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Vor dem New Yorker KlimagipfelMerkel will mit Klimapaket punkten

Beim Gipfel in New York will Angela Merkel ihr Klimapaket präsentieren. Doch ein UN-Report zeigt, dass die Beschlüsse bei Weitem nicht reichen.

Wie zuversichtlich diese Kids in die Zukunft blicken können, wird der UN-Klimagipfel zeigen Foto: reuters

Berlin taz | Es sollte ein großer Auftritt werden, zu dem Angela Merkel am Sonntag in Berlin gestartet ist: Beim Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York sollen die Staats- und Regierungschefs aus über 100 Ländern am Montag ihre Klimapläne vorstellen – und zwar, so hatte es UN-Generalsekretär António Guterres im Vorfeld gefordert, deutlich verschärfte. „Ich will keine tollen Reden, ich will konkrete Zusagen“, sagte Guterres.

Nun hat das sogenannte Klimakabinett der Regierung am Freitag gerade noch rechtzeitig das „Klimaschutzprogramm 2030“ verabschiedet. Doch ob die deutsche Bundeskanzlerin damit in New York punkten kann, scheint fraglich. Denn die deutschen Beschlüsse sind nicht nur nach Ansicht von Umweltverbänden, Linken und Grünen völlig unzureichend. Sie bleiben auch weit hinter dem zurück, was Wissenschaftler im Auftrag der UN kurz vor dem Gipfel noch einmal gefordert haben.

In einem hochrangigen Synthese-Report der UN haben Wissen­schaftler*innen aus dem Weltklimarat IPCC, der Welt-Meteorologieorganistion (WMO) und anderen Institutionen zusammengestellt, was geschehen müsste, um die Klimakrise zu stoppen. Mit den bisher weltweit angekündigten nationalen Zielen würde die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 2,9 bis 3,4 Grad steigen, heißt es darin.

Um die Erderwärmung auf 2 Grad zu beschränken, müssten sich die Ambitionen zur CO2-Einsparung etwa verdreifachen, für das 1,5-Grad-Ziel sogar verfünffachen, heißt es im Report. Das deutsche Klimaschutzprogramm, das jetzt beschlossen wurde, beruht aber auf dem alten EU-Ziel für 2030, das deutlich verschärft werden muss, um den neuen Anforderungen zu genügen.

Wenn wir die Klimaziele errei-chen wollen, hätte der Preispfad fünfmal so hoch liegen müssen wie beschlossen

Brigitte Knopf

Als ein zentrales Instrument, um das Ziel noch zu erreichen, nennt der Bericht einen CO2-Preis. Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, müsste dieser im Jahr 2020 in den OECD- und G20-Staaten mindestens 34 bis 68 Euro betragen, heißt es. Davon ist der vom Klimakabinett angekündigte CO2-Preis für Verkehr und Heizen weit entfernt: Er soll im Jahr 2021 mit 10 Euro starten und erst 2025 bei 35 Euro liegen.

Für Brigitte Knopf vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC, die zum 10köpfigen Autor*innenteam des Reports gehört, ist damit klar, dass die deutschen Pläne keinesfalls ausreichen: „Der festgelegte Preispfad ist nahe an der Wirkungslosigkeit“, sagte sie der taz. „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, hätte er etwa fünfmal so hoch ­liegen müssen wie jetzt beschlossen.“

Um auf der internationalen Bühne trotzdem glänzen zu können, greift die Bundesregierung darum zu einem bewährten Mittel und stellt mehr Geld für den internationalen Klimaschutz zur Verfügung. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der Merkel ebenso wie Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) nach New York begleitet, kündigte am Sonntag an, 250 Millionen Euro für den globalen Waldschutz zur Verfügung zu stellen.

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17 Kommentare

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  • Sammeln Sie Punkte, Frau Merkel?

    • @Rainer B.:

      Nein, Flugmeilen!

      • @Sascha Gesang:

        Flugmeilen sammeln bei der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung - wie geht das denn?

  • Noch einmal eine Viertelmilliarde Steuergeld mehr für reine Politkosmetik und Ablass in der üblichen Vermeidungsform.



    Die eigentlich notwendigen fundamentalen Eingriffe ins globale wie nationale System beabsichtigt dort niemand ernsthaft.



    Dies würde zwingend Umverteilungen von Macht, Besitz und Einfluss bedeuten müssen.



    Umverteilung wird als feindseliger Angriff begriffen werden. Das beginnt schon dann, wenn sich Green Washing als untauglich herausstellen wird und Wachstumsgewinne im Großen sowie Arbeitsplatzängste im Kleinen akut werden. Die Hoffnung, dass die zunehmend akuter werdenden Klimatischen und soziokulturellen Realzustände zum breiten Umdenken zwingen würden, wird sich nicht erfüllen.



    Mächtige werden ihre Wirtschaftsmacht inklusive zugehörigem System mit allen Mitteln verteidigen, mit allen! Von politisch propagandistischen bis zu gewalttätigen.



    Aktive Politik jenseits dieser Kaste wird es nicht geben, gibt es jetzt schon kaum noch bzw. nur in kleinen unmaßgeblichen Nischen.

  • " Und Frau Merkel zeigt uns eindrucksvoll was sie von CO²-Ausstoß hält, indem sie und Frau Kramp-Karrenbauer quasi zugleich nach USA fliegen, aber in zwei Regierungsfliegern. Deutlicher kann Gleichgültigkeit nicht demonstriert werden."



    Die sind doch von der CDU. Nur Grüne sind Heuchler*innen ;)



    Aber ja, ich kann Ihren Kommentar gut nachvollziehen. Diese bei vielen Menschen (einschließlich derPolitiker*innen) vorzufindende Ignoranz und das sich-in-die-eigene-Tasche-lügen ist schon beeindruckend. Bei den Menschen mit Kindern und/oder Enkelkindern möchte mensch ja meinen, da müsste doch etwas mehr Interesse bestehen, da diese Groß-/Elternteile sich an sich ja zumeist um ihre Nachfahren kümmern und sorgen, zumeist mit ihnen verbunden sind ... aber viel an Veränderung ist da nicht zu beobachten. Sogar Leute (wie zuletzt die Mittelschicht(?)-Dielmanns in einer von der TAZ beschriebenen Lebensweise-Gegenüberstellung mit mit der Hartzer*inbezieher*in Wilkens), die meinen, sie wären ökologisch interessiert/engagiert, machen weiterhin Flugreisen, als ob die dadurch emittierte Menge an CO2 von einem Klimaeffekt ausgenommen wäre und nicht zählen würde ...

    • @Uranus:

      mein Kommentar ist eine Antwort auf RUGERO

  • "Merkel will mit Klimapaket punkten" ist wirklich Realsatire.



    Das sogenannte Klimapaket ist ein hübsches Dokument zum Bemühen etwas zu erreichen ohne jemand zu stören.



    Und Frau Merkel zeigt uns eindrucksvoll was sie von CO²-Ausstoß hält, indem sie und Frau Kramp-Karrenbauer quasi zugleich nach USA fliegen, aber in zwei Regierungsfliegern. Deutlicher kann Gleichgültigkeit nicht demonstriert werden.



    Die Menschheit fährt auf einen Abgrund zu und diskutiert in aller Ruhe wann sie mit dem Bremsvorgang beginnen soll.



    Mich persönlich wird es nicht treffen, aber ich bedauere trotzdem, daß sich die Menschheit so konsequent ihre eigenen Lebensbedingungen vernichtet.

  • Die Agrarwirtschaft leistet mit CO2 Bindung kostenlos für Sie den besten Beitrag zum Klimaschutz. Ja und ernähren wollen Sie sich auch oder?



    Autos komplett raus aus der Stadt, auf´m Land gehts ja ohne Verbrennungsmotoren leider noch nicht. Wir erzeugen Eure Nahrung nicht virtuell. Einfach mal danke sagen wäre o.k.

    • 9G
      93559 (Profil gelöscht)
      @Farmer:

      "Die Agrarwirtschaft leistet mit CO2 Bindung kostenlos für Sie den besten Beitrag zum Klimaschutz. "

      Ach, wie nett.



      Wie ist das noch mal mit Massentierhaltung, Methan, abgeholzten Regenwäldern für Tiernahrung, Gülle-Entsorgung auf den Feldern, wie ist das mit toten, überdüngten und pestizidbelasteten Böden, die dann der Wind weg trägt oder der Starkregen weg schwemmt?!



      www.deutschlandfun...:article_id=452145

      Wobei dort die Schuld nicht ausschließlich bei der Landwirtschaft fest gestellt wird.



      Ein Ansatz



      permakultur.de/was-ist-permakultur/

  • Dafür braucht es keinen UN-Report, um zu wissen, dass die Beschlüsse nicht reichen.

    Eine Nation die pro Kopf 12t CO2 pro Jahr ausstößt versucht Jahrzehnte nach den ersten internationalen Klimabeschlüssen mit Förderprogramm in den Griff zu bekommen, was schon die letzten Jahre nicht geklappt hat.

    Es geht nur noch mit klaren Regulierungen, alles andere bringt nichts!

  • & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

    taz.de/Vor-dem-New...magipfel/!5624978/







    bei FfF überall riesige PVC-Plakate. Alles Sondermüll. Eine schöne Ausnahme habe ich entdeckt: Ein Mädchen trug es in NY. Ein ganz ganz kleines Schild im ganz ganz großen Park, auf dem stand: "Use less paper" So geht`s doch auch.“

    Klar - “…& da war es aus Gips“

    unterm—-Ringelnatz —

    Im Park

    Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum



    still und verklärt wie im Traum.



    Das war des Nachts elf Uhr zwei.



    Und dann kam ich um vier



    Morgens wieder vorbei.



    Und da träumte noch immer das Tier.



    Nun schlich ich mich leise - ich atmete kaum -



    gegen den Wind an den Baum,



    und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips.



    Und da war es aus Gips.



    Joachim Ringelnatz

    (Das "Original-Reh" steht angeblich in einem Park in Hamburg-Blankenese :-)

  • Bloß keine Eile und nicht zu radikal bitte! ;/



    " Regionaler Bericht Neuer Report sagt Klima-Extreme für Brandenburg voraus



    20.09.19 | 21:17 Uhr



    Ein neuer regionaler Klimareport für Brandenburg ergibt: es wird immer wärmer und das Land droht, dramatisch Wasser zu verlieren. Der Meeresspiegel hingegen könnte so stark steigen, dass Bad Freienwalde zur Jahrhundertwende an der Ostsee liegt..."



    www.rbb24.de/panor...mangel-duerre.html

  • Nun, es gibt durchaus Begeisterung über die Klimabeschlüsse! Die Automobilbranche, über viele Subventionsmilliarden? Die schon mit der jetzigen Kundenzahl, ihrem Streckennetz und Infrastrukturen (Hochgeschwindigkeitsstrecken, S21; geplanter Tiefbahnhof Frankfurt) überforderte Bahn, freut sich auch. Bayern freut sich über die Sonderabstandsreglung für Windanlagen und flatulenzt heiße Luft in die Stromleitungen.



    Die Massentierhalter, Agrar- und Forstwirschaft verharren in stiller Begeisterung, weil sie komplett außen vor, und auf der sicheren Seite für Ausgleichszahlung sind, die durch Dürren infolge der Klimaveränderungen entstehen.



    Ein Blick auf die Börse zeigt, für wen diese Art des "Klimaschutz" nützlich ist!

    • @Drabiniok Dieter:

      "Die Massentierhalter, Agrar- und Forstwirschaft verharren in stiller Begeisterung, weil sie komplett außen vor, "

      ...und damit zeigt diese Regierung, dass sie nichts verstanden hat von dem, was "die Profis" = Wissenschaftler ihnen jahrelang versucht haben beizubringen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Drabiniok Dieter:

      Guter Hinweis, der Wink mit der Börse.

  • Das sogenannte Klimaschutzprogramm 2030 ist ein Witz. Wer Benzin um ein paar Cent teurer macht und gleichzeitig die Pendler wieder entlastet, wird genau Null komma Null Verhaltensänderung erreichen. Wir brauchen einen bescheideneren Lebensstil, auch wenn das kaum jemand hören mag.

    • @Winnetaz:

      Ich weis nicht ob das ein bescheidener Lebensstil ist, wenn abgehängte Landbewohner durch steigende Teibstoffpreise noch mehr abgehängt werden. Ich kann meinen Job nicht ohne Fahrzeuge machen. Ihr Stadtbewohner sehr wohl und habt es auch noch nicht hingekriegtem das Auto stehen zu lassen