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Archäologie zu GeschlechteridentitätenNicht-binäre Wi­kin­ge­r:in­nen

Ausgrabungen zeigen, dass es vor Tausenden Jahren Menschen gab, bei denen das biologische und das soziale Geschlecht nicht übereinstimmten.

Männlich? Weiblich? Steinig! Wikingergräber Foto: Godday/imago

Ein Wikingergrab in Schweden, darin ein Schwert, Lanzen, Schilder, Pfeil und Bogen, sogar zwei Pferde. Eine echte Kriegsausrüstung. Es ist das Grab einer Frau, doch seine Entdecker bestimmten im 19. Jahrhundert, dass das Skelett im Grab ein Mann gewesen sein muss. Man konnte sich keine Wikingerkriegerin vorstellen. Erst über 100 Jahre später beweisen Archäolog:innen, dass es sich um eine Person mit biologisch weiblichem Geschlecht handelt. Doch was erzählt uns die Kriegsausrüstung über das soziale Geschlecht der Person und ihre Rolle in der Gesellschaft?

Die Studie

Beispiele wie dieses belegen: Schon in früheren Gesellschaften kann es Menschen gegeben haben, bei denen das biologische Geschlecht nicht mit der gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt. Bisher wurden solche Funde als Einzelfälle abgetan. Doch ein Forschungsteam der Georg-August-Universität Göttingen ist dem in einer Studie nun nachgegangen: Wie binär waren die Geschlechtervorstellungen prähistorischer Kulturen? Die Ergebnisse sind im Mai 2023 in der Fachzeitschrift Cambridge Archaeological Journal erschienen.

Die For­sche­r:in­nen haben Geschlechtsdaten von 1.252 Gräbern aus der Neusteinzeit und Bronzezeit, etwa 5500 v. Chr. bis 1200 v. Chr., auf Binarität untersucht. Bei allen Gräbern, von denen man sowohl das biologische wie auch soziale Geschlecht bestimmen konnte, untersuchten sie, wie häufig die beiden Geschlechter miteinander übereinstimmen und wie häufig sie sich gegensätzlich sind. Es zeigt sich: Die gelebte Geschlechtsidentität folgt zum Großteil dem biologischen Geschlecht. Doch in 10 Prozent der Fälle, bei denen beide Geschlechter identifiziert werden konnten, stimmten diese nicht überein.

Die Bestimmung der Geschlechter ist fehleranfällig und manchmal auch nur schwer möglich – sowohl, was die Identifizierung des biologischen Geschlechts anhand von Knochen betrifft, als auch die des sozialen Geschlechts, das man beispielsweise anhand der Gegenstände im Grab bestimmt. Um das zu ändern, gibt es zum Teil schon neue Analysemethoden, beispielsweise die Analyse von Proteinen im Zahnschmelz.

Was bringt’s?

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Die Studie ermöglicht es, mit weiterer Forschung non-binäre Geschlechteridentitäten in prähistorischen Kulturen in den Blick zu nehmen. Denn sie zeigt, dass die Fälle keine statistischen Ausnahmen waren, sondern eine signifikante Minderheit. Und macht deutlich, wie Wis­sen­schaft­le­r:in­nen in der Vergangenheit eine Kultur durch die Brille binärer Geschlechtervorstellungen interpretiert haben und damit ein möglicherweise vielfältigeres Spektrum an Geschlechteridentitäten nicht einfangen konnten. So wie am Grab der Wikingerin. Wie wir Geschlechterrollen in früheren Kulturen sehen, ist also immer auch Ausdruck davon, wie wir sie in unserer Gegenwart verstehen.

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43 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Vielleicht noch wichtiger: Bei den Wikingern gab es "biologische" Männer, die bei allen traditionellen Frauenaufgaben und -riten dabei waren, und von allen als Frau akzepiert wurden.

  • "Bones, Stones and Statistics: How to research Prehistoric Genders", Vortrag von Dr. Fries auf dem Kongress "Queer Archaeology" 2018, Museum August Kestner in Hannover - ich kann den Tagungsband, der letztes Jahr erschienen ist, nur empfehlen!

  • Solche Erkenttnisse bleiben letzten Endes immer Spekulation.



    Niemand von uns war dabei, und das die Vergangenheit immer vor dem Weltbild der Gegenwart gedeutet oder gewertet wird ist halt auch normal. Wer weiss was Archäologen in 300 Jahren aus der Vergangenheit machen oder herauslesen.

  • Ein archäologischer Befund, der eine biologisch weibliche Person mit typisch männlichen Beigaben findet, ist ein starker Anhaltspunkt dafür, dass die Person sich als "nicht typisch weiblich" sah. Er ist jedoch kein Hinweis darauf, dass sich die Person als "nicht weiblich" identifizierte. Statistisch gesehen sind Menschen, die mit festen Rollenverständnissen brechen, häufiger als Menschen, deren Geschlechtsidentität vom biologischen Geschlecht abweicht. Somit ist es wahrscheinlicher, dass die Person sich als Kriegerin identifizierte, als dass sie sich als männlichen Krieger sah. Hier von einem klaren Beleg für Transsexualität bei den Wikingern zu fabulieren, wäre hochspekulativ und unwissenschaftlich.

  • "Ein Wikingergrab in Schweden, darin ein Schwert, Lanzen, Schilder, Pfeil und Bogen, sogar zwei Pferde."

    Was für Schilder denn? Oder vielleicht doch eher Schilde?

  • Ich zweifle nicht die Forschungsergebnisse an, wohl aber ihre Interpretation und die Schlussfolgerung.

    Allein daraus, dass man ein Schwert im Grab einer biologischen Frau oder Schmuck in dem eines biologischen Mannes findet, kann man keineswegs folgern, dass die Person sich als nicht-binär identifiziert hat. Man kann sogar nicht einmal folgern, dass damals die Geschlechterklischees weniger festgefahren waren als heute (was ich sehr bezweifle, denn die Geschlechterrollen waren praktisch noch nie so wenig strikt wie heute).

    Alles, was man folgern könnte, ist, dass die Vorstellung der Wikinger, was typisch männliche oder weibliche Attribute sind, anders sind als die der Forscher:innen.

    Deren vorschnelle Schlussfolgerung zeigt vor allem eins: Wenn sie den Forschenden früherer Generationen vorwerfen, ihre Erkenntnisse zu sehr durch die Brille des aktuellen Zeitgeists zu sehen, dann sollten sie erst einmal vor der eigenen Tür kehren.

    • @ronin:

      Wenn es wirklich nur das wäre, wären die "Nichtübereinstimmungen" allerdings deutlich häufiger zu finden als in 10 % der Fälle.



      Allerdings sollte man prüfen, in wie vielen Fällen das soziale Geschlecht unbestimmbar blieb, und woran das lag. Wenn nur in 10 % aller gefundenen Gräber das soziale Geschlecht bestimmbar war, dann würde ich die These, dass wir schlicht die sozialen Marker von damals nicht kannten, durchaus für die stabilste halten.



      Wenn aber in jedem Grab, das mehr als Knochen übrig hatte, eine aus unserer Sicht einfache Unterscheidung möglich war, scheint mir eine Quote von 10% "Irrtum" zu gering für diese These.

      • @Herma Huhn:

        Ich muss meine Ausführung ergänzen: "aus unserer Sicht einfach" erfordert mehr Marker als bloß ein Schwert im Grab einer Frau.



        Nur weil es aus Sicht des 19 Jahrhunderts einfach war, hoffe ich doch, dass die Forscher das heute etwas komplexer betrachten.

    • @ronin:

      Ungefähr so dachte ich auch :-) Der Fehler liegt bei eingeschränkten Vorstellungen von Geschlechterrollen. Als könnten Frauen keine Jägerinnen, Reiterinnen oder Kriegerinnen sein ... ts, ts, ts ...

    • @ronin:

      100% Ihrer Meinung!

    • @ronin:

      Wohl wahr!!!

    • @ronin:

      Vielen Dank. Sie bringen es auf den Punkt. Dem ist nichts hinzuzufügen

  • 8G
    80410 (Profil gelöscht)

    Versteh ich nicht: das soziale Geschlecht eines Menschen soll bei den Wikingern vom Tragen einer Kriegsausrüstung abhängig gewesen sein?



    Oder geht es, wie im letzten Satz angedeutet, weniger um Erkenntnusgewinn als mehr um die Tatsache, dass die Frau von den früheren Forschern erst als Mann gelesen wurde, also um die Veränderung der Perspektive innerhalb der Forschung, was Frau/Mann ist?

    • @80410 (Profil gelöscht):

      Eigentlich scheint mir der Artikel eher ein Argument zu sein, dass zu allen Zeiten es möglich war - vielleicht sogar zu anderen mehr als zuletzt - Geschlechterklischees zu überwinden und trotz des biologischen Geschlechts eine Rolle zu übernehmen, die üblicherweise dem anderen biologischen Geschlecht zukam. Vermutlich werden auch männliche Wikinger zuhause geblieben sein....

      • 8G
        80410 (Profil gelöscht)
        @Dr. McSchreck:

        Ah okay, das klingt schon schlüssiger. Danke.

        • @80410 (Profil gelöscht):

          Das entspricht aber eher Ihrer Aussage als der des Artikels.

  • "...bei denen das biologische Geschlecht nicht mit der gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt."

    Nach den Maßstäben des 19. Jahrhunderts. Bestimmte Berufe wurden einem bestimmten Geschlecht zugeordnet. Ich dachte, wir hätten uns weiter entwickelt.

    Aber nein. "Moderne" Archäologen scheinen immer noch in alten Denkmustern festzuhängen. Eine Frau mit einem (männlichen) Schwert, ist nicht-binär. Sie kann nicht einfach eine Frau mit einem Schwert sein.

    Dabei ist längst bekannt, dass die Geschlechtergrenzen bei vielen Völkern in der Vergangenheit nicht so eng gezogen waren, wie bis vor kurzem bei uns. Schon die alten Römer haben sich über die Stellung der Frauen bei den Germanen gewundert. Das kann man zur Kenntnis nehmen.

    Wie die Person in dem Grab wirklich einzuordnen ist, bekommen wir auch nicht mehr raus. Um zu wissen, ob sie sich als Mann, Frau oder nicht-binär eingeordnet hätte, müssten wir sie über ihre Gefühle befragen. Und so langen Archäologen nicht mit Knochen reden können…

    Nebenbei sind solche Spekulationen auch ein Schlag ins Gesicht von Frauen, die heute in „Männerberufen“ arbeiten. Letztlich ist es die alte Unterstellung der Konservativen, dass eine Frau in einem solchen Beruf keine richtige Frau sein kann.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Der Artikel besagt, dass Männer und Frauen früher viel weniger in den binären Kategorien, also Geschlechterrollen, gedacht haben, als wir heute.



      Mir ist nicht klar, was du an dem Artikel auszusetzen hast.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Vielen Dank, das spricht mir aus der Seele. Ich bin selbst Feministin, kann diesen queer-feministischen Trend aber nicht verstehen. Die Wikinger haben ein für die Zeit vergleichsweise emanzipiertes Geschlechterbild gehabt. Es war dort keine Ausnahme, dass auch Frauen hervorragende Kämpferinnen waren. Bitte hört auf mit dieser eingefärbten Berichterstattung, die das "Weibliche" erneut zum Verschwinden bringt. Tatsache ist: Ich kann als Frau alles, was Männer auch können. Das war nie anders. Es wurde uns nur kulturell übergreifend jahrtausendelang verwehrt. Bitte entsagt es uns nicht weiterhin, wenn ihr fordert, wir müssen aufhören, Frau zu sein, um stark, gebildet, kurzhaarig, dominant, kämpferisch, sexuell aktiv etc. zu sein!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Völlig richtig, und vielen Dank für Ihren Beítrag.

      Zu allem Überfluss handelt es sich bei dem, was der Artikel unterstellt, um Transidentität und *nicht* um Nichtbinarität. Manche, aber bei Weitem nicht alle Transidenten bezeichnen sich heute (!) als nichtbinär. Und wie die Sprachregelung damals war, falls es denn überhaupt eine gab, steht ohnehin in den Sternen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja, ich habe insbesondere das Gefühl, dass die Linke (im Sinne von den meisten Strömungen links-der-Mitte) mal weiter gewesen ist, was "Dekonstruktion von Geschlechterrollen" angeht.

      Irgendwie waren solche Diskussionen vor 10 oder 20 Jahren für mein Gefühl *weniger* von Stereotypen geprägt als heute.

  • Ich freue mich auf zukünftige Forschungsergebnisse, aber auch für die wird gelten: "Wie wir Geschlechterrollen in früheren Kulturen sehen, ist also immer auch Ausdruck davon, wie wir sie in unserer Gegenwart verstehen."



    Der Europa dezentrierende Blick liefert übrigens spannende Fallbeispiele, z.B. wenn in das letzte Mitglied einer männlich definierten Abstammungslinie weiblich ist und die Fortexistenz besagter Linie durch eine symbolische Vermannung samt Heirat und Anspruch auf die Nachkommen der Gattin sichert.

  • Kann durchaus sein. Allerdings ist es nie einfach, die sozialen Rollen (nicht Geschlecht!) anderer Epochen nur rein archäologisch nachzuvollziehen. Da bleibt vieles Spekulation. Zum Bespiel könnten Grablegungen auch auch mit bestimmten Ansprüchen an die Nachwelt (statt dem gelebten Leben verbunden sein) - etwa zu der Zeit zu wenige männliche Krieger als Nachschub für Walhalla...

    Ein Beispiel:



    Die altägyptischen Pharaonen waren in ihrer Rolle per definitionem männlich, so dass auch Königinnen wie Haschepsut immer mit Bart dargestellt wurden - der (künstliche) Bart war Teil des Ornats.

    Wäre dieser Kontext nicht durch andere Quellen bekannt, könnte man auf die Idee kommen dass die jeweiligen Herscherinnen transgender oder intersexuell waren.

    • @Chris McZott:

      Kluger u. interessanter Hinweis. Sie hieß übrigens Hatschepsut

  • "Im früheisenzeitlichen Griechenland zB war die Kriegerrolle so sehr männlich konnotiert, dass der Amazonenmythos als Fallbeispiel eines Verstoßes gegen die kosmische Ordnung diente."

    Genau. Aber nur weil es in Griechenland so war, muss es im Rest der Welt nicht so gewesen sein.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      kurz - wissenschaftlich grundiertes Denken? “So siehste aus.“ (Tucho)

  • Die Autorin meint: "Beispiele wie dieses belegen: Schon in früheren Gesellschaften kann es Menschen gegeben haben, bei denen das biologische Geschlecht nicht mit der gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt."

    Nein, das belegen die Funde nicht einmal ansatzweise. Sie belegen allenfalls, dass es bei den Wikingern und in anderen prähistorischen Gesellschaften Frauen gab, deren Leben nicht mit bestimmten (insbesondere neuzeitlichen) Geschlechterrollenstereotypen übereinstimmte. Dass die betreffenden Frauen sich nicht als Frauen identifiziert hätten oder in ihren Gesellschaften nicht als Frauen angesehen worden wären, ist durch nichts belegt.

    Was man aus den Fällen möglicherweise schließen kann, ist, dass Frauen in früheren Gesellschaften unterschiedliche Funktionen ausgeübt haben und nicht aufgrund ihres Geschlechtes auf eine bestimmte Rolle festgelegt waren. Das hat aber mit ihrem "sozialen Geschlecht" nichts zu tun. Die Funde belegen nämlich nicht, dass die früheren Gesellschaften die Funktion eines Kriegers überhaupt grundsätzlich nur einem Geschlecht vorbehalten haben. Die Annahme liegt nahe, dass es damals einfach deswegen mehr männliche als weibliche Krieger gab, weil Männer statistisch körperlich stärker sind als Frauen, dass aber Frauen, die als hinreichend kampfkräftig eingeschätzt wurden, ebenfalls als Kriegerinnen akzeptiert wurden.

    Und die Frage, ob auch nur eine einzige der ausgegrabenen Toten sich zu Lebzeiten weder als Mann noch als Frau identifiziert hat, also als "non-binär", ist anhand der Funde auch nicht beantwortbar. Gleiches gilt für die Frage, ob auch nur eine dieser Personen sich einem anderen als ihrem biologischen Geschlecht zugehörig empfand.

  • *Nicht-binäre Wi­kin­ge­r:in­nen* - Beim Thor, das wäre der Hammer. Wenn man nur erfahren würde, wo er denn hängt.

    *Die Studie ermöglicht es, mit weiterer Forschung non-binäre Geschlechteridentitäten in prähistorischen Kulturen in den Blick zu nehmen.*

    O.k. Wenn man denn nur auch erklärt bekäme, warum DIESE Studie das nun methodisch kann und andere Studien zu vor nicht.

    "Doch was erzählt uns die Kriegsausrüstung über das soziale Geschlecht der Person und ihre Rolle in der Gesellschaft?"

    Genau. Was erzählen diese Funde? Wie schließt man von diesen (materiellen, keine schriftlichen) Funden auf das Vorhandensein einer Vorstellung von "sozialem Geschlecht" in einer vergangenen Gesellschaft?

    Ehrlich und nichts für ungut, ich finde dazu nichts im Text. Dabei sind solche "archäologischen Themen" so spannend.

  • Ach was! ©️ Loriot

    “Archäologie zu Geschlechteridentitäten



    : Nicht-binäre Wi­kin­ge­r:in­nen



    Ausgrabungen zeigen, dass es vor Tausenden Jahren Menschen gab, bei denen das biologische und das soziale Geschlecht nicht übereinstimmten.“



    & Däh



    Ich danke den Floristen & ihren klugen Anmerkungen! Woll



    Daß das Vorstehende Nonsens ist & nichts - aber auch gar nichts in den mitgeteilten Befunden & den daraus gezogenen Folgerungen eine Entsprechung findet! Gelle.



    Und das Rumgeheimnisse der Autorin ein eben solches ist. Trans jeder seriösen Auseinandersetzung mit den mitgeteilten Befunden etc •

  • "Schon in früheren Gesellschaften kann es Menschen gegeben haben, bei denen das biologische Geschlecht nicht mit der gelebten Geschlechtsidentität übereinstimmt."

    Natürlich gab es die. Das ist doch ein Automatismus, sobald eine Gesellschaft als bindend angesehene Rollen und Verhaltensnormen entwickelt.

    Ein "drittes Geschlecht" war vor der monotheistischen Indoktrination z.B. in Nordamerika und Südostasien weitverbreitet und als völlig normal akzeptiert bzw sogar mit rituellen Sonderrollen privilegiert (eine offensichtliche Wahl, denn Menschen mit liminaler sexueller Identität sind exakt die, die man zur Vermittlung zwischen der physischen und der metaphysischen Welt haben will).

    Leider wissen wir fast nichts über die Situation in Mittel- und Südamerika; die Auslöschung der indigenen Kulturen durch die christlichen Barbaren war dort einfach zu erfolgreich.

    These: hätten die Römer damals nicht diesen jüdischen Wanderprediger exekutiert, weil der vor zehntausenden Pessachpilgern im Tempelhof zu Jerusalem den Prigoschin gemacht hat[*], wäre Trans- und Intersexualität heutzutage weitgehend als normal akzeptiert, und in weiten Teilen der Welt sogar geradezu alltäglich.

    Die schiere Masse an hermaphroditischen, parthenogenetischen, oder sonstwie sexuell uneindeutigen Gottheiten in der Antike, die man buchstäblich in allen Teilen der Welt findet, legt ja ohnehin schon nahe, dass die Menschen in den jeweiligen Kulturen nichtbinäre Sexualität als natürlich, vielleicht sogar als ursprünglicher oder "göttlicher" als die binäre ansahen.

    [*] "Ich will nicht die Regierung stürzen - ich will mich über diese unerträglichen Zustände hier beschweren, und ich will dass dieser Saustall unverzüglich aufgeräumt wird!"

  • Kannst nicht auch einfach eine Kriegerin gewesen sein...? Ich frage, was spricht für einen transmenschen? habs wohl überlesen.

    • @Christian Ziems:

      Dass das ein entweder-oder sein muss, ist eine Lüge der Christen.

      Die altskandinavischen Quellen belegen, dass der Kriegerberuf extrem männlich konnotiert war. Eine Schildmaid muss also fast zwangsläufig ein Transmann gewesen sein; anders funktioniert das nicht.

      Wenn die Geschlechterrollen flexibel gewesen wären, würden wir nämlich viel, viel mehr Gräber von Schildmaiden finden. Dass es so wenige sind, legt nahe, dass diese Individuen den Körper einer Frau hatten, aber sich als männlich betrachteten, und eine soziale Rolle und Funktion innehatten, die gemäß dem sozialen Narrativ ihrer Gesellschaft "eigentlich" biologischen Männern vorbehalten war. Im heutigen Sprachgebrauch: sie waren eindeutig trans. *Und* Kriegerinnen.

      Die reichen Grabbeigaben belegen, dass das zwar als Ausnahme, aber dabei als absolut ehren- und anerkennenswert gesehen wurde. Man hätte ja auch sagen können "Nīþ! Die Olle glaubt, sie sei eine Walküre!", und die Aufmüpfigen einfach erschlagen und nackt in den nächsten Sumpf schmeißen können.



      *Männliche* anorezeptive Homosexualität hat einem damals ja ratzfatz den Status eines níðingr eingehandelt; da kannten die Wikinger kein Pardon. Ein männlicher Ergi war nicht zwingend ein "bottom", sondern jedweder "Verweichlichte" - also auch ein Karl oder gar Jarl, der sich zu einem Leben als Bauer statt als Víkingr entschied, als wäre er ein schäbiger Þræl -, aber wenn eine Frau argr war, dann war sie eben *keine*, die soziale Männerrollen "usupierte", sondern sehr spezifisch eine, die von Monogamie gar nichts hielt (und generell waren ergi/argr Begriffe, die sich auf biologische Frauen nur sehr sperrig anwenden ließen - der gemeingermanische Ursprung *argaz bedeutet wörtlich "der/die Gefickte" im Sinne von "mit einem Penis penetrierte", aber dabei noch mit einer Konnotation des Verstoßes gegen eine "natürliche Ordnung").

      • @Ajuga:

        "Wenn die Geschlechterrollen flexibel gewesen wären, würden wir nämlich viel, viel mehr Gräber von Schildmaiden finden."

        Gräber mit Grabbeigaben stammen meist aus der Oberschicht. Wie viele "Schildmaiden" es wirklich gegeben hat, können Sie nicht wissen.

        Und nicht jede biologisch Frau mit einem Schwert ist automatisch ein Transmann. Das sind Klischees.

      • @Ajuga:

        Vielleicht waren die Kriegerinnen einfach Frauen, die besonders kräftig waren und deshalb als Kriegerinnen akzeptiert wurden. Oder es gab Situationen, in denen nicht mehr genügend Männer zur Verfügung standen und Frauen als Ersatz ranmussten. Ihre Annahme, dass eine Frau, die mitkämpfen durfte bzw. musste, in heutigem Sprachgebrauch "trans" war, ist doch reine Spekulation; woher wollen Sie denn wissen, dass diese Frauen sich selbst "als männlich betrachteten"? Vielleicht waren die schlicht und einfach nicht damit einverstanden, dass der Kriegerberuf den Männern vorbehalten sein sollte, und haben sich durchgesetzt.

    • @Christian Ziems:

      Es war eine Person bei der jemand fand ein paar Waffen und Brettspiele gehören ins Grab. Für Kriegerin spricht leider gar nichts, keine Verletzungen, keine spezifischen Muskelmarker.



      Seit den 70ern macht man wissenschaftlich eigentlich den Schluss Waffen=Krieger nicht mehr, egal ob Mann oder Frau

  • Ja nee, is klar. Wir müssen die Dinge aus unserer Zeit unbedingt auf die Vergangenheit adaptieren weil es sonst nicht passend wäre - oder soll es eine Art Rechtfertigung sein? Dass es Kriegerinnen gab, ist schon seit langem bekannt. Auch gab es in der Vergangenheit und in vielen Kulturen mächtige Königinnen/Anführerinnen etc. Waren die alle vielleicht doch anders als das, für das sie wahrgenommen wurden? Wohl kaum.

  • Belegt die Studie nicht eher dass Unvermögen vorheriger Forscher-Generationen sich vorzustellen, dass Frauen auch Kriegerinnen sein konnten?

  • Ausgrabungen zeigen, dass es auch vor Tausenden von Jahren Menschen gab, bei denen das biologische und das soziale Geschlecht nicht übereinstimmten.



    ----



    "Soziales Geschlecht?" Hmm....?!?!



    Heißt das nicht "soziale Stellung" (1)? Kämpferinnen bei den Wikingern usw. Kaiserin von Österreich "Maria Theresia". russ Zarin " Katharina die Große", Jeanne d Arc... uvam.



    War das eine Frage "des Geschlechts" oder "der Stellung" in der diese, uvam Personen die in diese Postionen gekommen sind?



    .



    (1) Will hier keinen Streit losbrechen, d/W/m soll so leben, wie es/SEI/er sich fühlt, doch der Begriff "soziales Geschlecht" weil "Kriegerin, usw" s.o, kommt mir doch sehr "ge-, erzwungen" vor. :-(

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Sikasuu:

      "Heißt das nicht 'soziale Stellung'"?



      Stellungskrieg im Schütz:innengraben. www.youtube.com/watch?v=oL0XZIblfZo

    • @Sikasuu:

      Es geht nicht um den Status, sondern um die Geschlechterrolle.

      Im früheisenzeitlichen Griechenland zB war die Kriegerrolle so sehr männlich konnotiert, dass der Amazonenmythos als Fallbeispiel eines Verstoßes gegen die kosmische Ordnung diente.

      (Wobei dieses Beispiel nicht repräsentativ ist - einerseits war die posytmykenische Kultur durch für ihre Zeit *extrem* rigide Geschlechterrollen ausgezeichnet, andererseits der "skythische" Kulturkreis der Bronzezeit, der in den altgriechischen Amazonenmythen reflektiert wurde, durch eine ausgesprochene Laxheit bei der Einteilung von Lebensentwürfen und Karrieren in "männliche" und "weibliche".

      Zumindest bis zum Ende der Antike und dem Aufstieg des Christentums hatten die meisten Kulturen der Welt ein System, das eine nichtbinäre sexuelle Identität beinhaltete.

      • @Ajuga:

        Es geht nicht um den Status, sondern um die Geschlechterrolle.



        ---



        Es geht um ROLLE!



        Damit kannst Du also LEBEN.



        Rollenwechsel ist seit Jahrhunderten auch gegen den Trend möglich. In der geschichte & in der nahen Vergangenheit incl. HEUTE findest du ungezählte Beispiele.



        Frau Maurerm Frau Elektriker, Frau Dr.Ing Maschinenbau... uvam. sind keine "Unmöglichkeiten" mehr, werdebn immer mehr Standard!



        Da musst du nicht zu den "ollen Griechen" & den Amazonen zurück!



        Da hatten "Männer ein Problem mit Rollen, weil XX sehr Rollen fixiert waren.



        Doch : Achill tötet die Amazonenkönigin in der Schlacht, in die er sich noch in ihrem Todeskampf verliebte!



        Trotz Rollentausch & -klischee!



        So einfach ist es mMn. Rolle & Geschlecht als/für nichtbinäre Belege anzuführen!



        Klar waren/sind Rollen, Macht & Einfluss geschlechtsspezifisch determiniert, aber nicht "nicht binär", wenn Rollenklischees mal verlassen wurden!



        Gr Sikasuu