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Equal Pay DayBis zum 6. März umsonst gearbeitet

Trotz aller Kampagnen verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. 2023 bekamen sie für die gleiche Arbeit im Schnitt 6 Prozent weniger Geld.

Weniger Verdienst hat spürbare Folgen für die Frauen, wenn es Richtung Rente geht Foto: Gerhard Leber/imago

Berlin taz | Am 6. März wird in Deutschland der Equal Pay Day begangen, der Tag der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen. Das hat nichts mit dem feministischen Kampftag zu tun, der zwei Tage später stattfindet. Vielmehr markiert der Equal Pay Day den Tag, bis zu dem Frauen rechnerisch umsonst arbeiten, während Männer schon ab dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden.

Der Tag macht damit auf den Gender Pay Gap aufmerksam, also die Differenz der Bruttoarbeitslöhne von Frauen und Männern. Aus dieser Lohndifferenz berechnet sich das Datum des Equal Pay Day. Im Jahr 2023 betrug die unbereinigte Differenz laut Statistischem Bundesamt wie schon in den letzten vier Jahren unverändert 18 Prozent, Männer verdienten also im Durchschnitt 18 Prozent mehr als Frauen. Der Equal Pay Day findet somit nach 18 Prozent von 365 Tagen statt, in diesem Jahr nach 66 Tagen.

Der Gender Pay Gap wird unterteilt in einen bereinigten und einen unbereinigten Gap. Der unbereingte Pay Gap schließt Faktoren wie Länge der Arbeitszeit, Art der Beschäftigung und unterschiedliche Bezahlung in verschiedenen Branchen und Karrierestufen ein. Er berücksichtigt damit unter anderem nicht, dass Frauen öfter Teilzeitarbeit nachgehen, in schlechter bezahlten Berufen wie zum Beispiel Pflegeberufen arbeiten oder durch ihre Rolle als Mutter oft mehrere Jahre ohne Einkommen sind.

Der bereinigte Gender Pay Gap bezieht einen Großteil dieser Faktoren in die Berechnung mit ein und lag im letzten Jahr bei 6 Prozent. 2023 haben Frauen in Deutschland also 6 Prozent weniger Geld verdient als ihre männlichen Kollegen – für die gleiche Arbeit.

Vereinbarkeit und Lohngefälle

Dass sich diese Kluft so bald wie möglich schließt, dafür kämpft die Equal-Pay-Day-Kampagne. Flankiert wird sie von Gewerkschaften und Parteien. Als größtes Problem bei der Schließung der Gender Pay Gap nennt die Kampagne den fast dreimal höheren Anteil von Frauen an Teilzeitarbeit, der vor allem aus deren Übernahme von Care-Arbeit resultiere, also der meist unbezahlten Fürsorgearbeit wie Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushalt. Gleichzeitig stellt die Kampagne Lösungsansätze wie die 4-Tage-Woche, Jobsharing und Digitalisierung zur Diskussion.

Weitere Vorschläge, den Gender Pay Gap zu schließen, kommen von der Nichtregierungsorganisation UN Women: Diese fordert eine flächendeckende Ganztagsbetreuung sowie ein modernisiertes Steuer- und Sozialrecht. So auch die FDP, die ebenfalls auf eine bundesweite Umsetzung der Ganztagsschule und eine flächendeckende frühkindliche Betreuung setzt. Die Linke fordert bessere Entlohnung sowie eine Entlastung der frauenlastigen Berufe wie Sozial- und Pflegeberufe, und die Grünen wollen das Problem unter anderem mit einer Aufhebung des Ehegattensplittings angehen.

Auch der Hamburger Sozialverband (SoVD) fordert mehr Anerkennung und Wertschätzung für die Leistungen von Frauen. Weniger Verdienst habe spürbare Folgen für die Frauen, wenn es Richtung Rente gehe, so die SoVD-Frauensprecherin Susanne Langhagel.

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31 Kommentare

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  • Vergleichbare Arbeit ist schwer zu ermitteln. Wenn der Gender Gap *bereinigt*, also ohne die wenigen Faktoren, die das Statistische Bundesamt relativ einfach isolieren kann, nur noch 6 % beträgt-

    dann haben wir es geschafft!

    Das heißt doch, Lohndiskriminierung bei gleicher Arbeit ist kein flächendeckendes Thema mehr. 6 % ist statistisches Rauschen.

    Es geht also nicht mehr um die Lohnpolitik der Arbeitgeber oder Verhandlungen über Erhöhungen, auch immer weniger um Aufstiegsgerechtigkeit.

    Jetzt geht es ganz klar um



    - Berufswahl und



    - Teilzeit-Entscheidungen.



    Und die haben wir zu einem Großteil selbst in der Hand.

  • Man weiß gar nicht wo man anfangen soll...

    erstmal ist die Berechnungsgrundlage durch den in meinen Augen völlig willkürlichen Ausschluss von bestimmten Beschäftigungsverhältnissen (z.B. des gesamten Öffentlichen Dienst) schonmal sehr angreifbar.

    Weiterhin wird zwar erwähnt dass Frauen aus verschiedenen Gründen häufiger Teilzeit arbeiten, der Stundenlohn wird jedoch mit dem einer Vollzeitstelle verglichen. Ich arbeite im produzierenden Gewerbe in der Holzindustrie und die besser bezahlten Jobs (Schichtleitung, Produktionsleitung, Geschäftsführung) sind nunmal Vollzeit-Jobs mit sehr unflexiblen Arbeitszeiten, da man als Verantwortungsträger nunmal immer da sein muss. In meiner letzten Gehaltsverhandlung z.B. wurde sehr deutlich gemacht, dass es das angebotene Gehalt nur für eine Vollzeittätigkeit gibt. In Teilzeit hätte ich bei gleicher Qualifikation direkt weniger verdient.

    Dann sind die größten Faktoren die Lohnunterschiede hervorbringen immer noch die Branche und das Bundesland.



    Ein Maschinen- und Anlagenführer verdient in der Holzindustrie mal eben 25 % weniger als in der Metallindustrie bei gleicher Qualifikation. Diese Gehaltsunterschiede ziehen sich durch alle Qualifikationsstufen. Ich kann also machen was ich will, in der Holzwirtschaft werde ich nie so viel verdienen wie als Metaller... aber ich hab mich trotzdem für Holz entschieden, so what?

    Übrigens verdient meine Frau dank cleverer Berufswahl mit 12 Stunden weniger Arbeitszeit mehr Brutto als ich ;)

  • und nochmal zum unbereingten PG:

    "...ausgenommen die Wirtschafts­abschnitte "Land- und Forstwirtschaft, Fischerei", "Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozial­versicherung", "Private Haushalte mit Hauspersonal" und "Exterritoriale Organisationen und Körper­schaften" sowie Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten. " (Quelle deStatis).

    D.h. große Teile der Erwerbsmöglichkeiten, gerade in D auch der riesige ÖD, werden dabei NICHT berücksichtigt. Das ist selektive Datenerhebung.

  • Ich habe noch in keinem Tarifvertrag gelesen, dass geschlechtsabhängige Gehälter gibt.

    • @Ahnungsloser:

      Es werden auch immer weniger Menschen nach Tarif bezahlt. Besonders in Branchen, in denen Frauen häufig arbeiten.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Zum Beispiel? Google sagt, die wenigsten TV gibt es in Landwirtschaft und Fischerei. Also nix mit Frauen-lastig

        • @Ahnungsloser:

          Handel, Kinderbetreuung, Pflege...

          Überall da, wo man sich gut um Tarifverträge drücken kann.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Genau da gibt es Tarifverträge. Also in der Pflege, Kinderbetreuung und im Handel

            • @Ahnungsloser:

              Ja. Aber es ist kaum jemand dran gebunden.

              Die Tarifbindung in D ist gering.

  • Care-Arbeit in der Familie ist unbezahlt und wird mehr von Frauen übernommen, insofern ist der reale Pay-Gap zwischen Frauen und Männern (aber auch Kinderlosen und Erziehenden) sogar noch größer.



    In einer wirklich befreite Gesellschaft wird allerdings nicht die Care-Arbeit in Familien oder anderen Gemeinschaften bezahlt und damit auch zur Ware gemacht, sondern der Zwang zur Lohnarbeit wird abgeschafft. Arbeit wird dann geleistet, weil sie wichtig ist und Menschen einsehen, dass sie getan werden muss.

  • "Der unbereingte Pay Gap schließt Faktoren wie Länge der Arbeitszeit, Art der Beschäftigung und unterschiedliche Bezahlung in verschiedenen Branchen und Karrierestufen ein." ist damit dann null Aussagekräftig.

    • @Machiavelli:

      Ist er pauschal nicht. Es kommt drauf an auf welcher Ebene sie das Phänomen betrachten möchten.



      Beim bereinigten PayGap verschwinden zum Beispiel alle Faktoren die Frauen strukturell benachteiligen. Es bringt nichts, wenn sie z.B bei gleicher Arbeitszeit gleich viel verdienen, wenn sie größtenteils aus verschiedenen Gründen (aufgrund von Rollenverständnissen sich um die Kinder kümmern oder öfters alleinerziehend sind) eben nicht die gleiche Arbeitszeit haben. Dieses Problem würde im bereinigten Datensatz verschwinden.



      Gleiches gilt für das Phänomen das Frauen öfters in "schlechter bezahlten" Berufen arbeiten (Care Industrie), die eben dann schlechter bezahlt sind, weil es "typische Frauenberufe" sind.



      Wenn sie jetzt in den spezifischen Branchen genauer darauf gucken möchten, ist der bereinigte Gap natürlich besser geeignet.



      Pauschal einen der beiden oder beide zu verurteilen würde ich ablehnen. Beide haben ihre Berechtigung und Schwächen.

  • Liebe taz,



    Eure Defintion des unbereinigten und bereinigten Gender Pay Gaps ist leider nicht korrekt, zumindest laut Angaben des Statistischen Bundesamtes. Beim unbereinigten Gender Pay Gap wird Teilzeitarbeit sehr wohl berücksichtigt, denn hier wird der durchschnittliche Bruttostundenverdienst bei der Berechnung zu Grunde gelegt. Und wie beim unbereinigten werden auch beim bereinigten Gender Pay Gap geringere Einkommen aufgrund von Elternzeit nicht berücksichtigt. Die 6 Prozent stellen somit laut Statistischem Bundesamt die Obergrenze der Verdienstdiskriminierung dar; sie fällt geringer aus, wenn man auch das "Karrierehindernis" Elternzeit berücksichtigt. Nachzulesen hier: www.destatis.de/DE...r-pay-gap-faq.html

  • Ich bezweifle, dass der Blick insbesondere auf den unbereinigten Gender Pay Gap wirklich sinnvoll ist.

    Laut Umfragen findet es der Großteil der teilzeitbeschäftigen Frauen "super", in Teilzeit zu arbeiten und eine Mehrheit will das sogar bis zur Rente durchziehen. Wie soll der unbereinigte Gender Pay Gap jemals deutlich sinken, wenn viele Frauen - etwa aufgrund des Komplexes Schwangerschaft/Kindererziehung - andere Prioritäten haben als Männer?

    Quelle: Umfrage des DELTA-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung im Auftrag des Bundesfamilienministeriums

    • @gyakusou:

      tja, evtl.müßte die versorgung mit kita + krippen+ deren peronal + die ausbildungs des personals+ die bezahlung des personals verbessert werden+ die qualität des personals, in italien soll diese qualität besser sein, hörte ich.

      • @Brot&Rosen:

        Und dann? Mann und Frau müssen das Kind dann auch ganztags in Betreuung geben WOLLEN.

  • Die unbereinigte Differenz sagt doch gar nichts aus. Nächstes Jahr vielleicht den 22. Januar nehmen.

  • Bin ehrlich stolz in einer Region zu leben in der Frauen inzwischen im Schnitt sogar mehr verdienen als Männer. Jetzt muss nur noch auch im Westen das Familienmodell amerikanischer Prägung fallen.

    • @Šarru-kīnu:

      Dieses "Modell amerikanischer Prägung" gab es weltweit, wo immer es nicht ökonomische Zwänge gab, Mann und Frau arbeiten zu lassen. Und das seit Zeiten, wo noch niemand von Amerika gehört hatte. Als es in Europa allmählich Änderungen gab, war das von einer entsprechenden Entwicklung in Nordamerika flankiert. Das Modell abfällig "amerikanisch" zu nennen, ist also bestenfalls schlechte Propaganda.

    • @Šarru-kīnu:

      Es ist einfach ein altes, bürgerliches Familienmodell. Kein speziell amerikanisches.

    • @Šarru-kīnu:

      Bin mal neugierig: was ist bitte das Familienmodell amerikanischer Prägung? Ist ja nicht so, als ob die traditionelle Ehe in Deutschland ein amerikanischer Import wäre.

      • @Encantado:

        Es geht doch nicht um die Ehe an sich sondern um das Modell Hausfrau.

    • @Šarru-kīnu:

      Ich wohne auch im Osten. Aber das "amerikanischer Prägung" können Sie sich sparen. Auch bei "uns" war das bis 1950 der Normalfall...

      • @Chris McZott:

        Ja. Aber eben nur bis 1950.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Überhaupt nicht. Es war in den 80ern noch völliger Standard - und zwar weltweit, wo immer die Produktivität es zuließ.

          • @Normalo:

            Wir sprachen über die DDR. Und da waren berufstätige Frauen Standard. Schon sehr lange...

            Finanziell unabhängige Frauen waren im Osten völlig normal. Einer der kleinen Vorteile.

          • @Normalo:

            Korrekt - war bei meinen Eltern auch nicht anders. Das Einkommen meines Vaters reichte aus, um eine ganze Familie zu ernähren plus Urlaub etc. pp.

            Dabei war er noch nicht einmal ein Gutverdiener, aber die Steuern und Sozialabgaben waren halt sehr niedrig, es blieb deutlich mehr vom Brutto übrig.

          • @Normalo:

            In den kommunistischen Ländern inklusive DDR war das keinesfalls der Standard. Deshalb auch heute noch der deutliche Unterschied in allen Statistiken zwischen Ost und West. Vielleicht an der Stelle auch einfach mal akzeptieren, dass es historisch andere Erfahrungen gibt. Für die Emanzipation und den Feminismus war die Wiedervereinigung eher ein Rückschritt in vielen Bereichen.

            • @Šarru-kīnu:

              "In den kommunistischen Ländern inklusive DDR war das keinesfalls der Standard. Deshalb auch heute noch der deutliche Unterschied in allen Statistiken zwischen Ost und West."



              Kann man auch sehr viel zu sagen, aber zu einem amerikanischen Modell langt das noch lange nicht.



              Zumal noch weiter im Osten oder Südosten diese Rollenverteilung ebenfalls seit ewig besteht. Was soll daran nun spezifisch (US-)amerikanisch sein?



              Nein, da haben Sie sich etwas verrannt.

    • @Šarru-kīnu:

      wo?

      • @Brot&Rosen:

        Die DDR hatte die höchste Beschäftigungsquote bei Frauen weltweit, da viele junge Männer vor dem Mauerbau geflüchtet waren und die Arbeitskräfte dringend benötigt wurden. Hausfrauen kenne ich hier bei uns eigentlich so gut wie keine. Das die Frau zu Hause die Kinder betreut ist hier viel seltener als in den alten Ländern. In den ländlichen Regionen im Osten ist der Gender Pay Gap bereits in die andere Richtung gekippt. Frauen haben hier die tarifgebundenen Jobs in der Verwaltung während die Männer zum Mindestlohn in der freien Wirtschaft knechten (grobe Vereinfachung).