Wegen gekündigter Mitarbeiterin: Coronazis drohen Pflegeheim

Ein Pflegeheim kündigt einer Mitarbeiterin, die nach der Berliner Coronademo erkrankt ist, aber keinen Test machen will. Nun wird das Heim bedroht.

Teilnehmer der Berliner Coronademo stehen ohne Mundschutz eng beisammen.

Risikogebiet Demo: Die gefeuerte Mitarbeiterin war vergangenes Wochenende in Berlin dabei Foto: Michael Kappeler/dpa

HAMBURG taz | Das private Pflegeheim Haus Itzstedt im Kreis Segeberg hat einer Mitarbeiterin in der Probezeit fristlos gekündigt, nachdem sie einen Coronatest verweigert hatte. Die Frau hatte sich wegen einer Erkältung krank gemeldet. Vorher war sie auf der großen Demonstration gegen die Coronamaßnahmen am vergangenen Wochenende in Berlin gewesen, bei der Demonstrant*innen sich nicht an die Auflagen zum Infektionsschutz gehalten hatten.

Die Frau hatte extra ihre Schicht getauscht, heißt es von der Leitung. Durch einen Mitarbeiter des Heims habe man davon erfahren, dass sie auf der Demo gewesen sei. Das Pflegeheim hat daraufhin von der erkrankten Mitarbeiterin einen Coronatest gefordert, welchen sie laut der stellvertretenden Heimleiterin Christiane Warneke ohne Grund verweigerte.

„Wenn man sich mit den Leuten auf der Demo beschäftigt, versteht man schnell, wieso sie keinen wollte“, sagt Warneke. Die Leitung hat kurzerhand mit einer Kündigung reagiert. „Das war eine Massenveranstaltung. Wir sind ein Pflegeheim. Das geht nicht.“

Die Mitarbeiterin Andrea P. war erst seit vier Monaten als Reinigungskraft in Teilzeit im Pflegeheim Itzstedt beschäftigt und laut der stellvertretenden Heimleiterin bis dato nicht negativ aufgefallen. „Sie war freundlich und machte einen guten Job“, so Warneke. „Allerdings gehört zu unserem Job auch, die Bewohner*innen vor einer potenziellen Ansteckung zu schützen.“

Christiane Warneke, stellvertretende Heimleiterin Haus Itzstedt

„Das war eine Massenveranstaltung. Wir sind ein Pflegeheim. Das geht nicht“

Das Sozialministerium Schleswig-Holstein als Aufsichtsbehörde bestätigt diese Sicht: „Ein Test auf SARS-CoV2 kann Bestandteil des Hygieneplanes und des Arbeitsschutzkonzeptes des Arbeitgebers sein und dient sowohl der Verhinderung des Erreger­eintrags als auch der Verhinderung der Weiterverbreitung“, schreibt Ministeriumssprecher Christian Kohl. „Der Hygieneplan ist in der Regel eine verbindliche Dienstanweisung und damit einzuhalten.“

Die Hygieneregeln seien im Vorfeld kommuniziert worden, sagt Warneke. Schriftlich habe nichts vorgelegen. „Wir haben darüber geredet und hatten auch keine weiteren Vorfälle dieser Art.“ Ein anderer Mitarbeiter habe infolge einer besuchten Großveranstaltung einen Test gemacht, sagt Warneke. An den Kosten kann es jedenfalls nicht gelegen haben: Für die Tests würde das Pflegeheim aufkommen, so Warneke.

Seit der Kündigung habe sich die Mitarbeiterin nicht mehr blicken lassen. Stattdessen nutzte sie die freie Zeit, um sich Unterstützung zu beschaffen: Auf Facebook veröffentlichte die Frau das Kündigungsschreiben – und rief damit auch Nazis auf den Plan. Diese richten seitdem regelmäßig Drohnachrichten und -anrufe an das Heim, so die Heimleitung. Alles sei dabei, sagt Warneke: „Die Menschen schreiben uns, dass es Corona gar nicht gebe, aber auch rechtes Gedankengut wird uns geschickt.“

Die Kündigung sei inzwischen wieder aus dem Netz genommen worden, aber die Drohungen ließen nicht nach. „Das ist schon eine Belastung“, sagt Heimleiter Markus Hinz, „aber wir versuchen es einfach zu ignorieren“. Seitdem sehe die Polizei auch in regelmäßigen Abständen nach dem Rechten.

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