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Virologe Hendrick Streeck ist zurückWarum nicht auch Drogenbeauftragter?

Der Virologe Hendrik Streeck soll Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung werden. Was er von Cannabis hält, hat er bereits deutlich gemacht.

Kann irgendwie alles: Hendrik Streeck (CDU), Virologe, Krimiautor, Talkshow-Gast, soll der neue Drogenbeauftragte werden Foto: Robert Michael/dpa

Hendrik Streeck ist Virologe und außerdem noch: Talkshow-Star, Krimi-Autor, Sachbuchschreiber und CDU-Politiker. Auch das Bundesgesundheitsministerium hätte er sich wohl zugetraut, wenn man es ihm angeboten hätte. Das Amt ist jedoch an seine Parteikollegin Nina Warken gegangen. Die schlägt Streeck jetzt als Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen vor, am Mittwoch soll er vom Kabinett berufen werden.

Streeck, 1977 in Göttingen geboren, ging nach seinem Medizinstudium in Berlin 2006 in die USA, forschte an der Harvard Medical School und an der Johns-Hopkins-Universität. Dort lernte er auch seinen Mann Paul Zubeil kennen. 2015 kehrte Streeck nach Deutschland zurück, um eine Professur an der Universität Duisburg-Essen anzunehmen. 2019 wechselte er nach Bonn, wo er die Leitung des Instituts für Virologie und des Instituts für HIV-Forschung übernahm.

Dann kam 2020 die Coronapandemie, und Streeck war plötzlich in der Öffentlichkeit. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) berief ihn in den Corona-Expertenrat. Und Streeck meldete sich immer wieder zu Wort, war häufig Gast in Talkshows, wo er mit Positionen auftrat, die denen seiner Fach­kol­le­g*in­nen widersprachen. Streeck befürwortete schon früh Lockerungen der Auflagen und sprach sich, entgegen den Einschätzungen anderer Wissenschaftler*innen, oftmals gegen Lockdowns aus.

Mit der Pandemie verschwand auch Streeck aus den Talkshows. Er blieb aber als Experte im Nachfolgegremium des Corona-Rats „Gesundheit und Resilienz“. Und er schrieb Bücher.

In „Nachbeben – Die Pandemie, ihre Folgen und was wir daraus lernen können“ kritisiert er, das Credo „Folgt der Wissenschaft“ habe den freien Austausch von Ideen teilweise blockiert. Der Meinungskorridor sei unter Berufung auf „die Wissenschaft“ zu sehr eingeengt gewesen. In öffentlichen Auftritten spricht er sich auch jetzt für eine weitere Aufarbeitung der Pandemie aus. Man habe sich in der Pandemie zu sehr auf einige wenige Wis­sen­schaft­le­r*in­nen verlassen, sagte er kürzlich der Welt, und hätte mehr Kinderärzt*innen, Psy­cho­lo­g*in­nen und So­zio­lo­g*in­nen hören sollen, auch zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Lockdowns.

Auch im Bereich der Fiktion hat Streeck sich versucht. Im Februar erschien sein Krimi „Das Institut“: An einem Virologischen Institut in Boston stellt ein Detektiv Ungereimtheiten fest, Wis­sen­schaft­le­r*in­nen haben dort Viren manipuliert. Das Echo war mäßig: „Hendrik Streecks erster Roman darf auch gerne sein letzter bleiben“, befand zum Beispiel Rezensentin Miriam Zeh im Deutschlandfunk.

Direktmandat abgenommen

CDU-Mitglied ist Streeck seit 2017, zur Bundestagswahl 2025 trat er zum ersten Mal für ein Direktmandat an. Seinen Wahlkreis in Bonn gewann er mit neun Prozentpunkten Abstand zu den zweitplatzierten Grünen und holte ihn damit nach 37 Jahren zurück für die Union. Den Koalitionsvertrag handelte er in der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege mit aus.

Hervorstechende Qualifikationen für das Amt als Drogenbeauftragter finden sich in Streecks Lebenslauf zwar nicht. Allerdings dürfte seiner Vorgesetzten in spe, Ministerin Warken, Streecks Haltung zum Kiffen gefallen. Denn der designierte Drogenbeauftragte ist, wie die Ministerin, gegen die Legalisierung von Cannabis. „Sie schadet unserer Gesellschaft“, schreibt er auf seiner Website. Union und SPD haben zwar im Koalitionsvertrag eine „ergebnisoffene Evaluierung“ vereinbart. Streeck allerdings scheint sich bereits festgelegt zu haben.

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24 Kommentare

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  • Typisch Union, saufen ok, kiffen pfui!

  • Na toll, irgendwer muss ja als Blitzableiter dienen.



    Waren das noch Zeiten wie der Gesundheitsminister Lauterbach hieß ...

  • Qualifikation ist nur dann gewünscht, wenn es sich um Menschen der Gegenseite handelt.



    Frau Baerbocks Unerfahrheit für das Kanzleramt war kein Problem, gibt ja ein Stab darunter. Bei Merz hat dann plötzlich die Regierungserfahrung gefehlt.



    Auf der anderen Seite des Spektrums gibt es die gleiche Argumentation beziehungsweise man findet dann schon Rechtfertigungen, weshalb eine Person geeignet.

    Das war in der letzten Regierung so und in der jetzigen. Kompetenz in einem Gebiet sind nicht notwendig und Streeck somit gut geeignet.

  • Hendrik Streeck ist nach eigenen Angaben bereits Anfang 2017 in die CDU eingetreten, also gut 3 Jahre bevor COVID in Deutschland als mögliche Gesundheitsgefährdung Ernst genommen wurde. Ein Schelm, wer bei seiner noch kurzen politischen Karriere an Amigos denkt, die sich in den Seilen hängend, gegenseitig oben halten und noch höher hinaus wollen.

  • Was soll er als Arzt von Cannabis halten? Es ist scheiße, sich die Birne wegzupusten, egal womit. Darum geht es nicht. Drogen kann man genausowenig effektiv mit Repression bekämpfen wie Prostitution. Deshalb muss man nicht die Lebenslügen von Kiffern und Freiern verbreiten.

  • "Denn der designierte Drogenbeauftragte ist, wie die Ministerin, gegen die Legalisierung von Cannabis."



    und das ist die entscheidende Qualifikation ! Alles andere ist nebensächlich.

    Denn die C*U torpedieren die Cannabisfreigabe ja in einem Rumpelstizlchenstil dass es eine wahre Wonne ist.

    Ähnlich wie seinerzeit der Kampf gegen Gesamtschulen - manche Leserinnen werden sich erinnern.

    Aber das ist halt der Grundgedanke konservativer Politik:



    Alles bleibt wie es ist. Jede Änderung ist Teufelszeug.

  • Wenn Streeck wissenschaftlich glaubwürdig arbeitet, wird er bemerken, dass von Alkohol und Nikotin die weit größere Gefahr ausgeht. Und eher Alkohol verboten gehört.Oder es wird gemäß der eigenen Partei gegen Cannabis mit allen Halbwahrheiten unwissenschaftlich gekämpft. Man will ja die Alkohol Lobby schützen. Ich habe mal mit dem Leiter einer Suchtambulanz gesprochen. Er fand die Legalisierung gut, da es sein Klientel entstigmatisiert und es denn Menschen leichter macht, sich Hilfe zu suchen.



    Mal sehen, was Herr Streeck so ausheckt.

  • Na klar muss ein Gegner sein - alles andere wäre für die CDU undenkbar. Und na klar muss es einer sein, der vom Thema genausowenig Ahnung hat wie alle Drogenbeauftragten aus den Reihen von CDU/CSU in der Vergangenheit. Zu dumm das Streeck Mediziner ist - man wird ihm schon deshalb Kompetenz zuschreiben. Da spielt es auch keine Rolle, dass er sich sein halbes Leben lediglich mit Geschlechtskrankheiten/HIV befasst hat.

  • Ja, so ist die Union... ideologiefrei und ergebnisoffen... in allen Belangen...

  • Streeck ist für ein öffentlich Posten ungeeignet.

  • Mich interessiert eigentlich weniger, ob Cannabis der Gesellschaft schadet als ob es das auf signifikant höherem Niveau tut als Alkohol oder Nikotin. Jetzt da es legal ist wäre es ja besondern perfide nur das eine zu verbieten falls eine der anderen drogen eigentlich deutlich gesellschaftsschädlicher wären…

  • Kein Arzt kann aus rein medizinischer Sicht den Gebrauch von Drogen, und dazu gehören natürlich auch Alkohol und Nikotin, empfehlen. Das "linke" Kiffertum hat genug junge Existenzen zerstört, genauso wie das "spießige" Saufen und der bürgerliche Rotwein-Tic.



    Der Gebraucj der Droge A kann ichthyosis rechtfertigen, das auch die Droge B und C noch Promoter wird.



    Es müssen die Verhältnisse geändert werden, die zum Streben nach Betäubung führen.

  • Streeck will Anerkennung, Anerkennung, Anerkennung. Es ist nur zu hoffen, dass das seine politische und wissenschaftliche Leistung nicht beeinträchtigen wird.



    Es gibt Punkte pro und contra Legalisierung, und auch hier spielen Werte eine Rolle. Streeck sollte aber sine ira et studio alle Punkte offen evaluieren und benennen.

  • Potzblitz, wieder ein Durchlauferhitzer, hohe Kosten, viel Lärm. Aber natürlich, Virologe ist besser denn klinischer Pharmakologe, Psychologe, Psychiater oder Toxikologe. Wie Shakespeare schon sagte (über den Alkohol), it provokes the desire, but takes away the performance.

  • Dass Herr Streeck sich nun der CDU durch Mitgliedschaft anbiedert und so die Kartiereleiter emporkriechen kann, entspricht seinem geltungssüchtigen Naturell.

  • Cannabis ist zu wichtigen Teilen bereits legalisiert worden, nicht nur bei uns. Das Einzige, was beim Cannabis noch fehlt, ist eine dedizierte Cannabis-Steuer. Immerhin sparen wir durch die Teillegalisierung von Cannabis jede Menge Geld, womit sonst die Polizei- und Justizarbeit hätte bezahlt werden müssen.



    Wir könnten uns statt mit Cannabis ja auch einmal mit dem (noch?) größeren Übel, nämlich dem Alkoholmissbrauch, beschäftigen. Hört man dazu etwas von Streeck?

    • @Aurego:

      Was vor allem weder Streek noch viele Legalisierungsbefürworter verstanden haben: Es ging nie darum, Cannabiskonsum zu fördern.



      Es ging darum, den Konsum, den man ohnehin nicht unterbinden kann, in geordnete Bahnen zu führen und damit die negativen Folgen einzudämmen.

      • @Herma Huhn:

        Absolut richtig.



        Streeck kritisierte ja zu recht, daß der Meinungskorridor während Corona zu eng war und nicht alle Aspekte berücksichtigt wurden.

        Erstaunlich. daß er das dann bei Drogen selbst so praktiziert. Natürlich spricht medizinisch nichts für eine Drogenfreigabe. Aber für die Gesellschaft sind nicht negative gesundheitliche Auswirkungen bei Drogenkonsumenten das Problem.



        Sondern die irrsinnigen Summen, die durch die Verbote bei der organisierten Kriminalität landen. Die sich dadurch Einfluß und Macht erkaufen kann und teilweise schon Behörden und Politik infiltriert hat.

        Am sinnvollsten wäre es eigentlich, nicht nur Cannabis, sondern ALLE Drogen unter staatlicher Kontrolle freizugeben und dadurch die Geldströme der OK trockenzulegen.

      • @Herma Huhn:

        Nein, es ging überhaupt nicht um den Konsum - das wissen vor allem die Befürworter, denn der Konsum war vorher nicht illegal und wird es auch nie sein können, so lange man sich in diesem Land straffrei selbst schädigen darf ... wobei man von einer Schädigung bei Cannabis nur bedingt sprechen kann, ganz im Gegensatz zu Alkohol.



        Es geht darum Menschen nicht zu kriminalisieren / zu stigmatisieren, die nicht kriminell sind und sicherlich besser für eine Gesellschaft sind, als all die Betrunkenen die permanent vergessen, was moralisch vertretbar, richtig und gut ist.

        Alkohol ist die Quelle von Kriminalität, Mord und Totschlag ... und "Cannabis schadet unserer Gesellschaft". Na klar. Was sonst?!

    • @Aurego:

      Ohne Alkoholmissbrauch aber keine CSU-Mehrheiten, vermuten einige.



      Und dass man sich als Parteifunktionär etwa Merz schönsaufen musste, steht auch zu vermuten.

  • Ergebnisoffene Evaluation ist ein Weg, für die Mehrheit tragfähige gesellschaftliche Regeln aufzustellen. Ob dazu jemand geeigneter wäre, der sich mit fast fünfzig Jahren zu einer der sein ganzes Leben hindurch meistdiskutierten Fragen noch gar keine Meinung gebildet hat, als einer, der sich durchaus schon interessiert und informiert hatte, mag ich bezweifeln.

  • Erstmal eine ergebnisoffene Evaluierung übers Saufen. Die härtesten Drogen zuerst. Wenn das dann verboten wird kann man über Cannabis sprechen. Die Dringlichkeit und nicht Ideologie sollte die Reihenfolge bestimmen. Es geht ja um unsere Gesundheit, oder?

  • Da fühlt sich jemand aber sehr wohl im Rampenlicht.

    Braucht’s das?

    Hauptsache zu allem eine Meinung.

  • Wieder einer der den Alkohol verharmlost?