Washington Post cancelt Bezos-Karikatur: Demokratie ersäuft in Geld
Die Washington Post verhindert eine Karikatur, die Jeff Bezos’ Nähe zu Trump kritisiert. Ein Symbol dafür, wie die USA in Richtung Oligarchie abdriften.
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D emocracy Dies in Darkness – das ist das Motto der renommierten US-Zeitung The Washington Post. Korrekterweise müsste man mittlerweile sagen: Das war einmal ihr Motto. Denn was sich dort zuletzt abspielte, hat so gar nichts mehr mit dem journalistischen Anspruch zu tun, Licht ins Dunkel zu bringen.
Am Freitag gab die preisgekrönte Karikaturistin Ann Telnaes bekannt, nach über 16 Jahren bei der Post ihre Kündigung eingereicht zu haben. Grund dafür war die Ablehnung einer von ihr gezeichneten Karikatur. Darauf zu sehen ist eine übergroße Donald Trump-Statue, davor Milliardäre im Kniefall, unter anderen Jeff Bezos, der Eigentümer der Washington Post. Die Vermutung liegt nahe, dass die Zeitung keine so explizite Kritik an ihm veröffentlichen wollte.
Telnaes schreibt in einem Blogeintrag, sie habe zwar schon Meinungsverschiedenheiten erlebt, noch nie aber sei eine Karikatur dafür abgelehnt worden, wen sie darin kritisiere.
Die Tech-Welt überwirft sich in Spenden
Die Milliardäre in Telnaes’ Karikatur halten Trump Geldsäcke entgegen – eine Anspielung auf die Millionenspenden für seine Amtseinführung. Unter anderem Meta sowie die CEOs von Apple und OpenAI planen, die Zeremonie mit jeweils einer Million Dollar zu unterstützen. Das von Bezos gegründete Amazon plant zusätzlich die Übertragung auf seinem Streamingdienst – auf Spendenbasis.
Demontage einer Institution
Die Unterstützung der Amtseinführung ist nicht Bezos’ erster Kniefall vor Trump. Schon im Oktober beseitigte er die langjährige Tradition der Post, vor Präsidentschaftswahlen eine Wahlempfehlung auszusprechen. Die Zeitung wollte Kamala Harris empfehlen.
Die Washington Post ist die älteste erscheinende Zeitung der US-Hauptstadt. Ihre Veröffentlichungen zum Vietnamkrieg und zur Watergate-Affäre waren Meilensteine im Kampf für Pressefreiheit. Unter der Ägide des Amazon-Milliardärs droht sie nun, zum unterwürfigen Hauptstadtblatt zu verkommen.
Vorauseilender Gehorsam als Langzeit-Investment
Trumps Freund-Feind-Denken, seine Käuflichkeit, seine erklärte Absicht, über die zweite Amtszeit hinaus Präsident zu bleiben – all das sind natürlich gute Gründe, in einer reinen Gewinnlogik auf das schnellste, alles zertrampelnde Pferd zu setzen. Der vorauseilende Gehorsam mit dem angehenden Tyrannen wird so betriebswirtschaftlich zum Langzeit-Investment.
Pressefreiheit und Demokratie haben hingegen in der Logik der Superreichen keinen Wert. Der Zerfall der Washington Post wird so zum Lehrstück der Oligarchisierung der USA.
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