piwik no script img

Streit über den HaushaltDie Er­b:in­nen zur Kasse bitte!

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

In Deutschland werden jährlich 400 Milliarden Euro vererbt. Gerade bei großen Vermögenserbschaften treten viel zu oft Steuervergünstigungen in Kraft.

Uneins in der Frage, wo das Geld herkommen soll – Christian Lindner und Robert Habeck im Bundestag Foto: Michael Kappeler/dpa

G eld ist ein schwieriges Thema. Nicht nur im Freundes- und Bekanntenkreis, auch unter Koalitionspartnern. Das zeigen die mündlichen und schriftlichen Äußerungen zum künftigen Haushalt, die derzeit vor allem zwischen Grünen und FDP ausgetauscht werden. Die SPD hält sich wie üblich noch raus. Dennoch ist es wichtig, gerade jetzt über Geld zu reden. Und darüber, woher es kommen könnte.

Fakt ist: Der Bund wird im kommenden Jahr wohl 50 Milliarden Euro weniger ausgeben können. Die Ampel streitet bereits darüber, was sich noch finanzieren lässt: Schicke Panzer für die Bundeswehr? Eine hippe Aktienrente? Oder doch lieber eine solide Grundsicherung gegen Kinderarmut? Dass man nun laut überlegt, was man sich noch leisten kann, liegt vor allem daran, dass sich der Staat in den letzten Jahren verstärkt auf die Quelle des billigen Geldes verlassen und immer neue Kredite aufgenommen hat.

Doch dieser Weg ist nun bis auf einen winzigen Durchgang versperrt. Die grundgesetzliche Schuldenbremse gilt wieder. Sie auszusetzen, war zwar richtig, auch damit der Bund sich am Kapitalmarkt Geld beschaffen konnte, um erst die Folgen der Corona-, später der Energiekrise abzupuffern. Doch auf Dauer sind immer neue Kredite in unbegrenzter Höhe kein Allheilmittel. Zum einen wird deren Tilgung ausgeklammert beziehungsweise späteren Generationen zugeschoben.

Zum anderen werden Schulden in Zeiten steigender Zinsen wieder zum Problem. In diesem Jahr plant der Finanzminister fast 40 Milliarden Euro allein für Zinszahlungen ein. Es wäre also angezeigt, neue Einnahmequellen zu erschließen. Zum Beispiel über eine Reform der Erbschaftsteuer. In Deutschland werden pro Jahr 400 Milliarden Euro vererbt. Nur ein Bruchteil davon schöpft der Staat ab.

Zudem gilt: Je mehr man erbt, desto weniger muss man anteilig ans Gemeinwesen abgeben. Das liegt an großzügigen Ausnahmeregelungen für Unternehmenserben und den Möglichkeiten, das Erbe schon zu Lebzeiten steuergünstig zu verschenken. Von diesen Vergünstigungen profitieren vor allem Er­b:in­nen großer Vermögen. Die oberen 10 Prozent erben die Hälfte des gesamten Volumens.

Die untere Hälfte der Gesellschaft erbt gar nichts. Gebote wie Leistungsgerechtigkeit – gern von der FDP propagiert – oder Chancengleichheit – wichtig für Grüne und SPD – sind beim Erben außer Kraft gesetzt. Vielmehr verschärft die privilegierte Weitergabe großer Vermögen die Ungleichheit in Deutschland. Eine Reform der Erbschaftsteuer könnte also durchaus ein gemeinsames Projekt der selbsternannten Fortschrittskoalition sein.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
  • Eine Änderung des Erbschaftsrechts würde kaum etwas verändern. Familien wie die Quandtfamilie haben genügend Anwälte, die die Schlupflöcher finden, notfalls wird eine Familienstiftung in Österreich gegründet, dort ist als Ziel der Stiftung das gute Leben der Familie ein legitimes Ziel und spart gigantisch Kosten. Oder es werden Aktienpakete vererbt, kann man schön in der Wirtschafspresse nachlesen.

    Zudem ist nicht die Einnahmenseite in Deutschland das Problem, sondern die Ausgabenseite. Noch mehr Ministeriumsmitarbeiter, noch größere Verwaltungen (Habeck macht es vor), und das alles trotz Verlagerung von Staatsaufgaben auf die Bürger (Grundsteuermeldungen).

    Der Staat könnte einfach mal anfangen, sparsam mit dem Geld der Bürger umzugehen. In anderen Ländern funktioniert es doch auch, Österreicher gehen früher in Rente, bekommen deutlich mehr Rente, und die Staatsschulden relativ zur Staatsgröße signifikant niedriger. Aber hier schmeisst der Staat alle Problem mit Geld zu und glaubt das ist die Lösung.

  • Ich würde die Erbschaftssteuer komplett abschaffen !



    Und stattdessen in Zukunft Einkommen aus Erbschaft genauso behandeln wie Einkommen aus Erwerbsarbeit.



    Dann hätte man eine Steuer abgeschafft und trotzdem die Steuereinnahmen deutlich gesteigert. Und zwar so deutlich, daß sogar die Steuersätze gesenkt werden könnten.

    • @Don Geraldo:

      Quatsch mit Soße. Dann bleibt die Kohle im Steuersparmodus und "Sie" sehen gar nichts. Womöglich dämpft Ihre Idee "Anlagen". Müsste mal geschaut werden, ob und/oder wem dies nützt oder mehr nützt.

    • @Don Geraldo:

      Angenommen ihre Eltern sterben und vererben ihnen ihr Haus, Verkehrswert 500.000€. Können Sie die über 40% Steuern (=Spitzeneinkommen) üerhaupt bezahlen, oder müssten sie deshalb das Elternhaus verkaufen?

    • @Don Geraldo:

      Wie funktioniert dies, wenn man ein Unternehmen mit vielen (hunderten?) von Arbeitsplätzen erbt?

      • @casio:

        Wenn die Familie Klatten/Quand einen Teil ihres Aktienpaketes verkaufen müßte, welchen negativen Einfluß sollte das auf die Arbeitsplätze bei BMW haben ?

      • @casio:

        Wenn man sich die Steuern nicht leisten kann, kann man das Unternehmen vergesellschaften. Es gibt durchaus die Möglichkeit einer Mitarbeiterbeteiligung, was zu einem enormen Antriebsschub für die Mitarbeiter führt - habe ich selbst schon erlebt. Wenn einem die Firma mitgehört, in der man arbeitet, ist das nur von Vorteil.



        Von der sozialen Gerechtigkeit ganz zu schweigen.

        • @Jalella:

          Ich habe große Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Warum lässt Sie das kalt?

        • @Jalella:

          Dafür müssten dann aber die Mitarbeiter dem Erben die Unternehmensanteile für bares Geld abkaufen. Nur so könnte er die Liquidität generieren, um die Steuern zu bezahlen. Der Fiskus wartet nicht, bis z. B. irgendwelche Gewinnanteilsumwandlungen greifen, und Banken sitzt das Geld auch nicht so locker, dass sie sowas zwischenfinanzieren würden.

          • @Normalo:

            Nein, die Mitarbeiter müssen kein Bargeld aufbringen, sondern sie würden, wenn der ursprüngliche Erbe ablehnt, selbst als Erben auftreten.



            Dann kann jeder erbende Mitarbeiter selbst das geerbte Einkommen versteuern. Niemand muss einen kredit aufnehmen.



            Anteilige Unternehmensbeteiligungen sind natürlich komplex in der Steuererklärung, aber dennoch für den Einzelnen in der Regeln händelbar. Wenn nicht, kann man ja verkaufen oder ablehnen.



            Und bei geerbtem Wohneigentum muss nicht das gesamte Gebäude auf einen Schlag versteuert werden. Wer selbst drin wohnt, versteuert auf x Jahre eine fiktive Miete.

            • @Herma Huhn:

              Wenn der Erbe ablehnt, ist der nächste Erbe in der Reihenfolge dran, nicht die Mitarbeiter des Unternehmens. In letzter Konsequenz würde der Fiskus erben. Der könnte das Erbe dann vielleicht an die Mitarbeiter (teilweise, also meinetwegen gegen Tragung der Steuerlast) verschenken. Aber was wäre daran gerecht? Das Vermögen des Fiskus gehört schließlich dem ganzen Volk und nicht bloß den MA des geerbten Unternehmens.

              Davon ab: Glauben Sie echt, der Erst-Erbe trollt sich einfach - schlägt 100% aus, weil er 30% (oder was auch immer) nicht zahlen kann? Natürlich gibt es finanzkräftigere Investoren als die Arbeitnehmer, die gegen Abgeltung der nicht bezahlten Steuer entsprechend Anteile erwerben könnten.

              • @Normalo:

                Von Ihnen selbst kam doch der einwand, dass ein nicht-liquider Erbe keinen Investor finden würde, der schnell genug die Mittel für die Steuer bereitstellt.



                Und eine Vergesellschaftung eines anderenfalls zerschlagenen Unternehmens könnte durcchaus ins Erbschaftsrecht aufgenommen werden, ohne die Reihe sämtlicher Erbberechtigten durchgehen zu müssen.

                • @Herma Huhn:

                  Einen Investor, der als Gesellschafter eintritt, würde man noch am Ehesten finden - aber die Anteil sind dann weg.



                  Das Konzept der Arbeitnehmerbeteiligung ginge dagegen nur auf, wenn jemand Geld für die Steuer leihen würde (also eine Bank), nur im Vertrauen darauf, dass er es irgendwann aus den Unternehmensgewinnen zurückbekommt, und im Zweifel mit den Anteile nur als Sicherheit (was "self-defeating" ist, da die im Sicherungsfall in der Regel auch nichts wert sind). Das ist deutlich schwerer zu vermitteln - bzw. wenn Sie wissen, wie Banken Risiken bewerten, wird Ihnen schnell klar, dass das Konzept durchfällt.

                  Und wie gesagt: Ein Erbe, der es sich zutraut - gegebenenfalls mit Hilfe - das Unternehmen zu er- und damit auch zu BEhalten, wird sich häufig genug finden. Da kann man Zeschlagung nicht einfach unterstellen, bevor die Erbreihe durch ist. Davon abgesehen ist eben "Vergesellschaftung" etwas Anderes als die effektive Erbeinsetzung der Belegschaft. Die sind nicht "die Gesellschaft", sondern eine Gruppe von Eigeninteressenträgern.

                  • @Normalo:

                    Ja, genau, nicht nur ein lächerliches weil Bestandsreichtum förderndes und wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Fortschritt hinderndes Erschafts- und ErbschaftssteuerR ist eine Baustelle, sondern Finanzmarkt- und BankenR ebenfalls. 👻

      • @casio:

        Entweder einen Kredit aufnehmen oder das Unternehmen verkaufen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das letztere zu bevorzugen. Es gibt Studien denen zufolge Firmengründer bessere Renditen erwirtschaften als der Markt, während die 2. und 3. Generation schlechter sind als der Durchschnitt. Ab der 4. Generation ist es wieder Durchschnitt. Das macht auch Sinn, denn die Kinder und Enkelkinder suchen sich das nicht aus weil sie Talent für Unternehmensführung haben, sondern werden einfach reingeboren.

  • Man braucht keine neuen Steuern !! Die Steuereinnahmen sind seit Jahren auf einem Rekordhoch, und eigentlich immer höher als die Schätzungen dazu. Was wir bräuchten ist ein geregelter Umgang mit diesem Geld. Steuerverschwendung ist das Problem bei uns !! Der Staat gehört verschlankt, anstatt ihm mit immer mehr Verwaltung und Beamten immer weiter aufzublähen. WARUM kostet jeder Staatliche Bau unter dem Strich immer das 2,3,4, fache der Planungssumme ?? Das Geld wird schon heute eingenommen, nur können unsere Politiker nicht damit umgehen.

    • @Günter Witte:

      Wir bauen wohl plötzlich so viel, dass wir Steuerverbrechen, meint hier fehlende Steuergerechtigkeit, hinnehmen müssen?! ✌️

    • @Günter Witte:

      Der "schlanke Staat" geht immer zu Lasten der Ärmeren. Zudem sind nicht alle staatlich umgesetzten Vorhaben teurer. Z.B. sind die öffentlich - privaten Partnerschaften im Autobahnbau ein echtes Verlustgeschäft für den Staat. Was ein "schlanker Staat" anrichten kann, sieht man deutlich in unseren Krankenhäusern. Die neoliberale Weltsicht hat ausgedient!

      • @Axel Donning:

        Nichtsdestotrotz ist Verschwendung von Steuern ein riesiges Problem und der normale Bürger blickt überhaupt nicht durch, wo welches Geld herkommt und hinfließt

        • @PartyChampignons:

          Dann definieren Sie erst einmal (Steuer)-Verschwendung!

      • @Axel Donning:

        Krankenhäuser sind KEIN Beispiel für einen schlanken Staat, sondern ein Bespiel für überbordende Verwaltungsvorschriften. Im Zentrum steht nicht der Patient, sondern nur noch das Geld.

      • @Axel Donning:

        Mmmmh Krankenhäuser sind doch keine Staaten. Hier einen Vergleich anzurühren macht überhaupt keinen Sinn.



        Ich komme aus dem Gesundheitsmanagement. Ihr Beispiel mit dem Krankenhaus ist leider Humbug.



        Erst die Einführung der Fallpauschalen führte zu mehr Verwaltungspersonen in den Krankenhäusern um die DRG's abzurechnen was anfänglich auch noch zu ungunsten des Pflegeschlüssels aufgerechnet wurde.

      • @Axel Donning:

        "schlanker Staat" ist wohl eher Framing an der Grenze zu Fake-News.

        Das haben wir sicher nicht. Ich erspare mir jetzt Hinweis auf Staatsquote und Rekordsteuereinnahmen usw.

    • @Günter Witte:

      Dann gehen Sie doch in die USA. Da wird von allen Parteien die Steuerpolitik nach Ihren Wünschen gemacht. Und Sie können auch sehr schön die Kehrseite vom "Kapitalismus in der Endphase" (V. Pispers) sehen: Jeder 8. Ami hat nicht genug zu essen!(www.deutschlandfun...aner-hat-100.html)



      Es liegt nicht am Geld an sich. Es liegt an der VERTEILUNG. Und darum geht es hier bei der Erbschaftssteuer und überhaupt in Deutschland.

      • @Christian Lange:

        Was hat das mit den USA zu tun wenn man verlangt das auch der Staat selber sparen könnte ??? Es ist nicht die Aufgabe der arbeitenden Bevölkerung jedes Jahr mehr Geld zu erwirtschaften, nur das es Politiker nach ihrem Gutdünken ausgeben können.



        Ich habe bei meinem Beitrag an Geldverschwendung wie die Subventionierung bei Intel gedacht, wo ich 1 Million pro Arbeiter ( 1 Milliarde für 1000 Arbeitsplätze ) für Geldverschwendung halte. www.tagesschau.de/...pfabriken-101.html