Sicherheitskonferenz in München: Bitterer Aufruf der Gegen-Demo

Die Welt hat sich verändert. Doch bei der Münchner Friedenskonferenz, der Gegenveranstaltung zur Sicherheitskonferenz, leiern ganz alte Platten.

Ein Demonstrant mit Stahlhelm und Totenkopfmaske

Demonstrant gegen die Sicherheitskonferenz in München 2022 Foto: Felix Hörhager/dpa

Die Münchner Sicherheitskonferenz, die kommenden Freitag startet, wird eine andere Veranstaltung sein als in der Vergangenheit. Über viele Jahre kamen im Hotel Bayerischer Hof alle zusammen: Dominiert wurde die Konferenzen zwar immer von westlichen Regierungsvertreter*innen, andere Staaten waren aber auch dabei – einschließlich Russland.

Man war in Kontakt, selbst wenn man sich wenig zu sagen hatte. Jetzt, knapp ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine, ist es anders: Die Veranstalter haben die russische Regierung nicht eingeladen. In neuen Zeiten wird die Konferenz einen neuen Charakter bekommen.

Ein Update könnten äquivalent dazu auch die Proteste vertragen, die traditionell vor der Tür stattfinden. Die geopolitischen Rahmenbedingungen haben sich geändert, neu nachdenken müssten daher auch Friedensgruppen. Gerade in Zeiten, in denen das Denken in militärischen Kategorien zunimmt, wäre ein Pazifismus auf der Höhe der Zeit als Korrektiv dringend nötig.

Umso bitterer liest sich der Demo-Aufruf des Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz. Im Vorjahr, wenige Tage vor Kriegsbeginn, sprachen die Ak­ti­vis­t*in­nen auf ihrer Kundgebung davon, dass sich die CIA die russischen Einmarschpläne ausgedacht habe. Statt aus diesem Irrtum zu lernen, legen sie jetzt wie große Teile der Friedensbewegung weiter die alte Platte auf.

Sie machen klar, bei wem sie eigentlich die Schuld sehen

In einem Alibi-Satz verurteile sie zwar den „völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg“. Es folgt aber ein langer Absatz, in dem sie klarmachen, bei wem sie die eigentliche Schuld sehen: bei der Nato, deren Osterweiterung und dem „rechten Putsch“ 2014 in Kiew.

Natürlich fehlt auch das mittlerweile gewohnte Zauberwort nicht, ähnlich wie im neuesten Offenen Brief von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer: Statt Waffenlieferungen müsse es sofort „Verhandlungen“ geben – ganz so als reiche es für den Frieden aus, dass sich die Kriegsparteien lange genug an einen Tisch setzen.

Was fehlt: Auch nur der Versuch einer Antwort auf all die Fragen, die ein Friedensabkommen so schwer vorstellbar machen – angefangen damit, wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten, die Kiew ausreichen und für Moskau trotzdem akzeptabel sind.

Die Münchner Friedenskonferenz, die als Gegenveranstaltung zur Sicherheitskonferenz ebenfalls am nächsten Wochenende stattfindet, könnte eigentlich den Raum bieten, ernsthaft über solche Fragen nachzudenken. Aber ob das passieren wird? Re­fe­ren­t*in­nen aus der Ukraine sind ausweislich des Programms schon mal nicht auf den Podien. Warum auch? Am Ende könnten sie die lange gewohnten Glaubenssätze ja noch infrage stellen.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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