Vor dem New Yorker Klimagipfel: Merkel will mit Klimapaket punkten
Beim Gipfel in New York will Angela Merkel ihr Klimapaket präsentieren. Doch ein UN-Report zeigt, dass die Beschlüsse bei Weitem nicht reichen.
Nun hat das sogenannte Klimakabinett der Regierung am Freitag gerade noch rechtzeitig das „Klimaschutzprogramm 2030“ verabschiedet. Doch ob die deutsche Bundeskanzlerin damit in New York punkten kann, scheint fraglich. Denn die deutschen Beschlüsse sind nicht nur nach Ansicht von Umweltverbänden, Linken und Grünen völlig unzureichend. Sie bleiben auch weit hinter dem zurück, was Wissenschaftler im Auftrag der UN kurz vor dem Gipfel noch einmal gefordert haben.
In einem hochrangigen Synthese-Report der UN haben Wissenschaftler*innen aus dem Weltklimarat IPCC, der Welt-Meteorologieorganistion (WMO) und anderen Institutionen zusammengestellt, was geschehen müsste, um die Klimakrise zu stoppen. Mit den bisher weltweit angekündigten nationalen Zielen würde die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 2,9 bis 3,4 Grad steigen, heißt es darin.
Um die Erderwärmung auf 2 Grad zu beschränken, müssten sich die Ambitionen zur CO2-Einsparung etwa verdreifachen, für das 1,5-Grad-Ziel sogar verfünffachen, heißt es im Report. Das deutsche Klimaschutzprogramm, das jetzt beschlossen wurde, beruht aber auf dem alten EU-Ziel für 2030, das deutlich verschärft werden muss, um den neuen Anforderungen zu genügen.
Brigitte Knopf
Als ein zentrales Instrument, um das Ziel noch zu erreichen, nennt der Bericht einen CO2-Preis. Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, müsste dieser im Jahr 2020 in den OECD- und G20-Staaten mindestens 34 bis 68 Euro betragen, heißt es. Davon ist der vom Klimakabinett angekündigte CO2-Preis für Verkehr und Heizen weit entfernt: Er soll im Jahr 2021 mit 10 Euro starten und erst 2025 bei 35 Euro liegen.
Für Brigitte Knopf vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC, die zum 10köpfigen Autor*innenteam des Reports gehört, ist damit klar, dass die deutschen Pläne keinesfalls ausreichen: „Der festgelegte Preispfad ist nahe an der Wirkungslosigkeit“, sagte sie der taz. „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, hätte er etwa fünfmal so hoch liegen müssen wie jetzt beschlossen.“
Um auf der internationalen Bühne trotzdem glänzen zu können, greift die Bundesregierung darum zu einem bewährten Mittel und stellt mehr Geld für den internationalen Klimaschutz zur Verfügung. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der Merkel ebenso wie Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) nach New York begleitet, kündigte am Sonntag an, 250 Millionen Euro für den globalen Waldschutz zur Verfügung zu stellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit