Vatikan-Argumente zur „Gendertheorie“: Neue Römische Kriege
Die katholische Kirche hat ein Dokument zur „Gendertheorie“ veröffentlicht. Doch selbst für den Vatikan sind die Inhalte rückschrittlich.
Dass der Papst nicht unbedingt LGBTIQ-freundliche Ansichten teilt, ist keine Überraschung. So bezeichnete er schon 2016 bei seinem Besuch im georgischen Tiflis die „Gendertheorie“, die unter anderem das Konstrukt der Geschlechterbinarität ablehnt, als „Weltkrieg gegen die Ehe“. Doch am vergangenen Montag legte die katholische Kirche noch einen drauf.
Da stellte die Bildungskongregation für die katholische Lehre ihr erstes offizielles Dokument zum Thema Gender vor, in dem sie vor der Vermittlung der „Gendertheorie“ an Schulen warnt. 57 Punkte umfasst der Text mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf er sie“.
Darin wird eine „Gender-Ideologie“ kritisiert, wonach Menschen ihr Geschlecht wählen oder wechseln können. Die fließende Grenzen zwischen den Geschlechtern seien ein Symptom eines „konfusen Konzepts der Freiheit“. Zudem sei die „Gendertheorie“ eine „Ideologie, die eine Gesellschaft ohne geschlechtliche Unterschiede vorsieht und somit die anthropologische Grundlage der Familie eliminiert“. Oh, Lord!
Ziel des Dokuments sei das Führen eines Dialogs. Doch statt einer Gesprächseinladung kommt die Veröffentlichung des Dokuments im Pride Month wie ein Schlag ins Gesicht gegen LGBTIQ Personen daher. Werden darin doch Menschen, die ohnehin von Diskriminierung betroffen sind, weiter ausgegrenzt.
Genitalien sollen Geschlecht bestimmen
Homo- und transfeindliche Mythen und Irrglauben werden darin weiterverbreitet. So suchen sich trans Menschen ihr Geschlecht nicht nach Lust und Laune aus, sondern sie identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Der Vatikan beharrt zudem auf die Kategorien Mann und Frau, die nur an sichtbaren Genitalien festgemacht werden – obwohl das auch von wissenschaftlicher Seite widerlegt wurde.
Der Verband New Ways Ministry, der für LGBTIQs in der katholischen Kirche einsteht, kritisierte das Papier: Es „wird diejenigen verwirren, die ohnehin schon mit Fragen der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung am Kämpfen sind. Das kann zu selbstverletzendem Verhalten, Sucht und sogar zum Suizid führen.“
So wird das nichts mit dem angestrebten Dialog. Der Vatikan muss LGBTIQ Menschen endlich mal zuhören, anstatt bei Themen mitreden zu wollen, von denen man offensichtlich keine Ahnung hat. Doch gerade nach diesem Dokument kann man es niemanden übelnehmen, wenn er nicht mehr mit Rom reden möchte.
🏳️⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️🌈
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Informationen auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich aber leisten kann, darf einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Völkerrecht und Demokratie
Gefährliche Gretchenfrage
Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen
Spahns miese Tricks
Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen
Ex-CDU-Politiker Müller kritisiert Spahn
+++ USA unter Trump +++
Trump erfindet neue Zolltarife für EU und Mexiko
AfD und CDU
Der Kulturkampf hat das höchste Gericht erreicht
Zwischenbilanz der Regierung
Merken Sie schon was?