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Debatte BrexitEine Chance für die Linke

Kommentar von Philip Cunliffe

Gegen einen herrschenden Elitekonsens, für Demokratie und Partizipation: Es gibt viele gute Gründe dafür, einen harten Brexit zu unterstützen.

Schon jetzt eine Klasse für sich: Mitglieder der Leibgarde der Queen, in royalem Samtrot Foto: dpa

I m Juni habe ich gemeinsam mit einigen Wissenschaftlern und Personen des öffentlichen Lebens geholfen, ein neues Kampagnennetzwerk zu lancieren: „The Full Brexit“. Wir haben diese Gruppe aufgebaut, um für den Brexit aus einer linken Perspektive einzutreten. Wie der Name bereits andeutet, halten die Gründer des Netzwerks den Brexit nicht für etwas Fürchtens- oder Beklagenswertes, auch nicht für etwas, das untergraben oder verwässert werden sollte. Man sollte vielmehr den Brexit maximal ausschöpfen und sich zunutze machen.

The Full Brexit gehört zu einer ganzen Reihe von Pro-Brexit-Gruppen, die seit dem Votum im Juni 2016 entstanden sind. Sie sind in ihren Ursprüngen und Ansichten unterschiedlich – manche versammeln Künstler, andere Akademiker, andere sind ausdrücklich politisch – aber sie haben alle die gleiche Motivation. Im vergangenen Jahr haben wir mit angesehen, wie eine verwirrte Regierung unter einer Premierministerin Theresa May, die selbst für den Verbleib in der EU gestimmt hatte, die Austrittsverhandlungen mit der EU führt.

Die britische Regierung und die breite politische Elite haben sich wiederholt als unfähig erwiesen, das vom Brexit-Votum verkörperte demokratische Mandat auszuüben. Die verschiedenen Pro-Gruppen der Zivilgesellschaft sind entstanden, um das Versagen der Regierung bloßzustellen und einer von Angst und Feindseligkeit beherrschten öffentlichen Debatte im Nachgang des Referendums etwas entgegenzusetzen.

Was The Full Brexit von anderen unterscheidet ist, dass wir eine explizit linke Gruppe sind. Unsere Unterstützer kommen aus unterschiedlichen politischen Milieus – „Old Labour“, „Blue Labour“, die Linke – aber es vereint uns die Überzeugung, dass der Brexit grundsätzlich eine immense Chance für die Linke bedeutet.

Selbstgerechte Empörung und Wut

Im Widerspruch dazu wurde die Idee eines EU-Austritts schon vor dem Referendum von vielen auf der Linken gegeißelt: als eine fremdenfeindliche, konservative Wahl, rückwärtsgewandt, nationalistisch, kleinkariert und provinziell. Nach dem Referendum brach sich ein beispielloser Schwall an selbstgerechter Empörung und Wut Bahn. Die Brexiteers wurden als reaktionäre Rentner dargestellt, die dem Tode so nahe stünden dass ihr Anteil an der Zukunft bedeutungslos sei, oder als Wähler, die zu arm, beschränkt und ungebildet seien, um die Vorteile der EU zu verstehen, oder auch als zu rassistisch und hasserfüllt, um eines ernsthaften Zuspruchs würdig zu sein.

All dies kam von einer mächtigen Pro-EU-Elite in Verwaltung, Politik und Finanzwelt, und von den liberalen Berufsständen mit Macht über die akademische Welt und die Medien. Die Welle des Hasses, die die sozialen Medien und die Meinungsseiten der Qualitätspresse überflutete, legte eine Mittelschicht bloß, die zwar gesellschaftlich liberal und kosmopolitisch daherkommt, aber große Angst vor politischem Wandel hat. Die Pro-EU-Mittelschicht erweist sich als äußerst argwöhnisch gegenüber der demokratischen Mehrheitsfindung.

Philip Cunliffe

Philip Cunliffe ist Dozent für internationale Konfliktforschung an der University of Kent. Er gehört zu den Mitgründern der Bürgerinitiative „Full Brexit“, die sich für eine konsequente, demokratische Umsetzung des Brexit-Votums vom Juni 2016 einsetzt.

Wir von „The Full Brexit“ halten den Brexit für eine zumindest potentielle Verkörperung traditionell linker Ideale, nicht zuletzt die Souveränität des Volkes gegen eine ferne, sich der Rechenschaft entziehende bürokratische Macht. Viele von uns sehen das Brexit-Votum als Volksaufstand gegen einen parteiübergreifenden Elitekonsens und als Geltendmachung von Demokratie gegen die von der EU verkörperte Technokratie und transnationale Regierungsführung.

Während die rechte Unterstützung des Brexit durch traditionelle Tories und marktfreundliche Liberale der Öffentlichkeit vertraut ist, sind linke Stimmen für den Brexit viel seltener zu hören. Eine Reihe Linker wie Owen Jones, Paul Mason und Aaron Bastani sind sogar von der Unterstützung für einen möglichen linken Brexit hin zur Unterstützung des Verbleibs in der EU geschwenkt. Derweil dämpfen Jeremy Corbyn und John McDonnell, Führer und Schattenfinanzminister der Labour-Opposition, ihre Brexit-Lust, um den Parteifrieden nicht zu gefährden.

Der Brexit als Chance für linke Ideale

Die Pro-EU-Mittelschicht zeigt sich argwöhnisch gegenüber der demokratischen Mehrheitsfindung

Dass die britische Linke dem Brexit so feindselig gegenüber steht, entspricht einem tiefen britischen Provinzialismus – eine Weigerung, zur Kenntnis zu nehmen, was in der EU passiert. Nur selten wird in der britischen Debatte wahrgenommen, dass die EU eine desaströse neoliberale Politik verfolgt, die ihre südlichen Mitgliedsstaaten in die Armut gedrängt hat. Oder dass sie zunehmend aus Regierungen mit autoritären Tendenzen und rechtsradikalen Mitgliedern besteht – in Österreich, Ungarn, Italien und Polen.

Nie wird diskutiert, dass in Deutschland und Frankreich die AfD und die Nationale Sammlung (Ex-Front National) die größten Oppositionskräfte darstellen, während in Großbritannien das Brexit-Votum die eigenen rechtsradikalen Populisten der Ukip aus der politischen Landschaft getilgt hat.

Mehr noch: Linke Feindschaft gegenüber dem Brexit gibt traditionelle Säulen linker Politik auf: den Glauben an Demokratie auf nationaler Ebene als Fortschritt, an Souveränität des Volkes als Grundlage politischer Legitimität, an die Fähigkeit normaler Menschen zur Führung des Staates, an das Potential politischer Machtausübung zur vorteilhaften Gestaltung ökonomischer Verhältnisse. Die EU steht für die Antithese all dieser Ideale. Sie ist dazu da, politische Wahlmöglichkeiten auf nationaler Ebene einzuschränken und damit den Einfluss der Menschen auf politische Entscheidungen zu drosseln.

Für uns ist der Brexit eine Chance, die linken Ideale zurückzugewinnen. Es geht ums Ganze. Das Wachstum des Rechtspopulismus in ganz Europa zeigt uns, was geschehen würde, wenn britische Politiker das Versprechen des Brexits nicht erfüllen und mit einer EU verbunden bleiben, die danach strebt, den Volkswillen und die Demokratie zu begrenzen. Je länger die Linke die vom Brexit verkörperten Ideale und Chancen verleugnet, desto höher wird langfristig der Preis.

Aus dem Englischen: Dominic Johnson

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60 Kommentare

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  • Das die aktuelle Verfasstheit der EU den Rechten Vorschub leistet mag sogar stimmen.

    Das Problem mit der EU ist auch, dass sie eben erhebliche demokratische Defizite aufweist. Und das beginnt schon beim eigentlich zahnlosen EU Parlament.

  • Neben den demokratischen Defiziten der EU sind die eindeutig neoliberale Ausrichtung und die angestrebte Sicherheitspolitik zwei wichtige punkte, die jeden Linken erschaudern lassen sollten.

    Das Mitbestimmung sich nur auf lokalen Ebenen durchsetzen lässt ist ein weitere, der bei mir Sympathien für den EU Austritt hervorruft.

    Und globaler Handel heisst letztlich, wer die niedrigsten Löhne hat, macht die höchsten Profite. Und weil das nicht reicht, will die EU alles privatisieren was geht.

    Kurz: die EU ist ein Feind jeder linken politischen Idee. Wer was anderes glaubt hat sich von den blauen fahnenschwenkern einlullen lassen.

    • @Struppi:

      Linke müssten dem Modell einer korrupten und undemokratischen EU ein besseres Modell entgegen setzen. Z.B. eine EU kooperierender Mitglieder mit demokratischer Willensbildung,



      Mitglied sollte z.B. nur sein, wer klar definierte demokratische und soziale Standards anerkennt und umsetzt und bereit ist, gemeinsam ärmere Länder zu unterstützen.

  • So ein Bullshit.



    Cunliffe hat keinerlei Argumente.



    Außer dem der Volkssouveränität.



    Bei transnationalen Wahlen und einem Weltparlament gibt es eine Souveränität der Völker.



    Mehr noch: eine transnationale, grenzenlose Souveränität der Individuen nach Weltrechtsprinzip sollte das Völkerrecht der Nationalstaaten ersetzen.



    Nationale Linke gibt es nicht, ist von gestern.



    Alle die Solidarity Cities und Worker Centers machen schreiben nicht auf Jacobin, sondern kritisieren diese Site im New Left Review.



    Zusammen kämpfen heißt Kampf um bessere Lebensbedingungen europaweit, mindestens. Es ist notwendig sich in mehreren Sprachen zu verständigen ja.



    schon immer.



    und Englisch hatte sich gegen Gälisch durchgesetzt. Das ist glatt ein kultureller Genozid.



    Mehr Reichtum europaweit sozialisieren als nur die Kinderarmut in Wales rein britisch zu verwalten.

    • @nzuli sana:

      Pardon,



      es mag ja altmodisch klingen, aber das Argument der Volkssouveränität - hier im Speziellen der Zugriff auf Entscheidungsträger, quasi das, was als freie und gleiche Wählen + Ministerverantwortlichkeit mal Eingang in Verfassungen des 19. Jahrhunderts gefunden hatte - ist ein gutes Argument.



      Und: Auch bei einer demokratisch gewählten Weltregierung (wie wahrscheinlich wäre die oder gar ihr Verantwortlichen Handeln?) gäbe es Volkssouveränität. "Souveränität der Völker" ist etwas anderes. Das passt eher auf Unabhängigkeitsbestrebungen oder leider vielleicht auch auf manche neurechten Bestrebungen. Volkssouveränität ist ein Prinzip. Pluralbildung ist hier ähnlich problematisch wie bei Liebe, Solidarität und Gerechtigkeit.

  • Mutiger Text.



    Ergänzend:



    Norwegen mit seinem funktionierenden Sozialstaat ist nicht Mitglied in der EU.



    Griechenlands zerstörter Sozialstaat dagegen ist Resultat der EU.

  • Der Autor sitzt der Illusion auf, ein Gebilde wie das Vereinigte Königreich -wie viele "Völker" sind das jetzt eigentlich genau? - könne im 21. Jahrhundert noch souverän sein. Dem ist aber nicht so!



    Was wird nach dem Brexit passieren?

    Die von Asien und Eu- Europa gesteuerten Teile der Industrie (Autos , Airbus, ein Teil der Banken, etc) werden zügig desinvestieren , da die Lieferketten und der Zugang zu den Absatzmärkten schwer gestört sind und große regulatorische Unsicherheit besteht.

    Konsequenz sind Jobverluste und sinkende Steuereinahmen die durch weitere Austerity kompensiert werden müssen.



    In der Folge wird GB gnadenlos deregulieren um Schwarzgeld aus aller Welt anzuziehen und Reste von Konkurrenzfähigkeit durch Umwelt - und Sozial Dumping zu erhalten. Außerdem wird es, wenn es neue Handelsabkommen abschließt häufig der schwächere Teil sein, was zu einer weiteren Verarmung führen wird.

    was an einer solchen Position "links" sein soll erschließt sich mir nicht.

    Natürlich muss die EU reformiert und demokratisiert werden,



    dazu wäre eine engliche Linke an der Regierung hilfreich, wenn sie sich auf den entsprechenden Prozeß, der Souveränitäsverlagerung einschließ,t einlässt.

    Im übrigen glaube ich nicht, das "normale Menschen" Staaten führen können. Die können ja noch nicht mal einen Airbus fliegen oder einen Blinddarm operieren. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft muss es auch Spezialisten für die politischen Prozesse geben.

  • Die janz janz Linke steht wohl immer mehr auf nationale Konzepte. Bei den Flüchtlingsfragen rutscht sie ins nationale ab. Bei der EU behubelt sie nationale Aktionen. In England demonstriert man gegen Antisemitismus bei diesen Linken.

    Wen wollen die nachmachen?

  • Die Idee Grenzen aufzulösen ist fortschirttlich und begrüßenswert.



    Aber ein Samen der im Kern schon faul ist sollte nicht unbedingt ausgesät werden. Die Probleme die Kapitlaismus und parlamentarische Demokratie mit sich bringen werden durch die EU potenziert.



    Der Einfluss auf Politik, den Bürger nehemn können sinkt noch weiter, mehr Verwaltungsorgane cvreschwenden noch mehr Geld, dass sinnvoll investiert werden könnte und die Reichen haben mehr Amre an denen sie sich bereichern können.



    Diese Probleme sind aber nicht durch den Zusammenschluss zur EU verursacht worden, folglich verschwänden sie nicht mit der Auflösung der EU.



    Mit einem funktionierenden Wirtschaftssystem und Regierungen die den Volkswillen wenigstens annähernd widerspiegeln ist die EU eine Chance.



    Andererseits ist der Wandel durch ein solch übergreifendes, regulierendes System umso schwieriger und unwahrscheinlicher.



    Letztlich ist die Frage EU ja oder nein ziemlich unerheblich solange die Politik an sich ncith gesundet ist

    • @HerrvonSinope:

      Doch die Probleme entstehen durch die EU.

      Privatisierung steht im lissabonvertrag. Auch die Vorschriften, die zu einem immer höheren Verwaltungsaufwand führen lassen sich daraus ableiten. EU weite Ausschreibung die dazu führt das ohne eine Grösse Anwaltskanzlei kein Kindergarten mehr gebaut werden kann und viele kleine Handwerker vor Ort aus dem Rennen für lokale öffentliche Projekte sind.



      Von den Handelsverträgen mit afrikanischen Staaten nicht zu reden.

      Und bei den Plänen der EU zur Sicherheit reibt sich die Rüstungslobby schon die Hände. Er enthält einen Passus Dr explizit die Aufrüstung fordert



      dejure.org/gesetze/EU/42.html

  • Und worin wird die Chance gesehen?



    Verwirrend

  • Mir fällt auf, dass die Kommentatoren hier mit keiner Silbe auf inhaltlichen Punkte des Autors eingehen. Da wäre doch einiges zu diskutieren. Z.B. die Frage, ob es realistisch ist, zu glauben, dass die EU demokratisiert werden kann. Oder die Frage, warum die EU weit davon entfernt ist, Lösungen zu entwickeln, um das Leben der Menschen auch in armen Ländern zu verbessern. Natürlich wäre auch eine Diskussion über die These interessant, dass die EU quasi nationale demokratische Strukturen aushöhlt. Und auch die These, dass sich der Rechtsnationalismus in der EU munter entwickelt, wäre doch durchaus diskutabel.



    Ich sehe hier die gewohnten Abwehrmechanismen gegen einen Diskurs mit ziemlich schlichten Schlagwörtern. Kann es sein, dass die EU-Befürworter noch nicht einmal konkret sagen können, welche Vorteile die Menschen in der EU, z.B. in Griechenland, Spanien oder Italien bisher genossen haben? Sind z.B. tausende LKW Fahrer aus Rumänien, Bulgarien oder Polen, die täglich und an den Wochenenden auf den Autobahnrastplätzen dahin vegetieren der wirkliche Fortschritt auf EU Ebene?

    Wenn die Apologeten der EU z.T. schwerwiegende Probleme noch nicht einmal diskutieren wollen, dann macht mich das ratlos.



    Die Briten haben sich mehrheitlich für den Brexit entschlossen. Dass es insbesondere in dem EU Gewinnerland Deutschland entschlossene Brexit-Gegner gibt, ist verständlich. Aber dass die Brexit-Gegner so weit gehen und so lange neu abstimmen lassen wollen, bis das Ergebnis stimmt, passt irgendwie zum Demokratiedefizit der EU.

    • @Rolf B.:

      Meiner Ansicht nach geht es in dem Kommentar nicht um den Sinn oder Unsinn der EU , sondern um den Brexit "Verkörperung linker Ideale". Die nach Ansicht des Autors Nationalismus. und Volkssouveränität sind.

      • @Nicky Arnstein:

        Aber Sinn oder Unsinn des Brexit haben etwas mit dem Zustand der EU zu tun. Mit Lügen oder Versprechungen haben in GB sowohl die Gegner als auch die Befürworter des Brexit geködert. Wer der Meinung ist, dass die Briten zu doof waren und dass es keine guten Gründe gab, sich für den Brexit auszusprechen, ignoriert zwangsläufig den miserablen Zustand der EU.

        Sie haben dennoch Recht mit Ihrem "worum es geht".



        Linke Politik hätte sich intensiv um eine Veränderung der EU Strukturen bemühen müssen. Dann müsste allerdings die Frage nach den Chancen beantwortet werden. Ich denke, dass der Leitgedanke von Cunliffe die Tendenz innerhalb der EU ist, demokratische Entscheidungen in zunehmendem Maße zu zentralisieren und damit für die jeweiligen Bevölkerung nicht mehr zugänglich sind. Ein wahrlich ernsthaftes Problem, das die Profiteure dieses Systems, die multinationalen Konzerne, nicht wahrhaben wollen. Und entsprechend "argumentieren" ihre Claqueure mit Nationalismus-Vorwürfen.

        • @Rolf B.:

          "Ein wahrlich ernsthaftes Problem, das die Profiteure dieses Systems, die multinationalen Konzerne, nicht wahrhaben wollen."

          Sie sehen es nicht als Problem sondern als Chance. Je zentralisierter die EU ist, je mehr Souveränität die EU Mitglieder nach Brüssel "auslagern" um so einfacher haben es die Konzerne mit ihrer Lobbyarbeit die politischen Entscheidungen der EU in ihren Sinne zu beeinflussen (und sie haben es durch das Demokratiedefizit in der EU auch noch leicht).

          Da die Macht bei der EU konzentriert ist haben sie ihre Interessen gleichzeitig in den Mitgliedsländern durchgesetzt.

          Folge: Es wird sich kein politisches Vorhaben mehr umsetzen lassen, welches nicht das Wohlwollen von "Big Business" genießt.

          • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

            "Sie sehen es nicht als Problem sondern als Chance. "

            Richtig. Von mir falsch ausgedrückt. Natürlich ist mangelnde Demokratie und Zentralismus, verbunden mit einem Heer an Lobbyisten die Grundlage für einen reibungslosen "Geschäftsablauf".

    • @Rolf B.:

      Nein, nicht bis das Ergebnis stimmt.



      Sondern:



      Das Referendum beruhte auf einer Menge Lügen und Versprechungen (350 Mio. Pfund pro Woche für den NHS z.B. nach Austritt). Jetzt geht es aber um das ganz konkrete Verhandlungsergebnis. Da gibt es mehrere Versionen, also Chequers oder ein EU-Modell eines Brexits, das Irland passt, oder Rückkehr zur Mitgliedschaft. Es wäre reichlich undemokratisch, wenn Nationalisten dem Wähler das verweigern würden.

       

      [...] Beitrag editiert. Bitte unterlassen Sie Unterstellungen anderen Nutzern gegenüber und beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank!

      • @Ataraxia:

        "wenn Nationalisten wie Sie"

        Sie meinen, dass eine Kritik an den teils vordemokratischen Verhältnissen in der EU gleichzusetzen ist mit Nationalismus?



        Mit ähnlich dümmlicher Scheinargumentation könnte man auch behaupten, dass Antidemokraten wie Sie natürlich gerne das Lied der Multis singen.

        In Ihrem Kommentar von 11:33 faseln Sie von "ungehindertem Austausch" (von was denn?) und von einem Visum, das Sie nach dem Brexit für eine Reise nach London bräuchten.

        Meine erste Permit für einen Job in GB bekam ich innerhalb einer Woche. Und ein Visum brauchte man damals vor Schengen auch nicht. Ich habe quasi ungehindert ausgetauscht. Nämlich meine Arbeitskraft gegen £. Offensichtlich fehlt es Ihnen an Detailwissen. Stattdessen mache Sie das, wenn man keine Argumente hat: beleidigen.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Der Mann hat recht. Ein Brexit ist zu begrüßen, weil damit ein großer Bremsklotz aus der Union herausgelöst wird. Es war u.a. die britischen Regierungen, die jahrzehntelang eine Vertiefung der Union verhindert haben und damit beispielsweise auch die Schaffung sozialpolitischer Mechanismen behindert haben. Insofern sollte sich trennen, was nie zueinander gepasst hat.

    • @74450 (Profil gelöscht):

      Das ist was dran, es ignoriert aber den Enthusiasmus der mobilen jüngeren Wähler und die Tatsache, dass durch den Brexit soviel erstickt wird, besonders der ungehinderte Austausch. Ich möchte nicht mit einem Visum nach London fahren genauso wie ältere Briten, die in Frankreich oder Spanien leben, ihre Rente nicht im Wert halbiert sehen wollen.

      Zur Vertiefung hat auch in vielen Kern-EU-Ländern die Vision und der Wille gefehlt. Siehe die Haltung der deutschen Streber (FAZ und Co.) gegenüber Macrons Ideen. Siehe Italien. So zerfasert unsere Welt mehr und mehr.

  • „Wir von „The Full Brexit“ halten den Brexit für eine zumindest potentielle Verkörperung traditionell linker Ideale, nicht zuletzt die Souveränität des Volkes gegen eine ferne, sich der Rechenschaft entziehende bürokratische Macht„

    Ich halte es für hirnlos, die abstrakte Souveränität des Volkes, eine Metaebene, Spielregeln, das Volksgedöns in den Vordergrund zu stellen und keine eigenen Ziele zu haben.

    Das ist Populismus pur die sich, auch das ist Populismus, einer demokratisch zustande gekommen Institution gegenüber positioniert als ferne, sich der Rechenschaft entziehende Macht.

    Nicht die weitere Demokratisierung der EU wird dabei als Ziel gesehen sondern in letzter Konsequenz deren Auflösung.

  • Es ist bedauerlich wie einseitig die TAZ teilweise über den Brexit berichtet. Vermutlich dank des Einflusses von Dominic Johnson ist dieser hanebüchene Beitrag eines linken Traumtänzers veröffentlicht worden. Die mindestens 50% der britischen Bevölkerung und die zwei Drittel der Schotten, die gegen den Brexit sind, haben in der TAZ-berichterstattung weder Gesicht noch Stimme.

    • @beTAZt:

      Der Kommentator heißt Philipp Cunliffe.

  • Es stimmt gerade nicht, dass nur die Eliten pro-EU sind, sondern alle, die noch geschlossene Grenzen und Kriege kennengelernt haben.



    Die EU ist etwas Wunderbares: Erst massakrieren sich Leute in Ex-Jugoslawien, ein paar Dekaden später schließen sie sich gemeinsam im Rahmen der EU zusammen. DAS IST FORTSCHRITT, Leute.



    Jeder, der sich mit Monsterunternehmen wie Monsanto, den Rechten von Arbeitern, gewissen Finanzplätzen oder irischer Steuerpolitik beschäftigt hat,



    weiß, dass der Kampf dort ein



    internationaler ist. Viele NGO's und Bewegungen haben das erkannt.



    Deshalb muss das EU-Parlament massiv gestärkt, linke und grüne Parteien gewählt, das Finanzsystem drastisch reformiert werden.



    Oder wollen wir Wahlen abschaffen, weil die EU-Bürger so lange neoliberale Politiker ins EU Parlament gewählt haben?



    Ein full Brexit bedeutet eine abgeschottete Insel. Aber bei anderen Punkten hat der Autor nicht Unrecht: Politik wird für die meisten immer abstrakter, aber ökologische Standards für ganz Europa müssen eben auf EU-Ebene entschieden werden. Auch bei der Verseuchung durch Gentechnik, die in den USA Riesenflächen erobert hat, stoppt die Ausbreitung nicht an irgendeiner Grenze.



    Andererseits: Den lächerlichsten Vorschlag, den ich gehört habe, war es, den Kommissionspräsidenten in ganz Europa zu wählen, als ob ich mit meinem Einfluss von 1 Hundertmillionstel mich überhaupt auf die Straße begeben würde. In der Zeit könnte ich mit Martin Schulz zwei Bier oder mit James Bond 1 Martini trinken.



    Also auch unter EU-Freunden gibt es schwachsinnige Vorschläge.



    Aktiv sein auf allen Ebenen, das ist das Beste. Konflikte und Streit aushalten, Proletarier aller Länder, macht euch schlau.

  • Sehen Sie sich hierzu meinen anderen Kommentar an.

  • Die Briten haben ihre Zukunft frei bestimmt, und das ist die Zukunft der Kaiman-Inseln. Ich kümmere mich darum um einen Dreck. Sie hatten sowieso immer einen Fuss drin und einen raus. Wünsche aber, dass die Mauer zwischen denen und uns dicht genug bleibt. z. B. Ein Fluchtling darf dort, ein Brite darf hier. Einziger Checkpoint in Helgoland. Hingegen freue ich mich, dass ihre ständige Unerminierung der EU entfernt ist. Hoffentlich gehen wir jetzt besser in Richtung Integration und jenseits der Kleinstaaterei.

  • Nun, ich bin ebenfalls für einen harten Brexit. Nicht wegen irgendwelcher verschwurbelter Gründe, sondern schlicht und ergreifend, damit



    - die Rechtspopulisten in GB - sorry - aufs Maul fallen



    - Die Sympathisanten dieser Leute europaweit merken, was passiert, wenn sie den "Lösungen" dieser Leute glauben.

    Was nun den Artikel angeht: Ich bin sehr gespannt auf die Reaktion der Linken in GB, wenn die "Freiheit" und die "Selbstbestimmung" in GB zum Schleifen von Umweltstandards, Arbeitnehmerrechten und der kümmerlichen Reste des Sozialstaats in GB führt.



    Achja: Seit wann ist die Betonung nationalem Vorrangs links?

  • Eine interessante Sicht! Regt zum Nachdenken an..Danke!

    • 9G
      97546 (Profil gelöscht)
      @genosse2000:

      Finde ich auch!

    • @genosse2000:

      Warum?

      • 9G
        97546 (Profil gelöscht)
        @Nicky Arnstein:

        Warum was?

        • @97546 (Profil gelöscht):

          Was an dem Beitrag ist "eine interessante Sicht" und "regt zum Nachdenken an". Der Beitrag strotzt nur von Verallgemeinerungen, ist schwammig und für mich nur fragwürdig. Das mögen Sie und der Genosse2000 gerne anders sehen, nur frage ich mich: warum?

        • @97546 (Profil gelöscht):

          Warum dies eine interessante Sicht sein soll die zum Nachdenken anregt.

          Ich sehe die Gründe dafür auch nicht - für mich ist der Text eine argumentfreie Aneinanderreihung von Behauptungen und Wünschen. Wenn ich da was übersehen haben sollte, hätte auch mich interessiert, warum andere das anders sehen.

  • Dominic Johnson ist für die taz nicht mehr tragbar, was EU-Themen angeht. Was für einen hanebüchenen Quatsch er hier verbreitet ist unglaublich..

    • @Alexander Radtke:

      Der Kommentator heißt doch aber Philipp Cunliffe.

    • @Alexander Radtke:

      LOL...

      Der Kommentar ist von Philip Duncliffe und Dominic Johnson ist (nur) der Übersetzer und kein Ex-Außenminister...

      Ich hoffe, Sie haben den Rest des Artikels genauer gelesen und den Autor wenigstens verstanden.

    • @Alexander Radtke:

      Die Meinung des Autors muss man sicherlich nicht teilen, der Kommentar blendet sehr viele Dinge aus.



      Dass die EU ein Demokratiedefizit hat und die damit verbundenen Probleme und zunehmenden Krisen sind andererseits aber nicht von der Hand zu weisen. Ich glaube, in großen Teilen der Bevölkerung ist schon die Erkenntnis verbreitet, dass es so (mit der von Deutschland dominierten neoliberalen EU) auch nicht weitergehen kann. Daher brauchen wir definitiv eine Debatte, die offen ist auch für radikale Meinungen der anderen Seite und diese nicht einfach als Quatsch abtut!

      • @Soda:

        Sie finden diverse inhaltliche Kommentare zu vergangenen Brexit-Artikeln des Autors von mir, auf die er allesamt nicht eingegangen ist. Da kann ich mir an dieser Stelle bei so absurden Behauptungen wie "Gegen den Brexit zu sein ist provinzalistisch" ruhig das Wort Quatsch erlauben, denke ich.



        Hier fungierte er ja nur als Übersetzer aber - so vermute ich -Fürsprecher für den Originalautor in der Redaktion.



        Und auch radikale Meinungen sollten immer noch nachvollziehbar begründet werden, statt mit diffuser Bürokratieschelte.



        Selbst das Kernproblem der EU aus linker Perspektive: Die Verschiebung von legislativer zu exekutiver Macht durch den großen Einfluss des Rates, wird nicht mal angesprochen. Aber passend dazu wird auch keine bessere Alternative oder auch nur Zukunftsvision vorgeschlagen. Stattdessen Heilsversprächen in stupiden Isolationismus. Tut mir leid, das ist einfach nur Quatsch

    • @Alexander Radtke:

      Ein Pro Brexit Artikel in der TAZ: Popcorn Time !

      Und es geht auch gleich gut los:"Dominic Johnson ist für die taz nicht mehr tragbar, was EU-Themen angeht."

      Herr Johnson hat den Text lediglich übersetzt.

  • Na auf die linke post-Brexit-Politik in GB, das zur Zeit fast ausschliesslich von der weltweiten in vielerlei Hinsicht grenzenlosen Finanzbranche der Londoner City lebt, bin ich ja gespannt. Rechnet er damit, dass nach dem Brexit der Kapitalismus in GB zusammenbricht und dann die proletarischen Massen die Macht übernehmen? Dass durch die splendid isolation mehr Verständigung entsteht? Und dass das viel einfacher wird als innerhalb einer EU? Für die wahrschienlichere Zukunft empfehle ich



    www.theguardian.co...xit-trade-deal-nhs

    • @Ignaz Wrobel:

      Die Frage ist doch, ob es für einen Linken eine positive Perspektive ist, auch weiterhin von der Finanzelite und einer von dieser gesteuerten Politik regiert zu werden.

      Vom Kapitalismus und insbesondere vom Finanzkapitalismus bekommen die proletarischen Massen übrigens ohnehin nichts (mehr) ab.

      Aber eventuell sind Sie ja zu jung, um sich eine Welt ohne Radikal-Kapitalismus noch vorstellen zu können.



      :-) oder :-( ? - Ich weiß es nicht.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Dumm, dümmer, Brexiteer.

  • Ein nicht ganz unberechtiger Beitrag.

    Bei allem was die EU Gutes hat, so darf man natürlich vor einigen und zudem starken neoliberalen antidemokratischen Tendenzen die Augen nicht verschließen:



    Es wirdeine Austeritätspolitik dudchgedrückt, die der unteren Hälfte der Bevölkerung schadet.



    Die sogenannten Freihandelsabkommen reduzieren die demokratische Einflussmöglichkeit und liefern Gemeineigentum , z.B. Wasser an internationale Investoren aus.



    Steuerschlupflöcher werden weiter unter dem Deckmantel nationaler Souveränität und staatlichen Wettbewerbs beibehalten.



    Da kann man schon auf den gedanken kommen, dass eine Loslösung wieder eigenen Gestaltungsspielraum je seits dieses marktliberalen Korsetts schaffen kann.

  • Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich das alles rührend naiv finden.

    Wie soll denn dieses „den Brexit maximal ausschöpfen und sich zunutze machen“ aussehen? Ich glaube nicht, dass Linke zum Schöpfen eingeladen sind…

    Gehen „die britische Regierung und die breite politische Elite“ denn nach dem Brexit geschlossen in Rente und räumen das Feld? Werden die britischen Medien dann plötzlich seriös? Der im Artikel genannte „Volkswillen“ sollte sich ja anhand von Informationen bilden und nicht durch Kampagnen geformt werden, um einem demokratischen Ideal gerecht werden zu können, das die böse böse EU ja zu begrenzen versucht.

    Auch die Art wie die EU als Quelle allen Übels gesehen wird: Hat denn da überhaupt eine ernsthafte Bestandsaufnahme oberhalb der Gefühlsebene stattgefunden? Ich finde, man muss nicht lange suchen, um trotz aller Demokratiedefizite und anderer Mängel auch positives im Wirken der EU zu finden. Und ist es nicht auffällig, dass das große Aufbäumen gegen die EU sich dann mit Wucht Bahn brach, als die britischen Steueroasen endlich in Gefahr zu kommen schienen?

    Es ist wie so oft bei vielen Linken: Man wünscht sich Strukturen herbei, in denen sich die eigenen Vorstellungen wie von selbst verwirklichen, anstatt sich in der Ebene abzumühen. Hier fantasiert man sich ein solches Post-Brexit-Großbritannien herbei.

    Die Enttäuschung wird nicht ausbleiben: Die „Eliten“ werden sich ihre Pfründe nicht nehmen lassen. Sie werden bloß die Verantwortung für ihr Handeln dann nicht mehr der EU in die Schuhe schieben können… aber dass die Linke allein dadurch an Zustimmung (und Einfluss) gewinnen wird, wage ich zu bezweifeln.

  • Selten habe ich solchen Unsinn gelesen. In Deutschland wäre der Autor ganz sicher bei "Aufstehen" dabei und in Grossbritannien sucht man eben auf diese Weise nationale Lösungen für Probleme die man wenn überhaupt nur international lösen kann. Und wie immer bei diesem Denken sind irgendwelche Eliten und irgendeine Fremdbestimmung der Gegner, wer jetzt merkt, dass auch Trump dergleichen absondert, der merkt richtig. Gerne wird dann noch eine sogenannte Demokratie idealisiert, die in Wirklichkeit auch nur Populismus ist. Besonders perfide das auch hierzulande verbreitete Denken in Form des Arguments, der Brexit habe Ukip abgeschafft. Klar, eine AFD- Politik durch die konservativen Parteien würde vielleicht auch die AFD verschwinden lassen, nur hätte die so doch wohl trotzdem gesiegt. Ein etwas linkerer Populismus hätte in Wirklichkeit auch keine echten Widerstandskräfte gegen die Rechtspopulisten mehr, er wäre ein nationaler Sozialismus auf der Kippe zu Schlimmeren. Denn ohne Abschottung geht auch der linke Brexit nicht. Und wie man überhaupt Sozialstandards oder Umweltstandards durchsetzen will ohne Teil einer starken Gemeinschaft zu sein ist ganz fraglich. Nein, es geht nur mit der EU, in der EU und durch die EU. Man muss sie ändern, aber nicht verlassen.

  • Ein teils lächerlicher Kommentar, der den Brexit als "Volksaufstand" zu verkaufen versucht. In Wirklichkeit aber haben die meisten Pro-Brexit-Wähler für den Brexit gestimmt, weil unseriöse Politiker wie Boris Johnson Ihnen das Blaue vom Himmel versprochen und sie belogen und betrogen haben. Den Engländern, denen es schlecht ging, wurde suggeriert, es gehe ihnen wegen der EU schlecht. Und mittlerweile haben viele Pro-Brexit-Wähler erkannt, dass sie getäuscht wurden. Wenn heute noch einmal ein Referendum wäre, würde er pro-EU ausfallen. Linke und rechte Demagogen nehmen sich wirklich in Nichts. Den Brexit als Ausdruck von Volkssouveränität zu verkaufen, ist wirklich starker Tobak.

    • @Nicky Arnstein:

      "In Wirklichkeit aber haben die meisten Pro-Brexit-Wähler für den Brexit gestimmt,..."

      Aber sie haben nun mal dafür gestimmt, und das Politiker, gerade in Wahlkampfzeiten, mit ihren Versprechungen zu Übertreibungen neigen ist auch nichts ungewöhnliches.

      "Wenn heute noch einmal ein Referendum wäre, würde er pro-EU ausfallen."

      Also nochmal abstimmen lassen? Vielleicht noch mehrmals? Solange wählen lassen bis das Ergebnis gefällt?

      Nein: das Mandat ist klar: Brexit. Ausführung!

      • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

        Es geht nicht darum, mehrmals oder solange abstimmen zu lassen, bis das Ergebnis "gefällt", sondern darum eine politisch vernünftige Entscheidung zu treffen, die nur dann getroffen werden kann, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und nicht leere Versprechungen und Lügen. Es geht schließlich um das Wohl eines Landes und seiner dort lebenden Bevölkerung. Menschen sind denkende Wesen - sollte man annehmen - und haben auch das Recht, Entscheidungen zu revidieren, vor allem dann, wenn sie so gravierend sind für ein ganzes Land und den Ländern um sie herum.

      • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

        Jetzt sind Sie also hervorgekrochen. Also sowas. Sie kriegen sofort meine Stimme für den originellsten Namen im Forum hier.



        Jetzt schauen Sie sich mal den Stein richtig an. Er könnte sie erschlagen! Finden Sie nicht, dass er von außen gar nicht so gemütlich aussieht wie früher, als sie noch dadrunter lagen?



        Genauso geht es dem Brexit-Wähler: Das Pfund hat massiv abgewertet, die Krankenschwestern und Pfleger verlassen das Land, die 350 Millionen Pfund pro Woche für den NHS werden auch nicht von Juncker rübergeschickt (die Sau), und Theresa May hat einen Plan entwickelt, dessen Logik sich aus dem Bürgerkrieg unter den Tories erklärt, also Dienstleistungen national, aber andere Waren international, und das kommerziell endlich vereinte Irland wird wieder gespalten.



        Da wirft der Brexitwähler den Stein doch ins Zentrum zurück. Forward to a peoples' vote.

      • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

        Aus dem Artikel: "Mehr noch: Linke Feindschaft gegenüber dem Brexit gibt traditionelle Säulen linker Politik auf: den Glauben an Demokratie auf nationaler Ebene als Fortschritt, an Souveränität des Volkes als Grundlage politischer Legitimität, an die Fähigkeit normaler Menschen zur Führung des Staates, an das Potential politischer Machtausübung zur vorteilhaften Gestaltung ökonomischer Verhältnisse."

        Wie passt denn das mit ihrer Abneigung zusammen, nochmal abstimmen zu lassen?

        Wäre es nicht souveräner, wenn die normalen Menschen die über die Legitimität des Verhandlungsergebnisses hingesichts der vorteilhaften Gestaltung ökonomischer Verhältnisse demokratisch entscheiden könnten, als wenn ihnen das untersagt wird?

        • @Alexander Radtke:

          Die Abneinung, nochmals abstimmen zu lassen (weil halt die Fakten und vielen Nachteile erst nach dem Referendum und aufgrund der katastrophalen Verhandlungen zutage kamen), entspricht der diktatorischen Gesinnung vieler Linken, die, um ihre "Ideale" umzusetzen, auch gerne den freien Willen der Menschen übergehen. Siehe DDR und viele andere linke Regime.

        • @Alexander Radtke:

          "Wie passt denn das mit ihrer Abneigung zusammen, nochmal abstimmen zu lassen?"

          Beispiel Irland: dort wurde in einen Referendum entschieden Abtreibungen zu legalisieren. Sind sie der Meinung das dieses Ergebnis umgesetzt gehört oder sind sie der Meinung das Abtreibungsgegner dieses Ergebnis ignorieren, blockieren und auf ein neues Referendum hinarbeiten sollten?

          Zugegeben: der Brexit ist auf allen Ebenen wesentlich komplexer, man kann ihn nicht einfach in einen Gesetzestext zementieren.

          Dennoch bin ich der Meinung das der Wählerwille ohne wenn und aber umgesetzt gehört - und das heißt nun mal Brexit; ob's gefällt oder nicht.

          • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

            Die andere Abstimmung, die Sie als Vergleich heranziehen, ist doch gar nicht vergleichbar: Bei der einen war völlig klar, worum es geht und was das Ergebnis der Entscheidung ist.

            Das Votum für den Brexit hingegen war ein verstecktes Lotterielos, da – auch wenn die Brexiteers anderes behauptet haben – erst nachher klar werden konnte, wie der denn dann aussieht. (Und meines Erachtens ist eine Volksabstimmung über einen nicht vollständig erklärten und definierten Sachverhalt sowieso implizit ungültig.)

            Wenn der "Wählerwille" tatsächlich ohne wenn und aber umgesetzt gehört, dann müsste in so einem Fall über das Ergebnis der Verhandlungen aber auch noch abgestimmt werden.

            • @Helmut Fuchs:

              "Das Votum für den Brexit hingegen war ein verstecktes Lotterielos, da – auch wenn die Brexiteers anderes behauptet haben – erst nachher klar werden konnte, wie der denn dann aussieht."

              Meiner Meinung nach nicht richtig. Das Remain Lager hat jede Möglichkeit genutzt, den Wählern klar zu machen was der Brexit bedeutet und welche Risiken damit verbunden sind. Die Briten wussten ganz genau worüber sie abstimmen und was für Folgen damit verbunden sind - und sie entschieden sich trotzdem für den Brexit.

              • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

                Blödsinn. Nichtmal die Politiker der leave Seite waren sich darüber einig, was sie wollen. "Ganz genau" weiß bis heute niemand worüber eigentlich abgestimmt wurde, daher ja auch die ständigen sich widersprechenden Vereinnahmungsversuche des Volkes von rechts, was dieses ganz sicher gemeint habe. Wenn die Briten das schon vor bei der Wahl "ganz genau" wussten, warum diskutieren die Tories dann seit zwei Jahren, was das wohl sein könnte? Die Mehrzahl der leave-befürworter schwankten damals zwischen "Norway" und "Switzerland" Modell, ohne das Gove&Farage die Unterschiede kannten freiwohl. Nun wird ein viel härterer Brexit versucht durchzudrücken, der nie eine Mehrheit hatte.

                Wenn sich damals schon alle ganz sicher wahr, kann bei einem konkreterem Referendum ja nichts mehr schiefgehen, oder? Warum also blockieren?

                P.S.: "Wählerwille gehört ohne wenn und aber durchgesetzt, ob's gefällt oder nicht" ist eine zutiefst gegen Demokratie und Rechtsstaat gerichtete Haltung, beinahe faschistoid.

                • @Alexander Radtke:

                  Habe schon mal versucht ihnen zu antworten. Wurde nicht freigeschaltet.



                  Deswegen Versuch Nr. 2, der nur das enthält was mir besonders wichtig ist.

                  "P.S.: "Wählerwille gehört ohne wenn und aber durchgesetzt, ob's gefällt oder nicht" ist eine zutiefst gegen Demokratie und Rechtsstaat gerichtete Haltung, beinahe faschistoid."

                  Da haben sie recht; habe mich zu schroff ausgedrückt. Selbstverständlich unterliegt auch der Wählerwille Grenzen, und das ist auch gut so. Z.B. kann man in Deutschland, wegen GG und zahlreicher anderer Abkommen und Gesetze nicht wieder die Todesstrafe einführen; selbst wenn es dafür eine 90% Mehrheit geben sollte.

                  Grundsätzlich sind die gewählten Vertreter aber durchaus dazu da den Auftrag der Wähler umzusetzen.

                • @Alexander Radtke:

                  Wer eine gewählte Entscheidung in einer Demokratie nicht akzeptiert ist mit Sicherheit kein Demokrat und da diese Wahl in einem Rechtsstaat stattfand hat der Kampf dagegen deutlich mehr Züge einer faschistoiden Gesinnung. Sie halten sich doch für erleuchtet.

                  • @Struppi:

                    Wer eine Entscheidung in einer Demokratie nicht akzeptiert ist zunächst einmal Demokrat. Das ist doch gerade der Unterschied zu Faschismus, oder sind Sie mit jeder einzelnen Entscheidung der Bundesdeutschen Regierungen in 70 Jahren einverstanden? Wenn ich mich der Durchsetzung dieser Entscheidungen gewaltsam widersetze ist das was anderes, aber mir schon das Dagegen sein absprechen zu wollen ist das Ende der Meinungsfreiheit und eine Diktatur der scheinbaren Mehrheit.



                    Scheinbare Mehrheit, weil bei einer echten ja keine Angst bestünde die Versprechen überprüfen zu lassen.

                    Keine Regierung kann die ihr nachfolgende binden und keine Wählerschaft kann die ihr nachfolgende binden. Wenn sie Wählerschaft heute anderer Meinung ist als vor zwei Jahren hat sie in einer Demokratie alles Recht dazu. Das als faschistoid darszustellen ist lachhaft und sagt, mit Verlaub, eher was über ihre "Erleuchtung" aus.

                • @Alexander Radtke:

                  ""Ganz genau" weiß bis heute niemand worüber eigentlich abgestimmt wurde,..."

                  Die Frage beim Referendum lautete: "Soll das Vereinigte Königreich Mitglied in der Europäischen Union bleiben?" Ja / Nein

                  Eigentlich nicht schwer, oder? Jetzt, da mit "Nein" entschieden wurde ist es die Aufgabe der Politiker diesen demokratisch legitimierten Entschluss umzusetzen. Ob es auf ein "Schweizer Modell" oder ein "Norwegen Modell" hinausläuft sind Detailfragen, die im einzelnen diskutiert und geklärt werden müssen - solange es nicht zu einen Verbleib in der EU "durch die Hintertür" oder eine Art "Brexit Light" führt. Denn dazu, ich wiederhole mich, ist kein Mandat vorhanden.

                  "Wenn sich damals schon alle ganz sicher wahr, kann bei einem konkreterem Referendum ja nichts mehr schiefgehen, oder?"

                  Sehen sie wirklich nicht was schief gehen kann? Heute haben die 27 Regierungschef in seltener Einigkeit erklärt, das sie sich ein zweites Referendum wünschen. Sollte es wirklich dazu kommen werden sich (zu Recht!!) alle bestätigt sehen, die in der EU hauptsächlich einen undemokratischen Machtapparat sehen, der sich bei Bedarf einfach über den Wählerwillen hinwegsetzt. Die erwartbaren Folgen sind mit Sicherheit eine Radikalisierung der Brexitbefürworter. Die im Augenblick politisch bedeutungslose UKIP wird erstarken und mit ihr auch andere noch wesentlich radikalere Kräfte.

                  " ...ist eine zutiefst gegen Demokratie und Rechtsstaat gerichtete Haltung, beinahe faschistoid."

                  Ok, da haben sie Recht. Habe mich zu schroff ausgedrückt. Selbstverständlich hat der Wählerwille auch Grenzen, und das ist auch gut so. Z.B. kann man, wegen dem GG, nicht wieder die Todesstrafe einführen; selbst wenn es dafür eine 90% Mehrheit geben sollte.



                  Aber grundsätzlich sollten die gewählten Vertreter schon das umsetzen, womit sie von den Wählern betraut werden.

                  • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

                    Oh, ist ja doch noch freigeschaltet worden.



                    Doch, die Frage ist sehr schwer. Weil sich hinter "Nein" eben diverse verschiedene Optonen verbergen. Der Unterschied zwischen "Norwegen" und einem Freihandelsabkommen wären nochmals 3% der Wirtschaftsleistung, 60 Milliarden Pfund im Jahr und eine Millionen Arbeitsplätze mehr an Verlusten. Für "No Deal" können Sie die Zahlen nochmals verdoppeln, sodass wir von insgesamt 8% BIP-Verlust, 160 Millarden Pfund jährlich und 2,8 Millionen weniger Jobs sprechen. Die Zahlen stammen vom Brexit-Ministerium, also dem Leave-freundlichem Teil der Regierung. Das ist keine Kleinigkeit, so gewaltige Entscheidungen in den Händen einer Regierung sind vielmehr eine historische absolute Ausnahmesituation.

                    Warum ist für Brexit Light kein Mandat da? Doch wohl mindestens genauso sehr wie für Brexit hard, oder? Man könnte sogar sagen, noch mehr als das, denn schließlich haben Gove und Hannan explizit gesagt, dass niemand davon spreche im Falle eines Brexits den Gemeinsamen Markt zu verlassen. Das Gegenteil wurde hingegen nicht verlautbart.

                    Zu dem zweiten Teil: Natürlich muss man sich nicht sorgen, dass UKIP stark wird, wenn man die Regierung sowohl Politik als auch Ton von UKIP übernimmt. Das ist jedoch ein exklusives Parteiproblem der Tories, die aufgrund des Mehrheitswahlrechtes Angst haben viele Sitze an Labour zu verlieren, wenn siech die Rechte aufspaltet. Die Angst vor einer zutiefst rassistischen Partei aber zur Leitlinie der eigenen Politik zu machen ist sicher schlecht fürs Land.

                    Zuletzt: Was bitte wäre undemokratisch daran, wenn die Mehrheit der Wähler sich bei neuer Informationslage gegen den Austritt auspricht und dieser Mehrheit dann gefolgt wird? Nach dieser Logik wäre jede Wahl ein Verrat an der vorangegangenen und damit undemokratisch. Es gibt ein Recht auf Meinungsänderung in Demokratien.