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Selenskis USA-BesuchInszenierung mit großem Erfolg

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der Auftritt des ukrainischen Präsidenten Selenski in Washington war eine erfolgreiche Inszenierung. Sein soldatisches Pathos begeisterte selbst Trump-Fans.

Großer Bruder: US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodimir Selenski am 21. Dezember in Washington Foto: Kevin Lamarque/reuters

N atürlich ging es beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Washington darum, Bilder zu schaffen und Emotionen zu wecken. Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine vor zehn Monaten war Selenski nicht mehr ins Ausland gereist. Seine dennoch in vielen Parlamenten der westlichen Welt gehörte Botschaft hatte er stets per Videoschalte überbracht.

Der Kurzbesuch in Washington, natürlich bewusst nicht im Anzug, sondern in dem gleichen olivgrünen Outfit, mit dem die ganze Welt Selenski inzwischen kennt, sollte andere, neue Bilder produzieren. Mit der ganzen Kraft des persönlichen Charismas des ausgebildeten Schauspielers und angegriffenen Kriegspräsidenten sollten Momente geschaffen werden, die sicherstellen, dass trotz des bevorstehenden Wechsels in der Führung des US-Repräsentantenhauses die für die Ukraine lebenswichtige finanzielle und militärische Unterstützung nicht nachlässt.

Selenski hatte schon in den vergangenen Monaten bei seinen Videoansprachen an westliche Parlamente versucht, eine Sprache zu finden, die die jeweiligen nationalen Besonderheiten aufgreift und mit dem ukrainischen Solidaritätsnarrativ verknüpft. Das ist ihm meist gelungen – besonders aber bei diesem Besuch in Washington.

Anders als etwa im trotz Zeitenwende noch immer militärskeptischen Deutschland konnte Selenski in den USA das ganze Pathos des tapfer sein Land verteidigenden Soldaten auffahren – mit­ ­Orden direkt von der Front. Dem nicht zuzujubeln, wäre ein No-go für US-Politiker*innen fast jeglicher Couleur. Die russlandfreundlichen ­Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen vom radikaleren Flügel ­waren so einmal richtig still.

Insofern war der Besuch selbstverständlich eine Inszenierung von der ersten bis zur letzten Minute – aber eine mit politischen Zielen. Die sind zumindest kurzfristig erreicht worden. Wie lange die amerikanische Unterstützung hält, muss sich freilich erst noch zeigen. Womöglich ist schon das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen, die diesen Freitag zum Ende kommen müssen, wollen die USA nicht wieder in eine ­kurzfristige Zahlungsunfähigkeit der Regierung rutschen, ein Indikator dafür – auch wenn das darin enthaltene fast 50 Milliarden US-Dollar schwere Ukraine-Hilfspaket nicht im Mittelpunkt der parteipolitischen Auseinandersetzung steht.

Selenski, auch das hat dieser Besuch erneut bewiesen, ist in diesem Jahr über sich hinausgewachsen. Als Kriegspräsident ist er ein Glücksfall für die Ukraine. Es ist zu befürchten, dass das bis auf Weiteres auch seine Rolle bleibt.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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49 Kommentare

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  • Selenski geht mir auf den Geist.

  • Über 100.000 Tote zählen wir. Menschen.



    "Wir werden uns niemals ergeben"!



    Wen meint der mit wir?



    Putin hat ein Verhandlungsangebot gemacht. Es sollte zumindestens getestet werden.



    Das verbrauchen von alten Waffen Natobeständen rechtfertigt jedenfalls nicht das weiter so.

  • Die Sache ist eben, dass es zwei Selenskis gibt: zum einen den vor dem Krieg, und den seit dem Krieg.

    Der Selenski vor dem Krieg hat in der Bekämpfung der Korruption grandios versagt, sich teilweise auch selbst bereichert, weitere Macht zugeschachert und seine Freunde versorgt. Kurz und gut er war das treue Produkt seines Oligarchen, der ihm die Sendezeit für "Diener des Volkes" gab.

    Der Selenski seit dem Krieg stilisiert sich zum Kämpfer für die freie Welt. In der Rolle brilliert er, auch wenn er manchmal sich Patzer leistet, wie z.B. mit Zypern oder Israel.

    Man muss ihm hierbei zugute halten, dass er auch einfach hätte fliehen können, was er aber nicht tat.

    Aufbauen werden das Land dann vermutlich nach dem Ende des Krieges andere, denn dann bekommen wir es wieder ziemlich sicher mit dem ersten Selenski zu tun. Und solche Präsidenten sind die Ukrainer inzwischend einfach leid.

  • Finde den Kommentar äußerst verstörend. Er macht mich sprachlos. Eigentlich zum Fremdschämen.

    • @Elena Levi:

      Warum denn? Weil jemand dem nationalistisch-pathetischen Getue nichts abgewinnen kann und die Sache nüchtern betrachtet?

    • @Elena Levi:

      Was finden Sie an dem Kommentar denn konkret verstörend, sprachlos machend und zum Fremdschämen?



      Bald tritt das neue US-Repräsentantenhaus zusammen, mit einer knappen, aber dennoch klaren republikanischen Mehrheit … da macht der starke Auftritt Selenskyis an der Seite Bidens durchaus Sinn, damit die Zustimmung zur Unterstützung der USA für die Ukraine auch weiter erhalten bleibt. Denn starken Bildern, Patriotismus und dem Appell an gemeinsame westliche Werte können sich auch die Republikaner kaum entziehen. Nichts anderes hebt dieser Kommentar hervor.



      So ist der Auftritt Selenskyis in Washington vorerst ein Punktsieg der Ukraine-Unterstützer in den USA … jetzt sind Biden und Selenskyi natürlich erst recht zu einem schnellen militärischen Erfolg verdammt.



      Die Zeit wird allerdings wieder gegen die Achse Washington-Kiew laufen, je länger der Krieg andauert - und die Reps innenpolitisch wieder Oberwasser bekommen -, weil die Kosten des Krieges in die Höhe gehen und die sozialen Spannungen in der US-Gesellschaft aufgrund dessen wieder sichtbarer werden.



      Dann kann die Stimmung wieder recht schnell kippen … und Biden ist auf die Zustimmung seiner Bevölkerung zu diesem Kriegskurs einfach angewiesen. Putin mag eine Menge anderer Probleme haben, dieses hat er nicht.

  • Mich beeindruckt Selensky durch seine Fähigkeit, in ernster Situation eine entsprechende Haltung hundertprozentig einzunehmen. Er war Komiker und erstaunlicherweise bedient er sich seit Kriegsausbruch dieses Faches überhaupt nicht mehr. Auf mich wirkt Selensky schwer betroffen und darin sehr authentisch. Wer ihm vorwirft, er schauspielert das nur, blendet den heftigen Krieg um ihn vollkommen aus.



    Bei allen Opfern und Niederlagen der Russen lässt anderseits Putin seinem verschmitzten Zynismus freien Lauf.



    Der Auftritt Selenskys ist Pathos pur und bedarf keinerlei theatrales Rollenverständnis. Dass es selbst den letzten Republikaner im Repräsentantenhaus vom Sitz erhoben hat, ja Amerikaner sind da sehr emfpänglich, aber auch darin gebeutelt, ist Ausdruck der Authentizität Selenskys.



    Das wird sich sicher auch darauf auswirken, wenn die Republikaner die Führung im Repäsentantenhaus übernehmen. Selensky machte bisher nahezu alles richtig. Wenn ich dabei an so manch andere blutleere Staatsmänner denke...

  • Zu dieser Inszenierung gehört auch:

    》Selenskyj erinnert in US-Rede an Kampf gegen Nazi-Deutschland《 (fr.de) bzw.

    》Zelenskiy invokes fight against Nazi Germany in speech to US Congress《 (Guardian)

    Diese implizite Gleichsetzung ist insofern besonders schändlich, als es sich um den Präsidenten eines Staats handelt, dessen Parlament die Nazikollaborateure von einst www.juedische-allg...ochstilisiert/?amp zu Unabhängigkeitskämpfern erklärt hat de.m.wikipedia.org...cher_Nationalisten ,



    dessen früherer Botschafter Melnyk deren Anführer Bandera (nach dem in der Westukraine Straßen benannt sind, dem Denkmäler errichtet werden) als "unseren Helden" bezeichnet.

    Melnyk wurde zwar nach skandalösen Äußerungen im Interview mit Tilo Jung abberufen www.fr.de/politik/...-und-91640139.html , stieg aber in seiner Heimat inzwischen zum Vizeaußenminister auf www.spiegel.de/aus...-9fb9-3c058cd05ad1

  • Inszenierung, Pathos, Hype, trifft zu. Ändert aber nichts an der Wirklichkeit.

  • @KONFUSIUS

    Sorry. Dieser Krieg ist (wie vermutlich jeder) ein medialer Krieg. Vermutlich mehr als die anderen davor.

    Selenski und sein Team beherrschen das gut (Putin, Peskov und Lavrov ja auch, die spielen aber für ein anderes Publikum).

    Das heisst nicht, dass die Ukrainer*innen nicht ein Recht auf selbstbestimmten Frieden hätten.

    Ich fürchte, Ihr geschwafel von Heldengeschichten ist... konfus.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Ja, das Publikum...



      „In einem Schauspielhaus geschah es, dass die Kulissen Feuer fingen; der Bajazzo trat vor, um das Publikum davon zu benachrichtigen. Man glaubte, es sei ein Witz, und applaudierte. Er wiederholte die Anzeige: man jubelte noch lauter. So, denke ich, wird die Welt unter allgemeinem Jubel witziger Köpfe zu Grunde gehen, die da glauben, es sei ein Witz…“ (Søren Kierkegaard)



      Und die meisten zahlen sogar Eintritt...

    • @tomás zerolo:

      Ukrainian President Volodymyr Zelensky was asked to evacuate Kyiv at the behest of the U.S. government but turned down the offer. Zelensky said in response: “The fight is here; I need ammunition, not a ride”



      Aus meiner Perspektive läßt sich das unter die Heldendefinition subsumieren. Held ist "jemand, der sich mit Unerschrockenheit und Mut einer schweren Aufgabe stellt, eine ungewöhnliche Tat vollbringt, die ihm Bewunderung einträgt"

    • @tomás zerolo:

      Für die, die IN diesem Krieg leben, ist es kein Medienkrieg.

      Und was soll der Begriff Medienkrieg hier in diesem Zusammenhang bedeuten?

      Putin führt den Krieg (wie er selbst sagt), um die Ukraine zu vernichten. Die Ukrainer seien Russen und müssten zur Not wieder russifiziert (= "entnazifiziert") werden.

      Darum geht es, unter anderem.

      • @Leo Brux:

        Es war nicht von Medienkrieg die Rede, sondern von einem medialen Krieg, also einem Krieg, der auch medial inszeniert/ausgeschlachtet wird.

      • @Leo Brux:

        Können wir denn sicher sein, dass die US-amerikanische Unterstützung für die Ukraine nachhaltig und verlässlich bleibt, sobald die ökonomischen und sozialen Folgekosten der militärischen Hilfen für die US-Gesellschaft sichtbarer werden und die nächste Präsidentschaftswahl näher rückt?



        Ob mit oder ohne Trump - momentan läuft’s ja alles andere als rund für ihn -, die Reps werden starke Themen setzen, um Biden das Weiße Haus wieder abspenstig zu machen.



        Und ich schließe nicht aus, dass sie bzgl. der Ukraine-Unterstützung im Wahlkampf deutlich andere Prioritäten als Biden setzen werden (wenn’s denn opportun erscheint) … bis zu den US-Wahlen muss es Putin lediglich gelingen, auf den Schlachtfeldern der Ukraine den Status Quo zu erhalten.



        Biden hingegen ist darauf angewiesen, dass sein Verbündeter Selenskyi militärisch “liefert” und das jetzt zügig, da ihm ja das PATRIOT-System auch noch zugesichert wurde (wogegen sich die USA zuvor immer noch gesperrt haben).



        Vergessen Sie nicht: zwischen den USA und der Ukraine liegt der “große Teich” und noch ganz Europa … nationale Interessen werden in den USA von daher ganz anders buchstabiert als hierzulande. Geostrategische Interessen und “America first” spielen da eher eine Rolle als gemeinsame Werte.



        Um das in Übereinstimmung zu halten, diente der Selenskyi-Besuch in Washington doch unter anderem.

  • Na, wenn auch Trump Fans begeistert sind vom Auftritt Selenskijs, dann muss ja alles in Ordnung sein.

    • @Rolf B.:

      Nun, Rolf, die Trumpfans sind ja doch eben nicht begeistert, sondern recht still in Sachen Ukraine. Sie würden sich als Christliche Nationalisten lieber mit den Christlichen Nationalisten Russlands verbünden, also mit Putin & Co.

  • An manchen Tagen wünschte ich mir, ich könnte 100 Jahre verschlafen & nachher mit den Historikern auf diese Tage schauen. Bis dahin würde man wissen, wo genau die Grenze zwischen Wahrheit & Show verlief & könnte ohne dieses dauernde Unbehagen einfach nur mit der Sache der UkrainerInnen sympathisieren.

    • @JulianM:

      Dauerndes Unbehagen ist bei Blick auf einen Krieg eine sehr menschliche Empfindung, selbst wenn die Rollen Angreifer-Verteidiger klar verteilt sind. Hätten Sie dieses nicht, Sie wären mir glatt unheimlich.



      In 100 Jahren gäb es dann eben einen anderen Unbehagenerzeugenden Konflikt. Irgend ein Sender hat im Nachtprogramm mal (ur)alte Nachrichtensendungen gebracht, kurz lächelt man über die altbackene Optik, dann schüttelt man den Kopf darob der Ähnlichkeit zum aktuellen Geschehen.

  • es gibt das Friedenslied. Ich hoffe es wird bald wieder gesungen. Seid wie das weiche Wasser , weiches Wasser hölt den Stein. Ich hoffe es ertönt bald wieder und spült diese egomanischen Politiker auf beiden Seiten weg.

    • @Luxusverschmäher:

      Ja das ist schon sehr egomanisch ein freies Land bleiben zu wollen, ganz genauso egomanisch wie ein Land zu überfallen um es zu unterjochen. Ich erkenne da auch überhaupt keinen Unterschied zwischen den beiden Seiten.

      • @Eva Kern:

        Wo bleibt meine Freiheit wenn ich mich nicht mit Waffen verteidigen will und gegen meinen Willen in den Krieg hineingezogen werde?

  • 2024 ist Wahl in der Ukraine. Kann man sich ggf. sparen. Unterschiedliche Gründe sind denkbar. Übrigens nur schlechte.

    • @Tom Farmer:

      Im Moment sind die Wahlen abgesagt, ist auch schlecht möglich legitime Wahlen abzuhalten wenn große Teile der Bevölkerung geflohen, besetzt oder verschleppt sind.

  • Falsch. Oder banal. Es war keine Inszenierung, oder, wenn doch, dann ist alles Inszenierung. Viel dummes Zeug findet sich leider in diesem TAZ - Kommentar : das dumme Klischee von dem Schauspieler. Selensky ist ein Held. Im wirklichen Leben, nicht im Theater. Dies zu sagen, ist eine schlichte Wahrheit - ganz ohne Pathos.

    • @Konfusius:

      Warum ist er denn ein Held? Was tut er, das ihn zum Helden macht? Verstehe ich nicht, diese Glorifizierung. Kann er nicht einfach nur der Präsident eines angegriffenen Landes sein, ist dss zu wenig? Zu sachlich?



      Und natürlich ist das Inszenierung, was denn sonst? Sonst hätte er auch telefonieren oder Gespräche im Hinterzimmer führen können.



      Und das Überreichen einer von Soldaten signierten Nationalflagge entspricht genau dem USA-typischen, medienwirksamen nationalistischen Pathos.

    • @Konfusius:

      "Es war keine Inszenierung, oder, wenn doch, dann ist alles Inszenierung."



      Das dachte ich beim Lesen auch. Man könnte ja auch einfach schreiben: Hat eine gute Rede gehalten und die richtige Dinge gesagt.



      Und dazu: "Mit der ganzen Kraft des persönlichen Charismas des ausgebildeten Schauspielers" (der ganze Kommentar ist ja um dieses Motiv des begabten Rollenspielers herumgestrickt):



      Selenskyi ist ein AUSGEBILDETER Jurist mit abgeschlossenem Studium, der sein Studentenhobby autodidaktisch zu einer erfolgreichen Karriere als Schauspieler und Unternehmer in der Unterhaltungsbranche ausgebaut hat. Für den Politikerberuf bringt er somit dieselbe Formalqualifikation mit wie gefühlt 80 % seiner Kollegen weltweit. Nur dass er keine Inkognito- Rhetorikkurse in den Hinterzimmern irgendwelcher Bildungsinstitute nötig hat...

  • Gibt es zur Zeit regierende Politiker*innen die ok sind? Mir fällt keine*r ein. Ich denke das liegt am Wesen eines regierenden Politikers sonst kommt man / frau nicht nach oben. War allerdings schon immer so.



    Wie bei jeder Regel gibt es Ausnahmen:



    Gorbatschow , Brandt , Regine Hildebrand, Gahndi , Nelson Mandela. Dubcek... Gehört Angela Merkel auch dazu? ... ein bisschen schon... Zurzeit kenne ich keine.... deprimierend

    • @Luxusverschmäher:

      Gorbatschow ? Der Panzer ins Baltikum schicken ließ und denen das Gas abdrehte? Weil sie sich nach Jahrzehnten unrechtmäßiger Besatzung endlich befreien wollten?

    • @Luxusverschmäher:

      Die gibt es gewiss zuhauf. Aber vorrangig auf lokaler Ebene. was international entscheidende Spitzenpolitiker betrifft... sehr schwierig. Biden mag ok wirken, aber hatte er als Präsident bis jetzt eine wirklich knifflige Entscheidung zu treffen? Gut, er hätte die Ukraine im Stich lassen können oder mit US-Streitkräften eine Flugverbotszone über der Ukraine durchsetzen können - beides keine brauchbaren Optionen im Angesicht der strategischen Lage. Und auch der Umgang mit China könnte ungeschickter sein. Iran kommt als möglicher Problempunkt hinzu. Schätze man wird noch vor Ende der aktuellen Amtszeit ein paar mehr Entscheidungen der Biden-Administration beurteilen können. Warten wir es ab.

      Selenski gehört vielleicht nicht zum Top-Machtzirkel, aber er hat sich irgendwie überall im Westen und auch anderswo Gehör verschafft, was anderen Staatschefs angegriffener Länder in der Vergangenheit nicht gelungen ist. Somit würde ich ihn als für die Ukraine als ok beurteilen. Vielleicht sogar als gut. Show im grünen T-Shirt hin oder her, jeder in diesem Reigen ist ein Schauspieler.

      Macron ist für Frankreich imho nicht ok. Die anderen dicken Brocken sind alle nicht ok. Der letzte US-Präsi, der ok war, ist Obama, aber auch nur weil er gutes Image produziert hat und sonst nichts außer einer "Gesundheitsreform". Der letzte US-Präsident, der wirklich gut war ist seit '45 tot.

    • @Luxusverschmäher:

      Martin, ich würde vorschlagen: Baerbock und Habeck. Macron und Starmer. Das sind vier Politiker, die mich zurzeit beeindrucken. Auch Biden macht seine Sache nicht schlecht.

      • @Leo Brux:

        Ob Politikern Charisma zugesprochen wird oder ob sie einfach nur einen guten Job machen oder einfach nur Glück haben, weil sie in ihrem Handeln zufällig auf günstige Zeitumstände treffen - wie der damals schon als abgeschrieben geltende Helmut Kohl 1989 - ist doch eine höchst subjektive Geschichte.



        Nehmen Sie Keir Starmer (den Sie selbst lobend hervorgehoben haben: ein guter Labour-Chef und Oppositionsführer, weil es einen desaströsen Premier Johnson gegeben hat … und weil sein Vorgänger Corbyn Labour zuvor extrem in die Sch … geritten hatte. (Corbyn-Anhänger mögen das freilich anders sehen.)



        Oder nehmen Sie Angela Merkel: zwischen „Hosianna“ und „Kreuzigt sie“ .. nur ein schmaler Grat. Selenskyi wird es nicht anders ergehen, sollte er nicht erfolgreich sein … dann ist es schnell aus mit dem Heldennimbus, vox populi ist da gnadenlos (und das ist der Grund, weshalb ich mich an solchen „Heldendebatten“ gar nicht erst beteilige, wenn es eigentlich um politische Analysen geht … ups, jetzt habe ich‘s doch getan😉).

    • @Luxusverschmäher:

      Merkel? Die putins Armee aufgerüstet und ihm grünes Licht signalisiert hat, während sie der Ukraine nato beitritt und waffen verweigert hat?

  • Warum Härtetest? Er scheint diese Herausforderungen authentisch auszufüllen.



    P.S. Ist Putin nicht auch ein Schauspieler?

    • @Naturwissenschaftler:

      Putin war Krimineller im Staatsdienst, danach auf eigene Rechnung, zwischendurch hat er mal als Taxi-Fahrer gearbeitet.

  • Henry Kissinger: Konflikt nur durch Verhandlungen lösbar

    „Es ist an der Zeit, auf den bereits vollzogenen strategischen Veränderungen aufzubauen, um Frieden auf dem Verhandlungsweg zu erreichen. Aus diesem Grund habe ich im Mai empfohlen, eine Waffenstillstandslinie entlang jener Grenzen einzurichten, an denen der Krieg am 24. Febr. begonnen hat. Rußland müsste somit seine jüngsten Eroberungen aufgeben, nicht aber das Gebiet, das es vor fast einem Jahrzehnt besetzt hatte, einschließlich der Krim. Dieses Gebiet könnte nach einem Waffenstillstand Gegenstand von Verhandlungen sein. Sollte die Vorkriegsgrenze zwischen der Ukraine und Rußland weder durch Kampfhandlungen noch durch Verhandlungen umgesetzt werden können, so könnte der Rückgriff auf den Grundsatz der Selbstbestimmung erwogen werden. International überwachte Volksabstimmungen über die Selbstbestimmung könnten in geteilten Gebieten durchgeführt werden; Gebiete, die im Laufe der Jahrhunderte wiederholt die Vorherrschaft gewechselt haben. Das Ziel eines Friedensprozesses wäre ein Zweifaches: die Bestätigung der Freiheit der Ukraine und die Festlegung einer neuen internationalen Struktur, insbesondere für Mittel- und Osteuropa. Letztendlich sollte Rußland einen Platz in einer solchen Ordnung finden. Manche bevorzugen ein Rußland, das durch den Krieg ohnmächtig wird. Dem stimme ich nicht zu. Trotz seiner Neigung zur Gewalt hat Rußland über ein halbes Jahrtausend lang entscheidende Beiträge zum globalen Gleichgewicht und zur Machtbalance geleistet. Seine historische Rolle sollte nicht herabgewürdigt werden. Das Streben nach Frieden und Ordnung hat zwei Komponenten, dasjenige nach Sicherheitselementen und die Forderung nach Akten der Versöhnung. Wenn wir nicht beides erreichen können, werden wir auch keines von beidem erreichen können. Der Weg der Diplomatie mag kompliziert und frustrierend erscheinen. Ihn einzuschlagen, erfordert sowohl die Vision als auch den Mut, ihn zu beschreiten.“



    (The Spectator, 17.12.22)

    • @Reinhardt Gutsche:

      Kissinger hielt Putin wohl



      für einen lupenreinen Diplomaten,



      so wie Altkanzler Schröder ihn für einen



      lupenreinen Demokraten hält.



      Irren ist menschlich,



      für Minister und Kanzler allerdings verheerend angesichts des russischen Heeres in der Ukraine zum menschenverachtenden Ruinieren eines dem Westen zugeneigten Landes.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Ist denn RUSSLAND (Putin) bereit, sich auf die Ausgangslinie (24.2.2022) zurückzuziehen? - Definitiv und kategorisch NEIN!

      Das ist nicht die Schuld der Ukraine oder des die Ukraine unterstützenden Westens.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Und was wollen Sie mit ihrem Zitat sagen?



      Kissinger ist nicht sehr originell. Er referiert im Kern den Vorschlag der Ukrainer, seit Kriegsbeginn: Rückzug auf die Linien vom 23. Februar. Waffenstillstand, dann verhandeln.



      Putin will davon bekanntermaßen nichts wissen. Er hat mittlerweile sogar den Osten und Süden der Ukraine (einschließlich von Gebieten, die gar nicht erobert sind) formal annektiert und zu russischem Staatsgebiet erklärt.



      Von der Situation, dass die russischen Truppen auf die Grenzen vom 23.2. zurückgedrängt sind, sind wir ja nicht mehr weit entfernt. Vielleicht ändert Putin dann ja seine Meinung. Ich gehe nicht davon aus, aber das wird man sehen.

      • @Barbara Falk:

        "Von der Situation, dass die russischen Truppen auf die Grenzen vom 23.2. zurückgedrängt sind, sind wir ja nicht mehr weit entfernt. Vielleicht ändert Putin dann ja seine Meinung. Ich gehe nicht davon aus, aber das wird man sehen."



        Spannende Interpretation der Frontlage. Die Russen haben noch 150.000 Mann der Reservisten gar nicht eingesetzt...

    • @Reinhardt Gutsche:

      Mit den richtigen Waffen kann man die Russen auch ganz rauswerfen.

      • @schnarchnase:

        oder die Russen werfen im Falle, dass sie nichts mehr zu verlieren haben einfach ein paar Atomwaffen auf die Ukraine.



        Auch das könnte passieren.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Russland hat gesagt die Annektierten Gebiete gehören für immer zu Russland, wenn sie sich jetzt zurückziehen müssen wäre das die ultimative Demütigung. Wenn dann noch im Donbas und auf der Krim abgestimmt wird noch mehr. Vorallem wer darf da abstimmen? Alle die jetzt da wohnen? Alle die da vor 2014 gewohnt haben? Und im Donbas stimmen nur die russische besetzten Gebiete ab? Oder auch der Ukrainische vor 2022 gehaltene Teil?

  • Wobei der Härtetest im Januar kommt. Das neue Repräsentantenhaus tritt im Januar zusammen. Hier haben dann die Republikaner die Mehrheit.

  • Ja, regierende Politiker mit einem juristischen oder oder ähnlichen Hintergrund, ja sogar mit padagogischen, fehlt halt das Pathos des Heros. Helden sind wieder eine gefragte Spezie.

    • @Takker:

      Gandhi und Mandela waren auch Juristen.

    • @Takker:

      Selenski ist Jurist!