Streik in Deutschland: 24 Stunden Pause in Deutschland
In Deutschland fallen mehrere Streiks auf einen Tag. Das betrifft Bahn und Nahverkehr – mancherorts auch Krankenhäuser und Kitas.
Verdi sitzt schon am Montag wieder am Verhandlungstisch, die EVG für die Deutsche Bahn erst Ende April. Die Gewerkschaften fordern Tariferhöhungen zwischen 10,5 und 12 Prozent noch in diesem Jahr, mindestens aber monatlich 500 beziehungsweise 650 Euro mehr. Von den Arbeitgebern liegen bislang nur die Angebote für Einmalzahlungen und 3 Prozent Zuschlag für dieses sowie weitere 2 Prozent für nächstes Jahr vor.
Montag von null Uhr an ist deshalb 24 Stunden Pause im Fern- und auch Regionalverkehr der Bahn, hier zumindest in den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und in weiten Teilen Bayerns.
Die aktuellen Tarifkonflikte betreffen aber unter anderem auch Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Stadtreinigungen und in Berlin auch die Schulen. In diesen Bereichen wurde in den vergangenen Wochen wiederholt die Arbeit niedergelegt und es soll dort bei Bedarf wieder gestreikt werden. Die Gewerkschaft Verdi verzeichnet übrigens nach eigenen Angaben den höchsten Mitgliederanstieg seit der Gründung vor über 20 Jahren.
Notfahrpläne laut DB „unsinnig“
Von dem Warnstreik ebenso betroffen sind Autobahnen, Wasserstraßen sowie die meisten Flughäfen. Millionen Berufspendler:innen und Reisende müssen am Montag mit einem weitgehenden Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs in Deutschland rechnen.
Die Deutsche Bahn sagte, es sei unsinnig, einen Notfahrplan im Fernverkehr aufzustellen. „Es nützt ja nichts, eine kurze Strecke mit einem Intercity oder einem ICE zu fahren, weil man einen Lokführer hat, und der Zug dann irgendwo stehen bleibt, weil das Stellwerk bestreikt wird“, sagte ein Konzernsprecher. Es sei besser, die Züge blieben an diesem Tag in den Depots. „Es ist auch nicht möglich, für einen solchen Tag einen Ersatzfahrplan aufzustellen, weil eben sehr viele Berufsgruppen zum Streik aufgerufen sind.“
Die Bahn rät Reisenden, Fahrten möglichst vorzuziehen oder später zu fahren. Laut der Bahn dürften die Auswirkungen des Bahnstreiks aufgrund von überlappenden Schichten schon am Sonntagabend und auch am Dienstagfrüh noch zu spüren sein.
Generell können alle für diesen Montag und diesen Dienstag gekaufte Bahnfahrkarten für den Fernverkehr bis zum 4. April flexibel genutzt werden, sofern sie bis einschließlich diesen Donnerstag gekauft wurden.
Ist das noch ein Warnstreik?
Da viele Menschen aufs Auto umsteigen werden, wird vor Staus gewarnt. Selbst der ADAC rät zum Homeoffice. Kinder, die wegen des Streiks nicht in die Schule kommen können, droht wohl kein Ungemach: „Am kommenden Montag findet Schule statt“, hieß es am Freitag etwa aus dem NRW-Schulministerium in Düsseldorf.
Wenn allerdings der Streik die Eltern „vor erhebliche organisatorische Schwierigkeiten“ stelle, könne dies dazu führen, „dass für Schülerinnen und Schüler der Schulweg im Einzelfall faktisch unmöglich wird“, hieß es weiter. Den Schulleitungen riet das Ministerium, „in diesen Fällen mit Augenmaß vorzugehen“.
In Politik und Wirtschaft wird indes heftig debattiert, ob der großangelegte Warnstreik überhaupt noch als solcher zu bezeichnen sei. Die Chefverhandlerin der Kommunen und Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen, Karin Welge, warf den Gewerkschaften vor, das Streikrecht inflationär auszureizen. „Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht mehr in der Lage, das als Warnstreiks wahrzunehmen“, befand Welge. Arbeitgeberpräsident Steffen Kampeter blies ins gleiche Horn: „Großstreiks, die ein Land lahmlegen sollen, sind keine Warnstreiks.“
Obwohl der Weg zur Einigung noch lang sein könnte, schlossen die Gewerkschaften eine Fortführung des Streiks an den Feiertagen aus. „Es wird über Ostern keine Streiks geben“, beruhigte ein EVG-Sprecher. Ziel sei es, mit dem Arbeitskampf die Arbeitgeber zu treffen, nicht aber die Reisenden.
Am Flughafen Frankfurt brauchte es am Sonntagvormittag indes gar keinen Streik, um den Flugverkehr erheblich zu beeinträchtigen. Da reichte eine IT-Panne im Boarding-System.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge