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Reform des StrommarktsZwischen Entwarnung und Panik

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Minister Habeck setzt auf Entlastung von Verbrauchern. Kommissionschefin von der Leyen will in den Energiemarkt eingreifen – eine gefährliche Idee.

Unterschiedliche Konzepte: Robert Habeck und Ursula von der Leyen am Montag in Berlin

R obert Habeck rudert zurück. Vor wenigen Tagen hatte er noch gesagt, er wolle den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln. Das klang, als wolle er die gesamte Marktlogik des Stromhandels über den Haufen werfen. Da bereits im Koalitionsvertrag steht, man wolle ein „neues Strommarktdesign erarbeiten“ (wobei noch niemand erklären konnte, was das konkret heißt), musste man auf alles gefasst sein.

Nun folgte eine gewisse Entwarnung. Habeck stellte – was nur vernünftig ist – klar, dass er an der Preisbildung im europäischen Stromgroßhandel nicht rütteln will. Der Mechanismus, wonach immer das letzte gerade noch nötige Kraftwerk die Preise setzt, basiert schließlich auf ökonomischen Grundrechenarten. Das Konzept hat niemand erfunden, es folgt einer inhärenten Logik. Jedes andere Modell würde die Funktion des Strommarkts gefährden und damit die Versorgung.

Ob das auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiß? Sie brachte – ohne Details zu nennen – kurzfristige Eingriffe in die europäischen Energiemärkte ins Spiel, die eher nach gefährlicher Panik klingen als nach einem durchdachten Konzept. Dagegen setzt Habeck auf eines, das grundsätzlich funktionieren kann: Er will lediglich die Endkundenpreise von den Börsenpreisen entkoppeln, indem eine Übergewinnsteuer die Preise für Verbraucher subventioniert. Details sind auch hier noch offen.

Zwei grundsätzliche Fragen stellen sich trotzdem bereits. Zum einen: Warum eine Übergewinnsteuer? Jeder Gewinn sollte angemessen besteuert werden, eine steuerrechtliche Unterscheidung zwischen guten und schlechten Gewinnen ist eine schräge Idee. Zum zweiten: Ist es klug, in Zeiten von Energieknappheit die Preise staatlich zu kappen? Sinnvoller wäre es, das Geld, das sich der Staat von allen gut verdienenden Unternehmen unbedingt holen sollte, direkt an die Bürger auszuschütten. Dann bliebe der Anreiz zum Energiesparen durch hohe Preise erhalten – und die Bürger würden entlastet.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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14 Kommentare

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  • Alles ist so, weil es so sein soll.

  • Der Ökonom Prof. Marcel Fratzscher unterschied im Hörfunk die Gewinne in solche, die einer tatsächlichen Mehrleistung entsprechen, und solche, die situativ eimem Unternehmen sozusagen per zeitgeschichtlichem Zufall in den Schoß fallen. Zur Abschätzung der Werthaltigkeit von innovativen Werkzeugen im neu geordneten fiskalischen Instrumentenkasten wäre der Blick über den Tellerrand und auf mögliche juristische Folgen sinnvoll. Karlsruhe hat mehrere Dekaden 'mitregiert', weil die Politik Anklänge an eine "Berliner Unschärferelation" bot.



    //



    www.derstandard.de...-fuer-neue-hilfen/

  • Zum Glück herrscht nicht die freie Marktwirtschaft, sondern die soziale Marktwirtschaft in Deutschland vor.



    Der Staat kann Steuern erheben und auch deren Höhe festsetzen .



    So ist, wie geplant, auch eine Senkung von 19 auf 7 Prozent möglich.



    Es ist ja kein großes Geheimnis, dass die SPD und die Grünen für eine Ubergewinnsteuer stehen.



    Die Regierungskoalition vesteht jedoch aus drei Parteien.



    Das haben wir Deutschen so gewählt.



    Es geht eben auch nur zusammen mit der FDP.



    Demokratie bedeutet Kompromisse.

    • @Philippo1000:

      Soziale Marktwirtschaft, ok, sie meinen sicher z.B. das staatliche geförderte Cum-Ex-Procedre, die Maskendeals der Politiker und die Coronatest-Gewinn-Vervielfachung.



      Dann hab ich das schonmal verstanden.

      Und wir Deutschen haben das so gewählt ?

      Also so, dass die Abgeordneten nichtmehr ausschließlich ihrem Gewissen verantwortlich sind sondern einem im Geheimen ausgedealten Koalitionsvertrag zu folgen haben ?

      Wunderbar, dann hab ich das ja auch verstanden...

  • Das Konzept der Preisbildung ist keineswegs gottgegeben!



    Es ist menschengemacht, und sogar recht neu.



    Alles wurde gezielt Richtung Spotmarkt gesteuert, sogar Langzeitverträge verboten.



    Es kann sinnvoller gestaltet werden.



    Produzenten und Abnehmer profitieren gleichermaßen von langfristigen Verträgen, nur die Marktspekulanten nicht, weil weniger Volumen den Markt erreicht.



    Wenn Angebot und Nachfrage so unflexibel sind, ist der Markt bei Knappheit generell ungeeignet zur Preisbildung, weil zwar die Preise enorm steigen, aber sonst nichts. Verteilungsgerechtigkeit kann nur durch Staatseingriffe erreicht werden. Dann kann er auch direkt zuteilen ohne Spekulanten reich zu machen…

  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    "Übergewinnsteuer" klingt für mich so ähnlich wie "Gute Kita Gesetz". Klingt gut, spricht das gesunde Volksempfinden an, aber wird es auch Bestand oder Erfolg haben?

    Die Griffe in die Populistenkiste in immer kürzeren Abständen lassen mich ernsthaft an der Kompetenz der Grünen zweifeln.

  • Marktlogik.

    Frei nach Groucho Marx ("military justice is to justice...").

    Hallelujah.

    Vergessen wir nicht: das Konstrukt, das wir haben ist auf dem Mist einiger weniger grenzkorrupter Lobbyisten [1] gewachsen.

    Marktlogik. Da lachen ja die Hühner.

    [1] www.tagesschau.de/...k-zurueck-101.html

  • Wer in Zusammenhang mit den durch die Decke schießenden Energiepreise immer noch von Preissignalen an die Verbraucher spricht und sich davon Anreize zum Energiesparen erhofft, muß wohl in einer anderen Welt leben.



    Diese Preissteigerungen sind kein Marktpreis, sie sind Folge eines Krieges. Diese Preise verhindern obendrein eine Anpassung und Umorientierung auf Energiesparen und alternative Energien, binden Sie doch das Geld was für eine Umrüstung benötigt würde. Privatpersonen können schon gar nicht beliebig sparen.



    Es geht um eine Notsituation, die für viele eine Überlebensfrage darstellt. Das ist keine Steuerung des Verbrauchs durch kalkulierbare Preissteigerungen, es ist schlicht ein unkalkulierbarer Blindflug mit ungewissem Ende.

    • @nutzer:

      Der Preisanstieg der Energie kann nicht allein mit dem Krieg in der Ukraine begründet werden. Der wird dazu genutzt, um den großen Reibach zu machen.

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @Elena Levi:

        "Gesetz des Marktes" und "Wird genutzt um Reibach zu machen" ist hier ein und dasselbe: Es ist weniger Gas auf dem Markt verfügbar als die Nachfrage decken würde, und das liefert einen super Reibach. Psychologie und Marktwirtschaft kann so einfach sein.

      • @Elena Levi:

        nicht? Welchen Grund gibt es denn sonst noch, das Gas knapp ist und der Strompreis an den Gaspreis gekoppelt?

        • @nutzer:

          Das gleich gilt auch für Gas.

          historisches Beispiel: australische Wasserpreise.



          (Berichte in der LMD)

        • @nutzer:

          Der Grund ist reine Marktlogik:



          das Produkt ist knapp, jeder Depp kann steigende Preise vorhersagen.



          Also kaufen Spekulanten Strom, um in teurer wider zu verkaufen.



          Durch dies Käufe steigt die Nachfrage, also steigt der Preis.



          Also lohnt sich die Spekulation.



          Also wird noch mehr spekuliert.



          = spekulationsgetriebene Preisspirale

          Das kann nur politisch durchbrochen werden.



          In früheren Kriegen wurden solche Akteure als Wucherer gehängt…

          • @mensch meier:

            an der Strombörse trifft das zu. Der Fixpreis für Strom, wird aber durch den im Artikel beschriebenen Mechanismus berechnet, kurz der teuerste Produzent, setzt den Preis für alle (und das ist sinnvoll, wegen der Versorgungssicherheit) die Gasverstromung ist der teuerste Produzent, ergo gilt der Preis auch für alle anderen. Das der Gaspreis nun aber eine Folge des Krieges ist, sollte bekannt sein. Ergo ist da etwas schief, folglich ein Eingreifen nötig. Die Börse ist zusätzlich ein Problem...