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Wirksamkeit von KlimamaßnahmenParadies verloren, Welt noch zu retten

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Nur ein Bruchteil aller politischen Klimamaßnahmen hilft tatsächlich. Aber die gute Nachricht: Wir wissen jetzt, welche. Die Politik muss nur noch umschwenken.

Ein verlassenes Haus steht am erodierenden Ufer von Brodten bei Travemünde an der Ostsee im Juli 2024 Foto: Michael Probst/ap

D as ist eigentlich eine Binse: Klimaschutz bedeutet, Treibhausgase einzusparen. Insofern ist ernüchternd, was eine großangelegte Studie unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zutage fördert: Sie untersuchte 1.500 Gesetze, Verordnungen und Vorschriften, die zum Zwecke des Klimaschutzes in den vergangenen 24 Jahren erlassen wurden. Wirklich messbar zur Reduktion von Treibhausgasen trugen davon 189 bei. Das sind gerade einmal 12,6 Prozent.

Gut gemeint ist offenbar nicht ausreichend, um den Klimaschutz voranzubringen. Es muss auch gut gemacht sein! Deutschlandticket und Tankrabatt, E-Auto-Förderung und Dieselprivileg, neue LNG-Terminals und das Ziel von Treibhausgas-Neutralität in wenigen Jahren – die selbst erklärte Fortschrittskoalition aus SPD, FDP und Bündnisgrünen jedenfalls fährt beim Klimaschutz zweigleisig und justiert deshalb nicht richtig.

Unsere Vertreibung aus dem Paradies, dem mitteleuropäischen gemäßigten Klima, lässt sich nicht mehr verhindern, dafür sind bereits zu viele Treibhausgase in der Atmosphäre: In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts werden wir in Deutschland ein Klima bekommen, wie es heute in Norditalien oder Südfrankreich herrscht – nur dass es hierzulande weiterhin sehr strengen Frost geben wird.

Dennoch steht noch einiges auf dem Spiel. Und zwar die völlige Verheerung der Welt als Ganzes im kommenden Jahrhundert: mit abschmelzenden Polkappen, meterweit steigendem Meeresspiegel, unbewohnbaren Hitzeregionen, Flüchtlingsströmen und Schäden so groß wie die aus Weltkrieg I und II zusammen.

Die gute Nachricht, das zeigt die Studie, ist: Politik kann tatsächlich Treibhausgase senken, wenn sie richtig justiert. Dafür allerdings muss sie den Klimaschutz zum vorrangigen, übergeordneten Politikziel erklären. Das ist genau das Gegenteil jener kurzsichtigen Klientelpolitik, die derzeit betrieben wird.

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Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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15 Kommentare

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  • Die meisten Leute wollen ihr Leben nicht verändern, um die Welt in 100 Jahren zu retten. Großer Fehler.



    Vielen Leuten ist der Sprung von "Ich drehe den Zündschlüssel" zu: "Es gibt mehr Überschwemmungen" zu weit.



    Die Klimakatastrophe ist hier, nicht im kommenden Jahrhundert. Sie tritt in lokalen Debakeln auf, die die Leute sich "schön" reden zum Jahrhundertereignis.



    Damit die Leute ihr Leben überhaupt ändern KÖNNEN, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Die Bahn, müsste erschwinglich, pünktlich, allgegenwärtig und mit benutzbaren Klos bestückt sein. Fleischersatz müsste billiger sein als Billigfleisch, schmackhaft, und müsste, obacht! signifikante Mengen Eiweiß enthalten. NUR die Politik kann die Rahmenbedingungen ändern. Damit auch die Ärmsten davon profitieren, darf die Politik nicht für die Oberen 10.000 arbeiten.



    Klimaflüchtlinge sind keine Verheerung, sondern Opfer einer solchen. Versiegt der Golfstrom, könnten wir schon bald dazu gehören. Bestimmt werden wir überall willkommen gehießen.

  • Das Haus auf dem Foto ist nicht "verlassen": sondern wird für Festivitäten vermietet. (So zumindest 2023 als ich dort wandern war. Der Weg verläuft im übrigen zwischen Grundstück und Steilküste.)

  • 6G
    673717 (Profil gelöscht)

    Erwähnenswert ist doch auch das take-away aus der Studie (wie geht denn nun sinnvolle Klimapolitik?):

    Das wird schon im abstract benannt mit: "price-based instruments in well-designed policy mixes".

    Das wäre also z.B. genau die Kombi aus CO2-Preis UND Klimageld gewesen, die unsere aktuelle Regierung - trotz Grüner Beteiligung - gerade leider NICHT gewuppt hat.

  • Durch die zeitliche Beschränkung auf die letzten 25 Jahre fehlt leider die wirksamste und schnellste aller Klimamaßnahmen: Die Dekarbonisierung des französischen Elektrizitätssektors innerhalb von nur 10 Jahren schon vor 1990.

  • Es gibt unbequeme Notwendigkeiten. Entweder sie werden angepackt oder wir gehen kaputt. Ganz einfach.

  • " Die Politik..." kann so gut wie gar nix in Demokratien, wenn die Menschen für wesentliche Veränderungen nicht bereit sind.

  • Stellen wir das Positive voran:



    Wir wissen nun, welche Stellschrauben den größten



    Effekt erzielen - gut so!



    Wir, in einer Demokratie Lebenden, müssen aber gar nicht auf den Staat und Gesetzgebung warten.



    Wir können überwiegend machen was wir wollen.



    Vor einem halben Jahrhundert war bereits Menschen klar, dass Atomkraft ein unkalkulierbares Risiko für die Menschheit darstellt.



    "Ich bin Energiesparer", war eine Kampagne,



    so wie "Klima schützen, Rad benützen ".



    Zwei Ideen, die immer noch Bestand haben.



    "Ich weiß nix, ich kann nix, gebt mir



    ein Flugzeugticket!",



    gehört zu den weniger erfolgreichen Slogans.



    Das ist allerdings noch nicht bei Allen, auch in der taz, angekommen.



    Die Hoffnung herrscht vor, dass Andere das Problem lösen, ich jedoch keinerlei Einschränkungen vornehmen muss.



    Das ist nicht nur naiv, es ist geradezu infantil.



    Papa Staat soll es richten unc ich stürze den Turm regelmäßig um?



    So läuft es nicht!



    Wir erleben gerade einen Boom an Photovoltaik Ausbau.



    Das ist eine gute Symbiose der Zusammenarbeit zwischen Staat und willigen BürgerInnen.



    Nur so kann es gelingen, raus aus der Meckerecke, da sitzt schon der Merz und hat noch gar nichts kapiert!

  • Vielleicht mal eine gute Nachricht, der Klimawandel ausgelöst durch zuviel CO2 lässt sich zurückdrehen. Dafür muss die Menschheit nicht 100 % erneuerbar Energie produzieren, sondern 120 %. Damit lässt sich CO2 in irgendeiner Form binden und ein PPM-Gehalt in der Atmosphäre von 380 ppm anpeilen. Nicht möglich? - Das habe ich in den letzten 20 Jahren Energiewende schon oft gedacht und liess mich dann eines glücklicheren besseren Belehren.

  • "Die gute Nachricht, das zeigt die Studie, ist: Politik kann tatsächlich Treibhausgase senken, wenn sie richtig justiert. "

    Ich fasse mal die letzten Jahre kurz zusammen: Die Schwatten haben Verpflichtungen zur CO2-Neutralität Deutschlands ab 2045 unterschrieben. Aber Maßnahmen zur Regulierung des CO₂-Ausstoßes, z.B. bei privaten Heizungen, kamen in ihren Planungen nicht vor. Es bedarf ja auch quasi eines Genies, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass die eine oder andere in 2024 eingebaute Öl- oder Gas-Heizung 2045 noch in Betrieb sein wird.



    Die FDP will die Innenstädte wieder attraktiver für Autos machen will, und gegen ein Tempolimit auf Autobahnen.



    Und SPD und Grüne weichen ein Klimagesetz auf, das von den Schwatten gemacht wurde, und jedenfalls eines war, nämllich nicht ausreichend.

    Oder anders gesagt:

    Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren

  • "Dieselprivileg"



    Vorweg, ich fahre ein E-Auto. Das Wort Dieselprivileg ist sehr irreführend, da die KFZ-Steuer eines Diesel-PKW erheblich teurer ist, als die eines Benziner-PKW. Bei durchschnittlicher jährlicher Fahrleistung ist es somit am Ende des Jahres ein 0:0 Spiel, beide zahle gesamt gleich viele Steuern. Der Vorteil wäre da, wo jemand geschäftlich sehr viel fährt. Dann aber macht es wegen dem geringeren Verbrauch und somit erheblich geringerem CO2-Außstoß auch wieder Sinn.

  • Die FDP will doch offenbar gar keinen Klimaschutz, sondern Ablenkungsfeuerwerk für die Galerie, damit ihre Parteispender der Industrie-Erben-Klasse in spe weiter Fossil-Gewinne zugeschaufelt bekommen.



    Guten Willen unterstelle ich da nur noch ganz wenigen bei der Lindner-Lehfeldt-Gruppe (oder Union, FW, ...).

  • Ich wußte es, alles wird gut, wenn "wir" es nur wollen.

  • Nein, es reicht nicht, wenn die Politik "nur" noch umschwenkt.



    Man kann ein globales Problem nicht lokal lösen.



    Der weltweite CO2-Ausstoß steigt.



    Alles Öl, Gas etc, das wir einsparen, findet einen anderen Käufer, der es dann verbrennt.



    Die Frage muss ganz anders gestellt werden:



    Wie überzeugen wir die Produzenten von fossilen Energieträgern davon, diese im Boden zu lassen?



    In diese Richtung höre ich nichts.



    Vorschläge?

  • „Gut gemeint ist offenbar nicht ausreichend“ - das ist wohl wahr, trifft aber hier nicht ganz, denn die Klimapolitik der Ampel ist nicht einmal gut gemeint, zumindest nicht für den Klimaschutz.



    Die Politik hat ganz offensichtlich andere Prioritäten gesetzt, nämlich den Erhalt fossiler Privilegen. Das heißt es soll weiterhin möglich sein, billig große Mengen von Energie zu beanspruchen. Solange wird es mit echtem Klimaschutz nicht funktionieren.

  • Wie wäre es denn mit Klimaschutzmaßnahme 1: Ukrainekrieg so schnell wie möglich durch Verhandlungen beenden? Spart uns viel Geld, das dann für Umweltschutz verwendet werden könnte.