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Studie über Wohngebäude-ModernisierungWärmewende kostet in Deutschland 1,4 Billionen Euro

Alle Wohngebäude in Deutschland klimagerecht umzubauen kostet viel Geld, so eine neue Studie. Aber die Modernisierung schafft auch mehr als 100.000 neue Jobs.

Bis 2045 müssen Wohngebäude ohne fossile Heizung und Warmwasseraufbereitung auskommen Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Berlin taz | Die Wärmewende ist teuer, bringt aber auch die Wirtschaft in Schwung: Der klimagerechte Umbau aller Wohngebäude in Deutschland bis 2050 erfordert Investitionen von rund 1,4 Billionen Euro und schafft mehr als 100.000 neue Arbeitsplätze. Zu diesem Ergebnis kommt die länderübergreifende Studie „Der Markt allein wird es nicht richten: Das Dilemma der klimaneutralen Immobilien“ aus dem Versicherungskonzern Allianz.

In den vier größten europäischen Volkswirtschaften sind der Studie zufolge einschließlich Deutschland Investitionen von rund 3 Billionen Euro für die Dekarbonisierung der Wohngebäude erforderlich. Wohngebäude in Deutschland verursachen der Studie zufolge 14 Prozent aller direkten klimaschädlichen Emissionen, in erster Linie durch die Warmwasserbereitung und das Heizen. In Italien sind es 13 Prozent, in Frankreich 12 und in Spanien 7 Prozent.

Deutschland hat das gesetzliche Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein. Bis dahin müssen auch die Wohngebäude ohne fossile Heizung und Warmwasseraufbereitung auskommen. Das Ziel wurde in Folge des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts um fünf Jahre vorgezogen. In ihrem Koalitionsvertrag hält die schwarz-rote Bundesregierung an 2045 fest, auch wenn es etwa von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) infrage gestellt wird. Sie plädiert für eine Anpassung an das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Während andere Länder wie Dänemark oder Schweden die Wärmewende weg von fossilen Gas- oder Ölheizungen schon vor langem eingeleitet haben, hat in Deutschland erst die Ampel-Regierung damit begonnen. Vor allem der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen mussten wegen des „Heizungsgesetzes“ viel Kritik einstecken. Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat zwar in ihren Koalitionsvertrag angekündigt, das Gesetz „abzuschaffen“. Was das aber konkret bedeutet, ist weiterhin unklar. Die staatliche Förderung für den Austausch von fossilen Heizungen soll offenbar erhalten bleiben.

Co2-Preis reicht nicht

„Der Umbau des Immobiliensektors kostet nicht nur Geld – sondern erwirtschaftet auch welches“, sagte Arne Holzhausen von Allianz Research. Immobilien würden sich der Studie zufolge durch den klimagerechten Umbau verteuern. In Deutschland könnte die Wertschöpfung in der Immobilienbranche 2050 um 1 Billion Euro höher liegen als heute. „Diese Transformation wirkt als Motor für wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung, die Arbeitslosenquote könnte um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte sinken“, sagte er.

Ein klimapolitisches Steuerungsinstrument ist der sogenannte Co2-Preis, der pro verbrauchter Tonne Kohlendioxid fällig wird. Durch diese Abgabe wird das Heizen mit fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahren sehr viel teurer. Die Idee: Aufgrund der hohen Kosten rüsten Ei­gen­tü­me­r:in­nen um. Ein höherer Co2-Preis allein reicht aber nicht aus, um den klimafreundlichen Umbau der Wohngebäude zu erreichen, stellen die Stu­di­en­au­to­r:in­nen fest. Der Staat müsse Anlaufstellen schaffen, die Bür­ge­r:in­nen bei technischen Fragen und dem Zugang von Fördergeldern unterstützen.

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5 Kommentare

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  • Btr. Zitat:

    "Der klimagerechte Umbau aller Wohngebäude in Deutschland bis 2050 erfordert Investitionen von rund 1,4 Billionen "

    Stellen wir mal die Zahlen in die Realation zu den anderen Fakten.

    1.) Sehr viel Geld für eher wenig Klimaschutz

    Gebäude-Heizungen machen ca. 15% aller Deutschen CO2-Emissionen aus.



    --> Das macht ca. knapp 100 Milliarden Euro Kosten pro 1% weniger Emissionen.

    2.) Wohngebäude machen ca. 2/3 der Gebäude -Emissionen und des Bestandes aus.



    Also ca. knapp 1000 Milliarden Euro Kosten für die Wohngebäude

    3.) Es gibt in Deutschland ca. 20 Millionen Wohngebäude mit 40 Millionen Wohnungen.

    Die Kosten pro Wohnung sind somit ca. 1000 Miliiarden Euro / 40 Millionen => ca. 25tausend Euro pro Wohnung für alle Wohnungen im Mittel.

    4.) Über 25 Jahren somit 1000 Euro pro Jahr für jeden deutschen Haushalt im Mittel.

    Und das alles in Zeiten von Wohnungsmagel, Mietpreisexplosion und massiver Zunahme der Wohnungslosikeit sowie stagnierenden Reallöhnen.

    Fazit:

    Wenn man keine groben sozialen Verwerfungen riskieren will sollte man den Schwerpunkt beim Klimaschutz da setzten wo ca. 75% der Emissionen entstehen:



    Stromerzeugung, Industie, Verkehr.

  • 1,4 Billionen Euro hört sich erst einmal nach ziemlich viel an, aber wie viel ist das pro Einwohner? Ca.16.600€? Ca. 360€ pro qm Wohnfläche? Ist immer noch ordentlich, aber auf 20 Jahre verteilt durchaus machbar.

    • @Aurego:

      Und in 20 Jahren stehen dann die 100.000 zusätzlichen Handwerker (so wir die überhaupt finden) ohne Arbeit da? 😇

  • 1,4 Billionen sind bei 80 Mio Menschen 17.500,- € pro Nase (wenn denn jeder nur eine hat). Ist schon ne Menge.

  • Die Reparatur und Wiederherstellung der Umwelt bietet vielfältige und ausgezeichnete Umsatz- und Einkommensmöglichkeiten. Dies erkennen bislang nicht, was für mich auf ideologische Besetztheit (Leugnung des Klimawandels) schließen lässt, alle Entscheidungsträger in Wirtschaft, Politik und Bürgergesellschaft. Es muss sich jedoch dringend die Werteinstellung gegenüber der Arbeit ändern. Mit der Schaufel schippen, ggf ohne Abitur, wird genauso gut bezahlt werden (müssen), wie heute ein Arbeitnehmer mit Abitur und Berufsausbildung, da ansonsten die Kaufkraftverteilung unter der erwartbaren Konsumgüterpreisbildung nicht mehr stimmt.