Propaganda im russischen Fernsehen: Reden über Raketen auf Berlin

Im russischen Staatsfernsehen werden zunehmend atomare Angriffe auf den Westen simuliert. Und das zur besten Sendezeit.

Startende Sarmat Rakete

Start einer Sarmat-Rakete zu Testzwecken in Russland im April 2022 Foto: Roscosmos Space Agency Press Service/ap

BERLIN taz | Immer häufiger reden russische staatliche Medien und Propagandisten von einem bevorstehenden Atomkrieg. Als wollte man das Volk darauf vorbereiten. Zwei Herren in Anzug und Krawatte, Dmitri Kiseljow und Wladimir Solow­jow und die elegante, 42-jährige Chefin des Russischen Fernsehens, Margarita Simonjan, sind die Gesichter dieser Propagandisten eines bevorstehenden Atomkrieges.

In seiner Wochenschau drohte etwa der Fernsehmoderator Dmitri Kiseljow am Sonntag zur besten Fernsehzeit Großbritannien mit der atomaren Zerstörung. Das Land sei so klein, so Kiseljow, dass schon eine Sarmat-Rakete ausreiche, um es ein für alle Mal zu versenken. Aber es müsse nicht unbedingt eine Sarmat-Rakete sein, so der Propagandist, die Roboterdrohne Poseidon leiste auch keine schlechte Arbeit und könne „Großbritannien in die Tiefen des Meeres stürzen“.

Diese Unterwasserdrohne mit einer Sprengkraft von 100 Megatonnen könnte vor der britischen Küste eine gigantische Welle von bis zu 500 Metern Höhe auslösen und gleichzeitig extreme Radioaktivität ausbreiten. Und dann würde nur noch eine radioaktive Wüste von Großbritannien übrigbleiben, so Kiseljow. Offensichtlich wollte er mit Margarita Simonjan, der Chefin von Russia Today und seit 20 Jahren eine der Vertrauten von Putin, wetteifern.

Die erklärte in einer Sendung von Wladimir Solowjow, ein Atomkrieg sei wahrscheinlicher als eine russische Niederlage in der Ukraine. „Entweder wir verlieren in der Ukraine oder der dritte Weltkrieg beginnt. Wie ich uns kenne, wie ich unseren Anführer Putin kenne, halte ich einen dritten Weltkrieg für realistischer“, zitiert das ukrainische Portal strana.news Margarita Simonjan.

Schon wenige Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, hatte Wladimir Putin die russischen Atomstreitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Dabei verdeutlichte er, wann sich Russland einen Einsatz von Atomwaffen vorstellen könne. Russland werde nicht nur Atomwaffen als Antwort auf einen atomaren Angriff durch ein anderes Land einsetzen. Ein Atomwaffeneinsatz sei auch möglich, „wenn die Durchführung militärischer Operationen unter Einsatz konventioneller Waffen eine Bedrohung für die Existenz unseres Staates darstellt“, zitiert das russische Portal svpressa.ru Wladimir Putin.

„Zügellose westliche Führer“

Auch in der Gesellschaft gibt es Rufe nach einem Einsatz von Atomwaffen. Das russische Portal panorama.pub berichtete Anfang März über eine Aktion der patriotischen Organisation „Putins Einheiten“, die einen Atomschlag gegen die Hauptstädte Deutschlands, der Niederlande und Großbritanniens gefordert hatte.

Zügellose westliche Führer, so der Aufruf, hätten eine gangsterfaschistische Kampagne gegen Russland gestartet, Sanktionen verhängt und wollten Russland in die Knie zwingen. „Wie lange wollen wir das noch hinnehmen? Wir fordern die sofortige Entsendung unserer strategischen Bomber, um Berlin, Amsterdam und London in radioaktive Asche zu verwandeln“, zitiert das Portal Jefim Klimow, Sprecher von Putins Einheiten.

In Reaktion auf westliche Sanktionen verabschiedete der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag ein Dekret für wirtschaftliche Vergeltungssanktionen gegen den Westen. Dies verbietet die Ausfuhr von Produkten und Rohstoffen an Personen und Organisationen an bestimmte Organisationen, Länder und Personen. Welche das sind, ist noch nicht bekannt.

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