Skandale in der Fleischindustrie: Das Konsumverhalten ändern
Weniger ist mehr: Politik und Verbraucher sind gefordert, die skandalösen Zustände in der Fleischindustrie nachhaltig zu ändern.
![Zwei Rot-Kreuz-Mitarbeiter laden Kartons aus einem Lkw Zwei Rot-Kreuz-Mitarbeiter laden Kartons aus einem Lkw](https://taz.de/picture/4220841/14/25432481-1.jpeg)
G elegenheiten für eine grundlegende Änderung des Konsumverhaltens sind selten. Der Mensch ändert seine Gewohnheiten ungern. Die Politik hat wenig Interesse daran, Sinnvolles gegen einen Mehrheitswillen durchzusetzen und sich dabei auch einmal gegen starke Lobbys durchzusetzen. Es sind Krisen oder Skandale, die ein kleines Zeitfenster für tiefgreifende Reformen öffnen. Das ist durch die Coronakrise im Umgang mit der Tierproduktion und dem Fleischverzehr gerade der Fall.
Europas größter Fleischbetrieb kündigt nun als Reaktion auf den Corona-Ausbruch in Gütersloh einen Schwenk an, der wegführen soll von der Billigproduktion hin zu mehr Tierwohl und faireren Arbeitsbedingungen in Schlacht- und Zerlegebetrieben. Selbst Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die sich bisher nicht gerade als Speerspitze der Bewegung hervorgetan hat, stellt sich nun hinter die Forderung nach einer Abgabe für das Tierwohl. Und unter den Sozialpolitikern im Bundestag wächst der Wille, die Ausbeutung von ausländischen Arbeitern in der Branche zu unterbinden. Nun müssen den Ankündigungen Taten folgen.
Die Verbraucher, die Landwirte, vor allem aber der Handel müssen dabei mitziehen. Erstere sollten sich ehrlich machen und sich fragen, ob das Billigschnitzel wirklich die erste Wahl sein muss. Es könnte für denselben Preis auch etwas weniger wiegen, wenn damit eine ethisch bessere Wahl verbunden ist. Es verlangt ja niemand ernsthaft, auf den Verzehr von Würstchen oder Braten ganz zu verzichten. Die Landwirtschaftsministerin wiederum muss Farbe bekennen, dass sie nicht nur als Cheflobbyistin der Landwirte, sondern auch als Ernährungsministerin für alle im Kabinett sitzt.
Schließlich ist auch die Große Koalition gefragt, die menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten endlich zu verbessern. Die Zustände sind ja lange genug bekannt. Das Fleisch muss den Beigeschmack von Ausbeutung und Tierquälerei verlieren. Dann schmeckt es trotz etwas höherer Preise auch besser.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!