Streit um Haushalt 2024: Mehr Feminismus mit weniger Geld

Der Haushalt ist überbucht. Stand jetzt sollen das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium über 4 Milliarden Euro weniger bekommen.

Svenja Schulze schaut einer Näherin in Accra über die Schulter

Entwicklungsministerin Svenja Schulze zu Besuch in Ghana: Auch ihr Etat soll gekürzt werden Foto: Christophe Gateau/dpa

BERLIN taz | Hehre Ziele, aber kein Geld? Die Eckwerte für den Haushalt des nächsten Jahres sehen jedenfalls Kürzungen in den Etats von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und von Entwicklungsministerin Svenja Schulze ( SPD) vor. So kann das Haus von Schulze in diesem Jahr noch über 12 Milliarden Euro unter anderem in die feministische Entwicklungszusammenarbeit stecken. Laut den Eckwerten, auf die sich die Ampel bereits im März vergangenen Jahres geeinigt hatte, sollen es im nächsten Jahr rund 1,6 Milliarden Euro weniger sein. Der Etat des Auswärtigen Amtes soll um 2,5 Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro schrumpfen.

Der Grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte diese Finanzplanung bereits vor zwei Wochen in einem Brief an den „Kollegen Lindner“ infrage gestellt. FDP-Finanzminister Christian Lindner hat sich damit durchgesetzt, dass die Schuldenbremse ab diesem Jahr wieder gilt. Statt üppige Kredite aufzunehmen, muss der Staat also sparen. Lindners Staatssekretär Werner Gatzer hatte seinen Kol­le­g:in­nen bereits im Januar vorgerechnet, dass im Haushalt für 2024 rund 12 Milliarden Euro fehlen. Derzeit verhandeln die Staats­se­kre­tä­r:in­nen der Ministerien die finalen Eckwerte für 2024. Die Ampelregierung will sie Mitte März beschließen.

Das Entwicklungsministerium wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den laufenden Verhandlungen äußern. Man sei noch mitten in Gesprächen mit dem Bundesfinanzministerium. Ein Sprecher machte aber klar, „dass wir uns angesichts der vielfältigen globalen Herausforderungen, wie dem Klimawandel, der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und jetzt auch den Folgen des Erdbebens in der Türkei und Syrien, für eine auskömmliche Finanzierung unserer Arbeit einsetzen.“ Entwicklungspolitische Handlungsfähigkeit gehöre ebenso wie eine angemessene Ausstattung der Bundeswehr zu einem umfassenden Verständnis von Sicherheit und internationaler Verantwortung.

Pistorius will auch mehr Geld

Schulze hat im vergangenen Jahr in Reden und Beiträgen wiederholt darauf hingewiesen, dass Entwicklungspolitik für sie Sicherheitspolitik sei. Neben schweren Waffen brauche es die Stärkung nichtmilitärischer Wege, um Konflikte zu bewältigen und zu vermeiden. Pikant ist, dass ihr Parteikollege, der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius, inmitten des Gerangels um den Haushalt ebenfalls Mehrbedarf angemeldet hat. Statt 50 Milliarden Euro möchte er 60 Milliarden Euro ausgeben, und zwar zusätzlich zum 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen.

Eigentlich kein Problem, laut Koalitionsvertrag sollen die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit eins zu eins zu den Ausgaben für Verteidigung steigen. Auch die Mittel für die internationale Klimafinanzierung – die in Baerbocks Haus koordiniert wird – wollte die Ampel erhöhen. Doch angesichts der finanziellen Engpässe scheinen diese Vereinbarungen obsolet.

Der grüne Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler pocht auf Einhaltung des Koalitionsvertrags: Kluge Sicherheitspolitik setze nicht nur aufs Militär, sagte er der taz. „Eine Zeitenwende ohne eine starke Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit wird scheitern, auch angesichts der Konkurrenz von Russland und China im Globalen Süden.“ Eine ausreichende Finanzierung von humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz sei deshalb von zentraler Bedeutung. Von einer weiteren Erhöhung des Verteidigungsetats hält er wenig. Der sei seit 2015 rasant gewachsen – „ohne dass es zu spürbaren Verbesserungen der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr gekommen ist“.

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