Gender Gap im Konjunkturpaket: Dem Backlash ausgeliefert
Die Corona-Krise ist eine Gender-Krise. Trotzdem spielt geschlechtergerechte Budgetierung keine Rolle im Konjunkturpaket der GroKo. Geht's noch?
W ie oft kommt das Wort „Frauen“ im Papier zum Konjunkturpaket der Bundesregierung vor? Gar nicht. Das Wort „Geschlechtergerechtigkeit“? Gar nicht. Und das Wort „Care“? Genau: gar nicht.
Die Coronakrise ist eine Krise der Geschlechter. Mütter ziehen sich aus dem Arbeitsmarkt zurück, der Gender Pay Gap wird aller Voraussicht nach noch weiter auseinanderklaffen als ohnehin schon, von der Rentenlücke ganz zu schweigen. Unbezahlte Care Arbeit wird noch mehr als zuvor von Frauen übernommen, was wiederum eins zu eins mit schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt verknüpft ist. Frauen gehen als Verliererinnen aus der Krise hervor. Und dieses Konjunkturpaket steuert dem nicht aktiv entgegen.
Jenseits der Alleinerziehenden, die weit überwiegend weiblich sind, werden Frauen als ökonomische Gruppe nicht adressiert. Zwar kommen einzelne Maßnahmen auch Frauen zugute – nebenbei, nicht offensiv, und als eine Art Abfallprodukt dessen, dass das Paket nun mal für Menschen gemacht wurde, also auch für Frauen. Aber dass Geschlechterpolitik eine Querschnittsaufgabe ist, die ressortübergreifend in jeder Maßnahme mitgedacht werden muss, ist der Bundesregierung ganz offensichtlich gar nicht in den Sinn gekommen.
Doch vor wenigen Tagen noch hatte Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) in der Bild am Sonntag gefordert, genau dies zu tun: „Die Auswirkungen auf Frauen bei allen Coronamaßnahmen“ zu prüfen und überdies Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen zur Bedingung für die Vergabe von Staatshilfen zu machen – eine für Giffey geradezu radikale Position. Davon übrig geblieben ist nichts.
Frauen bleiben unsichtbar
Das heißt nicht, dass überhaupt nichts beschlossen wurde, was frauenpolitisch begrüßenswert wäre. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zum Beispiel wird zwei Jahre lang verdoppelt. Es gibt 300 Euro Kinderbonus, der nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird und der Familien zugute kommt (also durchaus auch Männern). Und einige Branchen, in denen viele Frauen arbeiten, werden ebenfalls unterstützt, zum Beispiel die Reise.
Doch die Forderung lautet Gender Budgeting, also geschlechtergerechtes Haushalten, das in diesem Paket ganz idealtypisch hätte berücksichtigt werden können. Und überdies gäbe es steuer- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die nicht nur kurz-, sondern auch langfristig darauf hingewirkt hätten, einen Einbruch der Wirtschaft zu verhindern: Das Kurzarbeitergeld erhöhen, um Erwerbstätige mit niedrigem Einkommen, also vielfach Frauen, vor einem Abrutschen in die Armut zu schützen.
Höhere Tarife für Branchen, in denen vor allem Frauen beschäftigt sind, zum Beispiel Reinigung, Einzelhandel und Pflege. Statt einer Kaufprämie für Elektroautos eine für Fahrräder, die neben dem Öffentlichen Nahverkehr ein Verkehrsmittel sind, mit dem Frauen verstärkt ihre Wege zurücklegen. Das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit ausbauen, gerade jetzt, da viele Frauen sich in Teilzeit verabschieden oder noch weiter reduzieren. Mehr Anreize für Teilzeitarbeit von Vätern. Mehr Vätermonate in der Kinderbetreuung. Ehegattensplitting abschaffen. Quote, Quote, Quote.
Es hätte mit diesem Konjunkturpaket die Chance gegeben, handfesten finanziellen Ausgleich zu schaffen und zudem geschlechterpolitisch Weichen zu stellen, um dem enormen gleichstellungspolitischen Backlash durch die Krise entgegen zu steuern. So bleiben Frauen in dem Paket weitgehend unsichtbar. Und wer nicht gesehen wird, kann kaum profitieren
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