis Männer sind, in der Diskussion um Imane Khelif davon abgerückt wären.

      Es gibt auch in der Gruppe der intergeschlechtlichen Menschen sowohl männliche als auch weibliche Personen. Entscheidend für das Geschlecht ist, ob der Körper auf die Produktion großer oder kleiner Keimzellen ausgerichtet ist. In den meisten Fällen kann man das von außen auf einen Blick erkennen, in seltenen Fällen aber nicht. Wer Hoden hat, ist männlichen Geschlechts, aber nicht immer sind die Hoden äußerlich sichtbar; sie können auch innen liegen. Und es gibt Menschen, die Hoden haben, aber keinen Penis bilden.

  • Das Testosteronlevel jetzt spielt nur eine untergeordnete Rolle. Relevant ist vor allem, ob ein Körper die männliche Pubertät durchlaufen hat. Wenn letzteres der Fall ist, hat dieser Körper gegenüber einem Körper der die weibliche Pubertät durchlaufen hat erhebliche Wettbewerbsvorteile - die beim Boxen und anderen Kampfsportarten dann auch ziemlich gefährlich werden können.

    • @Reisehank:

      Ach deswegen ist Testosteron-Doping so populär im Kraftsport.

  • Vielleicht sollte man das von den Sportlerinnen klären lassen. Es scheint mir, dass diese ein gutes Gefühl haben, ob sie benachteiligt werden.

  • Das ist mit Abstand der beste und ausgewogenste Kommentar, den ich zu diesem Thema lesen durfte!



    Vielen Dank dafür!

  • Ist es erwiesen, dass sie intersexuell ist?



    Augenschein ist das eine, aber wissen wir es?



    Gerne noch ergänzen.



    Denn Oberarmkraft haben klassische Männer wirklich durch die Bank deutlich mehr.

  • 1. Meines Wissen weiss bisher kein Mensch irgendetwas über Imane Khelifs möglicherweise Intergeschlechtlichkeit.

    Die IBA hat keine Fakten sondern verschiedene Andeutungen geliefert, das IOC hat keine Tests gemacht und Khelif schweigt sich -zurecht!- aus.

    Also, Markus Völker: Bitte keine Mutmassungen.

    2. Testosteronwerte haben _gerade_ bei DSD keine definitive Aussage bzgl körperlicher Vorteile. Ebensowenig Chromosomenzählungen. Ob XX, XY, XXY, X oder was auch immer hat keine vorhersagbaren Effekte.

    Bei kompletter Androgenresistenz wird egal wie viel Testosteron im Körper von den Zellen nicht akzeptiert. Das sind zB (phänotypische) XY Frauen, ("aussen und innen"), die Kinder gebären und tw nicht mal wissen, dass ihre Chromosomen "männlich" sind. Es gibt Familien, die das vererben.

    Genauso gibt es Männer mit XX oder X Chromosomen, weil das SRY Gen auf ein X "gewandert" ist.

    Letztlich gibt es keinen fairen, funktionierenden "Test", solange eine virtuelle Kategorie "Frau" als "nach oben begrenzte Leistungsklasse" definiert wird, statt sportartspezifische Eigenschaftensklassen.

    Hint: Wie viele Japaner*innen gewinnen in Kraftsportarten gegen Europäer*innen? Zählt mal. Aha.

    • @Kai Becker:

      Wir haben bereits eine japanische Bronzemedaille im Gewichtheben der Frauen und Chinesinnen dominieren das Gewichtheben seit Jahrzehnten. Wir hatten dieses Jahr zudem Silber und Bronzegewinner aus Indonesion, Thailand und Südkorea. Dafür gab es nur ein Land aus Europa mit mehr als einer Medaille (Bulgarien mit 1x Gold und 1x Bronze). Ihr letzter Satz gehört eher in die Kategorie Vorurteile höflich ausgedrückt.

      • @Šarru-kīnu:

        Na dann können wir die körperlichen Äußerlichkeiten von Imane Khelif doch ebenfalls beiseite legen. Weil das sind auch Vorurteile.

        Doch anscheinend wird lieber weiter diskutiert, anstatt Imane in Ruhe zu lassen.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Statt Vorurteilen zu folgen, sollte das IOC lieber Geschlechtstests machen, um sicherzustellen, dass in der Frauenkategorie nur Frauen antreten. Sonst ist der Frauen-Leistungssport bald tot. Es gibt ja auch Dopingtests, bei denen man unter Aufsicht eine Urinprobe abgeben muss, ohne dass sich darüber jemand aufregt und ohne dass jemand fordert, man möge die Athleten doch damit "in Ruhe lassen".

  • Sie ist eine tolle Sportlerin, die in den letzten Wochen ungerechtfertigt Hass entgegengebracht bekommen hat.

    • @FürthFakten:

      Hass ist - wie immer - natürlich ungebracht. Ablehnung hingegen kann sachlich gerechtfertigt sein. Eine tolle Sportlerin, die aufgrund ihrer männlichen Physis im Frauensport dominiert, bleibt ein tolle Sportlerin, aber sie nimmt ANDEREN tollen Sportlerinnen genau jene Erfolgschancen, die ihnen die gesonderte Veranstaltung von Frauenwettbewerben eigentlich verschaffen soll. Wenn man das ausblendet, stellt man letztlich die Berechtigung dieser Differenzierung infrage.

      • @Normalo:

        Unglaublich. Eigentlich sollte dein Kommentar nach folgende Satz beendet sein:

        "Hass ist - wie immer - natürlich ungebracht"

        Doch dann kommt ein Aber. Eine Relativierung, eine Rechtfertigung.



        Sowas kann verletzend für Menschen sein, die wegen Äußerlichkeiten sich dauernd rechtfertigen müssen.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Unglaublich ist eher deine Rhetorik.

          Würde dir wohl so passen, das Thema aufgrund einer Ablenkung vom Thema einfach für beendet zu erklären und anderen Meinungen den Mund zu verbieten mit "Eigentlich sollte dein Kommentar nach folgende Satz beendet sein"

          Das "aber" relativiert nicht, ob Hass, angebracht ist, sondern es führt zurück zum Thema: auch wenn Hass unangebracht ist, bleibt die Frage, wie man unterscheidet, wer fairerweise bei den Frauen kämpfen darf.

      • @Normalo:

        Wenn jemand eine "männliche Physis" hat, muss geklärt werden, ob es sich um eine Sportlerin handelt oder um einen Sportler, der in der Frauenkategorie nichts zu suchen hat. Mit Hass hat das nichts zu tun. Ich hasse Männer nicht (bin selber ein Mann), aber ich will keine Männer im Frauensport.

  • Es sollte doch medezinisch feststellbar sein, ob eine Person intersexuell ist. Damit ist sie im Leistungssport weder Frauen noch Männern zuzuordnen. Das wäre dann auch in Übereinstimmung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum 3. Geschlecht. Langfristig wird sich das auch so durchsetzten, da man ansonsten den Leistungssport der Frauen zerstört. Aber da will scheinbar niemand hören.

    • @Nachtsonne:

      Es ist auch ein ökonomisches Problem: "Trägt" sich eine separate Leistungsklasse für Intersexuelle (und/oder Transsexuelle) nicht, hilft der Wille zur Differenzierung nicht weiter. Dann verkümmert dieser Wettbewerb.

    • @Nachtsonne:

      Beim Urteil des BVerfG geht es nicht um körperliche Merkmale, sondern darum, mit welchem Geschlecht sich die Person identifiziert.

      • @Francesco:

        Wenn man das auf Wettkampfsport anwenden würde, wäre die bisherige Kategorisierung (Mann/Frau) nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dann wäre die Aufhebung aller geschlechtsspezifischen Unterscheidung naheliegend - und wohl auch links-politisch opportun.

        Naja, immerhin im Kunstturnen, Synchronschwimmen und Dressurreiten haben die Frauen dann ja noch Chancen aufs Treppchen...

  • Imane Khelif ist intersexuell? Da weiß Herr Völker offenbar mehr als der Rest der Welt...



    Und wäre es tatsächlich so, wäre der "Aufschrei" durchaus gerechtfertigt, weil Khelif im falschen Wettbewerb unterwegs wäre, auch nach den Regeln des IOC

  • Wo ist das Problem? Einfach eine extra Liga für diese Sportler einrichten!

  • "Das Ringen um Inhalte und Lösungsansätze degeneriert indessen, die empathische Zugewandtheit sowieso."



    Schöne Formulierung, wir bleiben bildlich im Kampfmodus und im körperlichen Zweikampf mit Kraftmeierei.



    Sehe ich mir prinzipiell aus Antipathie nicht an, Bedingungen sind mir eigentlich daher schnuppe, das Drumrum wumpe, bis auf die Hinweise auf korruptionsverdächtige Verstrickungen.

  • Drüber reden muss man, ansonsten gibt es in Zukunft immer Streit. Für eine eigene Klasse fehlen wohl die Athleten, aber ggfs könnte man die Auswirkungen irgendwie Quantifizierung und die Personen dann in anderen Gewichtsklassen einordnen, die der Schlagkraft entsprechen. Bei den Frauen hoch, bei den Männer runter oder so. Nur ein Vorschlag.

  • Vielen Dank für den insgesamt ausgewogenen Kommentar. Ich finde es allerdings journalistisch zumindestens ungeschickt, die Formulierung "intersexuelle Boxerin" gleich im Aufmacher festzuschreiben, gerade da hier - wie im Artikel dann teilweise beschrieben - die Sachlage undurchsichtig ist. Warum nicht einfach weiter "vermutlich intersexuell" (wie im Pro und Contra Artikel vom 4.8.), "mutmaßlich" oder eher "Spekulationen zu Folge"?



    Der Athletin selbst wurde, so wie ich die Lage verstanden habe, keine medizinisch und wissenschaftliche belastbare Diagnose mit DSD gestellt. Die öffentlichen Spekulationen über ihre Diagnose stützen sich vor allem auf die dubiosen "Tests" der IBA.



    Damit könnte man auch Ihren wichtigen Punkt unterstützen, dass man mit einer für den jw. Sport relevanten Policy (Grenzwert für Testosteron im Boxen wohl am relevantesten), solche unsachlichen Spekulationen über intimsten medizinische Details eines Menschen in der Öffentlichkeit zumindest besser hätte vorbeugen können.



    Außer die Athletin spricht selbst über ihre "Gesamtdiagnose", geht alles, was sich nicht in für den Wettkampf rel. Kriterien umsetzen lässt, m.E. niemanden etwas an.

  • Ich finde, dass ist ein sehr guter und ausgewogener Artikel.

    "Eine vernünftige Regelung" finden für die Integration intersexueller (und auch trans) Athletinnen ist ein gute Idee.

    Da würde ich mir von der TAZ mehr Inhalte wünschen, die alle Aspekte beleuchten und nicht bei "Sie ist eine Frau, weil das im Pass steht" und "trans Frauen sind Frauen" stehenbleiben. Sondern auch die möglichen negativen Folgen für cis-XX-Athletinnen besprechen.

    Frauen mit DSD machen einen verschwindend kleinen Teil der Gesamtbevölkerung aus - und doch standen jetzt offensichtlich gleich zwei in einem olympischen Finale. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eigentlich verschwindend gering. Da stellt sich die Frage kaum noch, ob sie tatsächlich körperliche Vorteile gegenüber anderen Frauen haben.

    • @gyakusou:

      "Ich finde, dass ist ein sehr guter und ausgewogener Artikel."

      Finde ich im Grunde auch. Schade nur, dass er dann an einer Stelle doch wieder selbst der anderweitig kritisierten Versuchung der Instrumentalisierung verfällt:

      "[…] und sich früher gern mit Wladimir Putin zeigte? Offenbar unwichtig."

      Ja, das ist hier in der Tat unwichtig. Ob der Vorsitzende von welchem Verein auch immer nun korrupt oder Russe oder böse oder sonst was ist, es spielt für die Gen-Konstellation keine Rolle, und was das ganze nun mit dem, egal wie schrecklichen, Herrn Putin zu tun haben soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht, oder hat der den in der Frauenklasse Boxenden womöglich ohne deren Wissen Y-Chromosomen untergejubelt? Die entscheidende Frage: Ist das Chromosom denn nun vorhanden oder nicht? Kann ja nicht so schwer sein, das ein für alle Mal zu testen, und es scheint mir in Sachen fairer Kampf in jedem Fall relevanter als ein bedrucktes Stück Ausweispapier. Ansonsten stimme ich überein. Das Thema sollte neu betrachtet werden. So, dass alle zufrieden mit ihrem Sport sind. Das ist doch auch der Sinn des Sports, oder irre ich hier?

      • @Koch:

        Das Problem lässt sich leider nicht auf XX oder XY reduzieren.

    • @gyakusou:

      Neben anderen möglichen Erklärungen wie gesellschaftlichen Drift könnte es sein, dass "immer" schon intersexuelle Frauen (= jetzt mal vorausgesetzt diese Kategorie stimmt auf Imane überhaupt zu) stark im Leistungssport vertreten waren?



      Bevor man "sowas" überhaupt wusste? ... wenn man sich so einige Sportlerinnen der Geschichte so ansieht (=sorry diese Vereinfachung)...

      Gilt übrigens auch für Männer in sagenwirmal sensibleren Sportarten wie Ballett Turnen etc., die auch öfters ...androgyn rüber kommen.



      Oder eben Boxen, in dem Männer oft hypermaskulin wirken...

      Daher könnte es gut sein, dass sich eine dritte Gruppe extra für Inter und Trans sehr wohl "lohnen" würde, weil es sehr viel mehr Kandidat*innen dafür gibt?

    • @gyakusou:

      Die Frage stellt sich schon noch. Denn es könnten neben biologischen auch gesellschaftliche Gründe sein, welche intersexuelle Menschen in den Leistungssport treibt, wodurch sie dann dort überdurchschnittlich häufig vertreten sind.



      Ich sage nicht, dass es so ist. Ich sage nur, dass die Frage viel komplexer ist, als die aktuelle Diskussion suggeriert.

  • 》... das Pro-Khelif-Lagerschwurbelt von einer „zionistischen“ Weltverschwörung [...]《

    Bei allem Verständnis dafür alles in Schubladen stecken zu wollen: ich bin auch "Pro-Khelif", verwahre mich aber entschieden dagegen, für Geraune von "einer „zionistischen“ Weltverschwörung" in Anspruch genommen oder dessen verdächtigt zu werden!

    Da in Paris treten Athlet*innen zwar für ihre Länder an, als Einzelkämpfer*innen oder in Mannschaften an: aber immer als Menschen mit Anspruch auf die Wahrung ihrer Würde!

    Auf diese hat sich auch Khelif selbst berufen m.youtube.com/watch?v=EEMr0Ezsu5U , Zitat 》it was something thar harms human dignity [...] the bullying of athletes [...] has effects, massive effects, it can destroy people, it can destroy people's thoughts, spirits and minds《

    Jede*r glaubt etwas zu wissen (nach meinem Kenntnisstand aber gibt es weder für "XY" noch "intersexuell" belastbare Belege) - und dann wird dieser Mensch gnadenlos an den Pranger gestellt, als "Beleg" für irgendeine "Sache" entpersönlicht...

    An dieser Stelle deshalb: Herzlichen Glückwunsch, Champ!

    Zu großen Kämpfen, innerhalb und außerhalb des Rings! u

    Und dem verdienten Olympiagold!

    • @ke1ner:

      Vielleicht könnte "ihr Lager" sich ja mal vom Antisemitismus explizit distanzieren?!

      • @Rudolf Fissner:

        'ich bin auch "Pro-Khelif"' heißt ja nun nicht, dass ich mich in einem "Lager" befände, insofern gibt es da meinerseits keinen weiteren Distanzierungsbedarf über das hinaus, was ich hier schon klar und deutlich formuliert habe.

    • @ke1ner:

      Ich bin auch pro Khelif, allerdings hat den Käse der "zionistischen Verschwörung" gegen die Boxerin ein Vertreter des algerischen Verbands in die Welt posaunt - und damit dem Cholera-Elend die antisemitische Pest hinzugefügt.

  • Vielen Dank für diesen sehr ausgewogenen Kommentar, der sowohl Intersexuelle oder auch Trans Menschen in Schutz nimmt, aber auch die Seite der xx-Frauen nicht einfach vergisst.

  • Danke. Das war jetzt mal ein komplexer Artikel zum Thema.

    Ein "Sport" allerdings in dem es darum gehen kann, den anderen bewusstlos zu prügeln, ihn durch Zufügen von Schmerzen oder aus Angst vor gesundheitlichen Schäden zum Aufgeben zu zwingen ist mir immer noch kein Sport.

  • Schwieriges Thema. Dass heute so ziemlich jedes Thema für Kulturkämpfe herhalten muss und in den Social Media Kanälen allerseits geschwurbelt, gehetzt, beleidigt und gezetert wird, ist schon lang keine Neuigkeit mehr. Ich muss auch nicht jedesmal informiert werden, wer und was in diesen Blasen jetzt wieder durch die Gassen getrieben wird.



    Am Ende is die aktuelle Regelung sowohl für Intersexuelle als auch für biologische Frauen ein schlechter Deal. Verständliche Dramen auf allen Seiten. Die einzige Lösung könnte in einer neuen Bewertung und Strukturierung von Startklassen liegen, in der mehr messbare körperliche Parameter statt reine Geschlechtskriterien einfließen.



    Dafür muss man aber offen an die Sache rangehen und eben nicht mit Kulturkampf Mindset. Leider scheint das aktuell kaum möglich, da eben der Fokus mehr auf den Schreihälsen liegt, als auf innovativen Gedanken.

    • @Deep South:

      "mehr messbare körperliche Parameter "



      Startklassen, sortiert nach messbaren körperlichen Merkmale wie Körpergröße, Armlänge usw. werden auch nicht diese Objektivität und Fairness in den Sport bringen, die sich manche davon versprechen.

      Ein cis Mann (Athlet) wird bei gleicher Körpergröße, gleicher Armlänge, gleichem Gewicht trotzdem leistungsfähiger sein und mehr Kraft haben als weibliche Athletinnen.

      Mal ganz davon abgesehen, dass es unrealistisch ist, Nischensportarten mit sowieso schon wenig öffentlichem Interesse jetzt auch noch in dutzende Klassen aufzuteilen. Für so eine Strukturierung gibt es mM von Athletenseite überhaupt kein Interesse.

      • @gyakusou:

        Wieso Nischensportarten? Die Probleme gibts doch nicht nur im Boxen. Und natürlich gibts noch andere körperliche Kriterien. Schnellkraft, Muskelmasse, zum Beispiel. Die ist auch nicht bei allen Männern gleich.



        Es wird sicher nie komplett gleiche Vorraussetzungen geben. Das musses auch nicht. Aber von vornherein zu sagen, is halt so, war immer so, kann man halt nix machen wird dem Problem nicht gerecht und is mir auch einfach zu simpel. Bis Mitte der Neunziger war in Deutschland Frauenboxen im Amateurbereich verboten. Bis dahin gabs auch viele "Argumente", warum das so richtig ist.

        • @Deep South:

          Das Problem mag breit auftreten, aber der einzelne Wettbewerb kämpft im Zweifel um ein endliches Publikumsinteresse.

          Daher könnte eine weitere Zerstückelung der jeweiligen Disziplinen natürlich mehr schaden als nutzen. Man muss ja jetzt schon z. B. ein ziemlich disziplinierter Fan des jeweiligen Sports sein, um ihm in olympischer Vollständigkeit zu folgen - egal ob das nun Kampfsportarten oder Gewichtheben in je x Gewichtsklassen für Frauen und Männer ist oder z. B. jeweils zwei gleichzeitig ausgetragene Ballsportturniere. Mit 50% oder gar 100% mehr Volumen zerstreut sich das Interesse dann irgendwann so stark, dass dem einzelnen Sportler Aufmerksamkeit (und Fördermittel) nur noch in homöopathischen Dosen zufließen.

          • @Normalo:

            Mir gings ja nicht darum zig neue Klassen aufzumachen, sondern die Verteilung von intersexuellen Sportlern nach mehr Kriterien als Chomosomen oder Passeintrag festzulegen.



            Dass es keine einzelnen Wettbewerbe nur für intersexuelle Sportler geben kann, is mir schon klar.

            • @Deep South:

              Nur: Wie will man's machen, ohne den Wettbewerb vom Ergebnis ausgehend zu manipulieren?

              Es ist letztlich dasselbe Dilemma wie z. B. bei behinderten Sportlern mit Hochleistungsprothesen: Wie differenziert kann man Jemanden, der schlicht andere Voraussetzungen hat als die erdrückende Mehrheit der Athleten, in deren Leistungsgefüge einordnen, OHNE ein gedachtes Ergebnis vorwegzunehmen?

              Dazu kommt das Problem, dass komplexere Regeln immer tendenziell den eigentlichen Leistungswettbewerb zurückdrängen, weil die Kunst der maximal ergebnisförderlichen Regelumsetzung einen immer größeren Wettbewerbsfaktor darstellt. Das fängt beim Balken-Treffen-Müssen im Weitsprung an und hört beim neuesten Aerodynamik-Schnippchen, das ein findiger Formel-1-Konstrukteur seiner Konkurrenz durch



              Lücken im Regelwerk schlägt, oder auch "legalem Doping" auf. Dass da jetzt noch bio-engineering zum bestmöglichen Treffen bestimmter Kassifizierungsparameter hinzukommt, kann eigentlich nicht Sinn der Sache sein.

              • @Normalo:

                Ich bin viel zu weit weg von Individual-Sportarten um da ne Lösung parat zu haben. Ich kenn mich z.Bsp. beim Boxen nichtmal mit dem Regelwerk aus.



                Das vorweggenommene Ergebnis gibts aber ja genau hier bei diesem Fall. Die einzigen zwei betroffenen Sportlerinnen auf diesem Niveau, stehen am Ende im Finale, die Konkurrenz ist nahezu chancenlos.



                Ich glaube halt nicht, dass es nur zwei Lösungen geben kann, die entweder die "eine oder die andere Seite" klar benachteiligt.



                Die Verbände und Regelhüter sind ja abseits solcher essenziellen Fragen um kaum eine noch so kleinkarierte Regeländerung/-auslegung/-optimierung verlegen.



                Da finde ich schon, dass man die Qualifikationen hinsichtlich so eines Themas auch hinterfragen kann. Die Einordnung "steht halt so im Pass" ist mir zu billig.



                Und wie gesagt, es geht mir nur um die Einordung intersexueller Athleten, nicht darum jetzt neue Normen für alle festzulegen. Es kann nie gleiche Vorraussetzunge für alle geben können, das kann auch nicht das Ziel sein.