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Ultraschnelles Laden von E-AutosNicht mit diesem Stromnetz

Um die Ladeḱapazitäten für E-Mobilität auszubauen, fehle die Infrastruktur, beklagt Aral. Der Branchenverband spricht gar von einer „Katastrophe“.

Schnellladesäulen wie hier an einer Raststätte an der A3 drohen das Netz zu überlasten Foto: dpa

Freiburg taz | Fehlende Kapazitäten des Stromnetzes bremsen den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos – das beklagt die Bochumer Tankstellenkette Aral, die nach eigenen Angaben an etwa 300 ihrer Stationen insgesamt 2.300 Ladesäulen betreibt. „Teilweise können die örtlichen Netzbetreiber die Leistung, die wir für unsere ultraschnellen Ladesäulen benötigen, nicht bereitstellen. Das erleben wir an allen Ecken und Enden der Republik“, sagte Aral-Vorstand Achim Bothe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. „Die Infrastruktur gibt oftmals noch nicht das her, was wir brauchen.“

Das Problem wird nachvollziehbar, wenn man betrachtet, um welche enormen Leistungen es in der E-Mobilität inzwischen geht: Als „ultraschnell“ gelten Ladesäulen, die mindestens 150 Kilowatt, mitunter sogar bis zu 350 Kilowatt bereitstellen können. Anschaulich bedeutet das: Der gesamte monatliche Stromverbrauch eines Haushalts geht hier in nur einer Stunde durch die Leitungen. Wenn dann – etwa an Autobahnraststätten – sogar eine Vielzahl solcher Säulen stehen soll, überschreitet das schnell die Kapazitäten der bestehenden Leitungen.

„Wir haben ein katastrophales Netz“, sagt auch Kurt Sigl, Präsident der Lobbyvereinigung Bundesverband eMobilität. Schon vor fast 15 Jahren habe man die Politik darauf hingewiesen, dass ein erheblicher Ausbau der Verteilnetze nötig sei, so Sigl. Doch die Politik habe an die Notwendigkeit so hoher Ladeleistungen nicht geglaubt – und sei entsprechend untätig gewesen.

Mitunter setzen Betreiber von Ladesäulen auf stationäre Pufferbatterien, um die Fahrzeuge mit höherer Leistung betanken zu können, als es das Netz selbst hergibt. Solche Zwischenspeicher kosten aber Geld und brauchen Platz, weshalb Branchenvertreter Sigl entsprechende Konzepte nur als „Notlösung“ sieht. Vielmehr sei die Politik gefragt, „endlich die nötigen Netze und eine langfristige Planungssicherheit zu schaffen“.

Kernfrage: Wer zahlt?

Natürlich geht es dabei vor allem um die Frage, wer den Ausbau der Netzinfrastruktur bezahlt. Investitionen, die über die Netzentgelte finanziert werden, treiben den Strompreis für alle Stromkunden. Bedauerlicherweise sind die Netzentgelte ohnehin schon deutlich gestiegen in den vergangenen Jahren, allein 2023 um 15 Prozent. Investitionen, die von den Betreibern der Ladeparks getätigt werden müssen, treiben indes den Preis an den Schnellladesäulen weiter, der ohnehin schon deutlich über jenem des Haushaltsstroms liegt.

Neben der Frage, wer den Ausbau der Netzinfrastruktur bezahlt, sehen sich die Branchenakteure der E-Mobilität zudem „ausgebremst durch Bürokratie“, wie es Aral-Chef Bothe sagte. Beim Aufbau der Transformatoren, die man zum Anschluss der Ladesäulen ans Stromnetz braucht, vergehe vom Antrag bis zur Baugenehmigung oft mehr als ein Jahr.

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25 Kommentare

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  • Die Straßen auf denen die vielen Autos fahren, die den Mineralölkonzernen seit Jahrzehnten die noch schöneren Gewinne bescheren, wurden vom Staat ergo den Steuerzahlern finanziert und jetzt ruft man wider ach dem Staat, weil mal größere Investitionen anstehen. Komisch, Übergewinne abschöpfen und damit abhauen geht alleine.



    Wenn wir jetzt nicht so einen Totalausfall als Kanzler hätten, hätte dieser sich die Vorstände der Konzerne mal eingeladen und ihnen mal ein paar warme Worte gesagt und erläutert wo und wie sie sich mal nützlich machen können.

  • "[...]Aral-Chef Bothe sagte. Beim Aufbau der Transformatoren, die man zum Anschluss der Ladesäulen ans Stromnetz braucht, vergehe vom Antrag bis zur Baugenehmigung oft mehr als ein Jahr."

    Ach nee. Diese Dauer dürfte doch für alle Ladesäulenbetreiber gleich sein. Dennoch findet man unter den zahlreichen vorhandenen Ladesäulen so gut wie keine Tankstelle. Generell finde ich es ja gut, dass die Tankstellenbetreiber inzwischen kapiert haben, dass die BEV-Fahrer eigentlich total attraktive Kunden sind. Vom Ladestrom abgesehen sind die nämlich daran interessiert, während des Ladens ordentlich zu essen, worauf manchem Diesel Fahrer nach dem Tanken vermutlich der Appetit vergangen ist. Die Infrastruktur zum Shoppen und Essen an den Tankstellen ist ja häufig ganz passabel. Vielleicht kriegen sie ja noch die Kurve, bevor sich der Bedarf anderweitig geschlossen hat.

    Die Krokodilstränen könnte er sich trotzdem sparen.

  • Tja, E-Autos sind nicht nur selbst teuer, sie verursachen auch noch erhebliche externe Kosten.



    Geld, das anderswo klimawirksamer eingesetzt werden könnte.

    • @sollndas:

      Sicher, deswegen sollte es auch nicht unbegrenzt viele Autos geben. Aber es gibt inzwischen EAutos die durch Ausgleichsmaßnahmen fast klimaneutral produziert werden, der Strom kommt im Idealfall komplett aus erneuerbaren Energien. Da kommt ein Verbrenner der jedes Jahr sein Eigengewicht an Rohöl verbraucht nicht mit.

    • @sollndas:

      "Klima" ist ein sehr enger Blickwinkel.

      • @Mitch Miller:

        Stimmt, man könnte mit dem Geld z.B. auch Schulklos reparieren.



        Dann schreibe ich eben "sinnvoller".

  • Wer hat denn die Tankstelleninfrastruktur quer durch die Republik bezahlt? Ganz einfach, Investoren mit Gewinnperspektive. Warum also, fordern jetzt alle möglichen Interessenvertreter erst mal die (stattliche) Allgemeinheit zum Handeln auf? Als echte Unternehmer müssten sie in der Lage sein entsprechende privatwirtschaftliche Bündnisse zu schließen. Dann macht es auch Sinn, der Bürokratie Feuer unterm warmen Sessel zu machen. Sonst eher nicht.

    • @vieldenker:

      das Tankstellennetz hat aber auch ein paar Jahre gebraucht ... von daher hinkt der Vergleich.

      Und das Problem ist viel größer - wie mir ein befreundeter Elektriker erklärt hat. Die ersten privaten Wall Boxen wurden problemlos genehmiegt. Aber jetzt geht hier in der Stadt nichts mehr. Das gefühlte Limit sind 5 Boxen pro 80 Einfamilienhäuse/Wohnungen.

      Und dafür gibt es einfach keine schnelle Lösung. Die Leitungen können nicht mal eben ALLE vergrößert werden.

      Aber auch das ist vermutlich seit Jahren bekannt, aber wird leider ignoriert.

      • @Herr Lich:

        Nee, das ist nicht bekannt. Die Politiker haben sehr oft keinen blaßen Schimmer von Stromstärken/Elektrotechnik.

        Ein Kilo Watt ist für viele das, was hinter'm Deich ist bei Ebbe... . :-()

  • Das man so eine große Autobahnraststätte nicht einfach an den nächsten Verteiler klemmen kann ist ja klar. Man braucht einen Anschluss ans Mittelspannungsnetz und eine Trafostation. Genau wie jeder etwas größere Industriebetrieb. Das sollte ja wohl möglich sein..

    • @Gunnar Grannis:

      Das mag für Tankstellen funktioneren.

      Aber die Hauptleitungen in den Städten können nicht mal eben vergrößert werden. Das ist ein echter Blocker.

  • Aral als Berater, das E-mobilität nicht klappt? Muss man erstmal drauf kommen! Große Akkupacks an Schnellladestationen lösen das Problem. Günstig Strom kaufen, wenn gerade überproduktion ist, teuer verkaufen zu Lastspitzen, variable Tarife für E-Autos je nach Netzlast und Ladegeschwindigkeit. Wird sogar in Deutschland schon zum Teil schon so gemacht!

    • @Daniel66:

      "Die Dimensionierung ist Ingenieurskram. fertig."



      Klar, die Frage nach der Finanzierung ist unwichtig. Dazu heben wir die Schuldenbremse auf, fertig?

  • Viele steigen wieder auf Verbrenner um, und das ist aus diesen Gründen nachvollziehbar. Neben dem dünnen Netz sind meist die Ladestationen belegt, auch an Autobahn-Raststätten. Nachdem ja jetzt ein Einbruch bei der Nachfrage nach E-Autos stattfinden wird entspannt sich die Situation ein wenig. Aber ob das dann en Bau neuer Ladestationen fördert ?

    • @maestroblanco:

      Es gibt kein dünnes Netz. Das ist gut. Und nach knapp 50.000 km E-Auto hatte ich 2x die Situation, dass Ladestationen, auf die ich gerne genutzt hätte, belegt waren und 2x defekt. Ich bin dann 5-10 km weiter gefahren zur nächsten Ladestation und habe ca. 5 Minuten verloren. Ist ärgerlich, aber weit entfernt von einem echten Problem. Wie oft haben Sie schon ein E-Auto geladen?

    • @maestroblanco:

      Gibt es für folgende Aussagen irgendeinen aussagekräftigen empirischen Beleg oder ist das so ein Bauchgefühl?







      - „Viele steigen wieder auf Verbrenner um…“



      - „…sind meist die Ladestationen belegt“



      - „…ja jetzt ein Einbruch bei der Nachfrage nach E-Autos stattfinden wird…“

      Für mich liest sich das alles wie ganz viel Bauchgefühl von einem, der noch nie eine Elektroauto von innen gesehen hat.

  • Interessant, das ausgerechnet ein Unternehmen fossiler Herkunft hier medienwirksam Kritik üben darf.

    Über deren Lobby Organisationen hätten sie die Merkel-Regierungen doch schon vor vielen Jahren in die gewünschte Richtung treiben können. Die Anforderungen an den modernen Energiebedarf sind doch schon sehr lange bekannt.

    Die Politik hätte die notwendigen Gesetze für einen beschleunigten Netzumbau also rechtzeitig umgesetzt haben können. Ein, die Politik hätte nicht geglaubt, ist mir zu billig.

    Jetzt die Politik zu beklagen ist rührig, wo die Ampel Koalition doch erstmals ernsthaft Bewegung in den Umbau der Netzinfrastruktur bringt. Ohne die Grünen würde es auch mit SPD und FDP allein nicht voran gehen.

  • echt? das hätte ich jetzt nicht erwartet....

    • @nutzer:

      Die Lösung ist einfach und offensichtlich: An großen Ladestationen stehen Akkupufferspeicher. Sie werden geladen, wenn das Netz nicht hoch belastet ist, speisen ins Netz zurück, wenn der Netzbedarf hoch ist, und verdienen damit Geld und Laden mit variablem Tarif, je nach Netzlast und Ladegeschwindigkeit. Die Dimensionierung ist Ingenieurskram. fertig.

  • „Teilweise können die örtlichen Netzbetreiber die Leistung, die wir für unsere ultraschnellen Ladesäulen benötigen, nicht bereitstellen. Das erleben wir an allen Ecken und Enden der Republik“..



    ---



    Ja, wusste jeder der das "Ohmsche Gesetz" und ein wenig mehr, mal lernen durfte!



    Die letzte Masche, mit der die Verbraucher, sprich Häuser versorgt werden (230/400 V/AC) ist nicht auf diese zusätzliche Last ausgelegt!



    Selbst im 10KV Netz wird es eng. Platz vielleicht ist noch im 150KV Netz, aber das gibt es nicht in der Fläche!



    Btw.



    1 eAuto in der Straße boh-ey.



    10 eAutos toll, aber



    100 eAutos, dann glühen die Leitungen!



    Aber als Fossil-Anbieter darauf warten das "Andere" Vorarbeiten leisten, die Kosten übernehmen & daran verdienen zu wollen ist wirklich dreist!



    Ladeinfrastruktur ist das Geschäft der Strom-Versorger, aber die stehen vor dem gleichen o.a. Problem!



    Fazit: Das alles ist/war schon seit Jahren bekannt, aber niemand wollte es wissen. Selbst an Tankstellen z.B. 10 Hochleitungsladepunkte einzurichten braucht einen massiven Netzum- besser Ausbau. Ist vielleicht noch im Ballungsraum rentable, doch in der Fläche, selbst im suburbanen Bereich, Vorort, Siedlungen, usw. rechnet sich das nicht!



    .



    Ps. Auch mit Eigenheim, oder gerade dort wird das teuer. Denn dort sind die Netze auch nicht auf massenhafte eAutos ausgelegt!

    • @Sikasuu:

      nicht nur massenhaft eAutos sondern auch noch massenhaft eAutos mit annähernd gleichzeitigem Ladezeitpunkt, ergo max. Spitzenlast.



      Dazu kommen Photovoltaikanlagen die unplanbar einspeisen (zusätzlich noch unplanbar, weil es keine Anmeldepflicht bei Neuinstallationen mehr gibt, ergo niemand weiß für was die Leitungen ausgelegt sein müssen) sowie den Wärmepumpen, mit Spitzenlast im Winter.



      Lässt sich bestimmt techn. lösen, nur kostet das alles Geld und vor allem Planung.



      Da muß jemand in finanz. in Vorleistung gehen oder es gibt variable Stromtarife, die bei Überlastung den Kunden den Strom drosseln oder gar abschalten.



      Das letztere wäre aber widersinnig, weil es die gesamte Idee ins absurde führe würde.

  • Es ist so leicht, alles auf "die Politik" zu schieben. Langjährige Versäumnisse etc. War die Lobbyarbeit nicht gut genug?



    Wie wärs, wenn ARAL und die anderen, die davon profitieren, auch mal Kabel von der nächste Trafostation zu den Ladestationen hin verlegen? Klar, braucht es auch dafür Genehmigungen durch die Verwaltung. Bei der Verteilung von Benzin wird doch auch nicht nach dem Staat gerufen. Die den Strom brauchen, sollen auch dafür bezahlen.

    • @fly:

      "Die den Strom brauchen, sollen auch dafür bezahlen."



      Und das ist der Endkunde.

    • @fly:

      "Wie wärs, wenn ARAL und die anderen, die davon profitieren, auch mal Kabel von der nächste Trafostation zu den Ladestationen hin verlegen? "

      --------------







      Eine Sonderabgabe beim Kauf eines e-Autos in Höhe von 25% des Kaufpreises für die Bereitstellung der Infrastruktur ?

    • @fly:

      Vollkommen richtig gefolgert.

      Wer Öltanks im Boden finanzieren kann, kann auch Redox-Speicher finanzieren, um Ladestrom bereit zu stellen.



      Das übliche gejammer der Lobby und Konzerne auf höchstem Niveau um Subventionen.



      Fasst wie bei den Landwirten - lieber jammern um die Spritsubvention, statt grundsätzlichen strategisch nachhaltigen Umbau wagen und finanzieren.