piwik no script img

Wirbel um SchwangerschaftsabbruchAbtreiben ist Menschenrecht

Essay von Monika Knoche

Dreihundert Abgeordnete wollen eine Neuregelung des § 218. Alles nur Wahlkampf? Die Selbstbestimmung über den Uterus kommt wieder zu kurz.

Der Strafrechtsparagraf 218 soll gestrichen werden Foto: Martin Müller/imago

D er Schwangerschaftsabbruch soll neu geregelt werden. Völlig unvermittelt und ohne parlamentarischen Vorlauf hat eine Abgeordnetengruppe von Grünen und SPD im Bundestag einen Reformvorschlag eingebracht. Der Strafrechtsparagraf 218 soll gestrichen werden. Das überrascht. Soll damit polarisierender Wahlkampf gemacht werden?

Hat doch die scheidende Ampel ihrem Anspruch auf Fortschritt in Frauenfragen nicht genügt. Die Förderung von Projekten gegen Gewalt an Frauen und die steigende Anzahl an Femiziden sowie das Handeln gegen Zwangsprostitution fehlten.

Nun soll ein historisches Frauenthema, die Streichung des § 218, im Eilverfahren „abgearbeitet“ werden. Im Schnelldurchlauf ist so eine Menschenrechtsfrage nicht zu behandeln. Es braucht mehr Raum und Zeit, um angemessen zu diskutieren.

Schließlich geht es um das Frauenbild, das die bisherige Verfassungsrechtsprechung prägte. An diesem sind seither alle Versuche, den § 218 zu streichen, gescheitert. Denn der Lebensschutz des Ungeborenen wurde darin über das Selbstbestimmungsrecht der Frau gestellt.

Das Grundrecht auf Gleichstellung wird der Frau da, wo sie offenkundig „das andere Geschlecht“ ist, durch eine Gebärpflicht verletzt. Diese biologistische Festlegung ist die menschenrechtliche Frage, um die es eigentlich gehen muss.

Freiheit bis zur zwölften Woche

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll die Frau künftig zwar straffrei, der Schwangerschaftsabbruch aber weiterhin rechtswidrig sein. Für Fragen nach der zwölften Woche soll das Schwangerschaftskonfliktgesetz den Rahmen vorgeben.

Zählt bis zur zwölften Woche ihr Selbstbestimmungsrecht, wird es mit fortschreitender Schwangerschaft schwächer und an das Recht des Embryos und Fötus gebunden. Das ist neu. Aber keine Abkehr vom Frauenbild, das es zu überwinden gilt.

Was zunächst wie eine pragmatische Lösung erscheint – Fristenregelung in den ersten drei Monaten und Straffreiheit – ist angreifbar. Wird der Frau in der gesamten Schwangerschaft die freie Entscheidung, ob sie Mutter werden will, zugestanden? Das ist zu bezweifeln.

Konkurrenz zwischen Embryo und Frau

Hier wird die Konkurrenz zwischen Embryo und Frau erneut nicht aufgehoben. Mit der Festlegung, den Embryo bis zur zwölften Woche aus dem Lebensschutz auszuschließen, kann man zwar den Stichtag für eine erleichterte Abtreibung begründen.

Aber die Frage, ob die Selbstbestimmung über die körperliche Integrität und Emanzipation als das menschenrechtliche Argument ausschlaggebend ist, bleibt beantwortet.

Das ist nicht unwesentlich. Hat doch das Bundesverfassungsgericht in einer anderen Grundsatzentscheidung – zur Befürwortung von Sterbehilfe – die Autonomie in die unantastbare Menschenwürde eingebunden. Daher muss man heute fragen: Kann die Gebärpflicht, in welcher Form auch immer, überhaupt menschenrechtskonform sein?

Neuer Rechtsstatus für Embryo

Die Initiatorinnen des Reformvorschlags orientieren sich an der ExpertInnenkommission der Bundesregierung. Diese schlägt die generelle Straffreiheit für die Frau vor, favorisiert – und das ist neu – ein „gestuftes Würdekonzept“ für den Embryo im Uterus.

Begründet wird das von den ExpertInnen mit seinem Entwicklungsgrad bis zur zwölften Woche. Ab dann vergrößere sich der Grundrechtsstatus des Fötus. Im Verlauf der Schwangerschaft nimmt die Selbstbestimmung der Frau also stetig ab.

Doch wie lassen sich unterschiedliche Grundrechte des Embryos begründen? In der frühen Phase des Lebens wird schließlich nicht unterschieden, ob sich der Embryo im Labor oder Uterus entwickelt.

Das Embryonenschutzgesetz garantiert die Menschenwürde des Ungeborenen. Wird die Fristenregelung das ändern? Der Gedanke drängt sich auf, ob das ein Türöffner für das Forschen am menschlichen Embryo ist. Ob die Abgeordnetengruppe dieses Ziel verfolgt, ist nicht bekannt.

Anachronistisches Frauenbild bleibt

Was bewegt sich nun im Vergleich zum Status quo? Die Straffreiheit. Sie ist eine wichtige, aber nicht die einzige emanzipatorische Herausforderung. Es geht ebenso um das Menschenbild der Frau; um eine Patriarchats- und kulturkritische Auseinandersetzung und um die besondere Geschichte des Abtreibungsrechts in Deutschland.

Die prinzipielle Gebärpflicht braucht eine Aufarbeitung. Der § 218 ist von einer anachronistischen Ideologie von Mutterschaft geprägt. Die DDR hatte mit ihrem Abtreibungsrecht die Entmündigung der Frau aufgehoben. Dieses moderne Frauenrecht überlebte die Wiedervereinigung nicht.

Es ist ein größerer Bogen zu schlagen, wenn heute über eine Reform des Schwangerschaftsabbruchs zu reden ist. Klare, menschenrechtliche Argumente im Interesse der Frauen sind vonnöten, nicht nur, aber gerade weil am rechten Rand Frauenfeindlichkeit auflebt.

Neues Gesetz wirft Fragen auf

Die Bedenken gegen den Reformvorschlag beziehen sich nicht nur auf den eiligen politischen Stil, sie beziehen sich auf den Gesetzestext selber. Viele Fragen wirft er auf.

Und im Ergebnis bliebe das biologistische Frauenbild nicht erschüttert, und das Embryonenschutzgesetz stünde bei einem gestuften Rechtsstatus des Embryos zur Diskussion. Was wäre mit dieser Fristenregelung also gewonnen?

Ohne fundamentalistische Anmutungen müssen diese Überlegungen nun morgen im Bundestag erörtert werden. Bevor ein so wichtiges Rechtsthema zur Abstimmung gestellt wird, muss Gelegenheit bestehen, sich gesellschaftlich und im Parlament der Werte zu vergewissern, auf denen ein zeitgemäßes Frauenrecht gründet.

Gerade bei kontroversen Positionen ist es geboten, ein respektvolles Klima zu schaffen. Ob eine Schwangere bereit ist, Mutter zu werden, kann einzig ihre Entscheidung sein. Dieses Postulat gilt es, in eine Gesetzesreform einzubringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

44 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation
  • Komisch: bei den Menschenrechten habe ich "Abtreibung" noch nie gefunden.



    Da hätte ich eher das Recht gesehen, wie alle hier Mitlesenden nicht abgetrieben worden zu sein, ab einem bestimmten Zeitpunkt.



    Zugang zu Verhütung, Aufklärung und Gleichberechtigung verstehe ich eher.

  • Himmel! Geht's nicht noch ein bisschen krasser in der Überschrift...?



    Man kann die Legalisierung von Abtreibung ja befürworten - aber deswegen wird sie nicht gleich zum Menschenrecht.



    Zwischen Straftat und Menschenrecht gibt's ein paar Level auf denen man Abtreibung ansiedeln kann.



    Porsche fahren ist keine Straftat und bislang vollkommen legal. Deswegen aber noch kein Menschenrecht.

    • @Monomi:

      Danke für die Differenzierung.

      (Den letzten Satz bitte noch an Christian L., wollte ich gerade noch schreiben, bis mir auffiel, dass er das als Exklusivrecht anstrebt)

  • Ach ja, Japan hatte doch glatt die Bevölkerungsordnung in 2009 geändert, um die Anzahl der Kinder erneut auf ein oder zwei Kinder zu beschränken...



    Überall ein anderer " Wirbel " wenn es um die Bevormundung mündiger Bürger geht.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Sie meinten jetzt nicht KP-China und seinen Umgang mit Minderheiten?



      Japan schrumpft deutlich demografisch, was ja nicht per se böse oder gut ist, aber einiges an Anpassung erfordert.

  • "Abgeschafft" wird nur die Strafbarkeit der Schwangeren. Der (einvernehmliche) Abbruch soll nach denselben Bedingungen, die bislang in §§ 218, 218a zu finden sind, nun nach dem neugefassten § 14 Schwangerschafkonfliktgesetz bestraft werden können, aber halt nur gegenüber dem, der den Abbruch vornimmt.

    Ich weiß nicht, ob das zielführend oder wirklich emanzipatorisch ist. Zum Einen spielt es das Strafrisiko komplett der Person zu, die den Abtreibungswunsch zu erfüllt. Wieso sollte die das allein eingehen wollen? Und wo ist die Liberalisierung, wenn die Schwangere nominell "darf", aber der Arzt immer noch nicht?

    Zum Anderen sehe ich auch die selektive Bestrafung kritisch: Derartige Einschränkungen der Strafmündigkeit (= straflos zu bleiben, wo von Anderen verantwortliches Handeln erwartet wird) sind normalerweise Menschen vorbehalten, die aufgrund ihres Entwicklungsstadiums nicht in der Lage sind, Recht und Unrecht einzuordnen. Extreme emotionale Belastung hin oder her - geht DAS nicht etwas weit? Und ist ein Arzt wirklich eine geeignete "Aufsichtsperson", die alleinverantwortlich und bei Strafandrohung über die Rechtmäßigkeit des Wunsches seiner Patientin zu wachen hat?

  • Lese ich richtig, dass grundsätzlich jeder ein anachronistisches Frauenbild hat, der es schwierig findet, die Rechte von Schwangerer und Fötus nebeneinander zu betrachten, ohne automatisch zum Schluss zu kommen, dass Abtreibung jederzeit möglich sein muss?



    Wäre es medizinisch möglich, einen Embryo aus dem Uterus zu entfernen, ohne ihn zu töten, wäre das Problem ja immer noch nicht gelöst.



    Der Embryo ist auf das Austragen durch eine Frau angewiesen. Er kann sich nicht selbstständig entwickeln und leben. Nicht einmal das Embryonenschutzgesetz gesteht Embryonen ein Recht zu, ausgetragen zu werden.



    Wäre es für den Embryo wirklich ein juristisch relevanter Unterschied, ob er abgetrieben oder abgesaugt und in der Gefriertruhe verstaut wird?



    Aber spätestens wenn der Embryo zum Fötus wird, können wir eben nicht mit solchen Vergleichen kommen. Es ist nicht möglich, einen Fötus in der Gefriertruhe zu verstauen und ihn als "geschützt" zu definieren. Eine andere, als die Schwangere kann das Gebären aber nicht übernehmen. Eine stufenweise Rechteentwicklung scheint mir daher angemessen.

  • 1) Dass - gegebenenfalls strafbar - die eigene Schwangerschaft nur beenden (lassen) kann, wer überhaupt Kinder kriegen kann, ist eine "biologistische" Sichtweise? Im Ernst??

    2) Auch jetzt schon geht der Schutz des ungeborene Lebens dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren nur unter bestimmten Umständen vor. Faktisch DARF jede Schwangere straffrei abtreiben lassen, wenn sie will. Dass das an Bedingungen geknüpft ist, ist ein Zugeständnis an das Lebensrecht des Embryos, kein Zurücktreten dahinter.

    3) Wer das Problem der Menschenrechtsabwägung erfassen will, darf den Blick nicht zu eng halten. So ist die Tatsache, DASS da ein - in unserem Land - zu den Menschenrechten zählendes Rechtsgut auf Seiten des Embryos zur Disposition steht, ein ehrliches Dilemma und nicht per se ein Akt von Fauenfeindlichkeit. Auch ist der Schutz des ungeborenen Lebens laut BVerfG (und der diesem folgenden Gesetzeslage) zum Beispiel weit weniger absolut ausgebildet als der Schutz des geborenen Kindes. Wenn man also die Beeinträchtigung der Schwangeren in ihrer Freiheit betrachtet, sollte der Unterschied zum Verantwortungs- und Pflichtenkreis von Eltern nicht so komplett hinten runterfallen.

  • In der DDR galt ab 1972 die Fristenregelung mit 12 Wochen plus Beratungspflicht durch die jeweiligen Ärzte.



    Der Artikel ist nicht nur in diesem Punkt unstimmig.

  • taz: *Im Schnelldurchlauf ist so eine Menschenrechtsfrage nicht zu behandeln.*

    Ist das Wort 'Menschenrecht' (Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person) nicht ohnehin immer nur eine Floskel gewesen? Selbst im aufgeklärten Deutschland, wo man ganz stolz auf Art. 1 GG ist (der aber ständig unter dem Teppich gekehrt wird, wenn es tatsächlich mal um Menschenwürde geht), wird die Frau (aber auch der Mann) doch immer noch von Staat und Kirche bevormundet, besonders wenn es den Mächtigen dienlich ist. Und dann wird oftmals die Menschenwürde ('Menschenrecht') mit Füßen getreten (siehe z.B. Sanktionen von Arbeitslosen).

    Wir sind jetzt schon 8 Milliarden Menschen weltweit, der Homo bellicus führt immer noch am liebsten Krieg und der Klimawandel holt so langsam die Keule aus dem Schrank. Und trotzdem erdreisten sich immer noch konservative Politiker und Kirchen"männer" in Deutschland, Frauen Vorschriften machen zu wollen (§ 218 StBG "... Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."). Es muss sich so einiges ändern, denn im 21. Jahrhundert haben unsinnige Gesetze aus den letzten Jahrhunderten nichts mehr zu suchen.

    • @Ricky-13:

      Entscheiden Sie oder ich, was "unsinnig" ist? Oder wer? Wer prüft es?



      Vermutlich Karlsruhe. Auf welcher Grundlage? Art. 1 etc. GG. Der uns nebenbei auch vor anderem schützt.

  • "Ohne fundamentalistische Anmutungen müssen diese Überlegungen nun morgen im Bundestag erörtert werden. Bevor ein so wichtiges Rechtsthema zur Abstimmung gestellt wird, muss Gelegenheit bestehen, sich gesellschaftlich und im Parlament der Werte zu vergewissern, auf denen ein zeitgemäßes Frauenrecht gründet."

    Dann muss auch ganz ohne fundamentalistische Anmutung der Lebensschutz des ungeborenen Kindes in die Diskussion dazu kommen.

    Und alle Genderdebatten zum Trotz: Es können halt nur biologische Frauen Kinder bekommen.

  • Abtreiben ist Menschenrecht.

    Leben ist kein Menschenrecht?

    Es ist bei Plazentatieren halt nun mal so, dass einzig die weiblichen Mitglieder der Spezies in der Lage sind, noch ungeborenes Leben in ihren Gebärmüttern soweit sich entwickeln zu lassen, dass das neue Individuum auch außerhalb des Uterus überlebensfähig sein kann.

    Wobei gerade beim Menschen diese Neugeborenen mitnichten alleine überleben können, wenn sie nicht (meist von der Mutter) mit Nahrung und Wärme versorgt werden.

    Und da fängt dann das Problem schon an: "Ob eine Schwangere bereit ist, Mutter zu werden, kann einzig ihre Entscheidung sein."

    Was ist denn, wenn das Kind geboren und die gewordene Mutter dann ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben möchte, eben keine Mutter zu sein und demzufolge die Versorgung des alleine nicht überlebensfähigen Neugeborenen einstellt? Ist das auch ein Menschenrecht?

    Was ist, wenn das Menschenrecht auf Abtreibung z.B. bis zur Geburt (oder 26 SSW oder 35 SSW...) verwirklicht ist und dummerweise vor der Abtreibung eine Frühgeburt stattfindet?

    Andersrum: Gibt nur die Nabelschnurverbindung einer Frau mit ihrem Kind der Frau das Menschenrecht, das Leben dieses Kindes zu beenden?

  • "Bevor ein so wichtiges Rechtsthema zur Abstimmung gestellt wird, muss Gelegenheit bestehen, sich gesellschaftlich und im Parlament der Werte zu vergewissern, auf denen ein zeitgemäßes Frauenrecht gründet."

    Das wird seit Jahrzehnten gemacht. Gehandelt wird nicht. Deshalb wird es Zeit, statt immer weiter zu labern, auch mal zu handeln.

    Selbst wenn der Antrag letztlich scheitern sollte. Frauen können kurz vor einer wichtigen Wahl noch mal sehen, wer gegen sie Politik macht.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Wie soll die Regelung Ihrer Meinung nach sein, wenn tatsächlich gehandelt wird?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Der Vorwurf der Untätigkeit ist unfair. Es wurde immer wieder gehandelt, aber das dann zuverlässig aus Karlsruhe wieder zurückgepfiffen. Und das geschah jeweils aus Gründen, die sich nur mit

      a) einem massiven Sinneswandel in Karlsruhe - NICHT über Frauenrechte sondern über den grundsätzlichen Schutzanspruch ungeborenen Lebens - oder

      b) einem geänderten Artikel 1 GG und damit - wegen dessen "Ewigkeitsgarantie" - einer komplett neuen Verfassung

      ändern lassen.

      • @Normalo:

        Wann hat denn Karlsruhe das letzte Mal gepfiffen?

        Meines Wissens nach im letzten Jahrtausend. Seit dem hat sich eine Menge geändert.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          "Wann hat denn Karlsruhe das letzte Mal gepfiffen?



          Meines Wissens nach im letzten Jahrtausend. Seit dem hat sich eine Menge geändert."



          Die Verfassung an den hierfür relevanten Stellen nicht.



          Das können Sie gerne konservativ und rückschrittlich finden, bildet aber nach wie vor eine recht gute Grundlage für ein gedeihliches Zusammenleben.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Hat es sich eben nicht. Die Frauenlobby mag stärker geworden sein, aber bahnbrechende neue Erkenntnisse dazu, was Leben ausmacht und dass das erst später beginnt, gibt es meines Wissens nicht. Ohne die aber wird Karlsruhe nicht vom grundrechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens abrücken. Denn das eine Schutzrecht willkürlich einzuschrumpfen, damit es das andere weniger "stört", verbietet sich.

          Haben Sie das Urteil von 1996 gelesen? Steht da irgendeine Erwägung NICHT drin, die heute als (entsprechend neues) Argument auf dem Tisch liegt? Mir ist keine bekannt.

          Dass das Ergebnis heute vielleicht mehr Leuten nicht in den Kram passt als damals, ist nämlich KEIN Argument, mit dem man Grundrechte vom Tisch fegen kann. Im Gegenteil: Für genau die Situation sind sie da.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Stimmt, da ungeborene Menschen nicht wählen können, sind die keine Zielgruppe für Wahlwerbung.

      • @Strolch:

        Es geht um eine Reglung bis zur 12. Woche!

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sie meinen das Verfassungsgericht? Steht leider nicht zur Wahl.



      Abtreibungsrecht ist eben nur zur Hälfte eine politische Frage und auf der anderen Seite eine Ethische und Rechtliche Frage bei einem Gesetz welches die grundlegende Basis darstellt.

      • @Walterismus:

        "Sie meinen das Verfassungsgericht? Steht leider nicht zur Wahl."



        Und das ist auch gut so!



        Verfassungsrichter, die nach politischer Wetterlage berufen und abberufen werden können, sind überhaupt keine gute Idee.

      • @Walterismus:

        Woher kommt eigentlich diese Überzeugung, dass das Verfassungsgericht die vorgeschlagene Reglung ablehnen würde? Und woher kommt die Angst, eine solche Reglung dem Gericht vorzulegen?

        Eigentlich müssten doch alle, die hier immer auf die Verfassung verweisen, ganz erpicht darauf sein, ein aktuelles Urteil zu bekommen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass das BVerfG die Regelung so gerade durchwinkt. Effektiv ändert sie ja nichts an der (Un-)Zulässigkeit des Schwangerschaftsabbruchs, außer den strafrechtlichen Schwarzen Peter allein beim abtreibenden Arzt abzuladen. Aber vielleicht ist dem Gericht auch gerade DAS ein Dorn im Auge.

  • Verhütung ist Menschenrecht, Dummheit ist nur eine Menschenkrankheit.

    • @Manfred Peter:

      ... und einen Kompromiss haben wir ja bereits. Hier könnten wir innerhalb der Frist, nach der Beratung die Abtreibung legalisieren.



      Eine Abtreibung kann immer nur die bessere von zwei schlechten Möglichkeiten sein.

    • @Manfred Peter:

      Vielleicht etwas zu direkt ausgedrückt, allerdings finde ich es sehr extrem und unangemessen, das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen über das Lebensrecht eines - lediglich - ungeborenen Lebens zu stellen...

    • @Manfred Peter:

      Sie sehen jedoch schon den Unterschied zwischen Verhütung und Abtreibung? Ich verstehe diesen kurzen Satz womöglich nicht ganz.

      • @Janix:

        Wer verhütet, muss nicht abtreiben. So schwer ist der Zusammenhang nicht zu verstehen.

        • @Strolch:

          Ich bin mir nicht sicher, dass das gemeint war.



          Nebenbei: Viele haben sogar hierzulande keinen Zugang zu Verhütung, aus finanziellen Gründen, Druck, religiöse Sätze, manche sind sogar psychisch oder kognitiv nicht in der Lage - von Vergewaltigungen mal ganz abgesehen ...



          Es gibt von Latexallergie bis Reaktionen auf die Pille weitere Einflüsse. Ich sehe bei Verhütung eine Symmetrie, was Frauen und Männer angeht.

          Verhütung ist Abtreibung vorzuziehen. Und gleichzeitig ist da kein Platz für schnippische Sentenzen von oben herab.

          • @Janix:

            Na gut, so habe ich es verstanden. Ihre Anmerkung "Nebenbei": Ja, all die Fälle gibt es. Aber ich glaube nicht, dass sie einen wesentlichen Anteil der weit über 100.000 Abtreibungen im Jahr haben. Vergewaltigung steht insgesamt auf einem andern Blatt Papier.

            "Ich sehe bei Verhütung eine Symmetrie, was Frauen und Männer angeht." Sofern Sie gemeinsame Verantwortung meinen, stimme ich zu.

            • @Strolch:

              Ja, beide Seiten tragen Verantwortung, da kann sich kein Mann plötzlich einen schlanken Fuß machen, auch wenn es einige probieren, oder auch das Thema mit massivem Druck auf die Frau, für ihn gefälligst abzutreiben/ auszutragen, "lösen". Wie bei Tango braucht es zwei, im Regelfall.



              Und doch, es gibt sie noch manche Freikirchen etc., wo Mädchen sehr deutlich der Zugang zu Verhütungsmittel wie im früheren Niederbayern unterbunden wird - dank einiger Kondomautomaten nicht unlösbar.

    • @Manfred Peter:

      Und wie garantieren Sie dieses "Menschenrecht" bei unfreiwilligem Geschlechtsverkehr?

  • Man muss es tief und ernst ausdiskutieren und wird es doch nie ganz ausdiskutieren können.



    Weder sollte man (wieder) ein System gegen die Frau aufziehen, noch aber auch ganz überhören, wenn jemand einen Unterschied sieht zwischen Lebensschutz oder nicht und einem Austragenmüssen oder nicht. Auch ist es seltsam, Männer ganz aus einer Verantwortung wie Mitwirkung herauszulassen.

    Wer es sich lässig machen will à Alles für die Frau, würde damit ja auch an jedem ernsthaft agierenden Verfassungsgericht zerschellen.

    Reden wir über den Beginnszeitpunkt des Lebens und auch pragmatisch, was im Umfeld noch hilfreich wäre.

  • Für jeden, der sich in diese medizinischethische Thematik einmal eingelesen hat, macht fast nur ein abgestuftes Konzept Sinn.



    Mal ganz knapp gesagt:



    So entwickelt der Embryo im Lauf seiner Entwicklung Schritt für Schritt Eigenschaften, die als moralisch relevant angesehen werden.



    (Und selbst für das Gefühl des Laien macht es sehr wohl einen Unterschied, ob man in der achten Woche einen Abbruch durchführt oder in der 27., wenn das Kind außerhalb des Mutterleibs schon leben könnte.)



    Es stimmt übrigens nicht, dass der Schutzstatus im Mutterleib und im Reagenzglas (in vivo und in vitro) derselbe wäre. Das merkt man schon daran, dass Nidationshemmer legal sind, der Embryo außerhalb der Gebärmutter im selben Alter aber wesentlich mehr Schutz genießt.

  • Zusammen mit der Entmündigung der Frau sollte auch die Entmündigung des Mannes aufgehoben werden, nur so schaffen wir Gleichberechtigung.

  • „Gebärpflicht“ - ernsthaft?



    Biologisches Frauenbild?



    Sind wir echt schon soweit …

    Wie wäre es zu beginnen mit „Denkpflicht“, „Verhütungspflicht“, „Verantwortungübernahme“.

    • @kiwitt:

      Da Abtreibung z.Z. immer eine Straftat ist kann man durchaus von "Austragungs" oder "Gebährpflicht" sprechen.

      Frauen müssen innerhalb einer Frist das Recht auf Abtreibung haben.

      Beratungsgespräche sollten angeboten, aber keine Pflicht sein.

      Keine Verhütung schützt zu 100% vor Schwangerschaft.

      Und bitte vergessen Sie nicht Vergewaltigungen.

      • @sociajizzm:

        "Straftat" ist, was den Tatbestand einer Strafvorschrift erfüllt. Genau das ist durch Einhaltung Fristen und der Arzt- und Beratungspflicht ja gerade zu verhindern - steht ausdrücklich im § 218a.

  • Wenn Abtreibung angeblich ein Menschenrecht ist, wie kann es dann sein, dass die derzeit geltende Rechtlage eins zu eins auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht zurück geht und sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen seither nicht geändert haben?

  • >Der Strafrechtsparagraf 218 soll gestrichen werden

    Ach ja?



    Hier ist der Antrag

    dserver.bundestag....20/137/2013775.pdf

    Seite 13, Änderung des Strafgesetzbuchs

    "§ 218 wird wie folgt gefasst:



    „§ 218



    Schwangerschaftsabbruch gegen oder ohne den Willen der Schwangeren



    (1) Wer eine Schwangerschaft gegen oder ohne den Willen der Schwangeren abbricht, wird mit Frei-



    heitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.



    (2) Der Versuch ist strafbar.



    (3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter durch Handlungen gegen



    den Willen der Schwangeren gegen diese oder gegen den Embryo oder Fetus tätig wird [...]