Ukraine-Kurs nach SPD-Niederlage: Wahlpleite mit Friedensplakat
Die Inszenierung von Kanzler Olaf Scholz als ruhiger Pol zwischen lauter Hitzköpfen ist gescheitert. Was heißt das für die künftige Ukraine-Politik?
B ei der Frage, ob Berlin überhaupt Waffen an Kyjiw liefern soll, klafft zwischen der politischen Klasse und dem Volk ein tiefer Graben. Die staatstragenden Parteien sind alle dafür, eine knappe, aber stabile Mehrheit der Deutschen ist komplett dagegen.
Die SPD und Olaf Scholz wollten mit dem Slogan „Frieden und Sicherheit“ ein Angebot für beide Gruppen machen. Der Kanzler inszeniert sich gern als ruhender Pol, in Abgrenzung zu den Brauseköpfen von FDP und Grünen, die alles sofort liefern würden. Scholz hätte jeden Tag eine Dankeskarte an Hofreiter, Merz und Strack-Zimmermann schicken können, die ihm Zögerlichkeit vorwerfen. Denn jenseits der Berliner Politblase klingt Zaudern nicht nach Unentschiedenheit, sondern nach dem beruhigenden Versprechen, dass der Kanzler die Eskalationsgefahren im Blick und im Griff hat.
Die Strategie, den abwägenden Kanzler ins Zentrum der Europawahl zu rücken, ist gescheitert. Die SPD hat massiv an BSW und AfD verloren. Besonnenheit übersetzen viele offenbar mit Selbstwiderspruch. Man kann zwar erklären, dass man Frieden will und den Einsatz deutscher Waffen auf russischem Gebiet durchwinken kann. Etwa mit dem Hinweis, dass dieser Einsatz nur für die Grenze zu Charkiw gilt, nicht für Russland insgesamt. Aber wer in Wahlkämpfen etwas erklären muss, hat meist schon verloren.
Die SPD sollte ihren Kurs ändern oder besser: variieren. Mehr Mützenich, weniger Pistorius. Die Friedensfreunde, die ihr Kreuz beim BSW gemacht haben, mögen fahrlässig den aggressiven Charakter von Putins Imperialismus verkennen. In einem aber haben sie recht. Wo bleibt die von Deutschland angestoßene Verhandlungsinitiative? Die Ukraine-Konferenz in der Schweiz ist dafür kein Ersatz.
Es stimmt: Putin hat angesichts der Kriegsverlaufs kaum Interessen an Verhandlungen. Trotzdem lohnt es, Moskau einen diplomatischen Vorschlag zu machen. Auch um zu zeigen, was Berlin will: ein Ende des Krieges zu akzeptablen Bedingungen, nicht dessen endlose Fortsetzung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München